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Argentinische Drucker besetzen Werk der größten Tageszeitung des Landes, die Billigarbeitskräfte will

Demonstration vor der besetzten Clarin Druckerei in Buenos Aires am 24.1.2017Am 16. Januar 2017 wurde die Belegschaft der Artes Gráficas Rioplatense (AGR) in Buenos Aires – Druckerei des größten argentinischen Medienkonzerns Clarin, mit der gleichnamigen Tageszeitung als „Flagschiff“, von verschlossenen Türen überrascht, als sie zur Frühschicht kamen. Aussperrung, ohne Ankündigung. Die Reaktion darauf war: Betriebsbesetzung. Die rund 400 Beschäftigten haben für diese Aktion nicht nur Hilfe und Rückendeckung durch die lokale Gewerkschaft (die von einem oppositionellen Netzwerk geführt wird), sondern auch die Solidarität anderer Belegschaften und Gewerkschaften: Eine Matratzenfabrik „lieferte“ die nötige Ausrüstung, um im Betrieb schlafen zu können, und, nun ja, die KollegInnen von Coca Cola versorgten sie mit Trinkbarem. Zwei Solidaritätsdemonstrationen fanden bereits statt, die zweite, naheliegenderweise besser vorbereitete und bekannte, hatte eine Beteiligung mehrerer Tausend Menschen. Sowohl vor den Toren der Druckerei, als auch – aus Anlass des Besuchs einer Delegation der BesetzerInnen bei der Arbeitsinspektion – wurden Familienangehörige und Menschen, die sich solidarisch zeigten, von der Polizei überfallen. Die Gewerkschaft hat – einstweilen – einen Gerichtsbeschluss gegen Polizeiaktionen erwirkt, auf der anderen Seite sagen zuständige Stellen, sie könnten nichts tun, der unsägliche Präsident Macri meinte, so sei dies eben, ein Unternehmen schließe, ein anderes öffne. Wobei selbst dies von der Belegschaft bestritten wird: Es gehe nicht um Schließung, sondern ausschließlich darum, eine andere, billigere Belegschaft in den hochprofitablen Betrieb zu bekommen… Siehe dazu drei aktuelle Beiträge:

  • „La lucha de AGR debe ser de todo el movimiento obrero por los derechos conquistados“ am 31. Januar 2017 bei argentina.indymedia externer Link ist ein Gespräch von Mario Hernandez mit dem Ökonomen Julio Gambina, in dessen Verlauf der linke Professor darauf abhebt, dass dies ein Angriff einer der größten Kapitalgruppen des Landes, des Clarin-Konzerns eben, auf die geltenden Tarifverträge nicht nur in der Druckindustrie sei, von der Clarin gesponserten Macri-Regierung befeuert und unterstützt. Deswegen hätten die vielen GewerkschafterInnen, die mit der Besetzung solidarisch seien und entsprechende Aktionen und Proteste organisiert hätten, auch in ihrem eigenen Interesse gehandelt
  • „El kirchnerismo y la lucha de AGR: ¿y el “Qué te pasa, Clarín”?“ von Lucho Aguilar am 01. Februar 2017 bei La Izquierda Diario externer Link ist ein Beitrag, der sich vor allem damit befasst, wie der Kirchnerismus (also die sozialdemokratische politische Strömung im Peronismus, die mit dem Ehepaar Kirchner die VorgängerIn des Herrn Macri stellte) die Clarin Gruppe als „Lieblingsfeind“ in einem Kulturkampf bekämpfte, ohne an die wirtschaftliche Macht zu gehen, und wirft in diesem Zusammenhang die Frage nach der Haltung der entsprechend orientierten Gewerkschaften im jetzigen Kampf auf. Es gehe vor allem darum, dass die Gewerkschaften der Druckindustrie vor allem (die es in beiden großen Verbänden gibt) endlich dafür sorgen müssten, dass die Zeitung Clarin nicht mehr erscheinen kann, was sie bisher problemlos tue.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=111014
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