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Das ägyptische Militär-Regime in der Offensive – gegen alles, was sich bewegt: Gewerkschaften, kritische Medien, NGO, LGBTIQ…

Demonstration für die Freilassung der Aktivisten der Steuergewerkschaft in Kairo am 5.10.2017Wie viele Bürger- und Menschenrechtsverletzungen braucht es noch, damit die Bundesregierung ihre Unterstützung für das Regime in Ägypten einstellt? Zur Bekämpfung von ‚Extremismus‘ arbeitet insbesondere das Bundeskriminalamt eng mit der ägyptischen Nationalen Sicherheitsbehörde zusammen. Dabei handelt es sich um einen Geheimdienst mit Polizeibefugnissen, der nun gegen die Queer-Szene in Kairo vorgeht. Die Bundesregierung ist deshalb mitschuldig an den Massenverhaftungen“, kritisiert der europapolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Andrej Hunko. Nachdem sie bei einem Musikkonzert Regenbogenflaggen gezeigt hatten, wurden bislang mindestens 55 Personen festgenommen. Homosexualität ist in Ägypten nicht verboten. Die Betroffenen wurden wegen „Unzucht“ oder Prostitution verurteilt, Betreiber von Facebook-Gruppen wegen Anbahnung oder Förderung von „unzüchtigem Verhalten“. In Schnellverfahren fielen Urteile bis zu sechs Jahren…“ – aus der Pressemitteilung „Nach Verhaftungswelle in Queer-Szene: Polizeikooperation mit Ägypten endlich stoppen!“ von Andrej Hunko (MdB) vom 11. Oktober 2017 externer Link, der die neuesten Maßnahmen des Regimes zum Anlass nimmt, die Forderung nach einer Beendigung der Unterstützung dieses blutigen Freundes der BRD (alleine mehr als 900 offizielle Todesurteile seit dem Putsch der al Sisi-Bande) zu erneuern. Siehe dazu vier weitere aktuelle Beiträge zu verschiedenen Repressionsmaßnahmen, sowie drei Berichte über Gegenwehr:

  • „Ägypten will keine Regenbogen sehen“ von Beate Seel am 04. Oktober 2017 in der taz externer Link ist ein Beitrag über die Polizeiangriffe auf Konzertbesucher, worin festgehalten wird: „Ein paar Regenbogenfahnen, die Jugendliche während eines Konzerts der Gruppe Mashrou Leila schwenkten, haben die ägyptischen Behörden und ihre Medien auf die Barrikaden gebracht. Mindestens 31 Personen, darunter eine Frau, wurden vorübergehend festgenommen; seit Sonntag stehen 17 Männer wegen Homosexualität in Kairo vor Gericht. Die unabhängige Organisation Ägyptische Initiative für Persönlichkeitsrechte geht sogar davon aus, dass zwischen dem 19. September und dem 2. Oktober 57 Personen inhaftiert wurden. Die Liste der Beschuldigungen liest sich wie ein Auszug aus einem Gesetzbuch längst vergangener Zeiten. Den Festgenommenen wird „Unzucht“, „Anstiftung zur Unzucht“, „öffentliche Unsittlichkeit“, die „Verführung Jugendlicher zu amoralischem Verhalten“ oder die „Beleidigung der Religion“ vorgeworfen. Dieser Kanon soll vermutlich als Ersatz dafür herhalten, dass Homosexualität in Ägypten nicht strafbar ist“.
  • „Ägypten: Ausnahmezustand verlängert“ am 13. Oktober 2017 in der jungen welt externer Link ist eine Meldung zur abermaligen Verlängerung der Sondergesetze, die so beginnt: „Ägypten hat nach den Anschlägen auf Christen im Frühjahr zum zweiten Mal den Ausnahmezustand verlängert. Das Dekret erweitert Befugnisse für Sicherheitskräfte um weitere drei Monate, berichtete die staatliche Zeitung Al-Ahram am Donnerstag. Durch den Ausnahmezustand haben die Behörden unter anderem die Möglichkeit der Zensur und des Verbots von Medien oder Organisationen, außerdem die Erlaubnis zum Abhören jeglicher Kommunikation sowie der Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Bevölkerung“.
  • „Großangriff auf die Informationsfreiheit“ von Jürgen Stryjak am 30. September 2017 beim Deutschlandfunk externer Link fasst die antidemokratische Offensive im Medienbereiche in igrer aktuellen Ausprägung zusammen: „Nachdem das Militär im Juli 2013 die Macht im Land an sich riss, habe es zuerst die klassischen Medien gleichgeschaltet. Jetzt sei, sagt Ramy Raoof, das Internet an der Reihe. Seit Ende Mai wurden in Ägypten über 400 Webseiten gesperrt. Die ägyptische Onlinezeitung Mada Masr, das Portal Qantara.de der Deutschen Welle oder die deutschsprachige Webseite von Reporter ohne Grenzen – sie alle sind in Ägypten nicht mehr erreichbar, ebenso wenig wie die Internetauftritte von Menschenrechtsorganisationen oder die vom Fernsehsender Al Jazeera. Diaa Rashwan, der Leiter des Staatlichen Informationsdienstes, verwies jüngst auf einer Pressekonferenz auf Frankreich, wo ebenfalls Webseiten gesperrt würden, angeblich fast 900 nichtfranzösische. In Ägypten werde es demnächst ein Gesetz geben, das die Existenz einheimischer Webseiten rechtlich regelt. Bei ausländischen Onlineangeboten sei es allerdings jedem souveränen Staat komplett selber überlassen, ob er sie dulde oder nicht“.
  • „Linke demonstriert Einigkeit“ von Sofian Philip Naceur am 06. Oktober 2017 in der jungen welt externer Link über den Kongress der Sozialistischen Volksallianz: „Neben dem Vorsitzenden der linksliberalen Verfassungspartei, Khaled Daud, und dem Chef von Ägyptens Sozialdemokraten, Farid Sahran, fanden sich auch der ägyptische Ökonom Samir Amin und die früheren Arbeitsminister Ahmed Al-Borei und Kamal Abu Eita auf dem Kongress ein. Die beiden letzteren spielten eine Schlüsselrolle bei dem kurzweiligen, aber eindrucksvollen Aufstieg unabhängiger Gewerkschaften im Land nach dem Aufstand 2011. Seit Al-Sisis offizieller Amtsübernahme 2014 sind sie allerdings gezwungen, einer langsamen Erosion der damals errungenen Freiheiten zuzusehen, denn heute sind unabhängige Gewerkschaften erneut heftiger staatlicher Repression ausgesetzt“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=122842
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