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Updated: 18.12.2012 15:51
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Renten-Hasardeure

Gaby Gottwald* zur Politik der Privatisierung der Altersvorsorge

Am 8. November, bei Drucklegung dieser Ausgabe des express, wird der Deutsche Bundestag abschließend über das neue Gesetz zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge beraten und dies mehrheitlich beschließen. Hinter diesem wohlklingenden Titel lauert jedoch ein Bömbchen für die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV). Zum gezielten Ausbau der privaten Altersvorsorge wurde 2002 die beitragsfreie Entgeltumwandlung eingeführt. Danach können bis zu vier Prozent des Erwerbseinkommens, von dem Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden müssen, beitragsfrei in eine betriebliche Altersvorsorge eingezahlt werden. Da dies zugleich einen beträchtlichen Einnahmeausfall für die Sozialversicherung zur Folge hat, wurde die Regelung auf Ende 2008 befristet. Noch im Sommer tönte Minister Müntefering, er werde die Regelung nicht fortführen, denn insbesondere für die GRV sei dies nicht zu verantworten. Recht hatte er – und änderte dann seine Meinung. In seltener Eintracht hatten Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften sich für die Beibehaltung der jetzigen Regelung stark gemacht.

Die Entscheidung wird nachhaltige Konsequenzen für die Rente haben, da die beitragsfreie Entgeltumwandlung die Einnahmen der Rentenkassen wie auch die Berechnungsgrundlage für die Rente mindert. Haben so einige einen Vorteil durch die Förderung einer privaten Altersvorsorge, haben alle RentnerInnen einen Nachteil. Die Hauptverlierer sind Geringverdiener, Erwerbslose und kleine Selbstständige, die keinen Gebrauch von der Regelung machen können. Ihre geringen Renten werden zusätzlich gemindert, ohne dass sie den Verlust über eine private Vorsorge wett machen können, da ihnen meist das Geld dafür fehlt.

Die Entgeltumwandlung ist nur ein Aspekt der zunehmenden Privatisierung der Altersvorsorge. Wer sich private Vorsorge nicht leisten kann, ist im Alter arm. Jenseits aller politischer Couleur wird heute vor der drohenden Altersarmut in der Bundesrepublik gewarnt (vgl. OECD, 2007). Die Weichen für diesen Polarisierungskurs wurden allerdings vor Jahren gestellt – und die Konsequenz wird eine Erosion des paritätisch finanzierten sozialen Sicherungssystems insgesamt sein.

1998 hofften viele, mit Rot-Grün starte endlich ein neues soziales und linkes Reformprojekt. Doch diese Hoffnung entpuppte sich als Trugschluss. Weit folgenreicher für die Armutsentwicklung, wenn auch weniger beachtet als die verpönten »Hartz-Gesetze«, war der rot-grüne Paradigmenwechsel in der Rentenpolitik. Die Erosion der GRV, die von Rot-Grün begonnen wurde und derzeit von Rot-Schwarz fortgesetzt wird, ist ein Paradebeispiel für die systematische Politik der Privatisierung sozialer Risiken, die vormals für die überwiegende Mehrheit zentral über die Sozialversicherung abgesichert wurden.

Mit der Einführung der dynamischen Rente 1957 wurden im westlichen Nachkriegsdeutschland die entscheidenden Grundlagen für das Gesetzliche Rentenversicherungssystem gelegt, das nicht zuletzt dafür Sorge trug, dass Altersarmut kein signifikantes soziales Problem in der BRD war. Diese Grundlagen lauteten: Das während der Berufsphase erzielte Erwerbseinkommen findet seine prozentuale Entsprechung in der Rente, so dass auch im Alter der Lebensstandard mit gewissen Abstrichen gehalten werden kann. Die Renten folgen der Lohnentwicklung, wodurch Rentnern auch nach Aufgabe der Erwerbsarbeit eine fortlaufende Teilhabe am wachsenden Wohlstand gesichert wird – vorausgesetzt, Produktivitätszuwächse und Inflationsausgleich schlagen sich durch erfolgreiche Verteilungskämpfe in der Lohnentwicklung nieder. Die lohnbezogene »dynamische« Rente war geboren.

In der GRV werden keine Rücklagen für zukünftige Zeiten angespart. Die jeweils arbeitende Generation erwirtschaftet die Zahlungsbeträge, die sich die Alten durch ihre Beitragsleistungen ehemals erworben haben. Die aktuellen Beitragssätze müssen deswegen so bemessen sein, dass die in der Vergangenheit rechtlich erworbenen Rentenansprüche der Alten eingelöst werden können. Dieses Leistungsziel gibt insofern die Höhe der Beitragssätze vor.

Mit dieser bewährten Logik brach Rot-Grün und stellte die Rentenpolitik auf den Kopf. Zum obersten Prinzip der Rentenpolitik wurde die Beitragssatzstabilität erklärt, der sich das Leistungsziel unterordnen müsse. Die Arbeitgeber sollten dadurch fortan vor steigenden Sozialabgaben geschützt werden. Die Schimäre der Arbeitgeberverbände – steigende Lohnnebenkosten vernichten Arbeitsplätze – steuerte die staatliche Rentenpolitik, was zur Aufgabe der dynamischen Rente führte.

Fetisch Demografie

Die wachsende Arbeitslosigkeit in den 90er Jahren ließ die Einnahmen der Rentenkasse sinken und bot Anlass zum Nachdenken über eine Stabilisierung des öffentlichen Rentensystems. Doch statt Rationalität waltete die Scharlatanerie. Die Demografiedebatte wurde aufgelegt, der zufolge es nicht machbar sei, dass immer weniger Einzahler in die GRV immer mehr Rentner finanzieren. Diese von ausgesprochener Dummheit geprägte Debatte griff um sich wie eine Seuche und dominiert noch heute die Diskussion über das vermeintliche Finanzierungsproblem der Sozialversicherung. Was die Angstmacher verschweigen: Grundlage jeder sozialen Verteilung ist die gesellschaftliche Wertschöpfung, die durch die Produktivitätsentwicklung beständig steigt. Bildet sich der Wertzuwachs auch in den Löhnen und Gehältern ab – und das muss man wollen! –, sprudeln auch die Einnahmen in der Sozialversicherung. Ob also die Rente auch noch bei steigenden Ausgaben für mehr Rentner finanzierbar ist, ist grundsätzlich eine Frage der sozialen Verteilung des erwirtschafteten Werts. Wer aber die Beschäftigten weniger beteiligen möchte, ihre Einkommen senkt, steigende Gewinne zudem nicht produktiv und beschäftigungswirksam investiert, der ruft die Finanzkrise des sozialen Sicherungssystems aus und macht eine Reform.

So die rot-grüne Regierung, die gleich mehrgleisig verfuhr. Mit einer gezielten Niedriglohnpolitik wurden die Erwerbseinkommen gesenkt, die die Basis für die Beitragszahlung in die Sozialversicherung bilden, zudem wurde sozialversicherungspflichtige Beschäftigung durch Minijobs verdrängt. Zentrales Instrumentarium zur Durchsetzung dieser Strategie stellen die Hartz-Reformen und die Agenda 2010 da. Die Einnahmeseite der GRV wurde so erodiert. Die Gewinne der (großen) Unternehmen wurden durch die rot-grüne Steuerreform stark vermehrt, doch nicht beschäftigungswirksam investiert. Wirksame Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit gab es nicht. Um diesem politisch inszenierten Prozess innerhalb der GRV entgegen zu wirken, wurde die Parole von der Unabdingbarkeit der Leistungskürzung in der Rente ausgerufen, was durch die Rentenreformen 2001 und 2004 in Gang gesetzt wurde. Dieser vermeintliche Konsolidierungskurs in der Rentenpolitik war in Wirklichkeit der Dolchstoß für das gesetzliche System der Altersvorsorge.

Grundlage der rot-grünen und der heutigen Rentenpolitik ist: Der Beitragssatz muss stabil bleiben, um die Sozialabgaben der Arbeitgeber zu begrenzen. Folglich muss die Leistung aus der GRV sich diesem Dogma anpassen und sinken. Sinken die Leistungen der gesetzlichen Rente, muss das Defizit durch private Zusatzvorsorge kompensiert werden. Geboren wurde so die Theorie der drei Säulen in der Altersvorsorge. Neben der gesetzlichen Rente soll jeder auch eine betriebliche und eine private Versicherung haben, damit er nicht im Alter arm ist und ›dem Staat‹ auf der Tasche liegt. Startschuss für die neue Strategie war die Einführung der Riester-Rente in 2002, die nach langer Flaute dank öffentlicher Subventionierung und breiter Regierungswerbung heute bereits über neun Mio. Verträge vorlegen kann. (BMAS, 14. August 2007) Die Arbeitgeber wurden aus der paritätischen Finanzierung der »Zusatzvorsorge« entlassen, denn die zahlen die Arbeitnehmer mit bis zu vier Beitragspunkten selber.

Umgesetzt wurden die Leistungskürzungen in der GRV durch die »Rentenanpassungen«, mit denen die Entwicklung der Renten von der Entwicklung der Löhne und Gehälter und damit auch von der Entwicklung der gesellschaftlichen Wertschöpfung entkoppelt wurde. Während die Rente seitdem stagniert, Produktivität und Wertzuwachs beständig steigen, sinkt durch die Einführung von »Dämpfungsfaktoren« der relative Wert der Rente und damit das Rentenniveau. Die Entkoppelung der Renten von den Löhnen und Gehältern bedeutet damit auch die Entkopplung der Teilhabemöglichkeit von Rentnern am gesellschaftlichen Wohlstand.

Dieser Wertverlust der Renten wird deutlich, wenn man berechnet, wie lange ein Durchschnittsverdiener Beitragszahlungen leisten muss, um eine Rente auf dem Niveau der heutigen Grundsicherung zu erhalten. Waren es vor der Riester-»Reform« 28 Jahre, werden es in 2030 bereits 36 Jahre sein. Erst danach ›rentiert‹ sich die Beitragszahlung.

»Eckrentner« stirbt aus

Wurde der Sinkflug der Nettorenten zum einen durch die neue Rentenanpassungsformel in Blei gegossen, führten zum anderen die Massenarbeitslosigkeit und die Niedriglohnpolitik dazu, dass zunehmend weniger Beschäftigte ausreichend Beitragszahlungen leisten können, die auch nur die Chance in sich bergen, im Alter einen angemessenen Lebensstandard zu sichern. Die Beschäftigten werden so von zwei Seiten in die Zange genommen. Ihre zukünftige Rente verliert relativ an Wert, und sie werden daran gehindert, ausreichend Beiträge einzuzahlen. Nach Berechnungen des Rentenexperten und ehemaligen Vorsitzenden des Sozialbeirats Professor Winfried Schmähl wird die Kombination dieser Faktoren dazu führen, dass das Leistungsniveau in der Rente um rund ein Drittel sinkt. (Referat 3. Juli 2007 auf einer Veranstaltung der »Volkssolidarität-Berlin«)

Ein westdeutscher Durchschnittsverdiener geht heute nach 45 Jahren Beitragszahlung und ohne Abschläge mit 1182 Euro in Rente. Doch dieser berühmte »Eckrentner« ist ein aussterbendes Wesen. Die weibliche Form ist im Westen eine Rarität und wird dies auf mittlere Sicht auch im Osten sein. Bereits heute arbeitet nur noch ein Drittel aller Lohnabhängigen bis zum 65. Lebensjahr. (Böckler Impuls, 16/07). Wer vor dem offiziellen Renteneintrittsalter (erzwungenermaßen) in den Ruhestand geht, erhält pro Jahr 3,6 Prozent Abschläge auf seine Rente, dies betrifft bereits heute die Hälfte der Neurentner. (DRV, 13. August 2007) Insbesondere ALG II-EmpfängerInnen – und hier insbesondere Frauen und Schwerbehinderten – droht die Altersarmut. (IAB-Kurzbericht, 20. August 2007) Die Große Koalition setzte diesem Drama mit der Rente 67 nochmals die Krone auf. Die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters um zwei Jahre ist prinzipiell abzulehnen. Sie verschafft jedoch zukünftigen RentnerInnen zudem eine zusätzliche Rentenkürzung, sollte es nicht absehbar zur Vollbeschäftigung bis 67 Jahre kommen.

Die Rentenreformen zerstörten das Herz der dynamischen Rente. Altersarmut für große Teile der Bevölkerung wurde so politisch vorprogrammiert – dies gerade auch vor dem Hintergrund der Lage auf dem Arbeitsmarkt und der gezielten Niedriglohnpolitik. Die rot-grüne und auch rot-schwarze Mär von der Generationengerechtigkeit in der Sozialpolitik bricht sich an der bitteren Realität. Es sind gerade die Jungen, die die Zeche für diese unverantwortliche Politik zahlen müssen. Bei relativ stabilen Beitragssätzen für die GRV erhalten sie deutlich geringere Nettorenten und müssen zusätzlich aus eigener Tasche privat vorsorgen. Diese private Zusatzinvestition fürs Alter ist jedoch keine zusätzliche Absicherung, sondern nur eine private Kompensation für vorenthaltene Leistungen aus der gesetzlichen Pflichtversicherung. Für die Absicherung einer den Lebensstandard sichernden gesetzlichen Rente auf dem Niveau der Vor-Riester-Zeit und ohne Anhebung der Altersgrenze auf 67 Jahre wäre im Jahre 2030 ein Beitragssatz von rd. 28 Prozent (14 Prozent Arbeitgeber, 14 Prozent ArbeitnehmerInnen) erforderlich. (Steffen, Arbeitnehmerkammer Bremen, 22. Januar 2007). Dies sei zu viel, behaupten herrschende Politik und »wissenschaftlicher« Mainstream. Um die jüngere Generation zu entlasten, wurde der Beitragssatzanstieg daher gesetzlich auf perspektivisch 22 Prozent gedeckelt. Dass die Jungen bereits ab kommendem Jahr im Schnitt und um die Riester-Förderung saldiert rd. 16 Prozent aufwenden müssen (zehn Prozent-Punkte zur GRV und sechs Prozent-Punkte für Privatvorsorge), um den Leistungsabbau durch Riester- und Schmidt-Reform zu kompensieren, wird bei der öffentlichen Verdummungskampagne gezielt verschwiegen.

Eine solche Politik provoziert geradezu den Verlust an Legitimation einer gesetzlichen Rentenversicherung. Ein Schelm, wer glaubt, das sei Absicht!

So mehren sich denn auch die Stimmen, die die Sicherheit und Effizienz des öffentlichen Systems bezweifeln und sukzessive den Weg zur Abschaffung der (ehemals) paritätisch finanzierten Rente bahnen. Während die Regierung ihren Bundeszuschuss zur GRV eingefroren und damit auf Dauer gekürzt hat, rühmt sie sich für ihre Subventionierung der privaten Vorsorge, deren Rendite sinkt. Im vereinten Werbefeldzug von »Wissenschaft«, Politik und Finanzdienstleistern boomen die PR-Kampagnen für die private Versicherungsindustrie. Die Scham ist vorbei. Der Vorsitzende des Sachverständigenrats, Bernd Rürup, seit 1999 Top-Regierungsberater, hat als »Sachverständiger« die Weichen für den Paradigmenwechsel in der Rentenpolitik mit gestellt. Er steht auf der payroll der privaten Versicherungsindustrie (MLP-Finanzdienstleistungen AG).

Die Regierung sagt es ganz unverblümt: »Ziel der Bundesregierung ist eine möglichst flächendeckende Verbreitung der kapitalgedeckten Zusatzabsicherung«. (BMAS, 14. August 2007). Wohl dem, der sich das leisten kann!

* Gaby Gottwald ist Koordinatorin des AK Gesundheit und Soziales für »Die Linke« im Bundestag

Die Dämpfungsfaktoren in der Rente

Bis zur rot-grünen Regierungsübernahme galt: Die gesetzliche Rentenversicherung sollte denjenigen, die ihr ein Erwerbsleben lang angehört haben (45 Jahre), im Alter ein Sicherungsniveau gewährleisten, das rd. 70 Prozent ihres – auf den dann aktuellen Stand hochgerechneten – lebensdurchschnittlichen Erwerbseinkommens beträgt (Nettorentenniveau). Schon die schwarz-gelbe Koalition hatte unter Arbeitsminister Blüm allerdings beschlossen, dieses Niveau bis 2030 auf rd. 64 Prozent zu senken. Rot-Grün setzte die Blüm-Reform zunächst außer Kraft; mit der Riester-Reform (2001) feierte das Niveausenkungsziel dann allerdings seine politische Wiederauferstehung. Mit dem so genannten Riester-Faktor in der neuen Rentenanpassungsformel werden Belastungssteigerungen der Aktiven für die Altersvorsorge – also Beitragssatzsteigerungen zur Rente (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil) sowie die neue, staatlich geförderte Altersvorsorge (Riester-Prämie) – den RentnerInnen seit 2003 anpassungsmindernd in Rechnung gestellt. Die Rentenanpassung fällt so niedriger aus, da der Riesterfaktor die Rentenentwicklung »dämpft«: Rechnerisch sollen die Rentensteigerungen bis einschließlich 2011 jährlich ca. 0,6 Prozent-Punkte hinter den ohnehin mageren Lohnsteigerungen zurück bleiben, das Rentenniveau soll sinken. Als Kompensation für die Leistungsminderung in der GRV soll fortan private Vorsorge betrieben werden, die staatlich gefördert wird, und der Aufbau kapitalgedeckter Betriebsrenten voran getrieben werden, der über die beitragsfreie Entgeltumwandlung subventioniert wird.

In Folge der Schmidt-Reform von 2004 ist seit 2005 mit dem so genannten Nachhaltigkeitsfaktor ein weiterer Dämpfungsfaktor in der Anpassungsformel aktiv. »Streng wissenschaftlich« herausgearbeitet hatte die nach ihrem Vorsitzenden benannte Rürup-Kommission einen solchen Faktor in ihrem Gutachten vom 28. August 2003 mehrheitlich vorgeschlagen. Kern ist die Veränderung des so genannten Rentnerquotienten, der das rechnerische Verhältnis zwischen RentenempfängerInnen und BeitragszahlerInnen ausdrückt. Da dieser Rentnerquotient in einer alternden Solidargemeinschaft im Trend steigt, wirkt auch der Nachhaltigkeitsfaktor – gegenwärtig noch zusätzlich zum Riester-Faktor – im Umfang von ebenfalls etwa 0,6 Prozent-Punkten mindernd auf die jährliche Rentenanpassungshöhe. Das Sicherungsniveau im Alter sinkt also noch weiter – bis zum Jahre 2030 auf nur noch rd. 55 Prozent, wenn man das Nettorentenniveau als Messlatte beibehält.

Da die Bruttolöhne aber seit Jahren nur recht wenig zulegen und das Rentenrecht eine Schutzklausel kennt, wonach die beiden Dämpfungsfaktoren nicht zu einer nominalen Rentenkürzung führen dürfen, konnten diese bislang ihre das Rentenniveau senkende Wirkung nicht voll entfalten. Was also tun? Zusammen mit der Anhebung der Altersgrenze auf 67 Jahre beschloss die schwarz-rote Koalition, dass die wegen zu geringer Lohnsteigerungen und der Schutzklausel unterbliebene Abkoppelung der Rente von den Löhnen ab 2011 nachgeholt wird (so genannter Nachholfaktor oder Ausgleichsbedarf): Die nach Anwendung des Riester-Faktors und des Nachhaltigkeitsfaktors evtl. noch verbleibenden Rentenerhöhungen werden so lange halbiert, bis der »Ausgleichsbedarf« gedeckt ist. Damit soll gewährleistet werden, dass die politisch gewollte Demontage des sozialen Sicherungsniveaus der gesetzlichen Rente in den kommenden Jahrzehnten auch tatsächlich erreicht wird – zum Wohlgefallen der Arbeitgeber und der privaten Finanzdienstleister.

Red.

Erschienen im express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 10-11/07


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