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Updated: 18.12.2012 15:51
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Eine kleine politische Philosophie der Finanzkrise

- oder sollte man sagen auf dem Weg zu einer politischen Ökonomie der Finanzkrise (das aktuelle Bewältigungsschema).

Es geht mir weniger darum jetzt den Weg in die Finanzkrise - zusammen mit den Politikern - und die Bemühungen, sie in den Griff zu bekommen von Seiten der Politik, noch einmal nachzuvollziehen. Das haben wunderbar schon andere mit hoher Kompetenz und direkterem Einblick getan. (siehe meine Links)

Nur die Logik dieses Handelns erscheint mir noch so wenig offensichtlich, dass die Bürger, obwohl sie - und vor allem sie - dabei so "herrlich" über den Löffel balbiert werden, begeistert und in Mehrheit diesen Weg der Politik unterstützen. Das wird so deutlich ,wenn den letzten Deutschland-Trend betrachtet : www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1746525_Deutschlandtrend-im-Mai-Das-Schlimmste-kommt-noch.html externer Link. Also die Bürger befürchten, dass das Schlimmste in der Krise noch vor uns liegt, aber sie bevorzugen just die herrschende politsche Ökonomievorstellung, die uns in die Krise gebracht hat. Das hat zum einen natürlich die SPD zu Wege gebracht, die eine rot-rot-grüne Mehrheit in Hessen so systematisch desavouiert hat, dass sie sich an diese herrschende Ökonomie-Vorstellung gefesselt hat - und jede Alternative politisch ausgeschlossen hat. Siehe dazu noch einmal Albrecht Müller "Die SPD-Führung steht vor dem strategischen Nichts" www.nachdenkseiten.de/wp-print.php?p=3713 externer Link. Die SPD hat sich sozusagen dies eigene politische Grab der Alternativlosigkeit selbst gegraben - und keiner wird sie da mehr herausholen können: Als Mohr hat sie für die Finanzoligarchie ihre Schuldigkeit getan - und kann jetzt gehen...

Und nun ein paar Thesen zu dieser Situation:

1.) Die Politik befindet sich im Griff der Finanzoligarchie Dies ist schon von namhaften Ökonomen wie Paul Krugman und Joseph Stiglitz fundiert belegt worden. Nun hat sich der ehemalge Chefvolkswirt des IWF mit seinem ganzen Einblick in die diesbezügliche US-Szene daran gemacht, dies auführlich darzulegen www.meta-info.de/?newsfull=1&lid=33022&rubrik=politik&print=1 externer Link. Nun ist das immer wieder schwierig im einzelnen zu belegen, wie diese Beherrschung funktioniert, zumal sie auch schon im geistigen Sinne "funktioniert" - sozusagen als ein lang eingeübtes gemeinsames "Glaubenssystem" der sog "Markteffizienz" Das führt und dann zu der

2. These), die ich bei Joseph Stiglitz fand - und die Folge der ersten These ist: Vorschläge, die von den Banken kommen, beruhen auf folgendem Kalkül: Wenn die Banken die ganzen Verfahren (Stiglitz erläutert vorher diese verschiedenen Varianten) nur hinreichend kompliziert und undurchschaubar gestalten, wird man erst im Nachhinein merken, wie hier der Bankensektor bedient wurde (und dann haben auch viele Politiker schon die Bühne verlassen). Und die Banker können sich auf die Schenkel klopfen, es hat doch alles so gut bisher geklappt, wie wir die Politiker wie Marionetten haben tanzen lassen in unserem Sinne - und der Bürger zieht "mehrheitlich" bei allen Täuschungsmanövern brav mit! Die Vorschläge von Stiglitz zielen nur in eine andere Richtung, die aber bisher politisch nicht befolgt werden. www.monde-diplomatique.de/pm/.stiglitz externer Link Damit kommen wir zu einer

3. These von Stephan Schulmeister (Wien), die nur im ersten Anschein konträr zu der Undurchschaubarkeits-These von Stiglitz steht: 3.) Die Analyse der Krise ist unterkomlex, daher sind die Therapieansätze weitgehend sinnlos. Der banale Grund: Schuldabwehr. Die neoliberale Theorie hat mit dem absoluten Glauben an die Markteffizienz zu dieser Entfesselung der Finanzmärkte beigetragen - und gleichzeitig die Mentalität "Lassen wir unser Geld arbeiten!" gefördert. Und die jetzige Konzentration der Krisenpolitik allein auf den Finanzsektor zeigt die Wandlung dieser Losung in "Lasst uns unser Geld retten"... www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/marktreligioese-wissenschaft/?type=98 externer Link.

Und wenden wir uns den konkreteren deutschen Verhältnissen zu, wie die "Schrottpapiere" entsorgt werden sollen. Ein klares Beispiel des Zusammenspiels von Politik und den Banken hat hier schon Stoiber & Co. mit der Gründung der Hypo Real Estate geschaffen www.heise.de:80/tp/r4/artikel/30/30253/1.html externer Link. Dazu hatte doch Ude auf dem Marienplatz am 1. Mai bemerkt, dass es jsut dieser Chef der HRE war, der immer über die Maßlosigkeit der Arbeitnehmer und ihrer Beschäftigten wetterte - aber jetzt besitzt dieser Kerl die Kühnheit zu meinen, er müsste um Millionen austehende Gehaltszahlungen für sich klagen.... Sozusagen eine Personifikation der Gier der Finanzmärkte...

Aber allgemeiner wird das jetzt mit Steinbrück`s Bad bank angegangen, zu der Robert von Heusinger meint, kein anderes Land hat ein vergleichbar schonendes Verfahren zur Entsorgung der Wertpapiere entwickelt : www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/meinung/kommentare/?em_cnt=1745037&em_loc=1775 externer Link. Aber auch hier - siehe schon Stiglitz - bleibt das dicke ungelöste Problem, dass man den tatsächlichen Wert der giftigen Papiere einfach nicht kalkulieren kann. Ja, dazu meint Robert von Heusinger eben, jetzt tut man so, als ob man Vertrauen in diese Bad Banks haben könnte - und so der Anschein entstehen kann, dass diese Rechnung ohne den Steuerzahler aufgehen könnte - es werden dem Steuerzahler ja nur die Risiken der Schrottpapiere aufgehalst. www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/meinung/kommentare/1752190_Leitartikel-Zu-viel-Vertrauen-in-die-Banker.html externer Link

Dazu wird die SZ im Wirtschaftsteil (9.5.09) dann in der Überschrift deutlicher: "Jetzt retten - später zahlen. Die Politik täuscht die Bürger über die Kosten der Bankenhilfspakete" Das kann auch gar nicht anders gehen meint Ulrike Herrmann in der TAZ, denn die Risiken belaufen sich auf 100 bis 200 Milliarden - und das können die Banken bei "normalem" Geschäft gar nicht erwirtschaften. www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=me&dig=2009%2F05%2F12%2Fa0099&cHash=c3e2818111 externer Link

Und Steinbrück`s bisheriges Verhalten lässt dann deutlich auf solch eine Lösung - eindeutig zu Lasten des Steuerzahlers bzw. zugunsten der Banken und "ihrer" Finanzmärkte schließen: siehe Albrecht Müller "Steinbrück`s Osterhasen für seine Freunde" www.nachdenkseiten.de/wp-print.php?p=3887 externer Link. Bis die Rechnung präsentiert wird, sitzt er vielleicht längst bei einem solchen Finanzdienstleister in einem lukrativen Job. Und zu Lasten des Steuerzahlers/ Bürgers wird dann - nach schon bisher 10 Jahren "Entstaatlichung" (Peter Bofinger www.boeckler.de/169_91929.html externer Link) - der letzte Rest des Sozialstaates zugunsten des Finanzsystems aufgegeben. Und von was für einem - schon recht miserablen - Ausgangspunkt wird jetzt dieser (Sozial-)Staat weiter geplündert?

Die OECD hat gerade feststellen müssen, wie wir in Deutschland nicht nur die europaweite Besonderheit von 10 Jahren gewaltiger "Entstaatlichung" haben, sondern auch noch im Konzert der Staaten diesen Sozialstaat so ungerecht finanzieren wie kaum ein anderes Land. www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/1752171_Studie-der-OECD-Die-deutsche-Besonderheit.html externer Link

Also halten wir fest, dass unser Staat, der angeblich sosehr wieder im Kommen ist gegenüber den in ihrem Versagen so miserabel dastehenden "freien Märkten" schon - und gerade in Deutschland ein Jahrzehnt lang ziemlich zerrüttet wurde - und das anscheinend vor allem auch noch zu Gunsten der Reichen. Und dann sehen wir auf den politischen Willen der Bundeskanzlerin, die weiter Steuern zu senken verspricht - in diesem Wahlkampf (oder ist das bloß noch "Krampf"?) siehe dazu: Steuerchaos bei der Union: Merkel vor dem Wahlbetrug www.fr-online.de/top_news/1749591_Steuer-Chaos-bei-der-Union-Merkel-vor-dem-Wahlbetrug.html externer Link, auch: www.sueddeutsche.de/,tt4m1/finanzen/582/468149/text/ externer Link.

Dabei dürfte durch die Belastungen der Krise - siehe die Steuerschätzung - jeder noch zur Verfügung stehende Euro allein für die Kernaufgaben gebraucht werden - alles andere muss schon ohne Steuersenkung auf der Strecke bleiben. www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/meinung/kommentare/1749601_Analyse-Der-klamme-Staat.html externer Link

Aber der Bürger findet diese Politik - mehrheitlich in Ordnung? Liegt es an der mangelnden Aufklärung der Medien? Und zusätzlich will die Politik auch den Staat auch noch weiter "kastrieren" - herkommend von einer markradikalen Ideologie - und eine Schuldenbremse einbauen: ein weiterer Schritt in Richtung "Absurdistan": www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/meinung/kommentare/1750800_kolumne-bei-uns-in-Absurdistan.html externer Link.

Wie dadurch vor allem jede andere Politik vom Grunde her unmöglich gemacht werden soll - und uns in Deutschland "auf ewig" - nicht zuletzt jetzt durch die Verfassung auf eine marktradikale Ideologie festnageln möchte, hat Albrecht Müller verdeutlicht: www.nachdenkseiten.de/wp-print.php?p=3758 externer Link.

Aber der Bürger liebt anscheinend mehrheitlich die Alternativlosigkeit? Dabei haben schon vergangene Steuersenkungen gezeigt, dass diese nur unter bestimmten Bedingungen konjunkturell positiv wirken - außer sie sind eben "bloß" noch ideologisch begründet, http://idw-online.de/pages/de/news?print=1&id=313766 externer Link.

Wenn oben - bei Schulmeister - geäußert wurde, dass sich die Politik allein dem Finanzsystem widme, so ist auch das nur die "halbe Wahrheit", denn sie widmet sich allein der "Rettung" dieses Finanzsystems www.nachdenkseiten.de/wp-print.php?p=3942 externer Link - aber der zweite notwendige Teil, den gerade auch das IMK eingefordert hatte: die Regulierung und Neuordnung der Finanzmärkte, damit zukünftige Krisen vermieden werden, bleibt aus. Siehe zu diesen Forderungen der Neuordnung: www.boeckler.de/37883_94472.html?cis_mode=print externer Link und ausführlicher: www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_36_2009.pdf externer Link pdf-Datei und zu dem gerade auch von Stiglitz (siehe oben) favorisierten schwedischen Bad Banken siehe www.boeckler.de/320_94275.html?cis_mode=print externer Link.

Wir haben dagegen zu den Bad Banks wiederum nur von der SPD inszenierte Konflikte (wieder so ein Täuschungsversuch, um die Unübersichtlichkeit - siehe Stiglitz - zu gewährleisten) www.nachdenkseiten.de/wp-print.php?p=3934 externer Link.

Also die Banken bzw. die Finanzindustrie haben uns im Griff - und die SPD sorgt dafür, dass das so bleibt - gleichzeitig wird der (Sozial-)Staat gründlich weiter beseitigt und der Bürger findet für sich, - notgedrungenerweise ? - jetzt eine Perspektive in Schwarz - Gelb - die all dies zu perpetuieren (verewigen) gedenkt .. Oh, wie tief müssen wir und unsere Demokratie noch sinken?

Artikel von Volker Bahl vom 14.5.09


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