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Updated: 18.12.2012 15:51
Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany

Die Kommenden - This Account Has Been Suspended updated

Vieles, mit dem sich die Redaktion des LabourNet Germany und der Vorstand des Trägervereins tagtäglich auseinandersetzen muß, wird nicht umgehend veröffentlicht, manches gar nicht. Vieles muß anfänglich beobachtet, ausgewertet, juristisch dingfest gemacht, mit KollegInnen besprochen und diskutiert werden.

Eines dieser unsäglichen Probleme ist die Auseinandersetzung mit Nazis. Unzählige Nazi-Seiten gibt es im Netz, einige herausgegeben von Spinnern, andere von sehr gefährlichen neuen oder alten Nazis, die offen zur Gewalt gegen politisch Andersdenkende aufrufen. Wir werden von vielen Menschen aus der ganzen Welt immer wieder darauf aufmerksam gemacht, wenn unser Name oder Personen, die uns nahe stehen, auf solchen Seiten genannt werden. Im Folgenden möchten wir eine Auseinandersetzung dokumentieren, die langjährige Freunde von uns, Gründungsmitglieder des LabourNet Germany, aktive linke Gewerkschafter, Antifaschisten und auch uns betrifft.

Es geht um eine Internetseite, die ursprünglich unter „die-kommenden.de“ [1] zu finden war und unter anderem das LabourNet Germany als Informationsquelle unter „Nationale Verweise“, aufführte. Wir haben durch die Redaktion der Zeitung „Junge Welt“ davon erfahren und reagierten am 25.Oktober 2004 wie folgt:

Im Namen des Vorstandes des Vereins "LabourNet.de Germany e.V." fordere ich Sie hiermit umgehend auf, einen bestehenden Link auf die vom Traegerverein herausgegebene Seite www.labournet.de, welcher sich auf Ihrer Homepage www.die-kommenden.de unter dem Menuepunkt "Verweise/Nationale Verweise" befindet, zu entfernen. Sollten sich auf der o.a. Domain weitere Verweise auf unsere Seite befinden, sind diese ebenfalls zu entfernen.
Als Termin fuer die entgueltige Entfernung des Links auf unsere Seite setze ich Ihnen den 01.11.2004. Sollten Sie den Link bis dahin nicht entfernt haben, werden wir gegen Sie rechtliche Schritte einleiten. Informieren Sie umgehend den Domaininhaber, […] wohnhaft […] bzw. den admin-c, selbige Person, wohnhaft […], ueber dieses Schreiben. gez. Ralf Pandorf; labourNet.de Germany e.V.; Vorstand”

Der „Netzmeister“ hat den Link dann auch tatsächlich entfernt, doch die Homepage-Betreiber hat sich bereits einen Tag später einen neuen Provider in Kanada gesucht und fungieren seitdem unter „die-kommenden.net“. Als Hintergrundinformation für alle, die sich für Provider interessieren, die Nazi-Seiten hosten, gibt es unter „Aktion Kinder des Holocaustexterner Link eine interessante Liste dergleichen.

Mitte März 2005 hörten wir wieder von dieser Nazi-Seite, diesmal in einer Art, die als gefährlich einzustufen war. Dave Hollis, Gründungsmitglied des LabourNet Germany, Natale Fonatana, langjähriger Solidaritätsfall des Labournet [2] und aktiver linker Gewerkschafter sowie weitere Nürnberger Antifaschisten wurden in einem Hetzartikel persönlich angegriffen und diffamiert. Namen und Fotos, Anschriften und Adressen wurden von den Nazis auf ihrer Seite veröffentlich. Eine Situation, auf die wir für das LabourNet Germany wie folgt am 19. März 2005 reagierten:

„…wir haben festegestellt, das Sie auf der Internetseite "http://www.die-kommenden.net/" direkt auf der Startseite einen Artikel mit dem Titel: ""Wie wäre es einfach mit IFA?"- Die seltsamen Bekanntschaften des Jürgen K." mit dem Hyperlink http://www.die-kommenden.net/dk/antifa/artikel/kuibista.htm veröffentlicht haben.

In dem Artikel heißt es u.a. in der Fußnote [13]: "[13] Bild von www.labournet.de/solidaritaet/fonti - die Anti-Antifa dankt."

Sie veröffentlichen somit ein Foto ohne jegliche Absprache oder Genehmigung der Redaktion oder des Trägervereins "LabourNet Germany e.V." der Webseite "www.labournet.de", die wir in Ihrem Falle auch unter keinen Umständen gewährt hätten.

Im Namen des Vorstandes des Vereins "LabourNet Germany e.V." fordere ich Sie hiermit unverzüglich auf, das Foto von Ihrer Webseitezu entfernen und untersage Ihnen hiermit die Veröffentlichung und Verwendung von sämtlichen Logos und Fotos der Webseite "www.labournet.de" sowie der des Trägervereins der Webseite "LabourNet Germany e.V." Weiterhin untersagen wir Ihnen den Gebrauch, die Verlinkung und die Veröffentlichung sämtlicher Artikel (auch auszugsweise) auf unserer Webseite sowie sämtlicher "labournet" - Webadressen. Als Termin für die Entfernung des Bildes und sämtlicher Links auf unsere Seite setze ich Ihnen den 24. März 2005. Sollten Sie dies bis zu diesem Termin nicht getan haben, werden wir gegen Sie rechtliche Schritte einleiten. Ungehindert dessen werden wir den Inhalt Ihrer Veröffentlichung mit dem Titel ""Wie wäre es einfach mit IFA?" auf seine strafrechtliche Relevanz überprüfen lassen.
Ralf Pandorf; Vorstand LabourNet Germany e.V. “

Parallel zu uns wurden die angegriffenen Kollegen in Nürnberg aktiv und beauftragten einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen und gingen an die Öffentlichkeit: Artikel in Nürnberger Zeitungen wurden veröffentlicht und Interviews gegeben (siehe weiter unten).

Am 23. März 2005 bekamen wir ein Schreiben von einem nicht namentlich genannten „Netzmeister“ von „die kommenden“ mit folgendem Inhalt:

Sehr geehrter Herr Pandorf, sie bemängelten einige Punkte in der Veröffentlichung unseres obigen Artikels. Wir sind selbstversändlich bereit das Foto von Herrn Fontana unter gewissen Umständen zu entfernen. Wir bitten Sie uns diesbezüglich nachzuweisen, daß Sie über die Rechte an dem veröffentlichten Bild von Herrn Fontana verfügen. Herr Fontana hat bisher nichts gegen die Veröffentlichung auf unserer Internetseite einzuwenden gehabt.

Unseren Informationen nach wurden die Bilder von Herrn Fontana und seinem Prozeß nicht exklusiv für labournet erstellt, sondern auch Ihnen lediglich zur Verfügung gestellt. Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, so bitten wir Sie uns den Ersteller der Fotos zu benennen, damit wir uns mit ihm wegen den rechtlichen Angelegenheiten selbst auseinandersetzen können. Bei Herrn Fontana handelt es sich zudem um eine Person der Zeitgeschichte. Logos von Ihrer Internetseite bzw. Ihres Vereins haben wir nicht verwendet. (...)

Grundsätzlich sind wir jedoch bereit labournet ganz aus unseren Veröffentlichungen herauszunehmen, wenn von Ihnen eine Distanzierung gegenüber Personen und Organisationen erfolgt, die linksextremistische und verfassungsfeindliche Ziele verfolgen. Viele Grüße vom Netzmeister”.

Ohne den Brief an dieser Stelle juristisch zu bewerten, stellte er eine Unverschämtheit dar, auf die wir auch juristisch reagieren wollten und werden. Allerdings, der angesprochene Artikel wurde kurz darauf auf die Nazi-Seite der Anti-Antifa-Nürnberg auf „aaa.die-kommenden.net“ verschoben.
Wieder musste mit Rechtsanwälten über die veränderte Situation gesprochen werden, presserechtlich verantwortliche Personen mussten ausfindig gemacht werden usw.

Unsere KollegInnen aus Nürnberg gingen derweil in die Offensive und wurden bundesweit aktiv. Wir dokumentieren einen Artikel von Anna Franke aus dem Neuen Deutschland vom 6. April 2005, den uns die Redaktion des Neuen Deutschland freundlicherweise zur Verfügung stellt:

„Gewerkschafter im Visier der Anti-Antifa

Rechte Internetseite »informiert« über Linke aus dem Raum Nürnberg / Betroffene wollen klagen

Dass Nazis ihre politischen Gegner outen und damit politischen Druck und Angst zu erzeugen suchen, ist nicht neu. Auch dass die radikale Rechte dazu auf das Internet zurück greift, ist bekannt. Für fünf aktive Gewerkschafter aus dem Raum Nürnberg war es dennoch eine böse Überraschung, als sie sich auf einer rechtsradikalen Homepage wiederfanden - mit Fotos, teils Adressen, privaten Details und politischen Lebensläufen.

»Wir sind für die Nazis interessant, weil wir kritische Basis-Gewerkschaftsarbeit machen. Die Nazis setzen aktuell auf die Anti-Hartz-Karte und geben sich sozial. Da stört sie engagierte Betriebsarbeit besonders«, vermutet Dave Hollis, einer der von der Aktion Betroffenen.
Tatsächlich gab es wiederholt rechte Kundgebungen in ganz Franken zum Thema Sozialabbau und Hartz IV. Wer nicht genau hinhörte, hätte glauben können, auf einer Veranstaltung der Sozialforen zu sein. Nur in Nebensätzen wurden rassistische Phrasen laut. Auch wenn man sich durch die Internetseite klickt, die nun gegen die Gewerkschafter hetzt, finden sich doch Meldungen und Flugblätter zur Agitation, die man genau lesen muss, um zwischen den Zeilen zu entdecken: Hier geht es um »deutsche Arbeit für Deutsche«.
»Die Rechten sind erstaunlich gut informiert, im Gegensatz zu früheren Veröffentlichungen gibt sich die Seite einen seriösen Touch und ist professionell gemacht«, bilanzieren die Gewerkschafter. Keine Beleidigungen, kein Aufruf zur Gewalt - die Autoren scheinen das Medienrecht studiert zu haben. Dennoch kam es in der Vergangenheit nach ähnlichen Outing-Aktionen nicht nur zu Sachbeschädigungen, daher sind die Gewerkschafter wenig begeistert.
Die Zuträger der Internetseite haben ganz offenbar Montagsdemonstrationen, Anti-Nazi-Kundgebungen und viele andere Aktivitäten beobachtet und fotografiert. Der betriebene Aufwand verwundert weniger, wenn man weiß, dass Franken über eine der aktivsten »Anti-Antifas« verfügt, über rechte Aktivisten also, die Linke ausspitzeln und Dateien über sie anlegen. Interessant wird der aktuelle Fall durch die mögliche Verbindung der Homepagebetreiber zur verbotenen »Fränkischen Aktionsfront« (F.A.F.). Wohl nicht umsonst findet sich allenthalben der Verweis: »Die FAF ist mit Wirkung vom 22. Januar 2004 vom bayerischen Innenminister verboten worden und auf Grund dessen nicht erreichbar.
Informieren Sie sich hier über staatliche Repression und polizeiliche Vorgehensweisen.« Doch auch zahlreiche Prozesse gegen Rechtsextreme in den letzten Jahren haben
personelle Verquickungen nahe gelegt. Ein weiterer Grund, dass »Die Kommenden« gerade jetzt mit dem Thema linke Gewerkschafter aufwarten, könnte ein Aufmarsch sein, den die NPD für den ersten Mai in Nürnberg angekündigt hat, um ihn in den »Tag der nationalen Arbeit« umzudeuten. Antifaschistische Gruppen mobilisieren bereits zu Gegenaktivitäten.
Und da liegt es für die Rechten offenbar nahe, Autonome und kritische Gewerkschafter an den Pranger zu stellen - Stadtteilladen-Besucher wie Sven Röser, Gewerkschafter
wie Natale Fontana oder Macher einer linken Gewerkschaftswebseite wie Dave Hollis, der kürzlich einen alternativen Medienpreis erhielt. Die wollen sich nun öffentlich zur
Wehr setzen und dagegen klagen.“

Parallel zur Öffentlichkeitsarbeit wurde versucht, den Provider in Kanada zu kontaktieren mit dem (kurzfristigen) Erfolg, dass uns gestern (7.4.2005) die Meldung erreichte, das die Nazi-Seite „die-kommenden.net“ und die Anti-Antifa-Seite „aan.die-kommenden.net“ vom Provider abgeschaltet wurden: This Account Has Been Suspended!

Jugendschutz.netnew

Eine der Institutionen, an die sich die Nürnberger Betroffenen gewandt haben, das jugendschutz.net externer Link - Mitglied im International Network Against Cyberhate externer Link -, möchten wir an dieser Stelle besonders erwähnen, uns bedanken und deren Schreiben dokumentieren:

„…vielen Dank für Ihren Hinweis auf die Website http://aan.die-kommenden.net/.
Wir haben die gemeldete Anti-Antifa-Website gesichtet und dokumentiert. Die Seite wird über www.die-kommenden.net quasi anonym über einen kanadischen Server ins Netz eingestellt. Hier sind die Handlungsmöglichkeiten deutscher Kontrolleinrichtungen zwar beschränkt, aber jugendschutz.net arbeitet auch an grenzüberschreitenden Lösungen und versucht beispielsweise in der Kommunikation mit ausländischen
Diensteanbietern die Sperrung von in Deutschland unzulässigen Inhalten im
Ausland zu erreichen.

Auch wir können nur auf die Informationen der Whois-Abfragen zurückgreifen;
sämtliche uns vorliegenden Whois-Informationen haben die von Ihnen genannte
falsche Postadresse; insofern bliebe Ihrem Anwalt in diesem Falle leider nur eine Anzeige gegen unbekannt und einem ggf. nachfolgenden Amtshilfeersuchen
der Ermittlungsbehörden an die kanadischen behörden.
Im konkreten Fall haben wir daher den Provider in Kanada kontaktiert und mit
einem Hinweis auf einen potentiellen Verstoß gegen seine Allgemeinen
Geschäftsbedingungen darum gebeten, die entsprechende Website von seinem
Server zu entfernen. Zugleich haben wir auf die falsche Adresse bei der
Domainregistrierung hingewiesen und um Rücksprache oder Löschung gebeten.

Mit freundlichen Grüßen
jugendschutz.net“

jugendschutz.net überprüft das Internet auf Verstöße gegen den Jugendschutz und dringt darauf, dass Anbieter auch in diesem neuen Medium die Bestimmungen des Jugendschutzes einhalten und Rücksicht auf Kinder und Jugendliche nehmen. Es gibt eine eigene Beschwerdestelle, wenn man im Internet auf Angebote stößt, die man für illegal, jugendgefährdend oder für Kinder bzw. Jugendliche entwicklungsbeeinträchtigend hält. Im September 2002 hat jugendschutz.net das „International Network Against Cyber Hateexterner Link (INACH) mitgegründet und legte damit den Grundstein für eine kontinuierliche Zusammenarbeit antirassistischer Organisationen und Online-Meldestellen auf internationaler Ebene. Das Netzwerk besteht derzeit aus 10 Mitgliedern bzw. Kandidaten aus Europa, Russland und den USA. Ein Netzwerk, welches die Abschaltung erst ermöglicht hat.

Zwischenfazit

Ein Erfolg? Ja, auch wenn wir glauben, dass diese Nazis an anderer Stelle unter anderem Namen wieder auftauchen werden und somit die Sache noch nicht aus der Welt ist.
Trotzdem wurde es geschafft, die Seite von einem Provider zum anderen zu jagen und zumindest für einen Moment mundtot zu machen. Die juristische Auseinandersetzung des LabourNet Germany und der betroffenen KollegInnen geht natürlich weiter, wir werden berichten. Dennoch möchten wir uns jetzt schon bei allen Personen und Institutionen bedanken, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, sich tagtäglich gegen Nazis zu wehren, sie zu beobachten und juristisch zu bekämpfen.

Mag Wompel und Ralf Pandorf

[1] Als Hintergrundinformation ein Artikel von Rudolf Kleinschmidt mit dem Titel:“Surfen mit Rechtsdrall Neonazis wissen das Internet virtuos für ihre Zwecke zu nutzenexterner Link, erschienen in junge Welt vom 27.08.2003.

[2] Siehe die Solikampagne zu Natale Fontana


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