letzte Änderung am 17.Mai.2002

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Persönliche Erfahrungen mit Fortbildungsmaßnahmen

Ich, Th. Kallay, z.B. kämpfe persönlich seit mehreren Jahren, nun sogar vor dem Landessozialgericht Hessen, gegen die Bundesanstalt für Arbeit, weil ich, der ich beruflich aus der EDV-Branche (Fachjournalist für EDV, EDV-Techniker und Werbegrafiker) komme, und 15 Jahre Berufserfahrung mitbringe, mich aber während der Arbeitslosigkeit (letzter Arbeitgeber ging pleite) über EDV-Netzwerktechnik und/oder Webdesign weiterbilden wollte, bisher vier vom Arbeitsamt finanzierte EDV-Fortbildungsmaßnahmen kennengelernt habe, und keine davon auch nur das Papier wert war, auf dem die "Lehrpläne" abgedruckt waren, trotzdem aber von der Arbeitverwaltung voll finanziert wurden.

In einer der Maßnahmen mußte ich wegen fehlender Qualifikation des Dozenten kurzfristig selber unterichten, damit alle was davon hatten, und die letzte Maßnahme zum einer Art "EDV-Manager mit Schwerpunkt Webdesign" z.B. sollte 33.000.- DM kosten, enthielt aber weder qualifiziertes Unterichtsmaterial, noch sollte mit im Webdesign anerkannter Software (z.B. Macromedia Homesite, DreamWeaver und Flash, Adobe Photoshop und Illustrator usw.), sondern vielmehr mit drei Jahre alten und branchen_un_üblichen Programmen gelernt und gearbeitet werden (z.B. Microsoft Frontpage 98, die Maßnahme sollte 2001 stattfinden... - EDV-Kenner wissen, was das heisst).

Da ich vom Fach bin, habe ich mich jeweils stets ordnungsgemäß beim Arbeitsamt beschwert, habe qualifiziert alle festgestellten Mängel der einzelnen EDV-Fortbildungsmaßnahmen jeweils aufgelistet und um Abstellung der Mängel gebeten. Ergebnis war, daß ich, stets in trauter Tateinheit zwischen Arbeitsamt und jeweiligem Bildungsträger, aus den Maßnahmen entfernt wurde wegen "StÖrung der Maßnahme", man wollte mir das Arbeitslosengeld usw. sperren, stellte mich mit Hilfe des Arbeitsamtspsychologen als "notorischen, nicht teamfähigen Querulanten" hin, und ich benÖtigte viel Wut und einen guten Anwalt, um mich dagegen jedesmal zur Wehr zu setzen.

Nur so am Rande: an allen vier Bildungsmaßnahmen haben ingesamt rund 100 Leute teilgenommen. Lediglich zwei-drei von diesen Leuten konnten in Arbeit vermittelt werden - und wurden nach vier Wochen vom Arbeitgeber wegen erwiesermaßen fehlenden praktischen EDV-Kenntnissen wieder entlassen...

Dann (und deswegen stehen ich derzeit im Sozialrechtstreit mit der Arbeitsverwaltung) hatte ich zwar einen Bildungsträger gefunden, der seit rund 50 Jahren am Markt ist, seriÖs ist, gute Bildungmaßnahmen anbietet - aber da es sich um sogenannte Fernlehrmaßnahmen handelt, die zwar ZFU-zugelassen, beim Arbeitsamt aber grundlos nicht im Maßnahmekatalog sind, wird mir die Kostenübernahme einer dieser volltauglichen Lehrgänge (Lehrgangskosten rund 6000.- DM) nebst Unterhaltsgeld vom Arbeitsamt mit der Begründung verweigert, daß die Maßnahme gemäß § 90 SGB III keinen ausreichenden Nahuntericht bieten würde. Interessanterweise jedoch kümmert sich die Arbeitsverwaltung immer nur darum, ob "ausreichender" (also nicht näher quantifizierter...) Nahuntericht vorhanden ist - wie der beschaffen ist, ob überhaupt das Fernlehrmaterial was taugt, usw. wird nicht geprüft...

Und: dem Bildungsträger wurde widerrum und somit im Widerspruch zu der mir erteilten Auskunft mitgeteilt, daß diese seine Maßnahme übers Arbeitsamt nicht zu fÖrdern wäre, weil sie keinen staatlichen Abschluß bÖte. Gleichzeitig jedoch hat die zuständige Abteilung der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg, und hier immer ein ganz bestimmter Mitarbeiter, andere, zumindest dem Lehrinhalt nach ähnlich scheinende Fernlehrmaßnahmen ohne staatlichen Abschluß zugelassen und anerkannt, darunter diese Veranstaltung mit der veralteten Software für 33.000.- DM pro Teilnehmer...

Interessanterweise handelt es sich bei diesen zugelassenen Bildungsträgern nahezu ausnahmslos um Firmen, die in Bayern angesiedelt sind - und die Bundesanstalt für Arbeit sitzt ja bekanntermaßen in Nürnberg, Oberfranken, und diese Region wiederum im Bundesland Bayern....

Ein Bekannter von mir sagte dazu, daß es in vielen deutschen BehÖrden häufig Tanzuntericht gäbe - und zwar für den "Tango corrupti"...

Um nun dem Arbeitsamt sinnigerweise entgegenzukommen - man nennt sowas Kompromiß - habe ich (wieder selbst und quasi parallel zum Rechtstreit...) eine andere Fernlehrmaßnahme gefunden - die laut meinem Arbeitsamtschef (der diese Mail auch bekommt) ihm trotz angeblicher gründlicher Suche unbekannt war, tatsächlich aber seit 1999 zugelassen und in der Arbeitsverwaltungs-EDV gelistet ist - und habe diese nun beantragt.

Es handelt sich eigentlich um eine berufsbegleitende Maßnahme, eine Fortbildung zum Staatlich geprüften Sozialberater (ich bin also als Erwerbsloser nun auch bereit und so flexibel, einen neuen Beruf zu erlernen, da ich seit 3.5 Jahren ohnehin schon ehrenamtliche Sozialarbeit mache...), aber der Bildungsträger wäre bereit, die Maßnahme nebst Nahuntericht gemäß § 90 SGB III anstelle über 24 Monate für ein Jahr komprimiert für mich zu veranstalten, so daß ich mit 40 Lebensjahren und nach langer Arbeitslosigkeit einen gesuchten neuen Beruf binnen eines Jahres erlernen und danach in Arbeit gehen kÖnnte, da der Arbeitsplatz bereits mit entsprechender FÖrderung vorhanden ist und für diesen Beruf generell aufgrund der stetig steigenden sozialen Schieflage in diesem Land großer Bedarf besteht, und das Arbeitsamt kÖnnte mir dadurch, wie gegenüber meinem Anwalt bereits vor Monaten verbindlich zugesagt, nun eine taugliche Vollzeitumschulung mit Unterhaltsgeld usw. bieten.

Da aber die Maßnahme eigentlich über 24 Monate läuft, will man das jetzt doch nicht tun, denn das würde ja Geld kosten, und das hiesige Arbeitsamt sei pleite.

Daß aber tatsächlich der neue BA-Chef, Sohn aus reicher Arztfamilie, Oberstleutnant der Reserve, Diplom-Psychologe und Ex-Sozialminister Florian Gerster (also wieder mal ein Politbonze und Karrierist, der von Erwerbslosigkeit weder die geringste praktische Ahnung, noch einen Funken Erfahrung hat...) angeordnet hat, Weiterbildung weitestgehend zurückzufahren, wird mir verschwiegen in der Hoffnung, ich wüsste das nicht.

Auf gut Deutsch: jahrelang hat die Arbeitsverwaltung Arbeitslose, so auch mich, mit untauglichen Maßnahmen verarscht (sorry, aber so isses), dafür viel Geld buchstäblich zum Fenster hinausgeworfen, so daß betrügerische Bildungsträger sich die Hände rieben, und nun, wo man als Arbeitsloser selbst endlich was Gescheites findet, das sogar alle (wenn auch sinnlosen) Voraussetzungen der Arbeitsverwaltung erfüllt (zugelassen, staatlicher Abschluß, ausreichender Nahunterricht, neuer Beruf usw.) und sogar staatlich geprüft wird, also einen neuen Beruf und neue Chancen am Arbeitsmarkt bedeutet, soll das Ganze nun wieder an einer vÖllig sinnlosen, rein bürokratischen Formalie scheitern.

Zum Kotzen. Ich habe es satt. Ich bin übel wütend, oberstinksauer. Und ich bin nur einer von vielen, denen es ob solchen Arbeitsamts-Schwachsinns genauso geht...

Niemand in diesem Lande braucht sich zu wundern, daß wir soviele Erwerblose haben - denn die TragikomÖdie ist ja, daß man uns Erwerbslosen einerseits vorwirft, wir seien faul, uns aber andererseits, weil wir unseren Arsch nämlich in Wahrheit bewegen und voran kommen wollen, daran bürokratisch "arbeitsverwaltend" seit Jahren hindert, wo es nur geht. Solchen Dünnschiss - und anders kann man es wirklich nicht mehr bezeichnen - bringen nur deutsche BehÖrden zustande.

Das verstehe, wer will, ich tus nicht, und ich werde, sollte sich da z.B. für mich nicht sofort etwas ändern, jetzt neben der gerichtlichen Schiene noch zu reiferen Maßnahmen greifen, um die Arbeitsverwaltung mal etwas munter zu machen. Interessierte Medien gibt es genug, und das Internet ist auch dankbarer Abnehmer...

Wer mitmachen will, ist herzlich willkommen. Wehret nicht nur den Anfängen, sondern stoppt die Misere.

In diesem Sinne mit freundlichen Grüssen an alle - auch an die Leute von der Arbeitsverwaltung...
Thomas Kallay

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