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Updated: 18.12.2012 15:51
Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany

Der Fall Werner Braeuner

"Solidarität mit Werner Braeuner" hieß bis heute [30.5.2011] eine von uns im Jahre 2001 eingerichtete Rubrik. Sie wird nun in "Der Fall Werner Braeuner" umbenannt, denn uns erreichten glaubwürdige Hinweise, dass Werner Braeuner, dessen Tötung des örtlichen Arbeitsamtschefs bislang als ein Verzweiflungsakt im Affekt erschien, sich nun eher eines geplanten Attentats brüstet. Uns erscheint daher eine evtl. als "bedingungslos" interpretierte Solidarität nicht mehr angebracht - sie kann nicht seiner Tat gelten, denn die Tötung eines Menschen verurteilen wir unbedingt.
Aber selbstverständlich unterstützen wir ihn weiterhin in seinen Anliegen sowohl der Kritik am alltäglichen Umgang mit Erwerbslosen sowie an den Lebens- und Arbeitsbedingungen im Knast (gegen die er sich momentan im Hungerstreik befindet), denn eine menschenwürdige Behandlung ist unabhängig von der Tat.

Nach etwa einem halben Jahr bricht Werner Brauener, ein 46 jähriger arbeitsloser Ingenieur, eine Arbeitsamts-"Qualifizierungsmaßnahme" ab. Er begründet diese Entscheidung gegenüber Klaus Herzberg, dem Direktor des zuständigen Arbeitsamtes Verden (Niedersachsen) in mehreren Briefen. Dieser antwortet ihm mit der Streichung der Arbeitslosenhilfe. Das gibt Werner, bei dem zu diesem Zeitpunkt auch "privat" gerade ziemlich viel schief geht, den Rest. Er denkt an Selbstmord. Am 12.01.01 schreibt er an Herzberg: "[...] teile ich Ihnen mit, wie ich die Verhängung einer Sperre der Arbeitslosenunterstützung bewerte: Sie brechen mir damit das Genick. Und Sie tun das mutwillig." Anfang Februar erhält er den amtlichen Bescheid über die Streichung seiner Kohle. Daraufhin beschließt Werner, den Arbeitsamtsdirektor vor dessen Haus zur Rede zu stellen. Der Wortwechsel schlägt in eine körperliche Auseinandersetzung um, in deren Verlauf Herzberg tödlich verletzt wird. Schockiert stellt sich Werner der Polizei. Seit diesem Tag sitzt er im Verdener Knast. Nun wurde Werner Braeuner zu 12 Jahren Haft verurteilt! Weitere Hintergründe, Kontakt-/Soli-Adresse von Werner sowie ein Prozeßhilfenkonto sind der Soli-Site für Werner Brauener externer Link zu entnehmen. Siehe hierzu im Labournet:


Strafgefangener Werner Braeuner beginnt unbefristeten Hungerstreik

„Der Strafgefangene Werner Braeuner begann heute, am 8. 5.2011 einen unbefristeten Hungerstreik. Er fordert, daß ihm der Gegenwert des Gefängnisessens (ca. 7 Euro/Tag) in bar ausgezahlt wird. Hintergrund ist die Kontaminierung seines Essens durch Fäkalien. Werner bestimmt seinen Hungerstreik als Todesfasten. Das heißt, entweder seine Forderung wird erfüllt, oder er stirbt. Für den Fall seiner Zwangsernährung hat Werner angekündigt, Suizid zu begehen. Werner Bräuner ergreift diesen drastischen Schritt, obwohl seine Zeitstrafe nächstes Jahr endet. Werner ist in Sehnde bei Hannover inhaftiert. Er wurde wg. Totschlages verurteilt, da er den Direktor des für ihn zuständigen, ihn wie zahllose andere mit sinnlosen Maßnahmen traktierenden, Arbeitsamtes um Leben gebracht hat. Werner Braeuner war in der Arbeitslosenbewegung aktiv…“ Mail an die Redaktion des LabourNet Germany vom 09.05.2011. Siehe dazu:

  • Werner Braeuner hat den Hungerstreik abgebrochen! new
    Nach einem Teilerfolg hat Werner Braeuner seinem Hungerstreik am Freitag, den 1. Juli abgebrochen - Details folgen. Am Dienstag, den 5.Juli wird er um 18 Uhr vom Webradio Radio Flora externer Link in der Sendung "Wie viele sind hinter Gittern, die wir draußen brauchen!" interviewt

  • Betr.: Hungerstreik des Gefangenen Werner Braeuner in der JVA Sehnde
    Offener Brief vom 11.5.2011 des Komitees für Grundrechte und Demokratie externer Link(Gefangenenbeauftragter Christian Herrgesell) an den niedersächsischen Justizminister, Bernd Busemann, und die Leiterin der JVA Sehnde, Krimhild Timmermans-Eike. Aus dem Text: ".Leider erreichen uns immer wieder Zuschriften von Gefangenen, in denen die miserable, menschenunwürdige Praxis bei der Versorgung mit Lebensmitteln in den Vollzugsanstalten beanstandet wird. Unter Verweis auf den wachsenden Kostendruck und unter Inkaufnahme der Gefährdung der Gesundheit der Insassen wird zunehmend auch an den ganz wenigen, grundlegenden Dingen eingespart, über welche den Inhaftierten noch ein Minimum an Mitbestimmung zugestanden werden sollte. (.) Wir ersuchen das Niedersächsische Justizministerium und die Leitung der JVA Sehnde, sich gegenüber Herr Braeuner kompromissbereit zu zeigen und auf eine einvernehmliche Lösung hinzuarbeiten. Darüber hinaus hat die Vollzugsbehörde dringend dafür Sorge zu tragen, dass für alle Inhaftierten eine ausreichende Versorgung mit abwechslungsreicher und gesunder Nahrung sichergestellt werden kann."

  • Verdrecktes Essen - Hungerstreik von Werner Braeuner in der JVA Sehnde
    Der Gefangene Werner Brauener begann am 8. Mai 2011 einen unbefristeten Hungerstreik gegen das - seinen Angaben zufolge - mit Exkrementen verdreckte Essen in der JVA Sehnde. Wolfgang Lettow, Mitarbeiter der Zeitschrift Gefangeneninfo und von Radio Flora, berichtet über die Einzelheiten. Radio Flora-Bericht vom 10.05.11 externer Link Audio-Datei

  • Unterstützt Werner im Hungerstreik! Drinnen und draußen ein Kampf!
    Aufruf vom Netzwerk Freiheit für alle politische Gefangene und Redaktion des Gefangenen Info vom 9.5.2011 externer Link. Aus dem Text: "Schreibt Protestmails an: Niedersächsisches Justizministerium in Hannover E-Mail: pressestelle@mj.niedersachsen.de
    Oder schreibt Werner persönlich: Werner Braeuner, Schnedebruch 8, 31319 Sehnde"

  • Erklärung von Werner Braeuner zu seinem Hungerstreik ab dem 08.05.2011
    Indymedia dokumentiert dazu die Erklärung von Werner Braeuner vom 02.05.2011 externer Link

Gegen Zwangsmaßnahmen

Am 7. Juli wurde ein telefonisches Live-Interview im Webradio von Radio Flora aus Hannover mit dem Gefangenen Werner Braeuner geführt, der aus der Arbeitslosenbewegung kommt und seit Februar 2001 inhaftiert ist, weil er einen Arbeitsamtsdirektor niedergestochen hat. Interview mit Werner Braeuner von Gefangenen Info vom 09.09.2009 bei indymedia externer Link

Zur aktuellen Situation von Werner Braeuner

Die Redaktion des LabourNet Germany erreichte Schneckenpost aus der JVA Sehnde vom 29.7.07 mit der Bitte von Werner Braeuner, die Dokumentation seines „Falls“ zu aktualisieren. Siehe dazu:

Informationen rund um den Prozess

  • Verzweiflung im Affekt. Im Urteil gegen den Arbeitslosen Werner Braeuner zeigt sich, wie sozialer Protest psychologisiert wird.
    Bericht von Guillaume Paoli in Jungle World
    externer Link 35 vom 22./29 August 2001
  • Es ist der Kapitalismus, der kriminell ist! Solidarität mit Werner Braeuner
    "Am Freitag, den 3. August 2001, begann vor dem Langericht in Verden (bei Bremen) der Prozeß gegen Werner Braeuner - er hatte am 6. Februar 2001 den Direktor des Arbeitsamtes in Verden getötet. Werner ließ seinen Anwalt eine lange Erklärung verlesen, in der er ausführlich seine persönliche Situation darstellte und sich für die Tat entschuldigte. Er könne selber noch nicht begreifen, wie es dazu kommen konnte; er habe aus Verzweifelung gehandelt. Gleichzeitig machte seine Erklärung deutlich, in welchem Maße die Arbeitslosigkeit und insbesondere die schikanöse Behandlung auf den Ämtern, die Quälerei mit sinnlosen Beschäftigungsmaßnamen und Trainingsprogrammen zu dieser Verzweifelung beigetragen hatten. Die nächsten Prozeßtermine sind am 7., 9. und 13. August, jeweils um 9 Uhr im Saal 104 (linker Nebeneingang) des Landgerichts Verden, Johanneswall 6 (...)" Stellungnahme und Infos bei Wildcat externer Link
  • Gewalt hat viele Gesichter. Kapitalismus tötet - durch Arbeit, Armut und Staatsgewalt.
    Flugblatt zu Werner Braeuner, das in Freiburg vor dem Arbeitsamt verteilt wurde externer Link, bei Wildcat
  • Flugblatt aus dem Berliner Raum externer Link pdf-Datei zu Werner Braeuner bei Wildcat
  • Besetzung des Informations- und Dokumentationszentrums der Deutschen Botschaft in Paris CIDAL (Centre d'information et de documentation de l'ambassade d'Allemagne)
    "Heute, am 9. Juli 2001, haben wir das Informations- und Dokumentationszentrum der Deutschen Botschaft in Paris in der rue Maribeau 24, im 16. Arrondissement, für eineinhalb Stunden besetzt, um gegen die übertriebene Medienhetze und die Lügen des Gerichts gegen Werner Braeuner zu protestieren (...)" Presseerklärung der "Gruppe unkontrollierbare Elemente, Paris" externer Link im Wildcat-Zirkular Nr. 59/60 vom Juli/August 2001
  • Kriminell ist hier die Soziallogik!
    Text von Franzosen aus der Erwerbsloseninitiative AC! externer Link, die als erste eine Unterschriftensammlung gestartet haben, um die Blockade zu brechen, die sich in Deutschland gegen diesen Fall richtet.
  • Es geschah in ihrer Nähe. Über einen tödlichen Fall von Zumutbarkeit.
    Artikel von Guillaume Paoli
    externer Link, entnommen aus der Nr 4 von "Müssiggänger", Kontemplationsblatt der Glücklichen Arbeitslosen (Juni 2001)
  • Prekäre Maßnahme. In dieser Woche wird vor dem Landgericht Verden die Tötung des örtlichen Arbeitsamtschefs durch einen Erwerbslosen verhandelt.
    Artikel von Anton Landgraf in der Jungle World externer Link 32 vom 01. August 2001

Zwischen Forderung und Subversion. Die Bewegung der Erwerbslosen in Frankreich

Werner Braeuner (siehe oben) hatte Kontakt zur französischen Arbeitslosenbewegung, da er sich stark für sie interessierte und Texte von ihnen ins Deutsche übersetzte. Letztes Jahr übersetzte er einen längeren Text, der die Entwicklung und Probleme der Bewegung in Frankreich analysiert. Durch seinen "Fall" sind wir hierauf gestossen: Text von Nicole Thé, Mitglied von AC! Paris externer Link, verfaßt im März 2000, am 31.07.2000 in ac-forum veröffentlicht [AC! = Agir ensemble contre le chômage = Gemeinsam handeln gegen Arbeitslosigkeit]. Übersetzung von Werner Braeuner


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