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Updated: 18.12.2012 15:51
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IG BCE-Kampagne "Modell Deutschland ... zuerst der Mensch"

Stephan Krull hatte bei der IG BCE wegen ihres nationalistischen Plakates bei den Demos am 3.4. interveniert und bekam eine Antwort. Wir dokumentieren beides.


Liebe Leute von der IGBCE!

Ich selbst war Teilnehmer der Demonstration gegen Sozialabbau am 3. April in Berlin.  Ich denke, die Demo war ein guter Erfolg. Mir ist klar, wie es nun weitergehen müsste, denn – ausweislich der Erklärungen von Müntefering und Benneter – soll sich an der Sozialabbaupolitik nichts ändern. Ich erwarte – wie sicher viele der 500.000TeilnehmerInnen – weitere Aktionen der Gewerkschaften in den Regionen und Betrieben!

Etwas anderes hat mich zunächst irritiert – und das war das Plakat der IGBCE, das ich häufig gesehen habe mit folgendem Inhalt: „Aufstehn für ein soziales Europa / Modell Deutschland … zuerst der Mensch“ / und dann in schwarz-rot-gold eine „1 IGBCE“

„Aufstehn für ein soziales Europa“ muss ja wohl in jedem Land, also auch in Deutschland beginnen. Vor allem deshalb, weil Deutschland eines der Länder ist, das die kapitalistische Globalisierung maßgeblich mit vorantreibt. Aber dann kommt, was mich nicht nur irritierte, sondern ärgerte und extrem störte: „Modell Deutschland … zuerst der Mensch“ und eine 1 in schwarz-rot-gold.

Was ist das für ein nationalistischer und sozialer Blödsinn, den ihr da auf das Plakat gebracht habt? Deutschland ist nun wirklich kein Modell und sollte es nie mehr sein wollen!!! Niemand in Europa will ein Land als Modell für andere Länder! Wer hat Euch auf diese Schindmähre gesetzt? Und in Deutschland – zuerst der Mensch? Das ist wohl eine Verhöhnung der Opfer der Sozialabbaupolitik, wie sie seit vielen Jahren betrieben wird. In Deutschland gelten heute Profit, Konkurrenz und Wettbewerb weit mehr als die Menschen. Genau das war ja Anlass für die Demonstration am 3. April.

Ich bitte um eine Erklärung, was dieses Plakat sollte und bitte dringend um eine kritische Reflexion dessen, was ihr damit gemacht habt und fordere Euch auf, auf gemeinsamen Demonstrationen des DGB mit internationalistischen Kräften nie wieder mit nationalistischen Parolen aufzutauchen!

Stephan Krull
IG Metall Arbeitskreis InterSoli Wolfsburg

Lieber Kollege Krull,

besten Dank für Deine Mail vom 5.4.2004 mit dem Betreff "Anfrage Demo-Plakat". Offensichtlich bezieht sich Deine Anfrage auf das Logo der IG BCE-Imagekampagne "Modell Deutschland ... zuerst der Mensch".

Zunächst freuen wir uns natürlich, daß dieses Logo von vielen Menschen, so auch von Dir, wahrgenommen wird. Wir wollen mit dieser Kampagne zum Nachdenken anregen, zur Diskussion, aber auch zum Handeln jenseits starrer Denkweisen. Nur so können wir die deutsche Gewerkschaftskultur, die ja u.a. Bestandteil europäischer Gewerkschaftskultur ist, im Sinne des Modells Deutschland weiterentwickeln. Gerade das "Modell Deutschland" ist ja durch starke Gewerkschaften, durch Mitbestimmung und Arbeitnehmerbeteiligung geprägt. Dies soll nach unserer Ansicht auch so bleiben.

Deutsche Gewerkschaften sind demokratische Organisationen. Sie handeln auf der Basis unserer Verfassung und gestalten in diesem Sinne unsere soziale Marktwirtschaft mit grossem Erfolg mit. Zum Wesen der Demokratie gehört die konstruktive Auseinandersetzung. Gleichschaltung gehört hingegen zum Wesen der undemokratischen Gesellschaft. Deshalb suchen wir die konstruktive Auseinandersetzung, gerade auch mit Andersdenkenden.

In diesem Sinne würden wir uns freuen, wenn Du uns Deine Postanschrift mitteilen würdest. Dann werden wir Dir umgehend eine Auswahl an Printprodukten unserer Kampagne "Modell Deutschland ... zuerst der Mensch" zukommen lassen. Vor dem Hintergrund einer breiteren Informationsbasis betrachtest Du unsere Kampagne sicherlich in einem anderen Licht.

Noch ein letztes Wort: Aus Deiner Mail geht hervor, daß Symbole, die unsere Nationalfarben tragen, für Dich ungewohnt sind. Natürlich haben wir vor dem Hintergrund unserer Geschichte hier eine besondere Verantwortung. Solche Symbole sind aber Teil unserer Kultur, sie werden von vielen Menschen, so auch von Gewerkschaftern, nicht nur bei internationalen Sportveranstaltungen positiv besetzt. Für Gewerkschaften in anderen Ländern sind solche Symbole eine Selbstverständlichkeit. Laß mich deshalb zur Verdeutlichung mit einem Zitat des Amerikaners Richard Roty, der aufgrund seiner linken Positionen sicherlich unverdächtig ist, enden: "Nationalstolz ist für ein Land dasselbe wie Selbstachtung für den einzelnen. Zuviel Nationalstolz kann Aggressivität und Imperialismus erzeugen.(...) Doch zu wenig kann den einzelnen daran hindern moralischen Mut zu zeigen, und ebenso kann mangelnder Nationalstolz eine energische und wirkungsvolle Diskussion über nationale Politik vereiteln."

Mit freundlichen Grüßen
Kurt Meier
IG BCE-Hauptverwaltung, Abt. Vorsitzender


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