Der Kampf bei Neupack: Die Streikfront steht – Der Kampf geht weiter!

Nach einer Woche Lohnarbeit streiken die Neupack-KollegInnen wieder. Die Streikfront steht! Alle KollegInnen sind wieder draußen. In der Woche am Arbeitsplatz zahlte sich das in den drei Monaten Streik erworbene Selbstbewußtsein aus.
In dieser Woche haben sie zwar gegen ihre eigenen Interessen die Lager der Krügers wieder gefüllt, sie haben aber auch ihre Geschlossenheit und Diszipliniertheit gezeigt – es gab keine Zwischenfälle mit den StreikbrecherInnen. Die Personalplanung der Krügers dürfte durcheinander gekommen sein. Die Krüger-Familie hatte behauptet, die IG BCE habe den Streik nicht mehr im Griff und deshalb vor dem Arbeitsgericht in der vergangenen Woche ein Verbot des Streiks gefordert, was vom Gericht abgeschmettert wurde. Diese Ansicht hat sich auch in der Praxis als Humbug erwiesen. Die IG BCE braucht die Streikenden nicht im Griff zu haben. Die Streikenden haben sich selber im Griff.

Die StreikbrecherInnen der Stammbelegschaft und die aus Polen (Kattowitz) Herangeholten zeigten hingegen Zeichen der Demoralisierung! KollegInnen berichteten, daß es unter ihnen Streitigkeiten gab. Sie hatten eine Woche Zeit, sie genau zu beobachten. Die Streikenden wissen, warum sie kämpfen, um ein besseres Leben in der Zukunft, ihre Würde und ihre Ehre. Die StreikbrecherInnen hingegen müssen für 8.50 Euro dem Willen der Krügers nachkommen, die Fahne der Unternehmerfreiheit hochhalten und gegen ihr schlechtes Gewissen ankämpfen. Das dürfte allmählich mürbe machen. Die IG BCE hat den StreikbrecherInnen angeboten, ihnen die Reisekosten zurück nach Kattowitz und Lohnersatzleistungen zu bezahlen.

Zwischen der Hauptverwaltung der Gewerkschaft und den Krügers gibt es nonverbale Kommunikation. Mit der Arbeitsaufnahme wurde erneut Entgegenkommen signalisiert, die Antwort war die Aussperrung des Gewerkschaftssekretärs Pientka – eine deutliche Sprache. Heute, Freitagmittag, ist vom Betriebsrat eine Betriebsversammlung im Werk angesetzt – ob die Streikenden wohl reingelassen werden?

Karl Marx schrieb, daß es das Wesen der Gewerkschaften sei, einen Guerilla-Kampf gegen das Kapital zu führen, auf die Idee einer Sozialpartnerschaft kam er damals noch nicht. Die Streikenden von Neupack können in ihrer direkten Konfrontation mit den Inhabern und deren Gefolgschaft diesen Begriff des Guerilla-Kampfes inzwischen voll nachvollziehen.
Und der Kampf geht weiter. Ihnen steht allerdings ein entschlossener Gegner gegenüber: Der Senior-Chef Jens Krüger (72), der nicht an die Öffentlichkeit tritt, aber die Seele und der Wille des Angriffs auf die Belegschaft ist, der Unternehmensberater Arne Hoeck als der Stratege und der Abteilungsleiter Barczewski als Organisator (er hatte die StreikbrecherInnen aus seiner Heimatstadt Katowice besorgt). Das Gesicht fürs Fernsehen und der Name fürs Impressum der „Neupack News“ ist Lars Krüger, der Neffe von Jens Krüger. Die Krügers handeln nach der Devise: Koste es, was es wolle. Und der Streik dürfte sie schon Millionen gekostet haben. Hinter sich dürften sie etliche ihrer Klassengenossen haben und auch Banken. Es geht ihnen darum, bei Firmen tariflose Zustände herzustellen. Da sind Experten wie Arne Hoeck die geeigneten Strategen. Er ist als Berater seit Ende Mai für Neupack tätig, gerade ist er Geschäftsführer geworden, mit einem Gehalt, für das vermutlich ein Dutzend Packer hätten eingestellt werden können. Schmutzarbeit hat eben seinen Preis. Hoeck brüstete sich kurz vor dem Streik in der Kantine, daß er in Betrieben die Bildung von Betriebsräten verhindert habe. Siehe dazu den link zur Sendung Panorama (NDR 3) am 29.1. externer Link mit Auftritten von Unternehmensberater Hoeck.

Die IG BCE-Führung redet und schreibt seit etlichen Wochen nicht mehr von Sozialpartnerschaft. Sie ist zum Erfolg verdammt. Sie wird von der streikenden Belegschaft, die weiterhin einen Tarifvertrag fordert und dem Druck der anderen Gewerkschaften zum Klassenkampf gezwungen. Sie würde ihr Gesicht verlieren, wenn sie als zweitgrößte Industriegewerkschaft (680 000 Mitglieder) gegen den kleinen Mittelständler Krüger den Kampf verlieren würde. Gewerkschaftsführer anderer Gewerkschaften und des DGB geben zu verstehen, daß eine Niederlage die Niederlage aller Gewerkschaften in Deutschland wäre. Auf die Idee mit dem Flexi-Streik war die IG BCE-Führung durch den Streik der NGG (Nahrung, Gaststätten und Genußmittel) beim Brühwürfel-Hersteller Zamek in Düsseldorf gekommen, der nach 18 Tagen Streik, verteilt auf mehrere Monate, relativ erfolgreich war. Die NGG hatte damit Lehren gezogen aus dem sechsmonatigen Streik bei Gate Gourmet (Düsseldorf) von 2005/2006, der materiell erfolglos verlief.

Die Geschäftsleitung von Neupack ließ am Donnerstag „Neupack News“ verteilen, daß sie bei einer Fortsetzung des Flexi-Streiks (Reingehen in den Betrieb zwecks vorübergehender Arbeitsaufnahme) 12 Stunden vorher informiert werden möchte „aufgrund der notwendigen Aufheizzeiten sowie Personal- und Schichteinteilungen“. Die KollegInnen fragten sich, ob die Krügers aussperren werden, falls dem Ansinnen nicht nachgekommen wird.
Der hochbezahlte Stratege Hoeck ist gefordert, sich neue Strategien, sprich Schweinereien, auszudenken.

Auch die UnterstützerInnen, die in der Arbeitswoche auch die Aufgabe des Heizens des Zeltes und das Kaffeemachen für die nach der Schicht ins Zelt Einkehrenden übernommen hatten, können sich wieder anderen Aufgaben zuwenden. Am Freitagmorgen um fünf Uhr standen sie wieder vor den Toren der Firma Neupack, um den Bus aufzuhalten und die polnischen StreikbrecherInnen zu informieren. Der Bus war diesmal jedoch leer und die Insassen waren zu Fuß auf das Gelände gekommen.

Dieter Wegner, Soli-Kreis Neupack, www.soli-kreis.tk externer Link, 01.02.2013

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=24834
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