Offener Brief gegen: „IG Metall Küste fordert Stärkung des Marineschiffbaus von der Bundesregierung“ – Wie vereinbaren Sie dies mit der Satzung der IG Metall?

Der Frieden gefährdet Arbeitsplätze. Plakat von Klaus Staeck, 1978. Wir danken für die Freigabe!Die IG Metall Küste hat die Bundesregierung aufgefordert, den Marineschiffbau in Deutschland zu stärken und den Überwasserschiffbau – wie im Koalitionsvertrag angekündigt – als Schlüsselindustrie einzustufen. „Uns geht es um die gesamte Wertschöpfungskette: Konstruktion, Produktion, Zulieferer sowie Service und Wartung“, sagte Meinhard Geiken, Bezirksleiter der IG Metall Küste, nach einem Treffen mit Betriebsräten von Werften zu Zulieferern. „Wir wollen das über die militärische Nutzung hinaus wichtige Know-how und damit die Arbeitsplätze und Betriebe im Marineschiffbau in Deutschland halten. Die Einstufung als Schlüsseltechnologie schafft die Voraussetzung, das bei der Vergabe von Aufträgen für die Bundesmarine zu berücksichtigen.“ Von Beginn an hat die IG Metall Küste die europäische Ausschreibung des Mehrzweckkampfschiffes 180 (MKS 180) kritisiert. „Diese führt zu einem massiven Verdrängungswettbewerb, der hunderte Arbeitsplätze bei Werften und Zulieferern in Norddeutschland gefährdet“, so IG Metall-Bezirksleiter Geiken. „Von der Bundesregierung wollen wir wissen, welche strategische Perspektive sie für den deutschen Marineschiffbau in Europa sieht. Nach unserer Auffassung muss Deutschland als relevanter und aktiv gestaltender Akteur agieren und darf nicht zum Juniorpartner werden.“…“ Pressemitteilung vom 14.03.2018 von und bei IG Metall Küste externer Link und der Offene Brief von Ursula Mathern an Meinhard Geiken, Bezirksleiter der IG Metall Küste: Wie vereinbaren Sie dies mit der Satzung der IG Metall?

Wie vereinbaren Sie dies mit der Satzung der IG Metall?

Offener Brief von Ursula Mathern an Meinhard Geiken, Bezirksleiter der IG Metall Küste

 Sehr geehrter Herr Geiken,

Medienberichten zufolge, fordern Sie als Bezirksleiter der IG Metall Küste aus Sorge um die Zukunft des Marineschiffbaus in Deutschland, die Regierung müsse ihrem eigenen Koalitionsvertrag folgen und den Bau von so genannten Überwasser-Marineschiffen als Schlüsseltechnologie einstufen. Als Hintergrund wird genannt: die Neuordnung der europäischen Schiffbauindustrie und der Ausschluss der Werften Lürssen und TKMS aus dem Vergabeverfahren für das neue Mehrzweckkampfschiff MKS 180 für die deutsche Marine.

Nachvollziehbar ist für mich die Sorge um Arbeitsplätze, solange Menschen gezwungen sind, zur Sicherung der eigenen Existenz ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Und dies betrifft den weitaus größten Teil der Weltbevölkerung.

Allerdings heißt es in der Satzung der IG Metall § 2 Aufgaben und Ziele:
Die IG Metall „bekennt sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und setzt sich für die Sicherung und den Ausbau des sozialen Rechtsstaates und die weitere Demokratisierung von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft, für Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung und den Schutz der natürlichen Umwelt zur Sicherung der Existenz der Menschheit ein“.

Wie vereinbaren Sie dies miteinander?

Derselbe Widerspruch findet sich zwischen der Verfassung der Freien und Hansestadt, die sie verpflichtet „im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern“ zu agieren einerseits – und andererseits der Tatsache, dass die Metropolregion Hamburg auch aufgrund des milliardenschweren Geschäfts mit dem Krieg boomt. Denn dort werden unter Beteiligung zahlreicher Hamburger Firmen Rüstungsgüter in großem Umfang produziert. Kunden sind: die Bundeswehr und die Streitkräfte anderer Staaten, darunter viele Diktaturen.

Wie verhalten Sie sich dazu?

Wie vereinbaren Sie es mit Ihrem Gewissen, dass mittels Ihrer Arbeit(splätze) Tod, Elend und Zerstörung über Kinder, Frauen und Männer anderswo gebracht werden?

Ich persönlich vertrete seit Jahren die Position, dass Arbeit längst nicht gleich Arbeit ist, sondern es ist klar zu unterscheiden zwischen notwendiger und sinnvoller Arbeit einerseits – und destruktiver (insbesondere die Rüstungsindustrie) und überflüssiger Arbeit andererseits. Letztere sollten m. E. abgeschafft und erstere gleichmäßig verteilt werden.

Die multidimensionale Krise, in der wir leben, werden wir nur dann in den Griff bekommen, wenn wir alle unsere Energien inklusive der finanziellen Ressourcen bündeln und in das gemeinsame Überleben auf diesem Planeten investieren…

D.h. Abbau und am besten Stopp der Investitionen in Rüstung und Kriege; stattdessen Investitionen in Soziales, Bildung, globalen Ausgleich und nicht zuletzt, um dem Klimawandel entgegen zu wirken. Bei steigendem Meeresspiegel übrigens wird gerade Hamburg irgendwann von der Bildfläche verschwunden sein, womit sich auch die Sorge um Arbeitsplätze erledigt haben dürfte.

Sehr geehrter Herr Geiken, ich finde, dass gründlicheres Nachdenken Not tut und vielleicht auch Sie zu dem Schluss kommen lässt: Nicht Sorge um den Marineschiffbau und die Rüstungsindustrie versprechen Zukunftsfähigkeit, sondern Umdenken und Umsteuern, Konversion der Rüstungsindustrie u. a. hin zu einer Wirtschaft, die dem Leben dient.

Mit freundlichen Grüßen
Ursula Mathern

P.S. Gerne leite ich Ihnen noch zwei Links weiter zu Informationen, die die ganze Sinn- und Wirkungslosigkeit der westlichen Aufrüstung offenbar machen:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=129333
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