Landbäckerei Ihle: Betriebsrat ausgespäht

Dossier

Unter großem öffentlichen Interesse wurde am Donnerstag, den 13. September, am Arbeitsgericht in Augsburg der Fall des von der Kündigung bedrohten Betriebsratsvorsitzenden der Landbäckerei Ihle verhandelt. Dem Aufruf von NGG, gegen die mehr als zweifelhaften Praktiken des Arbeitgebers zu demonstrieren, waren viele gefolgt. Der Computer des Betriebsrates war mit einem unbemerkt installierten Programm ausgespäht worden. Siehe dazu:

  • „Datenschutz wird zum Täterschutz“
    Das Arbeitsgericht entschied: Die Kontroll-Software, die der Arbeitgeber auf dem PC des Betriebsrats installiert hatte, ist „unverhältnismäßig“. Die aufgezeichneten Screenshots wurden als Beweismittel nicht zugelassen. Artikel von Ulrike Duhm auf Telepolis vom 09.10.2012 externer Link. Aus dem Text:
    „(…)  So ist denn auch die Freude des beschuldigten Betriebsratsvorsitzenden über den Richterspruch verhalten: „Das Urteil des Arbeitgerichts Augsburg konnte nicht anders ausfallen. Allerdings bedauere ich persönlich, dass im Arbeitsgerichtverfahren der Sachverhalt nicht aufgeklärt wurde. Der Eindruck entsteht nun, dass ich zwar meine Arbeitszeit verändert habe, aber die Beweise illegal sind und deshalb meine Kündigung nicht hält.“ „Rehabilitation“ erwartet sich R. vom „laufenden Strafverfahren“, das die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) wegen Behinderung der Betriebsratstätigkeit und Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz gegen Ihle angestrengt habe. „Ich denke das Strafverfahren wird aufklären, wer mir dieses faule Ei in den PC gelegt und dann davon Fotos gemacht hat“, sagt der Betriebsratschef. Inzwischen macht er seine Arbeit. Was die Geschäftsleitung beträfe, sei das Klima „nicht außergewöhnlich anders als sonst“. Gespräche fänden statt. Von Mitbestimmung halte sein Arbeitgeber jedoch nicht viel. Betriebsratsarbeit bei Ihle sei „kein Job sondern Ersthelfertätigkeit“. Es sei für rund 500 Menschen zuständig. „Und die stehen hinter mir“, sagt der Betriebsratsvorsitzende. Das sei der Grund, aus dem er weiter mache. Einstweilen hoffe er, „dass unsere Geschäftsleitung aufwacht und sieht, dass mit Wertschätzung und Motivation der Laden besser läuft als mit Druck und Angst“. (…) Der mündlichen Entscheidungsverkündung wird in etwa zwei Wochen der schriftliche Beschluss folgen. Ab dann hat die Geschäftsführung der Bäckerei einen Monat Zeit, sich zu überlegen, ob sie gegen die Entscheidung Beschwerde beim Landesarbeitsgericht erheben will.“

  • Verdachtskündigung nach Bildschirmüberwachung: Bäckerei Ihle unterliegt vor Arbeitsgericht
    Das Arbeitsgericht Augsburg hat heute den Antrag der Landbäckerei Ihle auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung ihres Vorsitzenden abgewiesen. Das Gericht hielt die Art und Weise der Überwachung für unverhältnismäßig. (…) Die Bäckerei hatte für die Verdachtskündigung Erkenntnisse vorgetragen, die durch heimliche Bildschirmfotografien eines Betriebsratsrechners gewonnen wurden. Das Arbeitsgericht hielt die Art und Weise der Überwachung nicht für verhältnismäßig und damit für rechtswidrig. „Wir hoffen, dass die Geschäftsleitung das Kündigungsverfahren jetzt endgültig einstellt“, kommentierte Tim Lubecki von der NGG. „Betriebsrat und Gewerkschaft NGG sind bereit für vertrauensvolle Zusammenarbeit.Meldung auf arbeitsrecht.de vom 04.10.2012 externer Link
  • Darf Ihle einen Betriebsrat überwachen? Urteil am 4. Oktober
    „Vor dem Arbeitsgericht versammelten sich gestern Morgen zwei Grüppchen: „Betriebsräte stehen unter besonderem Schutze des Gesetzes“ stand auf den Plakaten der einen, „Wir sind Ihle“ auf denen der anderen Partei. Mit der Verhandlung ging der Streit um die Verdachtskündigung des Betriebsratsvorsitzenden von Ihle in die dritte Runde…Artikel von Annette Liebmann auf Stadtzeitung-Online vom 13.09.2012 externer Link
  • Verhängnisvoller Hack-Angriff – Bäckereikette hat Betriebsrat nach Überwachung seines PCs entlassen
    (…) Die Bäckereikette Ihle hatte den Betriebsrats-PC gezielt mit einem Kontrollprogramm überwacht. Sie argumentiert, die Installation sei die einzige Möglichkeit gewesen, dem Arbeitnehmervertreter die Manipulation des Arbeitszeitkontos nachzuweisen – und das sei geglückt. Das Überwachungsprogramm ist eine Software, die sekündlich Bildschirmfotos macht, sobald auf das Zeiterfassungsprogramm zugegriffen wird. (…) Vor dem Gericht demonstrierte die Gewerkschaft „Nahrung-Genuss-Gaststätten“, die Ihle „Big-Brother-Methoden“ vorwirft. Arbeitnehmer müssten sicher sein, dass das Betriebsratsbüro ein geschützter Raum sei. Auch eine Gruppe von Ihle-Mitarbeitern kam zum Gericht – um ihre Solidarität mit dem Unternehmen zu zeigen.Meldung auf Die Welt kompakt vom 14.09.2012 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=9599
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