Paradigmenwandel bei Softwaregiganten SAP SE – ein Erfahrungsbericht

Das Vertrauen in Institutionen und sogenannte Wirtschaftsführer erlebt seit der Bankenkrise 2008 eine Erosion. Gründe sind: Der Sozialvertrag wurde stillschweigend gekündigt. Die Bürger zahlen für die Misswirtschaft der Finanzwelt. Obwohl es Unternehmen wirtschaftlich bestens geht, hohe Renditen erwirtschaften, müssen Beschäftigte um ihren Job bangen oder verlieren sogar ihren Arbeitsplatz. Die Kluft zwischen den wenigen Reichen und immer mehr Armen beflügelt soziale Unsicherheit und bringt den Frieden ins Wanken. Ein weiterer Grund für Misstrauen und Ängste stellt die Digitalisierung von Arbeitsprozessen dar. Neoliberale, transatlantische Kräfte versuchen nationales Recht auszuhebeln und somit Rechte von Arbeitnehmervertretungen beschneiden. Wirtschaftsbosse sprechen von einer globalen Digitalisierung von weltweiten Informationssystemen mit standardisierten Arbeitsprozessen. In der heutigen Arbeitswelt ändern sich die Anforderungen für die Beschäftigten permanent. Die Arbeitsprozesse sollen immer schneller werden, Taktzahlen und Geschwindigkeit sollen sich permanent erhöhen. Zusätzlich ist zu beobachten, dass sich Berufe verformen. Ankündigungen, dass sich alles ändern wird, des amerikanischen Vorstandssprechers von SAP SE, sorgen weniger für Sicherheit und Vertrauen. Kürzlich war in einem Email an alle SAP-Beschäftigten wieder zu lesen: „Das Tempo wird von jetzt an nur noch schneller werden.“…“ Redeskript von Ralf Kronig  (Stv. Betriebsratsvors. SAP SE) zur SOFI-Tagung „Depression und subjektivierte Arbeit“ – Arbeitspolitische Versuche und Initiativen am 30.1.2015 – wir danken dem Autor! Siehe dazu seine Aktualisierung:

  • „Hire & Fire“ bei SAP: Dramatische Folgen bestätigt
    Im Beitrag „Paradigmenwandel beim Softwaregiganten SAP SE – ein Erfahrungsbericht“ wurde über die sehr radikale Reorganisationsmaßnahme „Simplify & Optimize“ (S&O) berichtet. Es sollten Stellen, die redundant bzw. überflüssig sind, abgebaut werden. Erstmals sind von SAP „betriebsbedingte Kündigungen“ in Betracht gezogen worden. Diese wurden aber mit Hilfe des Betriebsrates der SAP SE verhindert. Ein echter Erfolg. Im Frühjahr 2015 wurde S&O von der Arbeitgeberin „ohne betriebsbedingte Kündigungen“ als beendet erklärt und betroffene Mitarbeiter andere gleichwertige Stellen innerhalb des Konzerns zugewiesen. (…) Bei SAP herrscht eine „selbstausbeuterische Arbeitskultur“: Das Gefühl der Freiheit wird erkauft mit der Pflicht zur permanenten Selbstoptimierung. Die Anwendung von hoher Selbstverantwortung und hohen fremdgesteuerten Leistungs- und Zielvorgaben, soll die Produktivität erhöhen – ohne dass eine direkte Steuerung durch das finanzzahlengetriebene Management in Erscheinung tritt. Grenzen zwischen Privaten und Arbeit verschwinden, mit schädlichen Folgen für die Gesundheit von Arbeitnehmer*innen…“ Artikel von Ralf Kronig vom Dezember 2015 , Betriebsrat und Konzernbetriebsrat SAP SE und Sprecher Ausschuss für Gesundheit und Soziales
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