Der neue Taylorismus. Monoton, kleinteilig, unterbezahlt: Klickarbeit als digitale Fließbandarbeit

faircrowdwork.org: Community, Beratung und Hilfe für Crowdworker. Für faire Arbeit in der Cloud!Tausende Arbeiter verrichten kleinste Jobs gegen Centbeträge. Das hilft Unternehmen, Kosten zu sparen. Ökonominnen zeigen: Das System hat Tücken. (…) Zwei Ökonominnen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) haben nun untersucht externer Link, wie sich dieser Arbeitsmarkt aus Sicht der Auftragnehmer gestaltet. Insbesondere haben Uma Rami und Marianne Furrer analysiert, wie es um die Möglichkeiten der Klickarbeiter bestellt ist, durch Erfahrung und gute Arbeit ihren Verdienst zu mehren. Hierzu gab es bisher kaum wissenschaftliche Erkenntnisse. (…) Aus komplexeren Aufgabenbündeln, die bisher von eigenen, über Mindestlohn bezahlten und sozialversicherungspflichtig angestellten Mitarbeitern erledigt wurden, werden die einfachsten, gut beschreibbaren Handgriffe herausgelöst und gegen kleine Vergütung breit ausgeschrieben. Das kann große Ersparnisse bringen, wie die Autorinnen anhand von Beispielen berichten. (…) Sie fanden Ergebnisse anderer Studien bestätigt, wonach die erzielbare Vergütung pro Stunde in Industrieländern überall weit unter dem Mindestlohn liegt. So verdienten unter Berücksichtigung unbezahlter Nebentätigkeiten, wie Suche und Abwicklung von Aufträgen, nur ein Drittel der amerikanischen Klickarbeiter mindestens den nationalen Mindestlohn von 7,25 Dollar. Von den deutschen kamen sogar nur 10 Prozent auf den Mindestlohn von 8,84 Euro. Der Durchschnitt in Industrieländern lag bei knapp vier Dollar die Stunde, der Median sogar nur bei drei Dollar. (…) Dabei sind die meisten Klickarbeiter hochqualifiziert. Die Hälfte derjenigen, die länger dabei sind, hat einen Universitätsabschluss. Das Anforderungsprofil der Aufgaben liegt typischerweise weit unter dem Qualifikationsniveau der Klickarbeiter. Das bessert sich auch mit zunehmender Erfahrung nur wenig, geben die Klickarbeiter an. (…) Dabei ist die Klickarbeit für viele durchaus nicht nur eine unbedeutende Nebenbeschäftigung. In Entwicklungsländern war sie für 41 Prozent der Umfrageteilnehmer die Haupteinkommensquelle, in Industrieländern immerhin für 27 Prozent. Auch in Sachen grundlegende Arbeitnehmerrechte sind die Klickarbeits-Plattformen ein Rückfall in längst überwundene Zustände…“ Artikel von Norbert Häring vom 28.09.2019 beim Handelsblatt online externer Link

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=155096
nach oben