Finanzierung des Atom-Ausstiegs: Angebot zum günstigen Freikauf?

Dossier

IG Metall für Erneuerbare EnergienSehr unterschiedlich fielen die Reaktionen der Umweltschutzorganisationen auf die heute veröffentlichten Empfehlungen der Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK) aus. Während selbst der Spiegel davon spricht, dass die Konzerne ein Angebot zum Freikauf bekommen hätten, sieht der World Wide Fund for Nature WWF einen „akzeptablen Kompromiss“. Die vier Atomkonzerne Vattenfall, RWE, EnBW und E.on sollen 23,342 Milliarden Euro bis 2022 in einen öffentlich-rechtlichen Fonds einzahlen, meldet das Hamburger Magazin. Darauf habe sich die Kommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Bündnis 90 /Die Grünen) einstimmig geeinigt. Der Fonds solle die Kosten für die Zwischen- und Endlagerungen des radioaktiven Abfalls übernehmen. Der Abriss der Kraftwerke sowie der Transport der Abfälle sollen in der Verantwortlichkeit der AKW-Betreiber bleiben…“ Artikel von Wolfgang Pomrehn in telepolis vom 27.04.2016 externer Link: „Angebot zum günstigen Freikauf? Die ersten Ergebnisse der Atommüllkommission sind bekannt geworden. Von Umweltschützern kommt verhaltene bis heftige Kritik“ – siehe dazu weitere kritische Kommentare:

  • Atomausstieg: Schlamperei macht sich bezahlt – Energiekonzerne nutzen Merkels schlecht organisierten Wiedereinstieg in den Atomausstieg, um Forderungen durchzusetzen New
    „… Der Bund wird den Betreibern der Atomkraftwerke 2,43 Milliarden Euro für das Abschalten ihrer Anlagen zahlen. Das berichtet unter anderem die Berliner Zeitung. Demnach einigte sich die Bundesregierung nach zehn Jahren Verhandlungen vor verschiedenen Schiedsgerichten mit RWE, Vattenfall, Eon und EnBW auf diese Summe, die als Ausgleich für entgangene Gewinne und umsonst getätigte Investitionen gilt. (…) Wir erinnern uns: SPD und Grüne hatten zu Anfang des Jahrtausends den langsamen Ausstieg aus der Atomkraftnutzung beschlossen. Die kommerziellen Anlagen bekamen Restlaufzeiten und -Strommengen zugewiesen, mit denen sie nach und nach bis Ende der 2020er Jahre vom Netz gegangen wären. Nicht wenige in der Anti-AKW-Bewegung hatten seinerzeit diese langen Fristen – nach dem Jugoslawien-Krieg – als weiteren Verrat der Grünen an ihren Prinzipien gesehen. Die Industrie hatte es zähneknirschend geschluckt und im Hintergrund Druck für eine Revision des Ausstiegsgesetzes gemacht. Ihr Ruf wurde erhört. Union und FDP machten 2009 Wahlkampf mit dem Versprechen, die alten Meiler länger laufen zu lassen und den Ausstiegsbeschluss zu kassieren. Gegen massiven Protest aus der Bevölkerung wurden die AKW-Laufzeiten wieder erheblich ausgedehnt. Bis 2035 und länger wollte die seinerzeitige schwarz-gelbe Bundestagsmehrheit sie laufen lassen. Parallel dazu wurde übrigens der Ausbau der Solarenergie durch zu rasche Absenkung der Einspeisevergütung für Neuanlagen abgewürgt und etliche Zehntausend Arbeitsplätze in der Industrie und im Handwerk vernichtet. (…) Nicht einmal ein Jahr hatte der Beschluss Bestand. Nach dem es am 11. März 2011 im japanischen Fukushima zur mehrfachen Reaktorhavarie kam und große Mengen radioaktiven Materials freigesetzt wurden, gab es erneut massive Proteste in der deutschen Bevölkerung, die eine Stilllegung der AKW forderten. Da die Regierung ohnehin schon unter starkem Druck stand und bedingt unter anderem durch Wirtschaftskrise und Polizeigewalt in Stuttgart in einem tiefen Umfrageloch saß, gab die Bundeskanzlerin ungewohnt schnell nach: Ein Teil der älteren AKW wurde sofort stillgelegt – manches von ihnen lieferte ohnehin seit Jahren keinen Strom mehr – und für die übrigen wurden Restlaufzeiten gesetzlich fixiert, die im Wesentlichen dem alten Ausstiegsgesetz entsprachen. (…) Das neue Gesetz war allerdings, wenn auch mit überwältigender Mehrheit im Bundestag verabschiedet, juristisch ziemlich unsauber formuliert, wie damals unter anderem auf Telepolis angemerkt wurde. Wenig überraschend standen die Betreiberkonzerne dies ausnutzend schon einige Wochen später mit ihren Entschädigungsforderungen vor der Tür. (…) Dafür wurden in verschiedenen Vertragswerken wie dem der Welthandelsorganisation WTO oder auch die Energie-Charta der EU – die RWE gerade nutzt, um gegen den Kohleausstieg der Niederlande zu klagen – Schiedsgerichte vorgesehen. Zugleich werden die Rechte von ausländischen Unternehmen fixiert. Zu letzteren gehört unter anderem auch ein ziemlich fragwürdiger Rechtsanspruch auf zu erwartende Gewinne. (…) Angesichts der Nähe zu den Energiekonzernen, die dieses Ministerium in den letzten Jahren immer wieder gezeigt hat, könnte man durchaus den Eindruck bekommen, RWE hat über die Entschädigung mit sich selbst verhandelt.“ Beitrag von Wolfgang Pomrehn vom 9. März 2021 bei Telepolis externer Link
  • Atomausstieg: Vattenfall und Deutschland streiten sich vor Schiedsgericht
  • Atommüll-Entsorgung: „Ein Endlager muss eine Million Jahre sicher sein“
    Für den Rückbau und die Verpackung von Atomabfällen seien weiterhin die Betreiber zuständig, sagte Beate Kallenbach vom Öko-Institut in Darmstadt im DLF. Der Staat werde sich um die Zwischen- und Endlagerung kümmern. Die Empfehlung der Atomkommission biete für alle Seiten mehr Sicherheit, so Kallenbach. Denn keiner wisse, ob es RWE und E.ON in 50 Jahren noch gebe…“ Interview von Georg Ehring mit Beate Kallenbach vom 28.04.2016 beim Deutschlandfunk externer Link
  • Smital: Unfairer Deal für Steuerzahler
    Der Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital kritisiert den Vorschlag der Kommission zur Finanzierung des Atomausstiegs. Gut 23 Millarden Euro sollen die Betreiber demnach in einen öffentlich-rechtlichen Fonds einzahlen. Das sei zu wenig, die Konzerne dürften nicht aus der Verantwortung der Endlagerung entlassen werden, sagte Smital im Interview auf NDR Info…“ Beitrag vom 28.04.2016 beim NDR externer Link
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