Onlineshopping: Der prekäre Weihnachtsmann

Arbeitsunrecht: Der Weihnachtsmann bestellt NICHT bei Amazon„… Es ist eine alte Weisheit, dass an Feiertagen eine Gesellschaft ihr wahres Wesen offenbart. Widersprüche, die sonst erfolgreich verdrängt werden, treten dann offen zutage. So haben etwa Ethnologen indigener Kulturen bevorzugt hohe Feste beobachtet, aber auch Goethes Beschreibung des Römischen Karnevals zählt zu den Höhepunkten seiner Italienischen Reise. Die meisten westlichen Gesellschaften zeigen an Weihnachten ihr konsumkapitalistischstes Gesicht: Sie sind weniger Kultur- als „Konsumnationen“, und das lässt sich leider auch nicht durch den Hinweis auf die gleichzeitige Konjunktur christlicher Nächstenliebe, im Schenken wie im Spenden, entkräften. Denn hinter den Kulissen und in den sozialen Zwischenräumen steht heutzutage vor allem eine Figur im Zentrum der weihnachtlichen Schenkungsorgien. Sie muss den säkularisierten, will sagen outgesourcten und prekarisierten Weihnachtsmann spielen: die Paketzustellerin und der Paketzusteller. Sie machen es im Grunde erst möglich, dass Geschenke fast wie von selbst unter unseren Tannenbäumen landen. Gerade an Weihnachten, wenn im allgemeinen Kaufrausch besonders viel bestellt wird, denken noch weniger Menschen an sie als sonst ohnehin schon, sondern vor allem daran, dass die eigenen Bestellungen rechtzeitig ankommen. Obwohl die sozioökonomische Misere der Paketboten seit Langem bekannt ist, will sich an dieser Lage kaum etwas ändern. Am Ende bestellen wir doch weiter und immer mehr bei Amazon, Zalando oder Foodora. Viele Unternehmen können es sich dabei leisten, keine oder kaum Versandgebühren zu verlangen, weil sie deren Kosten einfach nach unten weiterreichen…“ Artikel von Tom Wohlfarth vom 17. Dezember 2017 bei der Zeit online externer Link

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