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Ohne DHL, Hermes oder lästige Festangestellte: Amazon Flex

Dossier

Chefduzen: Achillesferse Transport bei Amazon - Organize Amazon TruckersMit Amazon Flex will sich der E-Commerce-Riese ein Stück weit unabhängiger von seinen Logistikpartnern machen. Die Lieferboten sind nicht festangestellt, sondern arbeiten auf eigene Rechnung. (…) „Sie sind Ihr eigener Chef, legen Ihren eigenen Plan fest und haben mehr Zeit, Ihre Ziele und Träume zu verfolgen“, mit diesen Worten preist Amazon das Flex-Angebot gegenüber potenziellen Lieferboten an. Die sollten sich indes im Klaren darüber sein, dass sie neben Steuern und Abgaben auch die Benzin-, Wartungs- und Versicherungskosten für ihren Wagen aus den Gewinnen bezahlen müssen. Mit dem Vorstoß könnte Amazon langfristig auch seine Logistikpartner und damit auch indirekt deren Kurierfahrer unter Druck setzen. Die arbeiten schon heute bisweilen unter prekären Bedingungen. Eine Uberisierung von Lieferfahrten dürfte diese Entwicklung kaum ins Positive verkehren.“ Beitrag vom 10.11.2017 bei t3n externer Link, siehe dazu einen ünternationalen Überblick:

  • Sozialgericht in Spanien urteilt: Amazon-Flex-LieferantInnen waren scheinselbstständig New
    84 Amazon-Lieferfahrer in der Stadt Valladolid wurden als scheinselbstständig eingestuft. „Dies ist der jüngste Fall in einer Reihe von Gerichtsverfahren, die der amerikanische E-Commerce-Riese in Spanien verloren hat. Das Sozialgericht 4 stellte am Montag [11. März] das „Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses“ fest, da die Fahrer eine feste Vergütung erhielten und ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen ihnen und Amazon bestand. Die Arbeitsinspektion fand von April 2020 bis Februar 2021 statt. Der Fall folgt auf ein ähnliches Urteil des Sozialgerichts Nr. 42 von Madrid im Januar, bei dem 3.688 Fahrer als Scheinselbstständige eingestuft wurden. Mit dem Fall in Valladolid wurden mindestens drei Amazon-Flex-Lieferfahrer in dem südeuropäischen Land als scheinselbständig eingestuft, wobei Amazon gegen das erste dieser Urteile Berufung einlegte. Amazon beendete seinen „Flex“-Service kurz nach der Verabschiedung des „Rider“-Gesetzes im Jahr 2021, mit dem eine gesetzliche Vermutung für die Beschäftigung von Lieferkurieren in Spanien eingeführt wurde.“ Quelle: Newsletter von The Gig Economy Project vom 17.3.24 per e-mail, bezigen auf den (anmeldungspflichtigen) span. Artikel externer Link: Amazon muss 84 selbständige Lieferfahrer in Valladolid als Arbeitnehmer anerkennen. Das Sozialgericht 4 besteht auf dem „Bestehen eines Arbeitsverhältnisses“, da ein festes Gehalt und eine Abhängigkeit vom Unternehmen besteht.

  • Drei Paketboten verklagen Amazon vor einem US-amerikanischen Gericht in Colorado, weil sie in Flaschen pinkeln und in Beutel defäkieren mussten
    Die vermeintlich schlechten Arbeitsbedingungen bei Amazon werden erneut diskutiert: dieses Mal vor einem US-amerikanischen Gericht.
    Drei Mitarbeitende, die für Amazon Pakete ausliefern, haben am vergangenen Montag eine Sammelklage gegen den Online-Riesen eingereicht. Das Gericht in Denver, im US-amerikanischen Bundesstaat Colorado, muss sich nun mit den Vorwürfen „unmenschlicher“ Arbeitsbedingungen auseinandersetzen.
    Konkret beschuldigen die beiden Männer und eine Frau den Konzern, ihnen während der Arbeit notwendige Toilettenpausen untersagt zu haben. Demzufolge seien sie gezwungen gewesen, „in Flaschen zu urinieren und in Beuteln in den Lieferwagen zu defäkieren“, heißt es beim Wirtschaftsmagazin Forbes externer Link mit Blick auf die Klageschrift. Amazon habe demnach die Gefahr ernsthafter gesundheitlicher Folgen für die Mitarbeitenden in Kauf genommen.  Wie bereits in der Vergangenheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern immer wieder angeprangert wurde, stellen die drei klagenden Personen auch in diesem Fall die hohen Arbeitsquoten sowie die umfassende Überwachung der Belegschaft in den Mittelpunkt der Kritik. Diese Faktoren habe es ihnen „fast unmöglich“ gemacht, von den vorgegebenen Lieferrouten abzuweichen, um bei Bedarf eine Toilette aufzusuchen, wird weiter berichtet.
    Dass diese Praxis unter den Angestellten gängig sei, würden überdies auch die Mülleimer zeigen, die sich in den Fulfillment-Zentren von Amazon befinden. Da die Logistikstandorte Start- und Endpunkte der Lieferrouten darstellen, seien die dort aufgestellten Mülleimer „häufig überfüllt“ – und zwar mit eben jenen Urinflaschen, die die Mitarbeiter am Ende ihrer Lieferfahrt entsorgen.
    Rechtlich beanstandet wird unter anderem, dass die Bedingungen, unter denen die Lieferfahrerinnen und -fahrer arbeiten mussten, gegen Lohngesetze im Bundesstaat Colorado verstoßen, da die Betroffenen ihre Pausen aufgrund der Arbeitslast nicht einhalten konnten. Hinzu kommen dem Bericht zufolge Verstöße gegen Anti-Diskriminierungsgesetze, da die Arbeitsumstände für Frauen noch einmal größere Belastungen mit sich bringe: Aufgrund ihrer Anatomie sei es für sie etwa deutlich schwieriger oder unmöglich, in Flaschen zu urinieren…“ Beitrag von Tina Plewinski vom 30. Mai 2023 im Amazon-Watchblog externer Link („Paketboten verklagen Amazon, weil sie in Flaschen pinkeln müssen“) – siehe die ursprünglichen Berichte hier weiter unten
  • Amazon beendet Lieferdienst Flex: Kritik von Fahrern, Freude bei Verdi – in den USA läuft Flex weiter 
    Bei Amazon Flex konnten Fahrer als Solo-Selbständige mit allen Vor- und Nachteilen für das Unternehmen Pakete und Waren ausfahren. Amazon startetet Flex 2017 in Deutschland – und hat sein Programm jetzt nach knapp fünf Jahren eingestellt, wie das Unternehmen mitteilt externer Link. Ehemalige Fahrer kritisieren das überraschende Ende. Warum Amazon Flex beendet, bleibt im Detail unklar. (…) Amazon will nach eigenen Angaben den Ex-Flex-Fahrern helfen, andere Jobs bei Amazon zu finden. Außerdem sollen sie eine „freiwillige Unterstützungszahlung“ von Amazon erhalten. Diese basiert auf dem durchschnittlichen Einkommen der vergangenen vier Monate.
    Die Gewerkschaft Verdi begrüßt die Einstellung des Amazon-Flex-Modells, wie Stefan Thyroke, Bundesfachgruppenleiter Speditionen, Logistik und Kurier-, Express- und Paketdienste auf Anfrage von Amazon Watchblog erklärt. „Die Beschäftigten befanden sich in einer unsicheren rechtlichen Situation, denn seit mittlerweile zwei Jahren werden durch das Bundessozialgericht harte Kriterien an die Selbständigkeit gelegt. Nachzahlungen von Sozialversicherungs-Beiträgen drohten. Diese werden zwar nur durch den vermeintlichen Arbeitgeber, also Amazon, beglichen, aber dennoch, befanden sich die Zusteller*innen in einer unklaren Situation.“ (…)
    Amazons Liefer-Programm Flex stand immer wieder wegen der Bedingungen und verschiedener Aspekte in der Kritik: Die Rosa-Luxemburg-Stiftung bezeichnete Amazon deswegen als „Treiber der Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen“ externer Link, in Spanien musste Amazon nach einem Gerichtsurteil zu Scheinselbstständigkeit die Flex-Fahrer fest anstellen externer Link. Auch die Überwachung der Fahrer externer Link sowie die Leistungsmessungen und der Umgang mit den Flex-Fahrern externer Link warf ein schlechtes Bild auf diesen Logistikbereich.
    Verschiedene Teilnehmer des Flex-Programms haben sich auch beim Amazon Watchblog gemeldet und kritisieren Amazons Schritt. Ein Flex-Fahrer, der zweieinhalb Jahre für Amazon gearbeitet hat, klagt, dass das Unternehmen alle Fahrer im Regen stehen lässt, der E-Mail-Support antworte nur mit Standardfloskeln. Amazon habe es zunächst wohl nicht für nötig gehalten, die Fahrer rechtzeitig zu informieren. (…) Für viele bringt das Ende des Programms Geldsorgen – auch, weil sie zuvor investiert hatten. So berichtet ein Fahrer, dass er sich für das Flex-Programm erst im März 2022 einen Kleintransporter fremdfinanziert hatte – jetzt stehe er vor finanziellen Herausforderungen. In den USA läuft Flex weiter.“ Beitrag von Markus Gärtner vom 8.6.2022 im Amazon-Watchblog externer Link

  • „Weder versichert noch fair bezahlt“ – Kontrolle von Amazon-Sub-Fahrern in NRW deckt wieder Illegale Beschäftigung und Mindestlohn-Verstöße auf 
    In regelmäßigen Abständen führen Polizei, Zoll und Ordnungsamt Großkontrollen bei Logistikern und auch bei Amazon durch, genau wie am 5. Mai im nordrhein-westfälischen Troisdorf. Insgesamt 131 Fahrer seien dabei befragt und zahlreiche Verträge überprüft worden. Die betroffenen Arbeitskräfte waren allesamt für Sub-Unternehmen von Amazon tätig. Hauseigene Amazon-Angestellte des Konzerns wurden nicht geprüft. Im Rahmen der groß angelegten Kontrolle stießen die Einsatzkräfte vor Ort auf mehrere Verstöße: Zwei illegal Beschäftigte seien entdeckt worden, die keine Arbeitserlaubnis vorweisen konnten und demnach unrechtmäßig Pakete ausgeliefert hatten. Gegen die beiden Fahrer werde zwar ermittelt, allerdings stünden nach Informationen des Zolls dabei insbesondere auch die entsprechenden Sub-Unternehmen im Fokus. (…) Neben den Fällen der illegalen Beschäftigung habe es „in mehreren weiteren Fällen“ auch Anzeichen gegeben, dass eingesetzte Personen unterhalb des Mindestlohns bezahlt wurden. Wie viele genau davon betroffen sind, wurde nicht mitgeteilt. Diesen Hinweisen würden die zuständigen Behörden weiter nachgehen. Darüber hinaus gab es auch Mängel im Fahrzeugbereich: Aufgrund vollständig abgefahrener Reifen wurde ein Fahrzeug umgehend aus dem Verkehr gezogen…“ Beitrag von Tina Plewinski vom 06. Mai 2022 im Amazon-Watchblog externer Link
  • Achillesferse Transport bei Amazon – Organize Amazon Truckers 
    „… Amazon hat bisher seine Transporte an andere Logistiker wie DHL übergeben. Nun versucht der Konzern diesen Bereich selbst zu organisieren. Die Wirkung von Streiks konnte bisher mit Alghorithmen abgefedert werden, bei Arbeitskämpfen wurde die Warenbearbeitung in Sekundenschnelle in nicht bestreikte Amazonlager verlegen. Die Achilllesferse Amazons liegt nun auf diesen Transportwegen. Wenn man hier die Räder zum Stillstand kriegt, tut man Amazon ernsthaft weh. Hier gilt es nun den Hebel anzusetzen. Von Polen ausgehend gab es bei Leipzig eine Organisierung von Amazonfahrern auf einem Parkplatz.
    Nun war ich mit einer Gruppe von Leuten von Verdi und Faire Mobilität unterwegs. Es waren Leute mit hilfreichen Sprachkenntnissen dabei, teilweise muttersprachlich, Rumänisch, Russisch, Polnisch, Ukrainisch u.a.. Zuerst waren wir auf einem Rastplatz in der Nähe der Amazonniederlassung Achim (bei Bremen). Wir hatten auch ein Flugblatt auf Polnisch und Ukrainisch dabei. (…) Es gab aber auch viele Gespräche. Vereinzelte prekäre Arbeiter mit viel Macht. Es sind die ersten Schritte auf dem langen Weg der Truckerorganisierung. Es ging dann weiter zum Amazonlager Achim. Es arbeiten bis zu 2000 Leute da. Wir waren angemeldet, um uns die Truckerlounge anzusehen. Es stehen auch Betriebsratswahlen an. Es steht erstmals eine Verdiliste zur Wahl. Es gab auch die ersten Hinweise auf mögliches Unionbusting. Jeff Bezos möchte ja seinen Laden gern gewerkschaftsfrei halten… (…) Die Belegschaft ist überwiegend migrantisch. Einige sind aus einem anderen europäischen Land nur wegen dieses Jobs gekommen… und gehen für den nächsten vielleicht in ein anderes Land…“ Fotoreportage von Kuddel vom 01.Mai 2022 bei chefduzen.de externer Link
  • Anwerbung über Amazon Flex: Womit Amazon seine Fahrer anlockt 
    Amazon liefert viele Pakete in Deutschland mit seinem eigenen Lieferdienst aus. Häufig kommen dabei selbstständige Fahrer zum Einsatz. Die dabei kalkulierte Bezahlung von 25 Euro pro Stunde wirkt nur auf den ersten Blick attraktiv. (…) Doch es gibt eine ganze Reihe von Einschränkungen, die Interessenten bedenken sollten. Die in Aussicht gestellten 25 Euro Durchschnittsverdienst pro Stunde decken etwa nicht die Anfahrt zum Auslieferungslager und die Heimfahrt nach dem letzten ausgelieferten Paket ab. Weiterhin unterscheidet sich diese Arbeit in einigen Punkten entscheidend von den Tätigkeiten beispielsweise in den Versand- und Logistikzentren von Amazon. Für Amazon Flex zu arbeiten, ist nicht mit einer Festanstellung zu vergleichen. Es gibt keine zugesagte Mindestarbeitsdauer. „Es handelt sich nicht um eine Vollzeittätigkeit“, heißt es dazu von Amazon. Und: Die Fahrer agieren als Selbstständige. Für Kranken-, Renten- oder Arbeitslosenversicherung müssen sie also selbst aufkommen- Auch das gilt es bei der Einordnung des angebotenen Verdienstes zu berücksichtigen. Außerdem müssen Interessenten ein Gewerbe anmelden und den Gewerbeschein spätestens 90 Tage nach Beginn der Tätigkeit bei dem Unternehmen einreichen. Das Fahrzeug zum Transport der Pakete muss der Mitarbeiter ebenfalls selbst stellen. Dazu kommen die Kosten für die Abnutzung und den Unterhalt wie zum Beispiel eine höhere Kraftfahrzeugversicherung wegen des gewerblichen Einsatzes. Auch die Kraftstoffkosten und alle weiteren Aufwendungen wie beispielsweise Strafzettel gehen auf das Konto des Auslieferfahrers. Darüber hinaus ist eine Pflichtmitgliedschaft in der Berufsgenossenschaft (BG) Verkehr mit einem Jahresbeitrag von 62 Euro zu erwarten. Die Ausnahmen sind hier Fahrer, die nur sehr wenige Tage im Jahr als Auslieferungsfahrer unterwegs sind. (…) Kritik kommt auch von ver.di. Die Gewerkschaft sieht besonders die Beschäftigung einer großen Zahl von Auslieferungsfahrern ohne Anstellung kritisch. „Die große Zahl an Logistik-Partnern, die das Unternehmen in seinem Kerngeschäft einsetzt, verhindert große Belegschaften und in der Folge Betriebsratsgründungen und Tarifbindung“, so die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis. Zudem müssten die Sozialversicherungsträger bei allen Amazon-Flex-Fahrern Statusfeststellungsverfahren einleiten, um Scheinselbstständigkeiten aufzudecken und zu beenden. Etwa in Spanien hatte die dortige Regierung Amazon im Jahr 2020 angewiesen, 3000 bis dato selbstständige Auslieferungsfahrer fest anzustellen. Ob es hier auch so weit kommt, bleibt abzuwarten.“ Beitrag vom 22.02.2022 bei tagesschau.de externer Link
  • „Wir haben aufgehört, unsichtbar zu sein!“ Osteuropäische Lkw-FahrerInnen protestieren vor dem Amazon-Warenlager in Leipzig
    • Der Weg aus dem Schlamm. »Vereinigte Lkw-Fahrer von Amazon«: Petition osteuropäischer Arbeiter vor Warenlager in Leipzig übergeben
      „Zwischen den Lagern des Amazon-Konzerns sind Tausende Lkw-Fahrer unterwegs. Einige haben sich jetzt zum Kampf für bessere Arbeitsbedingungen zusammengeschlossen. Eine Petition für Verbesserungen auf dem Parkplatz am Warenlager in Leipzig ist ein erstes Ausrufezeichen. Das Papier trägt 250 Unterschriften. Es wurde am Mittwoch morgen im Nieselregen vor dem Eingangstor des Lagers überreicht. Die beiden polnischen Fahrer Bartek Kurzyca und Krysztof Wisniewski übergaben es im Namen der »Vereinigten Lkw-Fahrer von Amazon« dem lokalen Management. Standortleiterin Sylvia Reichardt war der Einladung per E-Mail ebenso gefolgt wie der Betriebsrat. (…) Die Petition kritisiert den Zustand des Lkw-Parkplatzes, der sich hinter dem Warenlager befindet und von der Bundesstraße aus nicht eingesehen werden kann. Einerseits könnten Fahrer froh sein, wenn Amazon überhaupt einen Parkplatz zur Verfügung stelle, meinte Kurzyca nach der Übergabe, andererseits sei die Situation in Leipzig verbesserungswürdig. Der umzäunte Parkplatz ist schlecht asphaltiert. Bei Regen wie an diesem Morgen ist er von Schlammpfützen überzogen. 15 Lkws sind hier abgestellt. Sonst gibt es nur noch ein Dixie-Klo und einen Müllcontainer. In der Petition werden eine neue Asphaltierung gefordert, geschlechtsgetrennte WC und Duschmöglichkeiten sowie Aufenthaltsräume und Kochnischen. Hier ist zu sagen, dass die Fahrer oft Stunden auf dem Parkplatz verbringen, mitunter sogar Nächte, wenn der Schichtplan das vorschreibt. (…) Die Unterschriftensammlung wurde Anfang Februar gestartet. Da die Organisatoren seitdem aufgrund ihrer Dienstpläne nicht in Leipzig sein konnten, wurden sie von einem Solikreis unterstützt, was auch dem Gefühl der Isolation osteuropäischer Arbeiter in Deutschland entgegengewirkte. Schon weil sich fortan 60 Kollegen bei den »Vereinigten Fahrern« gewerkschaftlich engagieren wollen, war die Aktion aus Sicht von Kurzyca und Wisniewski ein großer Erfolg. Außerdem habe man sich gegenüber dem Management und der Öffentlichkeit etwas aus der »Unsichtbarkeit« herausbewegt, sagt Kurzyca. Das sei erst der Anfang gewesen…“ Beitrag von Anton Kramer bei der jungen Welt vom 17. Februar 2022 externer Link, siehe dazu:
    • (engl.) Thread mit Fotos von Amazon Workers International vom 16.2.2022 externer Link: „„Wir haben aufgehört, unsichtbar zu sein!“ Heute ging eine Petition von Lkw-Fahrern an die örtliche Leitung des Amazon-Lagers in Leipzig. Tausende von LKW-Fahrern aus Ländern wie Polen, Weissrussland, Ukraine, Aserbaidschan, die von Subunternehmern angeheuert werden, bewegen die Waren von einer Einrichtung zur anderen in ganz Europa.
      Amazon kümmert sich nicht so sehr um sie. Wie man sieht, wenn man sich den LKW-Parkplatz hinter dem Warenhaus in Leipzig ansieht. Der Regen verwandelt den Parkplatz in eine riesige Pfütze.
      Die Autofahrer fordern die Renovierung der Parklücke. Sie wollen bessere Sanitäranlagen (mehr als 1 Dixie), Kochstellen und einen asphaltierten Boden. Das örtliche Management sagte heute, es wolle es gemeinsam mit den Lkw-Fahrern ändern. Wir werden sie an diesen Worten messen!
      Das war das Flugblatt, das sie mit Unterstützung von Aktivisten in Leipzig an die Lkw-Fahrer verteilten. Es ist in Polnisch und Russisch. Entschuldigung für die Qualität. Aber teilen Sie es mit LKW-Fahrern, die diese Sprachen sprechen…“
  • Amazon-Fahrer packen aus: Kündigungen bei Krankheit, ausbleibende Gehaltszahlungen und kaputte Fahrzeuge 
    Amazon beauftragt in Deutschland Subunternehmen mit der Auslieferung der vielen hunderttausend Pakete, die jeden Tag die Logistikzentren verlassen. Nach Recherchen von Business Insider und dem ZDF-Magazin „Frontal“ sind die Arbeitsbedingungen bei den Kurier-Diensten allerdings prekär: Die Fahrer arbeiten bis zu elf Stunden am Tag, einigen wird das Gehalt zu spät oder gar nicht ausgezahlt. Bei Krankheit werden Kündigungen ausgesprochen, die Chefs zahlen teilweise keine Beiträge zur Krankenkasse und Sozialversicherung. Amazon hat mittlerweile selbst Strafanzeige erstattet gegen ein großes Subunternehmen und „prüft intensiv“ eine weitere Anzeige gegen einen anderen Lieferdienst. (…) Amazon-Kuriere, mit denen Business Insider und „Frontal“ gesprochen haben, schildern ihre Arbeitsrealität anders. „Wir Kuriere werden von den Chefs behandelt wie Hunde“, sagt Kamil Kruczynski. Der Pole hat ein halbes Jahr für den Lieferdienst DSHT gearbeitet, ein Subunternehmen von Amazon, das Pakete für das Unternehmen ausliefern lässt. Kruczynskis Arbeitstag begann täglich um 10 Uhr, meistens war er nicht vor 21 Uhr zu Hause. Versprochen wurden ihm dafür 2.000 Euro im Monat, nach drei Touren wurde ihm eröffnet, dass es nur 1600 Euro werden würden. „Die Höhe des Salärs hängt vom Gutdünken der Chefs ab – wenn man sich bei ihnen einschleimt, Kaffee bringt, einen Energieriegel und sagt wie gut sie heute aussehen, kann der Tagessatz mal höher ausfallen“, so Kruczynski. Die Arbeit machte ihm Spaß, Kruczynski mochte den Kontakt zu den Kunden, baute Bekanntschaften auf, die körperliche Arbeit machte ihm wenig aus. Als der Pole aber krank wurde, feuerte ihn sein Chef noch am selben Tag. (…) Kruczynski ist juristisch gegen die Kündigung vorgegangen – und hat vor Gericht Recht bekommen. Er hat sich mit seinem ehemaligen Arbeitgeber auf eine Ausgleichszahlung geeinigt. Die Einigung liegt Business Insider und „Frontal“ vor. Es gibt viele Geschichten wie die von Kamil Kruczynski. (…) Wie prekär die Zustände sein können bei den Subunternehmen von Amazon, zeigt ein besonderer Lieferdienst aus Bayern: die Oberlandlogistik Parcel Service GmbH. Ein Mitarbeiter, der anonym bleiben will, erzählt über die Arbeitsbelastung an einem Werktag: „Am Anfang waren es 100 Stopps, dann 200, dann 270 Pakete in einer Schicht. Es gab Zeiten, in denen die Pakete nicht auf der Ladefläche, sondern auch auf dem Beifahrersitz gestapelt werden mussten, weil es im Laderaum keinen Platz mehr gab. Das war hart.“ Der Angestellte und einige seiner Kollegen kamen aus Ungarn nach Bayern, um bei dem Logistikunternehmen zu arbeiten. Die Autos, die ihnen für den Kurierdienst zur Verfügung gestellt wurden, seien zum Teil schrottreif gewesen, erzählen die Fahrer und zeigen uns Fotos. Bei Glatteis im Winter hätten sie Angst gehabt, zu fahren. Die Oberland hat den Angestellten nicht nur Autos, sondern auch Schlafplätze zur Verfügung gestellt – für einen ordentlichen Preis. „Wir haben pro Person 300 Euro monatlich für ein Bett bezahlt. Wenn wir vier Leute waren, dann also viermal 300 Euro. In den Wohnungen war überall Dreck. Die Küche war völlig nutzlos – auf einem einzigen Herd mussten wir das Wasser erhitzen, um uns zu waschen. Es gab nur eine Dusche, die auch nur kaltes Wasser hatte oder gar kein Wasser. Die Badewanne konnte nicht benutzt werden, die Dusche war oft kaputt“, berichten die Fahrer. Business Insider liegen die Lohnabrechnungen der Mitarbeiter vor. Dabei macht die Oberland eine ganze Reihe an Abzügen geltend.  Es tauchen in einer Lohnabrechnung etwa 234 Euro Bearbeitungsgebühr für Blitzer, 500 Euro für einen KFZ-Schaden und 300 Euro für Miete auf. Den Fahrern bleiben zum Teil nur wenige hundert Euro übrig am Ende des Monats, einmal sind es nur rund 30 Euro. „Ich konnte kein Geld mehr nach Hause schicken und so ging meine Beziehung in die Brüche. Es ist auch nicht billig, von München nach Hause zu fahren. Ich habe meine Mietwohnung in Ungarn kündigen müssen und dann meine Unterkunft hier in Deutschland. So musste ich mehrere Wochen im Auto schlafen, ich hatte nicht mal Geld für Essen“, sagt einer der ungarischen Angestellten…“ Artikel von Philip Kaleta und Robin Wille  vom 5.1.2022 auf Business Insider externer Link mit vielen weiteren Beispielen (der Frontal-Beitrag folgt offensichtlich noch)
  • Paketdienste am Pranger. Ausgerechnet der Platzhirsch Amazon kann nicht genug kriegen und beschäftigt nun auch Solo-Selbständige 
    „… Obwohl sich der frühere Buchhändler in Interviews und ganzseitigen Anzeigenkampagnen als gütiger Arbeitgeber inszeniert, fährt Amazon-Deutschland-Chef Ralf Kleber hinter den bunten Kulissen in einem Graubereich: Vor allem junge Männer aus Bulgarien, Rumänien und anderen mittel- und osteuropäischen Staaten werden nach »nd«-Informationen als Solo-Selbständige engagiert. Für diese gelten keine Arbeitszeitenregeln, keine Mindestlohnpflichten, ihre Arbeitskraft ist billig zu kaufen. Verdi-Expertin Andrea Kocsis spricht sogar von »Solo-Scheinselbständigen«. Bei Amazon dränge sich der Eindruck auf, dass die Firmenleitung mit dem Einsatz von scheinselbständigen Ausliefernden Rechtsbruch begehe. Schließlich seien diese durch den Einsatz von Soft- und Hardware in die Arbeitsabläufe des Konzerns eingebunden. Außerdem unterstünden die Fahrer Weisungen des Arbeitgebers. »Beides kann maßgeblich für die Bewertung der Frage sein, ob Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind.«…“ Artikel von Hermannus Pfeiffer vom 22.12.2021 im ND online externer Link
  • Kritik an Arbeitsbedingungen für Amazon-Fahrer in Mecklenburg-Vorpommern 
    Verdi sammelte in Mecklenburg-Vorpommern Erfahrungen von ausländischen Amazon-Fahrern. Diese klagen unter anderem über Arbeits- und Wohnbedingungen. Die Gewerkschaft Verdi hat aus ihren Ende Oktober eingerichteten Beratungsstellen vor den Amazon-Zentren in Rostock und Neubrandenburg jede Menge Vorwürfe von bei Amazon-Subunternehmern beschäftigten Fahrern erhalten. Die durch die Gespräche mit vor allem arabischen und rumänischen Fahrern aufgekommenen Missstände sind so immens, dass Verdi dort am Black Friday eine weitere Kontakt-Aktion organisiert, berichtet der Nordkurier externer Link. Amazon wehrt sich indes gegen die Vorwürfe. Dem Unternehmen lägen keine Beschwerden an den beiden Standorten vor. ilvia Reichert, Gewerkschaftsführerin bei Verdi, erklärt gegenüber dem Nordkurier, was einige der interviewten Fahrer berichteten. „Wenn wir hören, dass bei Schäden an Paketen und Fahrzeugen Lohn einbehalten wird, unabhängig davon, ob ein Verschulden vorliegt, oder wir hören, dass in Dreiraumwohnungen bis zu sechs Personen leben und jeder dafür 300 Euro Miete bezahlt, dann ist das nur die Spitze des Eisbergs und es gibt akuten Handlungsbedarf.“ Beschäftigte Fahrer klagten außerdem, unter falschen Versprechungen günstiger Arbeitsbedingungen nach Deutschland gelockt worden zu sein. Doch Amazon sieht sich nicht in der Verantwortung, schließlich seien alle Subunternehmen vertraglich verpflichtet, sich an geltende Gesetze sowie die Vertragsklauseln zu halten, wie ein Sprecher erklärte…“ Beitrag von Ricarda Eichler vom 26. November 2021 im Amazon-Watchblog externer Link, siehe auch den Threat von Faire Mobilität vom 27.11. externer Link über die Arbeitsbedingungen von Lkw-Fahrer*innen, die für Amazon fahren.
  • [USA] Schwerverletzter klagt gegen Amazon nach Autounfall mit Lieferant: Amazons Überwachungstechnik für Unfall durch Leistungsdruck verantwortlich 
    Ans Rana saß auf der Rückbank des Autos, als er mit seinem Bruder und Vater im März 2021 auf einer Straße in Atlanta hinter einem liegengebliebenen Auto stoppte. Kurz darauf krachte ein blauer Amazon-Lieferwagen von hinten in das stehende Auto, Rana erlitt schwere Gehirn- und Rückenmarksverletzungen und sitzt seitdem im Rollstuhl, wie Bloomberg berichtet externer Link. Jetzt klagt sein Anwalt Scott Harrison im US-Bundesstaat Georgia gegen Amazon und kritisiert auch die vielfältigen Überwachungsmethoden, die Amazon den Fahrern auferlegt, die oft für Subunternehmen arbeiten. Auch der Unfallfahrer fuhr für ein extra für Amazon-Lieferungen gegründetes Subunternehmen. Amazon-Fahrer müssen seit einiger Zeit unter anderem ein System aus Kameras im Führerhaus nutzen, das die Verkehrssicherheit der Fahrer erhöhen soll. Amazon soll wegen Überwachungstechnik für Unfall verantwortlich gemacht werden: Die Anwälte fordern dabei unter anderem mehr Informationen über die verschiedenen Apps und Technologien, die Amazon in der Logistik nutzt, um die Arbeit der Fahrer zu organisieren und deren Sicherheit zu verbessern – aber auch um sie zu überwachen und deren Leistung zu kontrollieren. Die Rechtsanwälte der Geschädigten wollen so aufzeigen, dass Amazon dadurch direkt für den Leistungsdruck und mögliche Unfälle der Lieferanten verantwortlich ist – und nicht die ausführenden Subunternehmen. Amazon will detailliertere Hintergründe zur Technik aber wohl nicht preisgeben – die Technologie unterliege dem Geschäftsgeheimnis und sei somit geschützt. Hinzu kommt, dass die Subunternehmen für derartige Fälle meist kaum ausreichend versichert sind (…) Amazon hat bisher die Verantwortung dafür stets von sich gewiesen, bisherige Klagen von Unfallopfern – von denen es mindestens 119 geben soll – sollen in Vergleichen beigelegt worden sein. (…) Allerdings gab es immer wieder Kritik an den Funktionen externer Link, auch eine Studie hat schon auf die Unfallgefahr durch den Lieferdruck  externer Link hingewiesen. Der Lieferwagen bei Ranas Unfall fuhr zum Zeitpunkt des Aufpralls 67,73 Meilen pro Stunde in einer 55-Meilen-Zone und war zu dicht aufgefahren, heißt es in der Klage.“ Beitrag von Markus Gärtner vom 16. November 2021 im Amazon-Watchblog externer Link
  • [D] Reportage „Bestellt und (aus-)geliefert – Amazon und seine Fahrer“ 
    Der Film thematisiert die Arbeitsbedingungen von Paketzustellern bei Amazon in Thüringen. Laut einer Studie liegen zahlreiche Hinweise auf Verstöße gegen das Arbeitsschutz- und das Mindestlohngesetz vor.“ Video der Doku im MDR am 10.11.21 externer Link
  • [USA] Amazon unterschlägt Trinkgelder für Lieferanten – und muss 60 Mio. Dollar nachzahlen 
    „Fahrer des Amazon-Programms Flex erhalten jetzt nach einem Vergleich ihr Trinkgeld – über zwei Jahre später. Die Fahrer des Amazon-Dienstes Flex erhalten Aufträge des E-Commerce-Riesen und liefern mit ihrem eigenen Auto Pakete aus. Dafür sollten sie eigentlich auch Trinkgeld bekommen und dieses auch behalten dürfen. Von 2017 bis 2019 hatte Amazon diese Trinkgelder aber einfach einbehalten und die Fahrer darüber nicht informiert. Nicht nur dreist, sondern ein „Angriff auf die Würde der Fahrer“ und „ein echtes Armutszeugnis“ für Amazon, heißt es in der Kolumne Ama-Zone bei OnlinehändlerNews. Nach Kritik in den Medien und einer Klage der US-Verbraucherschutzbehörde FTC (Federal Trade Commission) musste Amazon in einem Vergleich einlenken und hat die Gelder nachträglich ausgezahlt. Die FTC gibt das mehrere Jahre verspätete Gesamt-Trinkgeld in Höhe von 60 Millionen Dollar jetzt an die Fahrer weiter, wie die Behörde mitteilt. (…) „Amazon Flex-Fahrer, achtet auf eure Post“, schreibt Lesley Fair, der leitende Anwalt der FTC-Abteilung für Verbraucher- und Unternehmensaufklärung. Insgesamt hat die Behörde 139.507 Schecks im Gesamtwert von 59.428.878 US-Dollar und 1.621 PayPal-Zahlungen im Gesamtwert von 171.715 Dollar an Amazon Flex-Fahrer gesendet. Dass das vorenthaltene Trinkgeld keine Peanuts sind, zeigt sich an der größten Auszahlung: Der Fahrer mit dem höchsten verspäteten Trinkgeld darf sich über 28.255 Dollar freuen. Alle Fahrer, denen Amazon mindestens fünf Dollar entzogen hat, bekommen ihr Geld komplett zurück. Die Behörde weist darauf hin, dass die Fahrer das Geld auch bei ihrer Steuererklärung 2021 angeben müssen…“ Beitrag von Markus Gärtner vom 3. November 2021 im Amazon-Watchblog externer Link
  • »Dort herrschen unmenschliche Arbeitsbedingungen«. Früherer Kurier bei Amazon-Subunternehmen klagt gegen Kündigung
    „[Sie haben bei einem Amazon-Subunternehmen in Halle an der Saale als Beifahrer gearbeitet und wurden im Mai 2020 entlassen. Warum wurden Sie gekündigt?] Ich bin durch den Job krank geworden, deswegen wurde ich gefeuert. An einem Arbeitstag hatte ich gespürt, wie sich mein Rücken verschoben hat und ungewöhnliche Geräusche machte. Darum bin ich zum Arzt gegangen. Ich musste dann ein paar Monate im Krankenhaus und zu Hause bleiben. [Was waren Ihre Aufgaben für das Amazon-Subunternehmen?] Als Beifahrer sollte ich morgens mit dem Fahrer die Waren am Amazon-Lager in den Miettransporter laden. Das waren zum Beispiel Kühlschränke oder Waschmaschinen. Diese wurden dann bis zur Lieferadresse transportiert, bis in die Wohnung der Kunden geliefert und angeschlossen. Einmal mussten wir in Leipzig zu zweit einen Kühlschrank von 95 Kilogramm in die elfte Etage tragen, weil dieser nicht in den kleinen Fahrstuhl dort gepasst hatte. Am Telefon wurde uns mit der Kündigung gedroht, sollten wir den Kühlschrank nicht in fünf Minuten nach oben getragen haben. Wenn wir zu spät beim Kunden waren, mussten wir 30 Euro Strafe an den Arbeitgeber zahlen. Manchmal hatten wir alle 30 Minuten einen neuen Termin, der uns in der Amazon-App angezeigt wurde. [Können Sie die Arbeitsbedingungen genauer beschreiben?] Die Arbeit begann um fünf Uhr morgens. Für den Feierabend gab es keine genaue Uhrzeit, weil man erst einmal alle Waren zu den Kunden bringen musste. Normalerweise war um 16 Uhr Feierabend, aber eine Tour konnte auch um 17 oder erst 22 Uhr zu Ende sein. Wir haben an sechs Tagen in der Woche ohne Pausen gearbeitet, es war immer Stress. Der höchste Nettolohn, den ich in einem Monat erhalten hatte, betrug 1.100 Euro. (…) [Jetzt klagen Sie gemeinsam mit der Freien Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union wegen der Kündigung. Was erhoffen Sie sich von dem Gerichtsverfahren im November?] Ich hoffe, dass das Gericht diese Ungerechtigkeiten erkennt und entsprechend urteilt. Hier haben sich Vorgesetzte nicht an geltende Regeln gehalten. Es geht nicht nur um die ­Kündigung, es geht darum, dass ich meinen Lohn nicht vollständig erhalten habe. Das Unternehmen hat die Kündigung außerdem erst so spät eingereicht, dass ich kein ­Arbeitslosengeld beantragen konnte. In der Folge hatte ich große ­Geldprobleme, bis ich einen neuen Job fand…“ Interview von Benjamin Kirchhoff in der jungen Welt vom 06.10.2021 externer Link mit Mohammad Zolai Naebi, er floh 2016 von Afghanistan nach Deutschland und war von 2019 bis 2020 bei einem Amazon-Subunternehmen als Kurier tätig
  • Die letzte Meile: Amazon reorganisiert seine Logistik. Arbeitsrecht und Würde spielen dabei keine Rolle
    „„Maschine, ich bin eine Maschine“, sagt der Fahrer des weißen Lieferwagens. „Zwölf Stunden, jeden Tag, seit vier Jahren. Aber wenn ich nicht arbeite, kriege ich kein Geld.“ Der Mann stellt Pakete für Amazon zu, die globale Nummer eins des Onlinehandels. Jeden Morgen wartet er mit seinem Lieferwagen in der Schlange vor dem Verteilzentrum Frankfurt am Main. An diesem Spätsommermorgen, Anfang September 2021, ist aber etwas anders: Eine kleine Gruppe von Gewerkschaftern und Gewerkschafterinnen verteilt Flyer in verschiedenen Sprachen an die Fahrer. Schnell kommt man ins Gespräch. Die Geschichten ähneln sich: Fahrer berichten von Zehn- oder Zwölf-Stunden-Schichten, von Arbeitsdruck, von Tagestouren mit 250 Zustellungen. Am Monatsende, oft auch verspätet, erhalten sie 1.000 bis 1.200 Euro. Manchmal gibt es Abzüge, etwa für einen abgefahrenen Spiegel oder Kratzer am Fahrzeug. Schaut man genauer hin, verstößt vieles davon gegen deutsches Arbeitsrecht. Aber: Wo kein Kläger, da kein Richter. Die Fahrer kennen ihre Rechte oft nicht. Viele kommen aus Osteuropa, einige aus dem Nahen Osten. Sie sind auf den Job angewiesen. Der Mut, sich mit ihrem Arbeitgeber anzulegen, ist nicht groß. Die Aktion in Frankfurt haben die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und das DGB-Beratungsnetzwerk „Faire Mobilität“ organisiert. Hundert Leute in kleinen Teams verteilen Informationsmaterial an mehr als 8.000 Fahrerinnen und Fahrer, die in der Paketzustellung auf der „letzten Meile“ oder im Lkw-Transport für Amazon unterwegs sind. Angestellt bei Amazon ist allerdings niemand von ihnen. Der Konzern hat sein unternehmerisches Risiko für die Zustellung von Anfang an in ein Netzwerk kleiner Subunternehmer ausgelagert, die untereinander konkurrieren und den Druck an ihre Beschäftigten weitergeben. (…) Für die Arbeitsbedingungen bei den Subunternehmern ist der Konzern nur schwer verantwortlich zu machen. Die aber sind oft schwer greifbar. So hatte die Thüringer Arbeitsschutzbehörde Mitte Juli bei 21 Amazon-Paketsubunternehmen Verstöße festgestellt. Weil aber 20 dieser Firmen ihren Sitz außerhalb Thüringens haben, sei man nicht zuständig, heißt es auf Anfrage. Arbeitsschutz ist Ländersache. Das Problem jedoch – das System Amazon – ist global.“ Artikel von Jörn Boewe vom 4. Oktober 2021 aus der Freitag Ausgabe 39/2021 externer Link
  • Amazon-Zusteller: KI-Kamera im Führerhaus senkt Lohn durch falsche Strafen 
    Ein KI-System in Lieferwägen bestraft die Zusteller für nicht gemachte Fahrfehler. Die Chauffeure verlieren ihre Gehalts-Boni – Widerspruch zwecklos. Amazon hat Anfang dieses Jahres KI-unterstützte Überwachungskameras in vielen Lieferwagen installieren lassen, um Menschen und Zustellungen sicherer zu machen. Mittlerweile beschweren sich aber die Zusteller. Das System würde sie abstrafen für Fehler, die sie nicht begangen hätten. Solche Aktionen wirken sich auf ein Punktesystem aus, an dem die Amazon-Zusteller gemessen werden und das für die Zuteilung von Boni entscheidend ist. (…) Jetzt aber beklagen sich sowohl Zusteller als auch von Amazon beauftragte Lieferunternehmen über zuviele Warnmeldungen, die bei der Fahrt stören und die bei den Lieferfirmen für Mehraufwand bei der Auswertung sorgen. Außerdem würde das System Fahrfehler melden, die nicht in der Verantwortung der Zusteller liegen, berichtet Vice externer Link. Dadurch werden den Fahrern Punkte abgezogen bei ihrer wöchentlichen Bewertung. Damit verlieren sie Boni zum Gehalt wie Zusatzzahlungen oder Sachgeschenke. Beispiele für vom KI-System registrierte Fahrfehler seien das Einscheren anderer Fahrzeuge direkt vor dem Lieferwagen, das als ungenügender Sicherheitsabstand bewertet wird. Das vorsichtige Anhalten an einer unübersichtlichen Kreuzung wird als zu später Halt registriert, und sogar Griff zum Radio oder der Blick in den Rückspiegel vor einem Spurwechsel seien als Ablenkung bewertet worden. Außerdem würden manche Straßenschilder vom System falsch als Stoppschild erkannt. (…) Die Zusteller und die Lieferunternehmen sehen das System dagegen als Mittel für Amazon, die Bezahlung der Mitarbeiter und Partner zu senken. Diese leiden ohnehin schon unter Zeitmangel und strengen Lieferterminen, und würden durch die vielen Warnmeldungen weiter unter Druck gesetzt. Das An- und Ablegen des Sicherheitsgurtes würde zu viel Zeit kosten, wenn man in ruhigen Wohngegenden von Haus zu Haus fährt. Hinzu kommt, dass Amazon Beschwerden oder Anfragen zu Punktabzügen nicht bearbeite…“ Artikel von Frank Schräer vom 22.09.2021 bei heise-news externer Link, siehe auch unser Dossier: Kontrollen bei Amazon: Der Vorgesetzte sieht alles 
  • #ausgeliefert: Aktionstage vom 1. bis 4. September bei Amazon – prekäre Arbeitsbedingungen bei Transport und Zustellung im Fokus 
    Mit bundesweiten Aktionstagen vom 1. bis 4. September 2021 machen die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), der DGB sowie mehrere Beschäftigten-Beratungsnetzwerke unter dem Hashtag #ausgeliefert auf die prekären Arbeitsbedingungen von Zustellerinnen und Zustellern sowie Lkw-Fahrerinnen und Lkw-Fahrern bei Amazon aufmerksam. Bei den Aktionen, die an mehr als zwei Dutzend Standorten stattfinden, werden Betroffene auch beraten und über ihre Rechte aufgeklärt, und zwar in verschiedenen Sprachen. An den Aktionstagen beteiligen sich die Beratungsnetzwerke „Faire Mobilität“, „Faire Integration“ und „Gute Arbeit“ (Träger „Arbeit und Leben“). Der Auftakt der Aktionstage wird am Mittwochmorgen (1.9.21) vor dem Amazon-Lager in Berlin-Mariendorf stattfinden (…) Wir fordern Amazon auf, die Beschäftigten, die beinahe rund um die Uhr Pakete für das Unternehmen befördern und ausliefern, direkt bei sich anzustellen. Zudem fordern wir die Sozialversicherungsträger auf, bei allen Amazon-Flex-Fahrern Statusfeststellungsverfahren einzuleiten, um mögliche Scheinselbstständigkeiten zu beenden. Die Politik ist gefordert, die Kontrollen in der gesamten Branche auszuweiten, um Verstöße gegen geltendes Recht, etwa gegen das Mindestlohngesetz, konsequent zu ahnden (…) Darüber hinaus fordern ver.di und DGB, das seit 2018 für die Paketbranche geltende Gesetz zur Nachunternehmerhaftung auf die gesamte Speditions- und Logistikbranche auszuweiten. Gilt in einer Branche die Nachunternehmerhaftung, müssen Unternehmen Sozialbeiträge für Beschäftigte nachzahlen, wenn einer ihrer Subunternehmer diese Beiträge nicht oder nicht vollständig gezahlt hat. Da sich Paketbranche und Logistik in der Definition nicht wirklich scharf trennen ließen, sei es an der Zeit, den Geltungsbereich auszudehnen und so Schlupflöcher zu schließen.“ ver.di-Pressemitteilung vom 01.09.2021 externer Link und darin auch: „Vom 1. bis 4. September 2021 machen ver.di, der DGB und die Beschäftigten-Beratungsnetzwerke „Faire Mobilität“, „Faire Integration“ und „Gute Arbeit“ auf die prekären Arbeitsbedingungen von Zustellerinnen und Zustellern sowie Lkw-Fahrerinnen und Lkw-Fahrern bei Amazon aufmerksam. Unter dem Hashtag #ausgeliefert finden bundesweit Aktionen an fast 30 Standorten statt, unter anderem in Hamburg, Dortmund, Essen, Nürnberg, Pforzheim, Gera. An den Aktionstagen werden Betroffene in verschiedenen Sprachen informiert, beraten und über ihre Rechte aufgeklärt...“

    • Amazon-Aktionstage #ausgeliefert: ver.di zieht positive Bilanz 
      „Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) zieht eine positive Bilanz der Amazon-Aktionstage #ausgeliefert, die ver.di gemeinsam mit dem DGB sowie den Beschäftigten-Beratungsnetzwerken „Faire Mobilität“, „Faire Integration und „Arbeit und Leben“ in dieser Woche vom 1. bis 4. September an mehr als 30 Standorten durchgeführt hat. „Die Aktionstage waren ein voller Erfolg“, sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis. „Wir konnten rund 8.000 Fahrerinnen und Fahrer in Transport und Zustellung erreichen und über ihre Rechte informieren.“ Zudem hätten mehrere hundert Beratungsgespräche stattgefunden. Das Bild, das sich daraus ergeben habe, sei jedoch erschreckend: „Betroffene berichteten von nicht gezahlten Gehältern, Repressalien, Überwachung, einem enormen Zeitdruck und menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen.“ Es wirke wie Hohn, wenn das Unternehmen behaupte, von seinen Lieferpartnern zu verlangen, ihren Fahrerinnen und Fahrern eine „erstklassige Arbeitserfahrung“ zu bieten. „Die große Zahl an Logistik-Partnern, die das Unternehmen in seinem Kerngeschäft einsetzt, verhindert große Belegschaften und in der Folge Betriebsratsgründungen und Tarifbindung“, so Kocsis weiter. Amazon gebe Tätigkeiten und die Verantwortung für die Arbeitsverhältnisse an Subunternehmer ab und verpasse diesen Knebelverträge. Es sei ein Skandal, wenn Paketzusteller in Vollzeit arbeiten und ihnen am Ende eines Monats nicht einmal 1.000 Euro Lohn übrigbleiben. „Wir fordern Amazon auf, die Beschäftigten, die beinahe rund um die Uhr Pakete für das Unternehmen befördern und ausliefern, direkt bei sich anzustellen.“ Die Politik sei gefordert, die Kontrollen in der gesamten Branche auszuweiten, um Verstöße gegen geltendes Recht, etwa beim Mindestlohn oder den Arbeitszeiten, konsequent zu ahnden. Zudem müssten die Sozialversicherungsträger bei allen Amazon-Flex-Fahrern Statusfeststellungsverfahren einleiten, um Scheinselbstständigkeiten aufzudecken und zu beenden.“ ver.di-Pressemitteilung vom 4. September 2021 externer Link – Faire Mobilität berichtete darüber auf Twitter externer Link
  • Amazon ausgeliefert: Profite auf Kosten der Kurierfahrer
    Amazon ist einer der Profiteure der Coronapandemie: Das Liefergeschäft boomt. Um noch mehr und noch schneller die Ware an den Kunden zu liefern, hat der Digitalkonzern einen eigenen Transportdienst aufgebaut. Die Fahrer sind nicht direkt bei Amazon angestellt, sondern arbeiten bei Subunternehmen. Die Beschäftigten dort berichten von schlechten Arbeitsbedingungen und prekären  Beschäftigungsverhältnissen.“ Video des Beitrags von Christian Esser und Astrid Randerath am 24.08.2021 bei Frontal des ZDF externer Link und als Folge:

  • Lohnbetrug bei Kurierdienst: Amazon-Zustellpartner: Chef mit Fahrerlöhnen untergetaucht 
    Ausländische Kuriere eines Subunternehmens lieferten fleißig Amazon-Pakete in Deutschland aus, als ihr Chef mit den Löhnen verschwand. Jetzt müssen sie um ihre Rechte kämpfen. Von Amazon wünschen sie sich mehr Hilfe.
    Schon zweimal während der Corona-Pandemie verlor Adam Stelmaszek seinen Job. Nachdem in England seine Bauaufträge im „harten Lockdown” verloren gingen, zog der Pole mit seiner Familie nach Sachsen um. Denn hierzulande suchte gerade eine Branche nach Arbeitern: Als Kurier fuhr Stelmaszek seit Mai 2020 für das Subunternehmen Beta Logistics im Raum Dresden Pakete aus – im Auftrag des Online-Versandriesen Amazon. Die Firma beschäftigt Kuriere, die Amazon-Pakete an drei deutschen Standorten des US-Konzerns ausliefern. Stelmaszek arbeitete im sächsischen Lampertswalde. Der 37-jährige Pole, Vater von zwei Kindern, packte die Arbeit gut an. Schnell stieg er zu einem Disponenten auf. Seine Kollegen mochten ihn. Das gleiche dachte er über seinen Chef, Krzysztof Lajca, der auch aus Polen stammt. Bis ihm im Mai per Email gekündigt wurde. Zu der Zeit schuldete ihm die Firma noch zweieinhalb Monatslöhne. Doch plötzlich war Lajca nicht mehr zu erreichen. „Noch eine Woche zuvor hat mir der Chef zur Geburt meines Sohnes gratuliert”, sagt Stelmaszek aufgeregt. „Man muss sich doch mental vorbereiten, um mehr als 40 Leute zu betrügen”. Die Betroffenen sind ausländische Werkarbeiter aus Polen, Rumänien und Griechenland. (…) „Jeden Monat mussten wir um unser Geld kämpfen”, sagt Adam Stelmaszek. „Auf den Lohnzetteln wurde uns Geld für fiktive Autoschäden abgezogen, erst später bekamen wir es bar in Umschlägen ausgehändigt”, berichtet Stelmaszek. Für jeden wirklichen Schaden am Auto würden 850 Euro Selbstbeteiligung abgezogen. Eine üppige Summe beim einem Stundenlohn von zwölf Euro. (…) Auf Anfrage teilt ein Sprecher von Amazon mit, der Konzern erwarte von seinen Subunternehmern, „dass sie ein erstklassiges Arbeitserlebnis für ihre Fahrer:innen bieten”. Amazon prüfe die Vorwürfe und greife durch, sollten Gesetze nicht eingehalten werden. „Unsere Geschäftsbeziehung mit der Beta Logistics GmbH haben wir im Juni 2021 gekündigt”, sagt Amazon. Doch zu dem Zeitpunkt war der Subunternehmer schon untergetaucht. (…) Um ähnlichen Fällen vorzubeugen, fordert die Gewerkschaft Verdi Amazon dazu auf, die Fahrer direkt anzustellen. „Das Modell der Subunternehmen begünstigt eindeutig solche Machenschaften”, findet Stefan Thyroke, Leiter der Fachgruppe Logistik bei Verdi. „Das würde sich ändern, wenn Amazon mit eigenen Beschäftigten arbeiten würde”…“ Beitrag von Grzegorz Szymanowski vom 13.08.2021 bei der Deutschen Welle externer Link
  • Amazon-Paketzusteller: Bundesweite Kontrolle der Arbeitsbedingungen
    Seit den frühen Morgenstunden kontrolliert der Zoll bundesweit die Arbeitsbedingungen von Paketzustellern. Im Fokus steht nach BR-Informationen der Onlinehändler Amazon, der Pakete über Subunternehmer ausliefern lässt. Mehrere tausend Beamtinnen und Beamte der „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ (FKS) des Zolls kontrollieren deutschlandweit seit dem Morgen die Arbeitsbedingungen bei Paketzustellern. Nach BR-Informationen treffen die Kontrollen ausschließlich den Branchenriesen Amazon und die für Amazon tätigen Subunternehmen. Bei vergangenen Schwerpunktprüfungen waren im Schnitt 2000 Beamtinnen und Beamte im Einsatz. An der heutigen Kontrolle beteiligen sich alle 41 Hauptzollämter in ganz Deutschland. (…) „Die Paketbranche arbeitet häufig mit Nachunternehmern. Hier konnte die FKS vermehrt Verstöße gegen die Pflicht zur Zahlung des Mindestlohns feststellen“, erklärte eine Sprecherin der Generalzolldirektion gegenüber dem Bayerischen Rundfunk. Seit dem 1. Juli 2021 beträgt der Mindestlohn 9,60 Euro pro Stunde. Ein Schwerpunkt der heutigen Kontrolle liegt auf der Einhaltung des aktuellen Mindestlohns. Außerdem werden Verstöße gegen sozialversicherungsrechtliche Pflichten überprüft. „Im Speziellen die Pflicht zur korrekten Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen durch Nachunternehmer“, so die Sprecherin der Generalzolldirektion…“ Beitrag von Sammy Khamis und Manuel Mehlhorn vom 16.07.2021 bei tagesschau.de externer Link, siehe auch ver.di dazu:

    • Zollkontrollen machen Missstände bei Speditions-, Logistik- und Transportunternehmen deutlich – ver.di fordert Maßnahmen, um Missstände zu stoppen
      Wie heute (16. Juli 2021) bekannt wurde, führt der Zoll bundesweit Schwerpunktkontrollen bei Speditions-, Logistik- und Transportunternehmen durch. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) geht, wie in der Vergangenheit auch, von zahlreichen Verstößen gegen das Mindestlohngesetz, von Sozialversicherungsbetrug und Scheinselbstständigkeit aus. „Solche Verstöße sind ein Skandal für die Betroffenen und die Branche und sie sind nicht neu“, betont die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis. Damit es gar nicht erst soweit kommt, würden dringend mehr präventive Maßnahmen benötigt, wie zum Beispiel verdachtsunabhängige Kontrollen im Streifendienst und mehr Personal beim Zoll, um die Kontrollen durchzuführen und die Nachunternehmerhaftung durchzusetzen. „Die immer wieder aufgedeckten Verstöße verdeutlichen, wie elementar die Einführung einer Lizenzpflicht auch für Paketdienstleister ist“, so Kocsis weiter. Bislang unterliegen nur Briefdienstleister der Lizenzpflicht, Paketdienstleister lediglich einer Anzeigepflicht, bei der Bundesnetzagentur. ver.di fordert, die Lizenzpflicht auf die Paketdienste auszuweiten. Dies schütze Kundinnen und Kunden, die Wettbewerbsstruktur und vor allem auch die Beschäftigten. Die Leidtragenden von ausufernder Leiharbeit und Sozialdumping der Subunternehmen sind die zahlreichen Beschäftigten bzw. Soloselbstständigen…“ ver.di-Pressemitteilung vom 16.07.2021 externer Link
  • [USA] Saubere Zähne, Drogentest, keine „obszönen“ Social-Media-Postings – diese Vorgaben müssen Amazon-Fahrer einhalten 
    „… Wer für Amazon in den USA Pakete ausfährt, muss nicht nur fit und schnell sein, sondern auch noch ein paar weitere durchaus einschneidende Vorgaben beachten, was das äußere Erscheinungsbild und das Social-Media-Verhalten angeht, wie Bloomberg berichtet. Das Portal beruft sich dabei auf interne aktuelle Amazon-Richtlinien und Verträge, die ihm vorliegen sollen. Demnach sollen die Fahrer die „persönliche Pflege auf einem akzeptablen Niveau“ halten, dazu gehöre unter anderem das Vermeiden von Mund- und Körpergeruch, wenig Parfüm sowie saubere Zähne, Ohren, Fingernägel, Haare und ein sauberes Gesicht. Außerdem sollen die Fahrer keine „obszönen“ Beiträge in sozialen Netzwerken posten und müssen sich jederzeit einem Drogentest unterziehen, wenn Amazon dies fordern sollte. Dass Amazon etwa das Verhalten seiner Flex-Fahrer bei Facebook überwacht, ist schon bekannt. Derartige Regelungen könne das Unternehmen außerdem jederzeit einseitig ändern. (…) Das ist umso beachtlicher, da die Paket-Fahrer ja meist gar nicht direkt bei Amazon angestellt sind, sondern über die jeweiligen Programme entweder eigenständig (Flex) oder als Angestellte von kleineren Sub-Unternehmern arbeiten. Diese rigiden Richtlinien rufen auch Rechtsexperten auf den Plan. „Amazon scheint alles haben zu wollen – die ganze Kontrolle über ein Arbeitsverhältnis, aber ohne die Kosten zu tragen“, kritisiert Andrew Elmore, Jura-Professor und zuständig für Arbeitsrecht im Büro des New Yorker Generalstaatsanwalts. „Diese Dokumente sind ein wichtiges Signal für Gerichte und Behörden, dass dies eine Beziehung ist, auf die man achten sollte.“…“ Beitrag von Markus Gärtner vom 7. Mai 2021 beim amazon watchblog externer Link
  • Toiletten-Umfrage: Wie Amazon es sich schon wieder mit seinen Fahrern verscherzt 
    Amazon befragt seine Paketfahrer nach deren Toiletten-Bedingungen, vergisst aber einen wesentlichen Aspekt. (…) in einer Umfrage unter den Amazon-Lieferanten wollte der Online-Riese mehr über die Toiletten-Bedingungen on tour wissen, wie Business Insider berichtet externer Link. Amazon fragte seine Lieferanten demnach, ob sie auf ihren Routen genügend Toiletten finden würden und bot vier Antwortoptionen zur Auswahl. Dabei hatte der Konzern aber leider den wesentlichen Faktor bzw. das Haupt-Problem vergessen: Die Fahrer haben gar keine Zeit, um pinkeln zu gehen. „Der lustige Teil ist, dass sie keine Option für ‚Habe keine Zeit, die Toilette zu benutzen‘ anbieten, was das Hauptproblem ist“, erklärte ein anonymer Fahrer. „Sie geben uns Monsterrouten. Wenn wir auch nur zehn Minuten in Verzug geraten, wird Amazon die Disponenten fragen, warum wir in Verzug sind“, erklärte ein anderer Fahrer den Zeitdruck…“ Beitrag von Markus Gärtner vom 04. Mai 2021 im Amazon-Watchblog externer Link
  • [USA] „Ich arbeite als Teilzeitfahrer bei Amazon — so tricksen wir, um die strengen Regeln und die ständige Überwachung zu umgehen“ 
    Jay (Name geändert) arbeitet seit 2019 als Teilzeitfahrer für Amazon in Michigan. Ihm zufolge tauschen die Fahrerinnen und Fahrer manchmal ihre Telefone, um eine Bestrafung durch die Tracking-App von Amazon zu vermeiden. Er sagt, es ist „frustrierend“, überwacht zu werden — Jay erzählt seine Geschichte. Der Amazon-Fahrer Jay (Name geändert) liefert seit 2019 in Teilzeit Pakete für Amazon im ländlichen Michigan aus. Aus Angst davor, seine Stelle zu verlieren, will er anonym bleiben. Seine Identität wurde von Insider verifiziert.  Es ist kein Geheimnis, dass Amazon den Großteil seiner Lieferungen über externe Lieferdienstleister abwickelt. Obwohl ich also ausschließlich Amazon-Pakete ausliefere und Markenkleidung mit dem Amazon-Logo trage, arbeite ich nicht wirklich für Amazon. (…) Amazon predigt Sicherheit, Sicherheit, Sicherheit. Doch während das für die Medien ein tolles Schauspiel ist, sieht es hinter den Kulissen ganz anders aus. Die externen Lieferdienstleister stehen unter immensem Druck, gute Leistungen zu erbringen, sonst riskieren sie, dass ihr Vertrag gekündigt wird — und diesen Druck bekommen wir Fahrerinnen und Fahrer zu spüren. (…) Als ich vor fast zwei Jahren anfing, war ein Ergebnis von 550 in Ordnung. Jetzt hat sich das geändert und sie wollen, dass die Punktzahl in einem hohen 700er-Bereich liegt. Früher erreichte ich 550 Punkte. Jetzt stehe ich immer eher bei 750. Das ist im Grunde die niedrigste Punktzahl, die Amazon zulässt, ohne dass der externe Lieferdienstleister Probleme bekommt. Rennt ein Kind auf die Straße, um seinem Fußball hinterher zu jagen und ihr müsst unerwartet auf die Bremse treten, geht das zu Lasten eurer Punktzahl. (…) Mein Dienstleister möchte sein Geschäft nicht gefährden, also haben wir einen Weg gefunden, das System auszutricksen. Wenn die Punktzahl eines Angestellten zu sinken beginnt, weist uns unser Vorgesetzter an, uns zu Beginn unserer Schicht in die App einzuloggen und dann unser Telefon an jemanden zu übergeben, der typischerweise eine hohe Punktzahl hat. Der nimmt es mit auf seine Route — Problem gelöst…“ Artikel von Jenny Powers am 11. April 2021 beim Business Insider externer Link in der Übersetzung von Ilona Tomić aus dem Englischen – der darin interviewte Kollege bezeichnet sich allerdings ausdrücklich als kein „Gewerkschaftsfan“
  • [USA] Keine Zeit: Müssen Amazon-Fahrer in Flaschen pinkeln? 
    Amazon-Fahrer sollen nicht mal genug Zeit haben, um auf Toilette zu gehen – und pinkeln deshalb in Flaschen, so lauten aktuelle Vorwürfe gegen Amazon. Im Online-Handel wird Schnelligkeit gefordert, gerade Amazon verweist gern auf seinen Kundenfokus und baut mit seinem Prime-Programm und Investitionen in die eigene Logistik die Liefergeschwindigkeit immer weiter aus. Die Folge für die Mitarbeiter: Stress und kaum Zeit, wie auch schon eine Studie zu Unfällen bei Amazon-Lieferanten kritisierte externer Link. Jetzt gibt es neue Vorwürfe gegenüber Amazon: Lieferanten in den USA seien gezwungen, in Flaschen zu urinieren, statt in den Pausen auf Toilette zu gehen – sonst würden sie wohl das geforderte Pensum nicht schaffen. Darüber berichtet unter anderem der Guardian externer Link und verweist dabei auf weitere Journalisten und Quellen. Die ersten Vorwürfe kamen in einem Tweet des US-Politikers Marc Pocan externer Link. Amazon wies die Vorwürfe jedoch zurück. In einem Bericht im Portal The Intercept externer Link wird jedoch aus vermeintlich internen Dokumenten von Amazon zitiert. Darin soll die Amazon-Logistikbereichsleiterin Jen Snyder in einer E-Mail unter anderem derartige Vorfälle erwähnen und das entsprechende Verhalten der Fahrer kritisieren. (…) Weitere Journalisten wie Ken Bensinger von BuzzFeed externer Link oder Lauren Kaori Gurley von Vice externer Link verweisen bei Twitter ebenso auf vermeintlich interne Dokumente oder E-Mails anonymer Fahrer, die die Vorwürfe bekräftigen. Auch mehrere Amazon-Mitarbeiter bestätigen im Guardian und bei The Intercept die unappetitlichen Vorfälle…“ Beitrag von Markus Gärtner vom 26. März 2021 im Amazon-Watchblog externer Link, siehe:

    • Amazon stinkt. Fahrer müssen in Flaschen urinieren. US-Behörde erhebt Anklage 
      „… Das NLRB unterstützt die beiden ehemaligen Mitarbeiterinnen Emily Cunningham und Maren Costa. Die beiden Designerinnen, die in der Firmenzentrale in Seattle tätig waren, wurden im April 2020 entlassen, nachdem sie die umweltschädliche Produktion und die schlechten Arbeitsbedingungen von Lagermitarbeitern während der Coronapandemie kritisiert hatten. Amazon hatte die Kündigungen damit gerechtfertigt, dass die beiden gegen interne Richtlinien verstoßen hätten. Wie die New York Times am Montag berichtete, werde die NLRB Amazon wegen unzulässiger Arbeitsbedingungen anklagen, wenn der Konzern nicht einlenke. Cunningham sagte gegenüber der Zeitung, dass die Ergebnisse der Behörde ein »moralischer Sieg« seien und zeigten, »dass wir auf der richtigen Seite der Geschichte stehen und im Recht sind«. Doch immer mehr Verstöße gegen das Arbeitsrecht kommen an die Öffentlichkeit. Am Osterwochenende gestand Amazon erstmals ein, dass für Auslieferer des Konzerns unmenschliche Arbeitsbedingungen herrschen. In einer Mitteilung räumte Amazon ein, dass den Fahrern keine Zeit bleibe, eine Toilette aufzusuchen, und sie deshalb ihre Notdurft in Flaschen verrichten müssten. Dass dies zunächst über einen offiziellen Twitter-Account von Amazon abgestritten worden war, sei ein »Eigentor« gewesen, gestand der Konzern sein. Der Konflikt hatte vorletzte Woche mit einer Bemerkung des Abgeordneten im US-Repräsentantenhaus Mark Pocan von der demokratischen Partei begonnen: »Mitarbeitern 15 US-Dollar Stundenlohn zu zahlen, macht einen nicht zu einem ›fortschrittlichen Arbeitsplatz‹, wenn man gegen Gewerkschaften vorgeht und Beschäftigte in Wasserflaschen urinieren«, schrieb Pocan bei Twitter. Amazon hatte zunächst in ungewöhnlich scharfem Ton bei Twitter gekontert: »Sie glauben nicht wirklich die Sache mit dem Pinkeln in Flaschen?« Und weiter: »Wenn das wahr wäre, würde niemand für uns arbeiten.« Kurz nach dem Disput mit dem Politiker Pocan hatte The Intercept geleakte Dokumente einer Amazon-Logistics-Managerin veröffentlicht, in denen unter anderem klargestellt wird, dass keine Tüten mit »menschlichen Fäkalien« in den Lieferzentren geduldet werden. Amazon äußerte sich dazu auf Nachfrage zunächst nicht und ging auch in der aktuellen Stellungnahme nicht darauf ein. Nach einer Welle der Empörung ruderte Amazon nun zurück…“ Redaktioneller Beitrag in der jungen Welt vom 07.04.2021 externer Link, siehe dazu:
    • USA: Amazon entschuldigt sich für ‚Pinkeln in Flaschen‘-Tweet
      Damit bestätigt Amazon erstmals die Vorwürfe, entschuldigt sich aber nicht bei den Angestellten und geht weiter hart gegen diese vor. Der weltgrößte Onlinehändler Amazon hat sich nach einer Twitter-Auseinandersetzung darüber, wo und wie Beschäftigte ihre Notdurft verrichten, bei einem US-Abgeordneten entschuldigt. Am Osterwochenende räumte der Konzern von Multimilliardär Jeff Bezos in einer Mitteilung ein, dass Lieferfahrer mitunter keine Toiletten fänden und bestätigte somit erstmals Berichte, wonach Mitarbeiter unter hohem Zeitdruck im stressigen Arbeitsalltag in Flaschen urinierten. Dass dies zunächst über einen offiziellen Twitter-Account von Amazon abgestritten wurde, sei ein „Eigentor“ gewesen. (…) Nun zeigte sich der Bezos-Konzern zwar einsichtig: „Wir entschuldigen uns beim Abgeordneten Pocan“. Eine Entschuldigung bei den betroffenen Mitarbeitern enthält das Statement zwar nicht, allerdings kündigte Amazon an, das Pinkelproblem in Angriff nehmen zu wollen. „Wir wissen bislang noch nicht wie, aber wir werden nach Lösungen suchen.“ Das Unternehmen betonte jedoch auch, dass es sich um ein branchenweites Problem handele, das sich nicht auf Amazon beschränke und sich durch die Schließung öffentlicher WCs in der Coronakrise verschärft habe…“ Artikel von Sebastian Grüne vom 6. April 2021 bei Golem externer Link
    • Artikel von Stefan Beutelsbacher am 26.03.2021 in der Welt online externer Link: „Müssen Mitarbeiter „in Wasserflaschen urinieren“? PR-Desaster für Amazon“ und daraus: „… Die Fahrer stellen täglich bis zu 300 Pakete zu. Benötigen sie dafür zu lange, riskieren sie eine Abmahnung oder sogar die Kündigung. Viele wagen es daher offenbar nicht, einen Umweg in Kauf zu nehmen und eine öffentliche Toilette aufzusuchen. „Ich pinkele oft in einen Kaffeebecher, weil keine Zeit ist, ein WC anzusteuern“, schreibt eine Frau, die angibt, als Zustellerin für Amazon zu arbeiten, auf Reddit. „Sonst würde die Zentrale anrufen und fragen, warum ich so langsam bin.“ Ein anderer Nutzer behauptet, er könne fast nie die vertraglich festgelegte Mittagspause von 30 Minuten nehmen…“
  • [Bei Strafe der Kündigung] Amazon-Angestellte müssen Gesichtserkennung zustimmen 
    Kameras im Lieferwagen, KI-Verhaltensanalyse, Gesichtserkennung: Wer in den USA Pakete für Amazon ausliefert, muss zustimmen. Amazon-Angestellte in den USA, die mit der Auslieferung von Paketen betraut sind, müssen umfangreichen Überwachungsmaßnahmen zustimmen. Unterschreiben sie eine entsprechende Einverständniserklärung nicht, verlieren sie ihren Job. Die Angestellten erlauben Amazon damit den Einsatz eines Rund-um-Überwachungssystems, das aus vier Kameras im Lieferfahrzeug, einer App und Gesichtserkennung besteht. Die Journalistin Lauren Kaori Gurley hat Screenshots der Einverständniserklärung auf Twitter externer Link veröffentlicht. Die Überwachungstechnologie besteht demnach aus vier HD-Überwachungskameras, die in den Lieferfahrzeugen verbaut sind und sowohl die Angestellten als auch die Umgebung kontinuierlich überwachen. Das System soll mittels künstlicher Intelligenz (KI) gefährliche Verkehrssituationen oder Verhaltensweisen des Fahrenden erkennen externer Link, aber auch die Paketübergabe dokumentieren. (…) Schon zuvor habe Amazon verlangt, den Schichtbeginn nicht nur mit einer Keycard zu dokumentieren, sondern auch ein Selfie von sich an Amazon zu schicken. Auch muss seit geraumer Zeit Amazons Mentor-App genutzt werden, die Fahrweise sowie Telefonnutzung überwacht und kontinuierlich den Standort an Amazon übermittelt. Die App generiert zudem einen Score, mit dem die Leistungen der Angestellten bewertet werden können. Wie Golem.de aus informierten Kreisen erfahren hat, wird Mentor auch in Deutschland eingesetzt…“ Artikel von Moritz Tremmel vom 23. März 2021 bei golem.de externer Link, siehe auch:

    • Kritik an Amazon-Überwachung: „Verletzung der Privatsphäre und Vertrauensbruch“
      „„Verletzung der Privatsphäre und Vertrauensbruch“ – ein Amazon-Fahrer kritisiert das neue Hightech-Überwachungssystem im Fahrzeug, mit dem das Unternehmen seinen Lieferanten eigentlich mehr Schutz bieten will. Aber was passiert mit den Daten? (…) Vic, so der fiktive Name, sei seit 2019 als Fahrer bei Amazons Lieferprogramm Flex und nach eigener Aussage „der beste Fahrer seiner Zentrale“ in Denver. Bei seinem Lieferunternehmen wurde das Überwachungssystem vor rund einem Jahr getestet, jetzt soll es für alle Fahrer kommen. Die Kameras, die auch mit Künstlicher Intelligenz arbeiten, sind unter anderem mit Sensoren ausgestattet, die erkennen sollen, ob ein Fahrer gähnt, ohne Sicherheitsgurt fährt oder abgelenkt wirkt, heißt es. Die Kamera zeichne dann auf und leite den Vorfall weiter. Vic habe schon damals das geplante Kamera-Überwachungssystem in der Kabine kritisiert, nun hat der Amazon-Flex-Fahrer seinen Job deswegen gekündigt: „Es war sowohl eine Verletzung der Privatsphäre als auch ein Vertrauensbruch – und das wollte ich nicht hinnehmen.“ Amazon führt das System derzeit an mehreren Standorten in den USA ein, die Fahrer müssen demnach ein Formular unterschreiben, das Amazon erlaubt, sie zu filmen und ihre biometrischen Daten zu sammeln und zu speichern. Dabei könne Amazon die entsprechenden Daten auch mit Drittanbietern von Dienstleistungen und Amazon-Konzernpartnern teilen, wie es im entsprechenden Dokument heißen soll. (…) Nicht nur die Fahrer, auch Datenschützer sind alarmiert. Albert Fox Cahn von der Datenschutzorganisation Surveillance Technology Oversight sieht Amazons Fahrer-Überwachung als Teil eines besorgniserregenden, neuen Trends. „Da Kameras immer billiger werden und künstliche Intelligenz immer leistungsfähiger wird, werden diese invasiven Tracking-Systeme zunehmend zur Norm“, kritisiert der Datenschutzexperte. „Amazon behält sich im Grunde das Recht vor, mit diesen Daten so ziemlich alles zu tun, was sie wollen.“ Auch die US-Politik hat bereits reagiert: Fünf demokratische Senatoren fordern von Amazon, „alle Drittparteien zu identifizieren, mit denen Amazon die Aufnahmen geteilt hat oder zu teilen plant“, heißt es in dem Brief…“ Beitrag von Markus Gärtner vom 22. März 2021 im Amazon-Watchblog externer Link
  • Subunternehmen One Motion Logistic: Schlimmer als Amazon 
    “Der Logistikriese selbst beschäftigt keine Fahrer*innen, um Pakete auszuliefern, sondern ein Subunternehmen. Dort seien die Bedingungen miserabel. (…) Über Lohndumping oder Überwachung am Arbeitsplatz externer Link bei dem Megakonzern wird regelmäßig berichtet, aber selbst bei Amazon ist noch Luft nach unten: Etwa für ein Subunternehmen, das zwischen Amazon und den Fahrer*innen steht, die die Pakete an die Haustür bringen. Der Logistikriese selbst beschäftigt keine Fahrer*innen, sondern greift bei der Auslieferung entweder auf DHL, Hermes und Co. zurück oder auf zahlreiche Transport-Subunternehmen. Eines davon ist „One Motion Logistic“, eine europaweit agierende Firma aus Großbritannien. 69 angestellte Fahrer*innen holen die Pakete morgens beim Hamburger Amazon-Verteilzentrum Veddel ab und bringen sie an die Haustüren. Laut den Schilderungen mehrerer Beschäftigter sind die Bedingungen dort noch schlechter als im Arbeitsverhältnis mit Amazon selbst. Francisco Montes (Name geändert) arbeitet seit sieben Monaten für One Motion und kann eigentlich nicht mehr. „Ich arbeite schon wie verrückt, aber dauernd wird der Druck noch weiter erhöht“, sagt er. Anfangs musste er auf einer Tour, für die One Motion acht Arbeitsstunden veranschlagt, rund 130 Pakete zustellen. Jetzt sind es meist 230 oder 250. „Das ist unmöglich in acht Stunden“, sagt Montes. „Bei den Wetterverhältnissen ist es außerdem gefährlich. Unter dem Zeitdruck kannst du nicht vorsichtig sein.“ (…) „Im Gegenteil – ständig ziehen sie dir etwas vom Lohn ab.“ Benzin etwa oder Autoreparaturen. Wer einen Unfall hat und einen Schaden am Lieferfahrzeug verursacht, egal wie klein die Schramme oder Delle ist, dem zieht One Motion pauschal 700 Euro ab. Emilio Reyes (Name geändert) bekam deshalb im Januar nur 580 Euro für seine Vollzeitstelle ausgezahlt – das Unternehmen hatte ihm 700 Euro für eine Schramme und 120 Euro für übertriebenen Benzinverbrauch abgezogen. (…) Aus einer von One Motion gestellten Unterkunft sei der Spanier nach zwei Wochen ausgezogen. Unzumutbar sei es dort gewesen – vier Personen in einem Raum, alle Raucher. Als er in ein Zimmer mit sieben Personen umziehen sollte, sei er ausgezogen. Im Januar war das – wie man in der Pandemie überhaupt auf Massenunterbringung setzen könne, sei ihm schleierhaft. (…) „Acht von zehn Worten, die aus dem Mund eines One Motion-Verantwortlichen kommen, sind gelogen“, schreibt ein ehemaliger Mitarbeiter in einer Whatsapp-Gruppe, in der sich Angestellte austauschen. Auf Englisch und Bulgarisch listet er zehn Vorwürfe an das Unternehmen auf, darunter falsche Gehaltsversprechen, unbezahlte Überstunden und ungerechtfertigte Lohnabzüge. Die meisten Fahrer*innen kommen aus Bulgarien, Rumänien oder spanischsprachigen Ländern. Deutsche Kolleg*innen haben Reyes und Montes, soweit sie wissen, nicht…“ Artikel von Katharina Schipkowski vom 18.02.2021 in der taz online externer Link
  • [USA] Kameras im Führerhaus: Amazon will eigene Lieferanten stärker überwachen 
    Neue Kamerasysteme in Amazons Lieferwagen sollen mehr Sicherheit geben, erhöhen allerdings auch das Risiko der massiven Mitarbeiterüberwachung. In den USA soll Amazon die Fahrzeuge seiner Paketboten aktuell mit hochmodernen Überwachungskameras ausstatten. Diese stammen von der Firma Netradyne und besitzen insgesamt vier HD-Objektive, die es ermöglichen, in alle vier Richtungen zu filmen. Die Systeme werden außerdem von künstlicher Intelligenz unterstützt – Ziel dabei sei es, die Fahrer zu ihrer eigenen Sicherheit zu überwachen und in potenziell gefährlichen Situationen quasi Alarm zu schlagen. Kommt es zu einer möglichen Gefahrensituation, soll eine Stimme den Zusteller warnen. Als kritische Situationen gelten etwa Fälle, in denen ein Fahrer zu schnell an eine Kreuzung heranfährt und ein Stoppschild übersieht, zu wenig Abstand zu seinem Vordermann hält oder unaufmerksam wirkt. Eine Studie von ProPublica von 2020 hatte die Bedingungen für Amazon-Lieferanten kritisiert: Der zeitliche Druck hätte zu einer Menge Unfälle und sogar Toten geführt externer Link. (…) Während Amazon also die potenziellen Vorteile der neuen Überwachungssysteme lobpreist, dürften Datenschützer und Mitarbeitervertreter die Neuerungen eher kritisch betrachten. Erste Rückmeldungen von Fahrern belegen demnach deren Sorgen über einen massiven Eingriff in ihren Arbeitsalltag. Auch der Druck, dem die Paketboten täglich ausgesetzt sind, würde durch eine umfängliche Überwachung weiter steigen.“ Artikel von Tina Plewinski vom 4. Februar 2021 beim Amazon-Watchblog externer Link, siehe auch:

    • Amazon plant Überwachungskameras für seine Lieferwagen – zur Sicherheit
      Amazon hat in Nordamerika begonnen, seine Zustellfahrzeuge mit modernen Kamerasystemen auszustatten. Diese KI-unterstützten Kameras im Führerhaus filmen ständig in alle vier Richtungen und warnen den Fahrer in bestimmten Situationen, die potenziell gefährlich werden könnten. Die Zusteller fürchten eine invasive Überwachung…“ Artikel von Frank Schräer vom 04.02.2021 bei heise news externer Link
    • USA: Amazon plant Videoüberwachung bei Paketbot:innen
      “Der Konzern hat in Nordamerika damit begonnen externer Link, seine Zustellfahrzeuge mit dem Kamerasystem „Driveri“ der Firma „Netradyne“ aus Kalifornien auszustatten.  Bei diesem werden im Führerhaus des Fahrzeugs Kameras installiert, die in alle vier Richtungen filmen. So sollen potentielle Gefahren erkannt werden. Die zugehörige KI-Software warnt dann die Fahrer:innen, wenn sie zu schnell fahren, nicht an Stopp-Schildern halten oder eine sonstige Gefahr besteht. Die Kameras springen an, sobald der Zündschlüssel getätigt wird. Auch Zustellungen werden dokumentiert. Lediglich für Pausen kann das Kamerasystem abgeschaltet werden. (…) Die Arbeiter:innen hingegen sind laut The Information externer Link (einer abonnentenbasierten Nachrichtenwebsite) vor allem besorgt um unfaire Überwachung und Eingriffe in ihre Persönlichkeitsrechte. In welchem Umfang die Überwachungssysteme in den konzerneigenen Lieferdiensten in Nordamerika zum Einsatz kommen sollen, ist noch nicht geklärt…“ Beitrag vom 04.02.2021 Perspektive online externer Link
  • Kritik an Arbeitsbedingungen beim neuen Amazon-Lieferdienst 
    “Der Versandriese Amazon baut einen eigenen Lieferservice auf, eine Konkurrenz zu DHL, Hermes und UPS. Doch an den Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten gibt es Kritik. In Erfurt-Stotternheim kann man fast täglich die gleiche Szene beobachten. Hunderte Kleintransporter warten vorm Amazon-Verteilzentrum auf Pakete. Die Fahrer, überwiegend Migranten, sprechen Polnisch, Rumänisch, Bulgarisch oder Arabisch. Und sie gehören nicht zu Hermes oder DHL, sondern fahren nur für Amazon aus. (…) Ein eigener Dienst bedeutet allerdings nicht, dass die Fahrer bei Amazon angestellt sind. Der Versandriese setzt, wie in der Branche weit verbreitet, auf Subunternehmen. Amazon kennt zwar die Fahrer, legt ihre Routen fest und kann auch Einzelne ausschließen. Das unternehmerische Risiko tragen aber die Subunternehmer – kleine Fuhrunternehmen, die oft nur gegründet wurden, um Amazon-Pakete auszufahren. Unter welchen Bedingungen diese wiederum ihre Fahrer beschäftigen, wollte Frank Günther von der Gewerkschaft Verdi wissen und stellte sich auf den Parkplatz vorm Erfurter Verteilzentrum. „Wenn man sich die Autos anguckt, das ist schon ziemlich heftig. Da wird mit abgeranzten Fahrzeugen gefahren, da wird auf Ladungssicherung kein Wert gelegt.“ Überlange Arbeitszeiten und Rechtsverstöße: Im Rahmen seiner Recherchen stieß Günther auch auf Zeitungsartikel aus Österreich. Dort hat die Polizei in Wien vor einem Jahr 133 Subunternehmen überprüft, die für Amazon fahren. Nur bei dreien gab es keine Verstöße. Bei den anderen fand man Schwarzarbeit, Steuer- oder Sozialleistungsbetrug. Die Amazon-Subunternehmer in Deutschland mögen gesetzestreuer sein. Trotzdem sagt auch Benjamin Heinrichs, die Situation der Fahrer sei prekär. (…) Trotzdem sagt auch Benjamin Heinrichs, die Situation der Fahrer sei prekär. Im Erfurter Beratungsbüro „Faire Integration“ berät er Migranten. Und wöchentlich kämen welche, die nur Amazon-Pakete zustellen: „Es geht mal darum, dass Überstunden nicht bezahlt werden. Es geht aber manchmal auch darum, dass gar nicht bezahlt wird. Es geht um Arbeitszeitüberschreitungen. Also das Gesetz sieht vor, dass acht Stunden die maximale Arbeitszeit sind, zehn sind in Ausnahmen möglich.“ In das Beratungsbüro „Faire Integration“ kommen Ratsuchende, die teilweise 15 Stunden ohne Pause unterwegs seien. Die Probleme seien vielfältig, bis hin zur ungerechtfertigten Kündigung oder Kündigungen, sobald man krank sei…“ Beitrag von Ralf Geisler vom 28.01.2021 MDR AKTUELL externer Link
  • Siehe auch unseren Beitrag vom 09. Dezember 2020: 25 Wochen am Stück auf Achse: Die Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrer für Amazon scheinen grenzwertig. Bricht der Konzern Gesetze?
  • Onlinehandel: Wie sich Amazon eine eigene Paketzustellung aufbaut 
    „Mit immer neuen Sortierzentren und nun schon 13.000 Beschäftigten weitet Amazon die eigene Lieferkette aus. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der US-Konzern in Deutschland als Paketdienst omnipräsent sein wird. Die Motive dahinter sind interessant. Die Lieferwagen sind meistens weiß lackiert und tragen kein großes Firmenzeichen. Nur in kleiner Schrift an einer Seite ist der Aufdruck „im Auftrag von Amazon“ zu lesen. Tausende derartiger Fahrzeuge sind mittlerweile kreuz und quer durch Deutschland unterwegs. (…) Am Lenkrad dieser Paketwagen sitzen Fahrer von kleinen Stadtkurierfirmen oder mittelständischen Speditionen. Amazon beschäftigt kein eigenes Fahrerpersonal. Um für diese Subunternehmer und deren Zustellfahrer attraktiv zu sein, erlaubt der Onlinehändler, dass die Wagen am Abend mit nach Hause genommen werden dürfen. Angeschafft werden die Transporter nämlich oftmals von Amazon selbst. Als Stundenlohn springen selten mehr als der Mindestlohn und damit rund zehn Euro heraus. In einigen Großstädten dürfte der Lohn zwar höher sein. Genaue Angaben von Amazon dazu gibt es nicht. Die Gewerkschaften kritisieren regelmäßig die geringe Entlohnung und Unsicherheit dieser Arbeitsplätze. Doch aufzuhalten ist der Weg von Amazon zu einem großen Paketzusteller nicht. Rund 3,5 Milliarden Pakete werden in diesem Jahr an die Haushalte ausgeliefert. Deutlich mehr als zehn Prozent davon stammen aus einem Warenlager von Amazon…“ Beitrag von Birger Nicolai vom 9. September 2019 bei der Welt online externer Link
  • Amazon sucht Paketfahrer – das Auto sollen sie mitbringen 
    “… Unter der Überschrift „Flexibilität ist der Bringer“ sucht Amazon über eine Internetkampagne gerade Tausende Paketfahrer in Deutschland. Um vom Start weg möglichst viele Antworten zu bekommen, lockt Amazon in der Anzeige damit, dass Bewerber „einmalig 100 Euro extra kassieren“ können, wie es in der Jobbeschreibung heißt. Wer seinen Namen, eine Mailadresse und Postleitzahl angibt, erfährt, ob das Angebot in seiner Region gültig ist. In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel ist das der Fall. In Hamburg wiederum bereitet sich Amazon gerade auf die Paketauslieferung vor und hat im Stadtteil Wilhelmsburg eine große Sortieranlage gebaut. Allerdings gibt es für diese Arbeit eine wichtige Voraussetzung. Gesucht werden „Amazon-Flex-Lieferpartner“, die sich „bequem mit dem eigenen Auto flexibel Geld dazuverdienen“ wollen. Das heißt: Diese Gelegenheitsausfahrer sollen für ein paar Hundert Euro im Monat mit ihrem privaten Pkw Sendungen von Amazon zu den Lieferadressen fahren und an die Kunden übergeben. Angesprochen im Text werden gleich mehrere Nationalitäten. Denn bei der Sprachauswahl der Internetanzeige lassen sich neben Deutsch noch Russisch, Polnisch, Türkisch und Englisch auswählen. (…) Nun aber wird diese Schraube noch eine Umdrehung fester gedreht. Amazon, der größte Onlinehändler im Land und zugleich ein aufstrebendes Logistikunternehmen, verzichtet mehr und mehr auf die Dienstleistung der Paketdienste und ersetzt sie durch eine eigene Organisation. „Amazon Deutschland Transport Gesellschaft“, „Amazon City Logistik Alpha“ oder „Amazon City Logistik Gamma“ heißen neue Tochterfirmen, die quer durch Deutschland eine Paketzustellung durch firmenfremde Zusteller aufbauen. Bislang heuerte Amazon dafür mittelständische Kurierfahrer-Gesellschaften an. Doch jetzt werden auch ganz direkt Privatfahrer gesucht. Ein typischer Stundenlohn dürfte zwischen zehn und 13 Euro liegen. (…) Branchenexperten erwarten, dass Amazon binnen weniger Jahre zwischen 40 Prozent und 60 Prozent der Bestellungen selbst zustellen wird und sich dafür gerade eine Zustellung in Deutschland aufbaut. „Es ist keine Frage mehr, ob Amazon zum Konkurrenten der Paketdienste wird, Amazon ist es bereits“, sagte ein erfahrener Branchenmanager…“ Artikel von Birger Nicolai vom 08.12.2018 in der Welt online externer Link
  • Scharfe Kritik an Amazons privaten Paketboten 
    „… Der Onlinehandel wächst weiter rasant. Im vergangenen Jahr wurden erstmals mehr als 3,3 Milliarden Sendungen verarbeitet, 6,1 Prozent mehr als noch 2016. Seit der Jahrtausendwende hat sich das Sendungsvolumen damit nahezu verdoppelt. Und es wird in den kommenden Jahren noch mehr werden. Der Bundesverband Paket und Expresslogistik rechnet für 2022 mit rund 4,3 Milliarden Sendungen. Ein großer Teil davon entfällt auf Amazon, denn der Konzern hat inzwischen einen Marktanteil von mehr als 30 Prozent am deutschen Onlinehandelsumsatz. Inzwischen geht Amazon auch in Deutschland verstärkt dazu über, die Logistik komplett selbst in die Hand zu nehmen. Dazu wurde vergangenen November auch der Dienst Amazon Flex gestartet, bei dem Privatleute Pakete für den US-Konzern ausliefern. „Seien Sie ihr eigener Chef“, wirbt Amazon und lockt mit einem Verdienst von bis zu 68 Euro für vierstündige Lieferschichten. Bislang sind die privaten Paketboten in Berlin und München aktiv. Etwa 100 Fahrer arbeiten hierzulande für Amazon. Der Konzern bietet den Dienst zudem in den USA, Großbritannien, Spanien und Singapur an. Doch das Angebot sorgt auch für Kritik. „Eine ‚Uberisierung‘ darf es auf dem deutschen Paketmarkt nicht geben“, sagt Pascal Meiser, gewerkschaftspolitischer Sprecher der Linkspartei mit Verweis auf den US-Fahrdienst Uber, der mit Privatleuten als Taxialternative agiert. Schon jetzt seien die Bedingungen für Kurierfahrer „miserabel“, sagt Meiser. Auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi warnt, dass die Arbeitsstandards in der Branche durch Amazon Flex weiter ausgehöhlt würden. Die großen Paketdienstleister würden durch den zunehmenden Wettbewerb ebenfalls verstärkt Subunternehmen anheuern, die wiederum Aufträge an Subunternehmer und „angebliche Solo-Selbstständige“ weitergeben. Dadurch würden Vorgaben zu Arbeitszeitregeln unterlaufen und die Löhne gedrückt. So erhalten angestellte Zusteller, die nach Tarif bezahlt werden, in Berlin 11,38 Euro. Dagegen klingen bis zu 16 Euro Stundenlohn bei Amazon Flex zunächst lukrativ. Doch davon müssen die Fahrer die Kosten für Sprit, KfZ-Versicherung oder Reparaturen abziehen. Unter dem Strich sollen dann noch etwa 10 Euro übrig bleiben.Amazon verdrängt mit seinem neuen Geschäftsmodell nicht nur reguläre Beschäftigung, sondern verschiebt das unternehmerische Risiko vollständig auf die privaten Kurierfahrer“, sagt Meiser. „Für viele Fahrerinnen und Fahrer dürfte gar nicht absehbar sein, welche persönlichen Risiken sie eingehen.“ So haften sie beispielsweise beim Verlust oder Schäden an den Paketen…“ Artikel von Oliver Voß vom 25.07.2018 im Tagespiegel online externer Link
  • Amazon greift etablierte Logistiker mit neuem Zustelldienst an, damit wächst der Druck auf Beschäftigte 
    … Auch hierzulande verbreitet der nimmersatte Amazon-Boss Jeffrey Bezos Angst und Schrecken. Weil die Paketzusteller von Post-DHL, DPD und UPS angesichts des rasant wachsenden Onlinehandels längst an ihre Grenzen stoßen, ist der Konzern drauf und dran, eine hauseigene Vertriebsinfrastruktur aufzubauen. Wie die Frankfurter Neue Presse am Montag schrieb, wurden dazu in den vergangenen drei Jahren im gesamten Bundesgebiet neun Verteilzentren hochgezogen, darunter eines im hessischen Raunheim. Dort sei im Oktober 2017 mit 200 Beschäftigten auf 13.000 Quadratmetern der Betrieb aufgenommen worden. (…) Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung (SZ) vom 27. Juni erstreckt sich das Angebot bisher auf rund 20 Städte in Deutschland. Allerdings erhalten die Betroffenen ihre Pakete nicht durch Amazon »persönlich« ausgehändigt, sondern nur in dessen Namen. Tatsächlich stellt der Konzern die Paketboten nicht eigens an, sondern kooperiert mit kleineren, mittelständischen Zustelldiensten wie Interkep, DHS, Frankfurter Liefer-Factory oder Kelsterbacher R&B Logistik. Sie alle treten lediglich unter Amazon-Flagge in Erscheinung. Bis dato soll Amazon Deutschland insgesamt 35 vornehmlich regional agierende Unternehmen an sich gebunden haben. (…) Die Post-Manager versetzen die Bezos-Pläne für Deutschland jedenfalls in Alarmbereitschaft. Laut einem Vorstandspapier von Mitte 2017, aus dem das Handelsblatt am 24. Juni zitierte, steht Amazon derzeit für gut 17 Prozent des DHL-Paketaufkommens. Bricht dieser Posten weg, drohen große Verluste, die in dem Papier mit Gewinneinbußen von 115 Millionen Euro jährlich beziffert sind. Weiter heißt es, Amazon Logistics könnte in vier Jahren derart wachsen, dass die Post nur noch doppelt so viele Pakete austrägt wie Amazon selbst. Die Lohn- und Arbeitsbedingungen in der Branche sind jetzt schon miserabel. Mit einem allmächtigen »Arbeitgeber« Amazon wird der Druck noch einmal deutlich zunehmen. Laut SZ-Bericht experimentiert der Konzern in München und Berlin bereits mit Freiberuflern, die mit ihren eigenen Fahrzeugen Sendungen ausfahren – gegen ein Honorar von 16 Euro pro Stunde. Eine »Verzerrung des Lohngefüges« befürchtet denn auch die Verdi-Logistikexpertin Sigrun Rauch. Wie sie der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 9. Juli sagte, sei nach ihrer Kenntnis keines der von Amazon beauftragten Subunternehmen Mitglied im Unternehmerverband der Speditions- und Logistikbranche, der sich verpflichte, branchenübliche Tarife zu bezahlen.“ Artikel von Ralf Wurzbacher vom 24.07.2018 in der jungen Welt externer Link
  • Amazon Flex: Flex und fertig
    Im eigenen Auto, gesteuert per App: Seit Kurzem liefern Privatleute Amazon-Bestellungen aus. Wie Uber für Pakete. Kritiker protestieren am Black Friday gegen den Konzern. (…) Die ersten Fahrer seien bereits in der vergangenen Woche in der Hauptstadt für Amazon Flex unterwegs gewesen, sagt eine Unternehmenssprecherin. Wie viele genau, dazu schweigt Amazon und verweist auf die Erfahrungen in den USA, Großbritannien und Singapur, wo es den Dienst schon länger gibt. „Tausende Lieferpartner“ fahren laut einer Unternehmenssprecherin allein in Großbritannien mit dem Privat-Pkw für den Internethändler durch die Innenstädte. Eine inoffizielle Facebook-Gruppe, in der sich Flexfahrer der Insel organisieren, zählt derzeit 3.800 Mitglieder; in der Facebook-Ortsgruppe für Los Angeles sind es 1.700. (…) Was der US-Konzern nun mit Flex auch in Deutschland anbietet, klingt, als hätte jemand die Arbeit der Fahrradkuriere, die für Deliveroo und Foodora Restaurantessen ausliefern, mit der der Uber-Fahrer gekreuzt. Alle drei Unternehmen stehen für ein neues Modell, bei dem die Beschäftigten ihre Anweisungen per App und Algorithmus bekommen und der Arbeitgeber, wie Kritiker anprangern, sich im digitalen Nebel aus der Verantwortung stiehlt. Ist Amazon Flex der nächste Schritt, um Mitarbeiter hierzulande in Miniunternehmer zu verwandeln, die auf eigene Rechnung arbeiten – und auf eigenes Risiko?…“ Artikel von Bernd Kramer und Juliane Frisse vom 24. November 2017 bei der Zeit online externer Link
  • Mit dem Privatauto Amazon-Pakete ausliefern
    Der Internethändler Amazon hat eine Art Uber für Pakete nun auch in Deutschland gestartet: Selbständige sollen in Berlin mit ihrem Privatauto Bestellungen ausfahren. (…) Potenzielle Paketboten müssen volljährig sein und einen Führerschein, ein Auto und ein Smartphone haben. Eine vierstündige Lieferschicht werde mit bis zu 64 Euro entlohnt, verspricht Amazon. Dieser Maximalverdienst entspräche einem Stundenlohn von 16 Euro, läge also deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,84 Euro. Aus der Ausschreibung geht nicht hervor, ob Amazon sich auch an den Unterhaltskosten für die Fahrzeuge der Privatpersonen beteiligen wird...“ Artikel vom 10. November 2017 bei der Zeit online externer Link

Siehe für die Fortführung der Paketlieferung für Amazon unser Dossier: Paketzusteller von Amazon nach dem Ende von Flex: Miese Arbeitsbedingungen bei Subunternehmen

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=123831
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