[Nachunternehmerhaftung] Paketboten-Schutz-Gesetz: Heil will in der Paketbranche durchgreifen

Dossier

stop inhuman working conditions in road transport„… Mit dem geplanten Gesetz soll den Angaben zufolge sichergestellt werden, dass die in der Branche weit verbreiteten Subunternehmen Sozialbeiträge für ihre Paketboten zahlen. „Damit sorgen wir für fairen Wettbewerb, soziale Sicherheit und bessere Arbeitsbedingungen“, sagte Heil. Konkret soll die sogenannte Nachunternehmerhaftung auf die Paketbranche ausweitet werden. Das bedeutet, dass der eigentliche Auftraggeber für die korrekten Arbeitsbedingungen bei allen Subunternehmern verantwortlich ist. Die großen Zustelldienste müssten also bei Verstößen ihrer Subunternehmer gegen die Sozialversicherungspflicht selber einstehen und die Beiträge zahlen. In der Baubranche, wo die Nachunternehmerhaftung schon seit 2002 gelte, habe man damit gute Erfahrungen gemacht, betonte Heil…“ Meldung vom 02.03.2019 bei tagesschau.de externer Link, siehe zu Gesetz (für Arbeitsbedingungen und Forderungen siehe das Dossier: ver.di fordert entschlossenes Vorgehen gegen prekäre Arbeitsbedingungen in der Paketbranche):

  • Neuer Bericht der Generalzolldirektion bestätigt „schwere strukturelle Kriminalität“ bei Paketdiensten New
    Der NRW-Arbeitsminister verlangt vom Bund, das Subunternehmertum bei den Paketboten und Kurierdiensten zu stoppen – so, wie es schon in der Fleischwirtschaft passiert ist. Munition liefert ein brisanter Bericht der Generalzolldirektion.
    In der Diskussion um die arbeitsrechtlich fragwürdigen Zustände in der Paketbranche liefert ein Bericht der Generalzolldirektion den Kritikern weitere Argumentationshilfen. In einem an das Bundesfinanzministerium gerichteten Schreiben der Kölner Behörde, das unserer Redaktion vorliegt, heißt es unter anderem, die Kurier-, Express- und Paketbranche sei aufgrund komplexer und weit verbreiteter Subunternehmerketten für Schwarzarbeit und illegale Beschäftigungsformen anfällig.
    Die Ermittlungen erstreckten sich „in erheblichem Umfang auf Sachverhalte, die der schweren strukturellen Kriminalität zuzuordnen sind beziehungsweise die seitens der Staatsanwaltschaft als organisierte Kriminalität bewertet wurden“. Und weiter: „Die Täter agieren arbeitsteilig und schaffen planmäßig ein System von tatsächlich aktiven Unternehmen und gewerblich registrierten, aber tatsächlich inaktiven Unternehmen, die durch Strohleute geführt werden.“ Ziel des Systems sei es, Kontrollbehörden zu täuschen und dadurch die tatsächlichen Verantwortlichkeiten zu verschleiern, um fortgesetzt und in erheblichem Umfang durch Straftaten wirtschaftliche Vorteile zu erzielen. Dabei listet der Zoll zahlreiche konkrete Beispiele von jüngsten Prüfungen und Ermittlungen auf. So meldete das Berliner Hauptzollamt (HZA), dass Strohmänner bei einer Subunternehmerfirma aufgefallen waren
    …“ Artikel von Maximilian Plück vom 15.04.2024 in der Rheinischen Post online externer Link („Brisanter Bericht deckt auf: „Schwere strukturelle Kriminalität“ bei Paketdiensten“)
  • [Zu spät fürs Weihnachtsgeschäft] Arbeitsminister wollen bessere Arbeitsbedingungen für Paketboten 
    Die Arbeits- und Sozialministerkonferenz spricht sich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Zustellern aus. Arbeitszeiten sollen stärker kontrolliert werden.
    „Die Arbeitsbedingungen für Paketzusteller müssen sich aus Sicht der Arbeits- und Sozialminister der Bundesländer dringend verbessern, etwa durch ein Verbot von Werkverträgen. „Diese Menschen müssen geschützt werden“, sagte Berlins Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) bei der Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK). Bei Paketdiensten werde sehr viel „wirklich sehr prekäre Arbeit“ geleistet, wobei vor allem osteuropäische Werkvertragsarbeitnehmer betroffen seien, sagte Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Mehrheitlich verabschiedete die ASMK einen Antrag, demzufolge es zu einer „vernünftigen“ Aufzeichnung der Arbeitszeiten kommen müsse. Das soll helfen, die Einhaltung des Mindestlohns zu kontrollieren
    …“ Agenturmeldung vom 7. Dezember 2023 in der Zeit online externer Link, siehe auch:

  • [Zum „Prime Day“ von Amazon] Ganz unten sind die Paketzusteller in einem „System der Ausbeutung“. Denen will der Bundesrat helfen 
    „… Aber es gibt da noch ganz andere Beschäftigte, gleichsam in der abgedunkelten Kelleretage des Beschäftigungsssystems rund um den Giganten des Online-Handels: Die Paketzusteller, die an der Lieferfront auf der letzten Meile die Kunden bedienen müssen. Und denen geht es noch schlechter, wenn man schon eine Hierarchie der Ausbeutung bemühen muss. (…) Ist der „weiße Ritter“, der den Paketzustellern beispringen wird, bereits unterwegs? Der Bundesrat schickt eine Botschaft an die Bundesregierung
    Wenn es um Schutz für die schwächsten Glieder in der Ausbeutungskette geht, dann wird der eine oder andere einwenden, dass es doch vor gar nicht so langer Zeit ein vom (immer noch) amtierenden Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ein- und durchgebrachtes „Paketboten-Schutz-Gesetz“ gegeben hat. Ja schützt das denn etwas doch nicht? (…) Aus dem Bundesrat erreicht uns diese Meldung vom 12. Mai 2023: Bundesrat für bessere Arbeitsbedingungen in der Paketbranche externer Link: »Bei der Zustellung von Paketen sollen Werkverträge zukünftig verboten sein. Mit diesem Ziel fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, das „Paketboten-Schutz-Gesetz“ zu ändern. Eine entsprechende Entschließung auf Initiative von Bremen, Niedersachsen, dem Saarland und Thüringen beschloss der Bundesrat in seiner Sitzung am 12. Mai 2023.« Es wird dann darauf hingewiesen, dass die Fleischwirtschaft als Vorbild für den Vorstoß des Bundesrates herangezogen wurde: »Ein Verbot von Werkverträgen in der Paketbranche – so heißt es in der Begründung für die Entschließung – würde die Verantwortung für die Einhaltung der arbeits- und arbeitsschutzrechtlichen Standards den großen Dienstleistern zuweisen – analog zur Fleischwirtschaft, wo der Gesetzgeber sich aufgrund ähnlicher Missstände veranlasst sah, Werkverträge bzw. den Einsatz von Fremdpersonal im Kernbereich der Fleischwirtschaft zu untersagen.« Der aufmerksame Leser wird allerdings stutzig, wenn er unter der Überschrift „Ausnahmen“ zu lesen bekommt: »Ausnahmen für das Werksvertragsverbot soll es nach dem Willen der Länder jedoch für Subunternehmen geben, die ausschließlich sozialversicherungspflichtig Beschäftigte zu tariflichen Entgeltbedingungen einsetzen.«
    Da müssen wir genauer hinschauen. Es geht um die „Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei der Zustellung von Paketen“, Drucksache 117/23 (Beschluss) externer Link vom 12.05.2023. Und darin findet man eine gute Analyse der Situation und der Probleme – wie für ein Lehrbuch geschrieben:
    »Unter der Vielzahl von Paketdienstleistern besteht hoher Wettbewerbsdruck. Neben dem Sendungsvolumen stieg auch die Kundennachfrage nach flexiblen und individualisierten Zustellkonzepten, wie zum Beispiel Echtzeitverfolgung und Zeitfenster-Zustellung. Zur Optimierung der Zustellung vor allem auf der letzten Meile setzen Dienstleister zunehmend auf digitale Steuerung und Überwachung. Dies führt zu Arbeitsverdichtung und Leistungsdruck bei den Zustellerinnen und Zustellern.
    Die Paketzustellerinnen und Paketzusteller sind häufig nicht direkt bei den Paketdienstleistern beschäftigt, sondern bei deren Subunternehmen. Große Versandhändler arbeiten regelmäßig mit einem Netzwerk kleiner und mittelständischer Subunternehmen zusammen. Zum Teil erfolgt die Paket-Auslieferung entlang von Ketten mehrerer Subunternehmen. Einige Versandhändler lagern die Zustellung der Pakete über Werkverträge vollständig auf Subunternehmen aus. Die Beschäftigung im Rahmen dieser Werkvertragskonstellationen wirkt sich nachteilig auf die Arbeits- und Entgeltbedingungen der Paketzustellerinnen und Paketzusteller aus. In den Subunternehmen bestehen in aller Regel keine Tarifverträge und auch Betriebsräte sind hier selten.
    Immer wieder wird über schlechte oder rechtswidrige Arbeitsbedingungen bei Subunternehmen der großen Paketdienstleister berichtet. Nach Erkenntnissen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit und von Beratungsstellen für Arbeitnehmerrechte werden in vielen Fällen Verstöße gegen die Verpflichtung zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns sowie Aufzeichnungspflichten nach dem Mindestlohngesetz beziehungsweise dem Arbeitnehmerentsendegesetz festgestellt … Weitere Verstöße, die regelmäßig bekannt oder durch Kontrollen des Zolls aufgedeckt werden, sind Scheinselbständigkeit und die Missachtung notwendiger Maßnahmen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes.
    Der Arbeitsalltag von Zustellerinnen und Zustellern ist neben Entgeltverstößen, überlangen Arbeitszeiten und fehlenden Pausen auch gekennzeichnet durch hohe Arbeitsverdichtung, mit Leistungsvorgaben von zum Teil 250 bis 270 Paketen an einem Arbeitstag. Begünstigt werden Rechtsverstöße in Subunternehmer-Konstellationen dadurch, dass in vielen Fällen Drittstaatenangehörige mit unsicherem Aufenthaltsstatus, ohne anerkannte Ausbildung und mit geringen Deutschkenntnissen die Arbeit als Zustellerinnen und Zusteller ausüben.
    Paketzustellerinnen und Paketzusteller nicht unmittelbar bei den Paketdienstleistern. Bundesweit sind knapp 360.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte bei den Kurier-, Express- und Paketdienstleistern (Stand Juni 2022: 359.243) tätig. Insgesamt ist die Branche aufgrund der vielen Sub- und Sub-Subunternehmen hochgradig fragmentiert: 79,6 Prozent der Beschäftigten und damit circa 270.000 Personen arbeiten in Kleinbetrieben mit weniger als zehn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Dies hat auch Folgen für die Entgelte. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind die Bruttogehälter von Paketlieferantinnen und Paketlieferanten in den Jahren 2010 bis 2020 nur um 1,5 Prozent gestiegen.«
    Dann geht die Begründung des Bundesrates ein auf das angesprochene Paketboten-Schutz-Gesetz: »Mit dem Gesetz zur Einführung einer Nachunternehmerhaftung in der Kurier-, Express- und Paketbranche zum Schutz der Beschäftigten (Paketboten-Schutz-Gesetz) hat der Bundesgesetzgeber im Jahr 2019 Maßnahmen ergriffen, um die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen in der Paketbranche sicherzustellen und positiven Einfluss auf die Beschäftigungsbedingungen zu nehmen.
    Dieses Gesetz führte aber bislang nicht zu mehr direkter Beschäftigung bei den großen Paketdienstleistern oder zu einem Rückgang der Werkverträge bei Subunternehmen.«
    Und was ist die Schlussfolgerung des Bundesrates?
    »In Anbetracht der dargestellten Situation besteht nach Überzeugung des Bundesrates ein zusätzlicher Bedarf, Paketzustellerinnen und Paketzusteller vor arbeits- und sozialrechtswidrigem Verhalten von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern zu schützen. Ein Verbot von Werkverträgen in der Paketbranche würde die Verantwortung für die Einhaltung der arbeits- und arbeitsschutzrechtlichen Standards eindeutig den großen Dienstleistern zuweisen. Damit würde eine Analogie zur Fleischwirtschaft gezogen, wo der Gesetzgeber sich aufgrund ähnlicher Missstände veranlasst sah, Werkverträge beziehungsweise den Einsatz von Fremdpersonal im Kernbereich der Fleischwirtschaft zu untersagen.« Konkret bittet der Bundesrat die Bundesregierung um Vorlage eines Gesetzentwurfes (…)
    Damit hier keine Missverständnisse entstehen: Eine Umsetzung des Beschlusses des Bundesrates auch mit der Ausnahmeregelung wäre eine deutliche Verbesserung im Vergleich zum Status Quo. Nur man muss eben immer auch mitdenken, ob dann in der Praxis eine gut gemeinte Regelung auch umgesetzt wird bzw. die Umsetzung auch gegebenenfalls über staatliche Kontrollen und Sanktionen durchgesetzt werden kann. Man muss sich klar machen, um was für eine Branche es sich hier handelt: Es sind eben nicht nur eine Handvoll großer Paketdienste, die mit bei ihnen angestellten Paketzustellern arbeiten, sondern wir haben hier ein unüberschaubares Gelände an vielen oftmals kleinbetrieblich aufgestellten Subunternehmen. Auf dem Papier würde eine Tarifbindung dieser vielen kleinen Unternehmen auf alle Fälle eine Verbesserung darstellen und man kann das den betroffenen Arbeitnehmern nur wünschen. Aber das muss dann auch kontrolliert werden – und selbst wenn die zuständigen Kontrollbehörden in großem Umfang kontrollieren würden (was sie derzeit und absehbar gar nicht können aufgrund fehlenden Personals), dann müssten sie auch nachweisen können, dass möglicherweise den Beschäftigten Tariflohn vorenthalten wurde, wozu eine genaue und am Kontrolltag auch überprüfbare Arbeitszeiterfassung vorliegen müsste. Offensichtlich gibt es auch in den Reihen des Bundesrates hier Zweifel. (…) Wie es weitergeht? Wir werden abwarten müssen. Der Bundesrat schreibt selbst dazu: »Die Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Sie entscheidet, wann sie sich damit befasst. Feste Fristen gibt es hierfür nicht.«…“ Beitrag vom 12. Juli 2023 von und bei Stefan Sell externer Link, siehe auch:

    • Paketboten am Limit: Keine Besserung in Sicht
      Der Bundesrat will die Arbeitsbedingungen von Paketboten verbessern. An einer entsprechenden Initiative hat auch das Saarland mitgewirkt. Doch der Vorstoß droht ins Leere zu laufen.
      Große Logistik-Unternehmen liefern Pakete häufig nicht selbst aus, sondern lagern die Zustellung ganz oder teilweise an Subunternehmen aus. Doch Gewerkschaften und Beratungsstellen kritisieren dort häufig vorherrschende, prekäre Arbeitsbedingungen. Das hat zuletzt den Bundesrat auf den Plan gerufen. Gemeinsam mit Bremen und Thüringen hat die saarländische Landesregierung eine Prüfbitte an die Bundesregierung initiiert. Ziel ist es, das bereits bestehende Paketboten-Schutzgesetz zu verschärfen. Konkret ging es den Initiatoren unter anderem um ein komplettes Verbot des Subunternehmertums in der Paketbranche – so wie es bislang nur in der Fleischbranche besteht. Doch schon im Bundesrat regte sich nach SR-Informationen Widerstand. Und so enthält der nun im Hause von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auf dem Tisch liegende Prüfauftrag eine kleine, aber entscheidende Einschränkung: Subunternehmer, die Tariflohn zahlen, sollen weiterarbeiten dürfen.
      Von Gewerkschaften und Branchen-Experten gibt es dafür Kritik: Diejenigen, die bisher Löhne drückten und den Mindestlohn umgingen, „zahlen vermutlich auch nicht den geforderten Tariflohn“, fürchtet Tanja Lauer, bei der Gewerkschaft Verdi für die Paketdienste in Rheinland-Pfalz und dem Saarland zuständig.  Und Stefan Sell, Professor für Volkswirtschaftslehre, Sozialpolitik und Sozialwissenschaften an der Hochschule Koblenz ergänzt: „Kann ich denn auf der anderen Seite sicherstellen, dass die Behörden in der Lage sind, die Einhaltung der tariflichen Vergütung für die Paketboten auch wirklich zu kontrollieren?” Und er gibt seine Einschätzung gleich mit: „Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich das nicht.” Der aktuelle Vorschlag des Bundesrats werde den Paketfahrern daher kaum helfen…“ Beitrag von Caroline Uhl und Niklas Resch vom 05.07.2023 beim SR externer Link
    • Siehe zum angesprochenen Beispiel von Amazon v.a. unser Dossier: Paketzusteller von Amazon nach dem Ende von Flex: Miese Arbeitsbedingungen bei Subunternehmen
    • und das Dossier: ver.di fordert entschlossenes Vorgehen gegen prekäre Arbeitsbedingungen in der Paketbranche
  • Bundesrat für Verbot von Werkverträgen in Paketbranche – und Gewichtsbegrenzung, aber mit Ausnahmen  Werkverträge sollen nach dem Willen des Bundesrates in der Paketbranche künftig verboten sein. Die Länderkammer beschloss dazu am Freitag eine Entschließung, mit der die Bundesregierung aufgefordert wird, das sog. Paketboten-Schutz-Gesetz entsprechend abzuwandeln. Konkret fordert die Länderkammer die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf „zur Änderung des Gesetzes zur Einführung einer Nachunternehmerhaftung in der Kurier-, Express- und Paketbranche zum Schutz der Beschäftigten“ (Paketboten-Schutz-Gesetz) vorzulegen, der ein Verbot von Werkverträgen beinhaltet. (…) Nach Meinung des Bundesrates besteht daher „ein zusätzlicher Bedarf“, um Paketzusteller „vor arbeits- und sozialrechtswidrigem Verhalten von Arbeitgeber:innen zu schützen“. Ein Verbot von Werkverträgen in der Paketbranche würde insofern „die Verantwortung für die Einhaltung der arbeits- und arbeitsschutzrechtlichen Standards eindeutig den großen Dienstleistern zuweisen“.
    Ausnahmen vom Werksvertragsverbot sollen aus Sicht des Bundesrates für solche Subunternehmen möglich sein, die „für die Ausführung des Auftrages ausschließlich sozialversicherungspflichtig Beschäftigte zu tariflichen Entgeltbedingungen“ einsetzen. (…) Änderungen soll es nach dem Willen der Ländervertreter auch beim Umgang mit schweren Paketen geben: Man bitte „die Bundesregierung, eine Regelung auf den Weg zu bringen, mit der eine Gewichtsbegrenzung von 20 kg für Paketsendungen im Ein-Personen-Handling durch Paketbotinnen und Paketboten sowie eine Kennzeichnungspflicht von sogenannten schweren Paketen erreicht wird“, heißt es dazu. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte Medienberichten zufolge in diesem Punkt bereits offen gezeigt und einen Gesetzentwurf von Arbeits- und Wirtschaftsministerium in Aussicht gestellt.
    Laut Bundesrat wurde die Entschließung der Bundesregierung bereits zugeleitet. Wann die sich damit auseinandersetzt und ob sich für ein Werkvertragsverbot in der Ampelkoalition eine Mehrheit findet, ist noch offen.“ Artikel von Frank Strankmann vom 12.05.2023 in betriebsratspraxis24.de externer Link, siehe dazu:

    • ver.di begrüßt Beschluss des Bundesrates zum Verbot von Werkverträgen in der Paketzustellung
      „… „Wir fordern die Bundesregierung auf, dem Willen des Bundesrates zu folgen und zügig eine entsprechende Novelle des Paketboten-Schutz-Gesetzes vorzulegen.“ „Ausnahmen vom Verbot des Einsatzes von Werkverträgen dürfen jedoch nur für tarifgebundene Unternehmen gelten oder für Unternehmen, die uneingeschränkt alle für die Branche jeweils geltenden Tarifbedingungen erfüllen,“ so Kocsis weiter.“ Pressemitteilung vom 12.05.2023 externer Link
  • Paketbranche: „Heils Plan mit Haken“ – maximal 20 Kilogramm auch bei Subunternehmen? Deren Verbot nicht in Sicht… 
    „Mit der geplanten Gesetzesänderung ändert sich für viele Beschäftigte in der Paketbranche nur wenig. Denn hier wird vornehmlich auf billig arbeitende Subunternehmen gesetzt. (…) Bis zu einer Tonne müssen Zustellerinnen und Zusteller pro Schicht per Hand heben und tragen. Bandscheibenvorfälle, Schulter- und Knieprobleme sind die Folge. Von menschenfeindlichen Arbeitsbedingungen spricht die Gewerkschaft Verdi und fordert schon seit einiger Zeit eine Gewichtsbegrenzung von Paketen auf maximal 20 Kilogramm. Es ist lobenswert, dass sich Arbeitsminister Hubertus Heil dieser Forderung anschließt und per Gesetz die Beschäftigen in der Paketbranche entlasten will. Der Plan von Heil hat allerdings einen Haken. Es klingt zwar so, als sorge der SPD-Politiker tatkräftig für bessere Arbeitsbedingungen. Tatsächlich würde sich für viele Beschäftigte nur wenig ändern. Ein Teil von ihnen arbeitet nicht direkt bei den großen Paketdienstleistern wie DHL, Hermes oder DPD, wo Mindestlöhne, Arbeitszeiten und andere Schutzvorschriften in der Regel sauber eingehalten werden. Vielmehr wird in der Branche nach wie vor stark auf billig arbeitende Subunternehmen gesetzt, die die gesetzlichen Vorgaben nicht so genau nehmen und mitunter nicht einmal den Mindestlohn zahlen.“ Kommentar von Tim Szent-Ivanyi vom 10. April 2023 in der Frankfurter Rundschau online externer Link
  • Neues Gesetz: Verdi spricht sich für Verbot von Subunternehmen auf der letzten Meile aus 
    Um die hohen Sendungsmengen in der Weihnachtszeit bewältigen zu können, brauchen die hiesigen KEP-Dienstleister zusätzliches Personal. Häufig wird dann auf Subunternehmen zurückgegriffen, deren Arbeitskräfte allen voran für die Zustellung auf der letzten Meile eingesetzt werden. Dies will die Gewerkschaft jetzt verbieten und fordert ein entsprechendes „Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmer*innenrechte in der Paketbranche“. Konkret geht es darum, Fremdpersonal im Transport sowie in der Auslieferung nicht mehr zu ermöglichen. Hintergrund sind die oft schlechten Lohn- und Sozialstandards bei derartigen Subunternehmen, die den Gewerkschaften und dem Zoll schon länger ein Dorn im Auge sind. Mit einem neuen Gesetz soll dagegen nun vorgegangen werden. (…) Das neue Gesetz soll laut Verdi drei wesentliche Punkte enthalten. Zum einen das Verbot des Einsatzes von Fremdpersonal, außerdem mehr Kontrollen durch den Zoll, um Missstände und Schwarzarbeit aufzudecken. Zusätzlich hat Verdi noch einmal seine Forderung aus dem vergangenen Jahr wiederholt: Die Gewerkschaft pocht darauf, das Gewicht für Pakete auf 20 Kilogramm zu begrenzen. Alles darüber sollte als Sperrgut versendet werden. In diesem Zusammenhang sollte es eine Kennzeichnungspflicht für schwere Pakete geben. „Einem Paket sieht man schließlich nicht an, ob darin Watte verschickt wurde oder 20 Kilogramm Hundefutter“, schreibt die Gewerkschaft dazu. Damit sich die Beschäftigten auf das richtige Tragen der Sendung einstellen können, sollte es daher eine entsprechende Kennzeichnung geben.Beitrag von Corinna Flemming vom 22. November 2022 im Logistik-Watchblog externer Link
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  • Nachunternehmerhaftung in der Paketbranche: ver.di sieht erste positive Wirkungen des vor einem Jahr in Kraft getretenen Gesetzes 
    “Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) sieht ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Nachunternehmerhaftung für die Sozialversicherungsbeiträge in der Paketbranche (Paketbotenschutzgesetz) erste positive Wirkungen durch die neuen Regelungen. „Die Nachunternehmerhaftung hat ein Umdenken in der Branche angestoßen; die Eigenbeschäftigung bei den Paketdiensten nimmt langsam zu“, sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis. Unternehmen wie Hermes und DPD setzten jetzt auch auf Eigenbeschäftigung in der Paketzustellung und stellten erste Beschäftigte fest bei sich an, statt auf Subunternehmen zurückzugreifen. Nur Amazon halte unbeirrt am Konzept des Sub- und Subsubunternehmertums fest. (…) Der Erfolg des Gesetzes „steht und fällt mit der Kontrolle“, so Kocsis weiter. Daher seien die Behörden zu mehr Kontrollen aufgefordert, um prekäre Arbeitsbedingungen in Sub- und Subsubunternehmen aufzudecken und Verstöße gegen das Mindestlohngesetz oder Schwarzarbeit zu ahnden. „Der beste Schutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind Eigenbeschäftigung, Mitbestimmung und Tarifverträge.“ ver.di-Pressemitteilung vom 23.11.2020 externer Link
  • Paketboten-Schutz-Gesetz: „Das Gesetz ist gut, doch es allein kann nichts am Arbeitsdruck ändern“ 
    “… Was bewirkt das neue Gesetz? Wenn ein Unternehmen ein Subunternehmen mit der Beförderung von Paketen beauftragt, dann haftet der Auftraggeber jetzt dafür, dass das Nachunternehmen die Sozialversicherungsbeiträge für die eingesetzten Beschäftigten abführt. Statt gegenüber einem möglicherweise insolventen Nachunternehmer können die Sozialversicherungsträger offenstehende Sozialbeiträge auch gegenüber größeren Paketunternehmen geltend machen. Das neue Gesetz schützt sowohl die einzelnen Paketboten als auch die Gemeinschaft der Beitragszahler davor, dass Sozialbeiträge verloren gehen. Zugleich dient es der Bekämpfung von Schwarzarbeit. An dem täglichen Arbeitsdruck in der boomenden Branche kann es nichts ändern. Weitere Bausteine müssen folgen. Abhilfe bedarf es beispielsweise bei der Bekämpfung von Mindestlohnverstößen, Befristungen und Verstößen gegen Arbeitszeitvorschriften. Dennoch ist das Gesetz ein wichtiger Schritt. Es orientiert sich an Regelungen, wie es sie im Baugewerbe schon seit 2002 gibt, in der Fleischwirtschaft seit dem Jahr 2017. In der Baubranche lässt sich zeigen, dass die Nachunternehmerhaftung die Situation der Beschäftigten verbessert hat. Gegen das Paketboten-Schutz-Gesetz wurde von mancher Seite eingewandt, dass der Staat seine Kontrollen verbessern müsse, anstatt Unternehmen mit neuen Haftungsrisiken zu belasten. Tatsächlich führt der Personalmangel bei den Behörden zu einem Kontrolldefizit, das behoben werden muss. Gleichwohl löst dies nicht das Problem, wenn Nachunternehmer in die Insolvenz rutschen und offene Sozialbeiträge nicht nachzahlen können. Ist es außerdem nicht zu leicht, zu sagen, dass nur der Staat eine Verantwortung trägt? Hat nicht auch ein Auftraggeber eine soziale Verantwortung dafür, welche Bedingungen in den Nachunternehmen bestehen, gerade in einer Branche, in der ein hoher Wettbewerbs- und Preisdruck herrscht? (…) Beim Paketboten-Schutz-Gesetz hat sich der Gesetzgeber im Übrigen selbst ein Schlupfloch offen gehalten: Das Gesetz ist bis Ende 2025 befristet. Vor dem Ablauf dieser Frist soll es evaluiert werden.“ Beitrag von Daniel Hlava im HBS-Magazin Mitbestimmung 01/2020 externer Link
  • Das „Paketboten-Schutz-Gesetz“ ist da. Jetzt wird alles gut. Oder? 
    “Die Botschaft des „Gesetzes zur Einführung einer Nachunternehmerhaftung in der Kurier-, Express- und Paketbranche zum Schutz der Beschäftigten“, öffentlich besser bekannt als Paketboten-Schutz-Gesetz, ist klar. Endlich werden die schwächsten Glieder des Lieferwesens unter den Schutz des Staates genommen: die Tag für Tag mit einem immer beschwerlicher werdenden Verkehrschaos in den Straßen, nicht anwesenden Kunden und uneinlösbaren Mengen- und Zeitvorgaben kämpfenden Paketzusteller. (…) Der „Ausbeutung einen Riegel vorschieben“, so hat das zuständige Bundesarbeitsministerium seine Pressemitteilung zu dem neuen Gesetz überschrieben. Und wie will man das erreichen? „Ziel ist, die Nachunternehmerhaftung, die bereits seit Jahren in der Fleischwirtschaft und am Bau wirkt, auf die Paketbranche auszuweiten. Die Neuregelung soll künftig die korrekte Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge sicherstellen.“ (…) Eine gesetzliche Vorschrift führt bekanntlich nicht annähernd automatisch dazu, dass sie auch eingehalten wird. Gerade in einem Bereich wie den Paketdiensten mit den dort vorherrschenden Rahmenbedingungen wird sie nur dann eine Wirkung entfalten können, wenn die Einhaltung der Bestimmungen  a) umfassend kontrolliert und b) damit verbunden eine die Unternehmen – sowohl die Auftraggeber wie die Subunternehmen – empfindlich treffende Sanktionierung erfolgt. Und diese muss eine möglichst starke abschreckende Wirkung entfalten. Und wenn a) oder b) – oder noch schlimmer, aber realistischer a) und b) – nicht erfüllt sind oder werden können, dann nützt jedes noch so schöne Gesetz nichts oder nur punktuell. Man muss ein Gesetz und seine Regeln nicht nur von der Absicht, sondern auch vom Ende her denken. Ansonsten bleibt man auf der Ebene der Symbolpolitik stecken. Außerdem sind in dem neuen Schutzgesetz zwei scheunentorgroße Ausweichmöglichkeiten für die Auftraggeber eingebaut worden:  a) „Unbedenklichkeitsbescheinigungen beispielsweise von den Krankenkassen oder der Berufsgenossenschaft weisen Subunternehmen als zuverlässig aus und entlasten die Auftraggeber von der Haftung.“ b) Mittels unabhängiger Eignungsprüfung können Subunternehmen ebenfalls ihre Auftraggeber von der Haftung befreien. Der Generalunternehmer kann sich also entlasten. Was werden wohl die an der Spitze der Pyramide stehenden Unternehmen wie GLS oder Hermes machen? Die Gefahr, dass sich ein Teil der Unternehmen aus der an sich mit der Nachunternehmerhaftung beabsichtigten Verantwortungsübernahme wieder freikaufen kann ist groß…“ Beitrag von Stefan Sell aus Forum Migration vom Dezember 2019 beim DGB Bildungswerk externer Link
  • Nachunternehmerhaftung für die Paketbranche: Reaktionen in der Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales 
    “An der Einführung der Nachunternehmerhaftung in der Paketbranche scheiden sich die Geister. Das wurde während einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales unter Leitung von Dr. Matthias Bartke (SPD) am  Montag, 21. Oktober 2019, deutlich. Während die arbeitgebernahen Verbände erwartungsgemäß das Ausmaß der Regulierung kritisierten und infrage stellten, ob diese ihren Zweck erfüllen wird, äußerten Arbeitnehmervertreter die Hoffnung auf positive Effekte. Zum Teil wurde das Gesetz auch als nicht ausreichend bezeichnet, um bessere Arbeitsbedingungen tatsächlich durchzusetzen. (…) Andrea Kocsis von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi begrüßte den Gesetzentwurf ebenfalls. Die Nachunternehmerhaftung werde helfen, den Sozialleistungsbetrug einzudämmen, sie könne aber nicht für bessere Arbeitsbedingungen sorgen. Dafür brauche es eine genauere Erfassung der Arbeitszeiten, betonte sie. Ähnlich argumentierte der Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Stefan Sell. Als folgerichtig und dringend notwendig bezeichnet Dominique John vom Verein Faire Mobilität den Entwurf, denn die Arbeitsbedingungen der Zusteller bei Subunternehmen seien „unterirdisch“, viele ausländische Beschäftigte würden nicht nur die Sprache nicht richtig sprechen, sondern auch ihre Rechte nicht kennen, sagte John…“ Beitrag zur Anhörung vom 21.10.2019 bei Bundestag online externer Link – Gegenstand der Anhörung waren neben dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (19/13958 externer Link ) auch Anträge der Linken (19/14022 externer Link ) und von Bündnis 90/Die Grünen (19/13390 externer Link )
  • Das »Paketboten-Schutz-Gesetz« bringt keine wirkliche Verbesserung für die Beschäftigten 
    “… [Warum sehen Sie die Nachunternehmerhaftung kritisch?] Die Nachunternehmerhaftung selbst ist nicht das Problem. Aber ihre Umsetzung. Um einen Betrug überhaupt nachweisen zu können, braucht es Kontrollen. Mehr Personal oder zusätzliche Mittel für den Zoll, um die Einhaltung überhaupt zu überprüfen, sieht der Gesetzentwurf aber nicht vor. Das ist ein entscheidendes Manko. (…) [Mehr Kontrollen wären also wichtig, sie führen aber nicht zwangsläufig zum Erfolg. Woran hapert es dann?] Das Gesetz eröffnet zwei Schlupflöcher für Betriebe. Die Unternehmen haben die Möglichkeit, sich über eine Unbedenklichkeitsbescheinigung oder unabhängige Eignungsprüfungen, von der Haftung freizukaufen. [Wie kann ich mir das vorstellen?] Die Unbedenklichkeitsbescheinigung stellt die Krankenkasse dafür aus, dass Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden. Allerdings wissen die Kassen nur, dass Beiträge abgeführt werden. Wenn es aber gleichzeitig Arbeitszeitbetrug gibt und die Beschäftigten mehr arbeiten, als für sie Geld abgeführt wird, kann das die Krankenkasse gar nicht wissen. Die Eignungsprüfung hält natürlich ein gewisses Level an Qualifizierung fest, sagt im Endeffekt nichts darüber aus, ob ich bei den Sozialbeiträgen trickse oder nicht. (…) Ich plädiere für einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag in der Branche. So könnte man verbindlich gute Löhne und Arbeitsbedingungen für alle schaffen. Der Unterbietungswettbewerb zu Lasten der Beschäftigten und die Anreize, Arbeit auszulagern, würde verschwinden. Dann würden wir über wirkliche strukturelle Verbesserungen für die Beschäftigten reden.“ Interview von Alina Leimbach mit Stefan Sell vom 17.10.2019 in Neues Deutschland online externer Link
  • Mit dem „Paketboten-Schutz-Gesetz“ will der Bundesarbeitsminister den Wilden Westen der Paketzustellung einhegen. Die Nachunternehmerhaftung soll kommen. Aber das wird nicht reichen 
    Das muss man dem Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) lassen – er verzichtet auf die emotionalisierende Ummäntelung eines seiner neuen Gesetze und hat sich nicht zu einem „Gute-Arbeit-für Paketboten-Gesetz“ verführen lassen. Aber selbst der nüchterner daherkommende Titel „Paketboten-Schutz-Gesetz“ atmet noch etwas von diesem Geist, denn die Botschaft ist klar und unmissverständlich: Endlich werden die schwächsten Glieder am Ende einer langen Meile unter die Schutzfittiche des Staates genommen: die Tag für Tag einer immer beschwerlicher werdenden Don Quichotterie gegen Verkehrschaos in den Straßen, nicht anwesenden Kunden und uneinlösbaren Mengen- und Zeitvorgaben kämpfenden Paketzusteller. (…) Aber wie will man die allseits beklagte und täglich beobachtbare Ausbeutung der Paketboten beseitigen? Eine deutliche Lohnerhöhung? Mehr Zeit für die Zustellung? Mehr Zusteller und damit weniger Arbeitsdruck für diejenigen, die auf den Asphaltpisten unterwegs sind? (…) Man kann an dieser Stelle erkennen, dass bei dem neuen Gesetzentwurf offensichtlich mit Copy & Paste gearbeitet wurde, denn die Nachunternehmerhaftung für nicht-abgeführte Sozialbeiträge durch Subunternehmen gibt es schon seit 2002 in der Baubranche (die gleichsam die „Lehrbuch-Branche“ für das Subunternehmer-Unwesen ist). Und 2017 wurden wir alle Zeugen eines Transfers des Ansatzes auf eine Branche, die sich seit Jahren im Fokus einer kritischen Berichterstattung hinsichtlich der Arbeitsbedingungen wiederfindet: die Schlachtindustrie. 2017 wurde eine Nachunternehmerhaftung in der Fleischwirtschaft durch das damals verabschiedete Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch) vom 17.07.2017 eingeführt. Und es geht nun bei den Paketboten wie auch schon in der Bauwirtschaft oder der Fleischindustrie nicht um einen höheren Lohn und auch nicht um die Sicherstellung, dass wenigstens das Mindeste gezahlt wird, also der Mindestlohn. Denn für die den Arbeitnehmern zustehende Mindestlohnauszahlung gibt es bereits seit dem 1. Januar 2015 eine solche Nachunternehmerhaftung – und zwar branchenübergreifend. (…) angesichts der tatsächlich teilweise verheerenden Zustände bei der Paketzustellung wird jeder Versuch, etwas zu verbessern, lobenswert und zu begrüßen. Aber das entbindet nicht von der Aufgabe, zu prüfen, was am Ende hinten rauskommen kann und wird, denn das ist bekanntlich entscheidend. Und der folgende Hinweis in der Pressemitteilung des BMAS muss diejenigen skeptisch stimmen, die sich nur etwas in der Materie auskennen: »In der Baubranche und in der Fleischwirtschaft hat sich die Nachunternehmerhaftung bei vergleichbarer Problemlage bereits bewährt − im Bau seit gut 15 Jahren.« Die haben sich dort bereits „bewährt“? Eine These, die man durchaus kritisch bewerten kann und muss. (…) Wir haben schon auf der Ebene der Kontrollen ein ganz massives Problem. Und es hört ja in der Umsetzungswirklichkeit nicht auf bei der Frage, ob und wie viele Kontrollen man durchführt. Man muss einschränkend berücksichtigen, dass selbst wenn a) erfüllt werden würde, also eine deutliche Erhöhung der Kontrollintensität (was derzeit angesichts der Personalprobleme beim Zoll eine gewagte Annahme ist), die Umsetzung mit dem Nachweisproblem konfrontiert wird. Damit ist gemeint, dass der gerichtsfeste Nachweis von nicht gezahlten Beiträgen zur Sozialversicherung sehr kompliziert ist. (…) Es wäre sehr viel gewonnen, wenn die den von vielen beklagten Missständen zugrundeliegende Outsourcing-Strategie der großen Paketzusteller im Sinne einer Umkehrung verändert wird, dass also die Paketdienste (wieder) eigene, bei ihnen angestellte Zusteller beschäftigen. Die Beauftragung von Subunternehmen also nicht als Regel-, sondern als Ausnahmefall. Dies wäre angesichts der Besonderheiten in dieser Branche mit einem allgemeinverbindlich zu erklärenden Tarifvertrag zu verbinden…“ Kommentar vom 19. September 2019 von und bei Stefan Sell externer Link
  • Einführung der Nachunternehmerhaftung für Paketbranche
    Das Bundeskabinett hat am 18.09.2019 den Entwurf des Paketboten-Schutz-Gesetzes externer Link beschlossen, dessen Ziel es ist, die Nachunternehmerhaftung, die bereits seit Jahren in der Fleischwirtschaft und am Bau wirkt, auf die Paketbranche auszuweiten. Die Neuregelung soll künftig die korrekte Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge sicherstellen. (…) Mittlerweile seien die Paketdienste dazu übergegangen, einen Teil ihrer Aufträge aus Kapazitätsgründen an Subunternehmer abzugeben. Dabei komme es unter anderem zu Schwarzgeldzahlung, Sozialleistungs- und Sozialversicherungsbetrug zulasten der Beschäftigten. Ziel des Paketboten-Schutz-Gesetzes sei es zugleich auch, die ehrlichen Unternehmen vor unfairem Wettbewerb zu schützen. Die Nachunternehmerhaftung (auch Generalunternehmerhaftung) stelle sicher: Wer einen Auftrag annehme und an einen Nachunternehmer weiter vergebe, hafte für die abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge. Führe der Subunternehmer keine Beiträge ab und seien sie nach Kontrollen nicht bei ihm einzutreiben, stehe der Hauptunternehmer ein. Um Hauptunternehmer zu entlasten, ohne die Pflichten der Nachunternehmer zu vernachlässigen, könnten Krankenkassen und Berufsgenossenschaften dem Nachunternehmer, der die Sozialbeiträge bisher ordnungsgemäß abgeführt habe, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen. Wer einen Auftrag an eine Firma weitergebe, die solch eine Bescheinigung vorweisen könne, sei von der Haftung für Sozialversicherungsbeiträge befreit, wenn diese Firma die Beiträge wider Erwarten doch nicht abführe…“ Pressemitteilung des BMAS vom 18.09.2019 bei juris externer Link – siehe dazu DGB und ver.di:

    • „Endlich greift die Bundesregierung bei unhaltbaren Zuständen in der Paketbranche durch“. Nachunternehmerhaftung Paketbranche: Buntenbach begrüßt Beschluss des Bundeskabinetts
      Das Bundeskabinett beschließt heute das Gesetz zur Nachunternehmerhaftung für die Sozialversicherungsbeiträge in der Paketbranche. Damit werden Unternehmen, die Pakete nicht selbst, sondern durch Dritte befördern lassen, bei Sozialleistungs- und Sozialversicherungsbetrug haftbar. Dazu sagte Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied, am Mittwoch in Berlin: „Endlich greift die Bundesregierung bei den unhaltbaren Zuständen in der Paketbranche durch, wie es ver.di und DGB schon seit langem gefordert haben. Sozialleistungs- und Sozialversicherungsbetrug ist schließlich kein Kavaliersdelikt und trifft Arbeitnehmer hart. Es darf nicht sein, dass das starke Wachstum der Branche auf dem Rücken der Beschäftigten durch prekäre Arbeitsbedingungen weitergeht und tariflich und sozial geschützte Arbeitsplätze weiter unter Druck geraten. Der Bundestag muss das Gesetz jetzt schnell beschließen und dafür sorgen, dass es durch mehr Kontrollen auch richtig durchgesetzt wird. Nur so kann man den prekären Arbeitsbedingungen in der Paketbranche beikommen.“ DGB-PM vom 18.09.2019 externer Link
    • Nachunternehmerhaftung Paketbranche: ver.di begrüßt Beschluss des Bundeskabinetts
      ver.di begrüßt, dass das Bundeskabinett heute einen Gesetzesentwurf zur Nachunternehmerhaftung für die Sozialversicherungsbeiträge in der Paketbranche verabschiedet hat. „Es ist richtig, dass die Bundesregierung mit dem Gesetzesentwurf auf die unhaltbaren Zustände in der Paketbranche reagiert. Wir erwarten, dass der Bundestag die Nachunternehmerhaftung zügig beschließt und mit erforderlichen Kontrollen gegen Ausbeutung in der Branche vorgegangen wird“, sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis. Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung sieht eine Nachunternehmerhaftung für die Sozialversicherungsbeiträge für Unternehmen vor, die Pakete nicht selbst, sondern durch Dritte befördern lassen. ver.di fordert die Politik seit längerem auf, eine Nachunternehmerhaftung für die Sozialversicherungsbeiträge einzuführen, wie sie bereits in der Bauwirtschaft und in der Fleischindustrie existiert. Es könne nicht hingenommen werden, dass das starke Wachstum in der Paketbranche überwiegend über prekäre Arbeitsbedingungen stattfinde und tariflich und sozial geschützte Arbeitsplätze weiter unter Druck gerieten.“ ver.di-PM vom 18. September 2019 externer Link
  • Exploitation postale – Die von der Bundesregierung initiierte sogenannte Nachunternehmerhaftung soll ausbeuterische Bedingungen in der Paketbranche beenden. Ob das gelingt, ist jedoch fraglich. 
    „Die Post- und Paketbranche in Deutschland boomt. Die etwa 200 000 Paketzusteller in Deutschland liefern pro Jahr über drei Milliarden Pakete aus. Mehr als 26 Milliarden Euro Umsatz und damit ein Wachstum von 4,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichneten die Postdienstleister 2017. Davon entfielen 16,6 Milliarden Euro allein auf den Paketbereich. Grundlage des Booms sind die niedrigen Löhne und katastrophalen Arbeitsbedingungen, die es den Zustelldiensten ermöglichen, ihre Dienstleistung so günstig anzubieten, und unter denen die Beschäftigten zu leiden haben. (…) Weil die ausbeuterischen Bedingungen bei den Zustelldiensten immer stärker öffentlich angeprangert wurden, sah sich die Bundesregierung nun zum Handeln gezwungen und initiierte nach Beratungen im Koalitionsausschuss ein Gesetz zur sogenannten Nachunternehmerhaftung in der Paketbranche. (…) Ob das mit großem Getöse angekündigte Gesetz tatsächlich dazu beiträgt, die Lohn- und Arbeitsbedingungen der Betroffenen zu verbessern, ist jedoch fraglich. (…) Das Problem ist vielmehr, dass der vielgerühmten unternehmerischen Kreativität kaum Grenzen gesetzt sind, wenn es um die Umgehung der gesetzlichen Mindestlohnregelungen geht, und das Gesetz zudem viele Lücken lässt, die die Unternehmen zu ihren Gunsten nutzen. (…) Tatsächlich sieht das geplante Gesetz keinen besseren Schutz der Beschäftigten vor solchen und anderen Betrügereien beim Mindestlohn vor. Die Nachunternehmerhaftung bezieht sich vielmehr auf die Sozialversicherungsbeiträge. Die großen Zustellunternehmen sollen künftig Sozialabgaben für Paketboten nachzahlen müssen, wenn ihre Auftragnehmer das versäumen. Das Problem des flächendeckenden Mindestlohnbetrugs wird mit dem Gesetz, allen Ankündigungen zum Trotz, also nicht gelöst. (…) Ihr lukratives Geschäftsmodell des Lohndumpings werden die Unternehmen allerdings kaum freiwillig aufgeben. Hierzu bräuchte es die Organisierung der Beschäftigten und den gemeinsamen Kampf für bessere Löhne.“ Kommentar von Stefan Dietl vom 1. August 2019 aus Jungle World 2019/31 externer Link
  • Wahltricks gegen Lohndumping. Koalition einigt sich auf Nachunternehmerhaftung für Paketbranche und will Wirtschaft von Bürokratie entlasten 
    „Die Bundesregierung will etwas gegen die miserablen Arbeitsbedingungen bei den Paketzustellern unternehmen. Nach wochenlangem Streit haben sich die Spitzen von Union und SPD am späten Dienstag abend auf die Einführung einer sogenannten Nachunternehmerhaftung in der Paketbranche geeinigt. Damit will man große Logistiker wie DHL, DPD, GDL und Hermes dazu verpflichten, Sozialabgaben für Subunternehmen nachzuzahlen, wenn diese gegen geltende Lohn- und Arbeitsstandards verstoßen. Ein Ende April durch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorgelegter Gesetzentwurf soll nun mit dem Einverständnis von CDU/CSU auf den Weg gebracht werden. Als Gegenleistung willigten die Sozialdemokraten ein, den »Bürokratieabbau« zugunsten kleiner und mittelständischer Betriebe voranzutreiben. Ziel sei es dabei, die Wirtschaft um Kosten im Umfang von »mindestens eine Milliarde Euro« zu entlasten, heißt es in der Abschlusserklärung des Koalitionsausschusses, der vier Stunden lang unter Vorsitz von Regierungschefin Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt getagt hatte. Das angekündigte Bürokratie-Entlastungsgesetz (BEG III) soll daneben weitere Maßnahmen zur Entlastung der Bürger sowie der Verwaltung enthalten. Details zu dem von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) forcierten Projekt blieben die Sitzungsteilnehmer allerdings schuldig. Zu den erforderlichen Schritten wollen die beteiligten Fachminister in Kürze eine Vereinbarung treffen. (…) Pascal Meiser, gewerkschaftspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Die Linke, traut dem Frieden nicht. Die Nachunternehmerhaftung sei »ein längst überfälliger Schritt«, bei dessen Umsetzung es ganz entscheidend darauf ankommen müsse, »dass das Gesetz keine Schlupflöcher enthält, wie es sie in der Bau- und Fleischbranche gibt, und zugleich verstärkt Kontrollen in der Branche durchgeführt werden«…“ Beitrag von Ralf Wurzbacher bei der jungen Welt vom 16. Mai 2019 externer Link
  • Koalition will Paketboten etwas besser schützen: Zustellunternehmen sollen künftig haften, wenn beauftragte Subunternehmen für ihre Paketboten keine Sozialabgaben zahlen
    Die Große Koalition will die Arbeitsbedingungen von Paketboten verbessern und zugleich Unternehmen von Bürokratie entlasten. Auf diese zwei Gesetzesvorhaben einigten sich die Spitzen von CDU, CSU und SPD am Dienstagabend in ihren Beratungen im Koalitionsausschuss unter dem Vorsitz von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Die SPD setzte dabei die von ihr gewünschte Nachunternehmerhaftung in der Paketbranche durch. Ein zweites Gesetz soll den Bürokratieabbau vorantreiben – ein Anliegen vor allem der Union. Die Parteien gaben die Einigung nach rund vierstündigen Beratungen im Berliner Kanzleramt bekannt. Die Einführung der Nachunternehmerhaftung bedeutet, dass große Zustellunternehmen künftig Sozialabgaben für Paketboten nachzahlen müssen, wenn ihre Subunternehmen dies versäumen. Für möglichen Betrug ihrer Vertragspartner werden damit also die Unternehmenr in Haftung genommen, was letztlich die Lage der Beschäftigten in der Branche verbessern soll. (…) Zwar erkannten auch die Unionsparteien die Notwendigkeit an, die Arbeitsbedingungen von Paketboten zu verbessern, ihre Zustimmung zu dem SPD-Vorhaben machten sie allerdings abhängig von einem Gesetz zum Bürokratieabbau. Auf eine solche Doppellösung einigten sich nun die Koalitionsspitzen. Sie beschlossen, parallel zu dem Gesetz zur Paketbranche ein Gesetz zur Bürokratie-Entlastung vor allem für kleine und mittlere Unternehmen auf den Weg zu bringen, wie es die Union gefordert hatte. Dieses solle »spürbare Entlastungen für die Wirtschaft« enthalten, die sich auf mindestens eine Milliarde Euro summieren, heißt es in einem Ergebnispapier der Koalitionsrunde. Profitieren sollen davon auch Bürger und Verwaltung…“ Agenturmeldung vom 15.05.2019 beim ND online externer Link
  • Subunternehmer: Paketfahrer-Gesetz lässt Hintertür für Schummler offen 
    „Paketdienste sollen in Zukunft für Arbeitsbedingungen bei ihren Subunternehmern haften. Doch mit einem Hebel könnten sie sich von der Gesetzesregel befreien lassen – und neu eingestellte Fahrer weiter in einem Graubereich beschäftigen. (…) Denn nach den jetzt bekannten Plänen dürfen sich die Zustellfirmen unter bestimmten Bedingungen von der neuen Gesetzesregel befreien lassen – um anschließend bei Neueinstellungen mit ihren teilweise miserablen Arbeitsbedingungen weiterzumachen. (…) Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa will Kramp-Karrenbauer im Koalitionsausschuss am 14. Mai einen Kompromiss aushandeln lassen. Ziel ist es demnach, die Nachunternehmerhaftung zwar vorzuschreiben – die betroffenen Firmen jedoch durch bestimmte Auflagen gleich wieder davon zu befreien. Zudem sollen die Dokumentationspflichten über den Mindestlohn verringert werden, indem die Verdienstgrenzen neu festgelegt werden. (…) „Das neue Gesetz wird ins Leere laufen und nichts verändern“, sagte der Vorsitzender des Bundesverbands der Kurier-Express-Post-Dienste, Andreas Schumann. Der Subunternehmer aus dem Beispiel würde dann einige korrekt beschäftigte Angestellte und daneben weitere Fahrer auf Tour schicken, die wie früher in einem Graubereich der Lohnzahlung und Jobabsicherung arbeiten würden. Der Verband schlägt eine weitaus höhere Hürde vor. Subunternehmer sollten im Rahmen einer sogenannten Präqualifizierung umfangreiche Kenntnisse zur Firmenführung und Gesetzeskenntnis nachweisen müssen. Prüfgesellschaften wie TÜV oder Dekra ebenso wie die Handelskammern könnten eine derartige Eignungsprüfung vornehmen. Erfahrungen mit eben diesem Verfahren gibt es bereits. So existiert auf dem Bau sowie in der Fleischindustrie eine Nachunternehmerhaftung mitsamt der beschriebenen qualifizierten Befreiungsmöglichkeit. Die Folge ist, dass die Zahl der durch den Zoll beanstandeten Verstöße wesentlich zurückgegangen ist…“ Beitrag von Birger Nicolai vom 2. Mai 2019 bei der Welt online externer Link
  • Miese Arbeitsbedingungen – Bundesrat will Ausbeutung in Paketbranche stoppen 
    Schlechte Arbeitsbedingungen und Ausbeutung in der Paketzustellbranche sollen nach dem Willen der Bundesländer per Gesetz eingedämmt werden. Die Länder forderten bei der Sitzung im Bundesrat die Einführung der sogenannten Nachunternehmerhaftung für Sozialversicherungsbeiträge. Damit wäre der eigentliche Auftraggeber zuständig, dass Subunternehmer die Beiträge entrichten. Derzeit sei die „Grauzone zum Ende der Kette“ immer schwerer zu fassen und zu durchschauen, hieß es in der Bundesratsentschließung. Wenn Rechtsverstöße bekannt würden, zögen sich die von den Versandunternehmen beauftragten Logistikfirmen durch die Kündigung des Subunternehmens aus der Verantwortung. Mit der Nachunternehmerhaftung hingegen wäre dies nicht möglich, verwies die Länderkammer und bezog sich auf die Fleischwirtschaft, in der dieses Prinzip bereits gilt.  Darüber hinaus kritisierten die Länder die Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz in der Paketbranche. Arbeitgeber müssten deshalb verpflichtet werden, Beginn, Dauer und Ende der Arbeitszeit der Paketzusteller zu dokumentieren…“ Agenturmeldung vom 12.04.2019 beim ZDF externer Link
  • Die „SubSubSub-Masche“ bei verdi und die „Wegwerfmenschen“ bei Prälat Kossens – Die DGB-Gewerkchaften: Sie geben sich eher selbst auf, als daß sie gegen das Kapital kämpfen. 
    „… In der neuen Ausgabe von Publik, der Hauspostille für die verdi-Mitglieder, steht ein (…), bei dem verdi gut und die SubSubSub-Unternehmer schlecht wegkommen. Erwartungsgemäß. Das ist die übliche Schreibe in den Zeitschriften der DGB-Gewerkschaften. Denselben Artikel hätte Publik schon vor zehn oder 20 Jahren veröffentlichen können beziehungsweise kann ihn in zehn Jahren wieder hervorholen, nur der Name des Nachfolgers von verdi-Chef Bsirske müßte erneuert werden. Immer dieselbe Masche: Schimpfen auf die bösen Subunternehmer, viel Selbstlob und Appelle an den Staat und nebenbei noch Lob für SPD- und Schelte für die CDU-Minister in der Regierung. Kurz vor seinem Abgang traut sich Herr Bsirske noch mal was ganz Radikales, er redet von „mafiösen Strukturen“ in der Paketbranche. Und hat mit dieser Masche großen Erfolg, er wird nicht nur in Gewerkschaftszeitungen viel zitiert. Was wollen die Gewerkschaftsführer und die Gewerkschaftszeitungen mit ihrer Masche erreichen? Daß die Mitglieder ob der Verbalradikalität, des Verstandenwerdens und des sich-Kümmerns bei der Stange bleiben, das heißt nicht austreten, denn das ist das Wichtigste an ihnen: Ihr Beitrag. Und den Konzernen wird signalisiert: Wir tun euch nichts, wir sind für die Beibehaltung der Werkverträge, der Leiharbeit, wie seit Jahrzehnten. Wir haben alles im Griff, wir sorgen weiter für sozialen Frieden. (…) Ohne Widerstand von Seiten der DGB-Gewerkschaften, in Harmonie mit Regierung und SPD wurden die Sozialabkommen mit den ehemaligen Ostblockländern abgeschlossen, die nicht nur die Stammbelegschaften in Deutschland überflüssig machten sondern auch das ganze Mitbestimmungssystem ad absurdum führten. Das ist wahre Sozialpartnerschaft: Man opfert sich für die Profitinteressen der Konzerne und ihrer Subunternehmen. Und hat nur noch den Anspruch, Werkverträge und Leiharbeit mit zu gestalten. Wobei gestalten heißt, die Regierung zu bitten, Nachunternehmerhaftung bei Sub-, bei Sub- und Sub-Unternehmern einzuführen. Da freut sich aber der Zoll – wegen der Arbeitsplatzbeschaffungsmaßnahme! Und in der Gewerkschaftszeitung (hier Publik) lamentiert man radikal gegen die bösen Sub-, Sub-, Subunternehmer. Nur gegen das System der Werkverträge geht man nicht vor, schon gar nicht gegen das kapitalistische System, das sich in Leiharbeit und Werkverträgen selbst verwirklicht. Dafür sind die Bedingungen in Deutschland als führender Wirtschaftsnation hervorragend.“ Ein Beitrag von Dieter Wegner, aktiv bei Gewerkschaftslinke Hamburg, vom 9. April 2019 bei Jour Fixe externer Link
  • Arbeitssituation von Paketboten: 4,50 Euro pro Stunde, null soziale Absicherung 
    „… In drastischen Worten kritisiert die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles die schlechten Bedingungen, unter denen Paketzusteller in Deutschland arbeiten müssten. Insbesondere bei Subunternehmern liege „eine Menge im Argen“, sagte Nahles der Süddeutschen Zeitung. Zum Teil komme es in der Branche zu „handfester Ausbeutung“. An diesem Montag beschäftigt sich die SPD-Spitze in Berlin mit der Situation bei den Zustelldiensten. Die SPD will Angestellte von Subunternehmen besser schützen und dafür auch in der Paketbranche eine sogenannte Nachunternehmerhaftung für Sozialversicherungsbeiträge einführen. Paketdienste müssten dann für Verstöße ihrer Subunternehmer gegen die Sozialversicherungspflicht einstehen. Einen entsprechenden Vorstoß hat Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gestartet, er stößt damit jedoch auf Widerstand in Teilen der Union. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hält ein solches Vorgehen für ungeeignet. (…) Auch wenn die Prüfungen noch dauern, förderte die Razzia bereits verheerende Zustände ans Licht: nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge, illegale Beschäftigung, Verstöße gegen den Mindestlohn. Teilweise hatten Fahrer nicht einmal einen Führerschein. Das Hauptzollamt Duisburg meldete als Zwischenergebnis, dass „im Durchschnitt jeder dritte Arbeitgeber im Bereich Paketzusteller und Kurierdienste“ zu wenig Lohn zahle. Die Angestellten haben Anspruch auf den Mindestlohn in Höhe von derzeit 9,19 Euro pro Stunde.Die SPD hat für diesen Montag Verdi-Chef Frank Bsirske als Gast eingeladen. Der Gewerkschafter hatte unlängst „mafiöse Strukturen“ in der Branche angeprangert. Teilweise würden ausländischen Fahrern nur Stundenlöhne von 4,50 bis sechs Euro gezahlt…“ Beitrag von Henrike Roßbach und Mike Szymanski vom 17. März 2019 bei der Süddeutschen Zeitung online externer Link
  • Paketzusteller: Die Spitze der Pyramide des Preis- und Lohndrucks soll in Haftung genommen werden können. Ein Schritt vorwärts mit einem Fragezeichen 
    „Immer wieder wurde hier in den vergangen Jahren über die teilweise nur noch als Wild-West-Zustände beschreibbare Welt der Paketzusteller berichtet. (…) Die Subunternehmer sind das zentrale Scharnier für die Profite oben und den massiven Lohndruck unten bei den Paketzustellern. Immer wieder und zugleich immer öfter das gleiche Muster: Vorenthaltener Lohn und die Ausbeutung südosteuropäischer Fahrer. (…) »Nun könnte man natürlich auf den Gedanken kommen, dieses offensichtliche Nicht-Zuständigkeitsspiel zumindest für die bislang gefahrlos profitierenden Auftraggeber an der Spitze dadurch zu erschweren, dass … eine Generalunternehmerhaftung in der Paketbranche eingeführt wird.« (…) Vorbild ist hierfür das Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch) vom 17.07.2017, das eine Nachunternehmerhaftung in § 3 vorsieht (Haftung für Sozialversicherungsbeiträge). (…) Das angesprochene Fragezeichen an dieser an sich richtigen Aktion wird besser verständlich, wenn man sich dann diesen Beitrag vom 18. Dezember 2018 anschaut: Billig-Schlachthaus Deutschland: Vertrauen mag gut sein, Kontrollen wären besser. Oder: Gut gemeint ist oft nicht gut gemacht. Dort wurde das hier zu thematisierende Problem so eingeleitet: »Man hat eine gut gemeinte Absicht, macht sogar einen gesetzgeberischen Vorstoß – und nach einiger Zeit zeigt sich, das hinten was ganz anderes herausgekommen ist. Das bekommen wir derzeit mit Blick auf die deutsche Fleischwirtschaft serviert.« Was ist passiert? »Ein Gesetz zur Stärkung der Rechte von Schlachthof-Arbeitern tut genau das Gegenteil von dem, was es soll: Es schwächt sie. Kontrolliert wird nun noch seltener als zuvor und teils so, dass man gar keine Verstöße finden könne, so die Kritik. Dabei sind die schlechten Arbeitsbedingungen auf Schlachthöfen bekannt: Experten beklagen teils sklavenähnliche Zustände.« So Martin Balser in seinem Artikel Schlachthof-Kontrollen nehmen rapide ab (…) Und genau aus solchen Erfahrungen speisen sich auch die Zweifel, ob der einfache gesetzgeberische Transfer dessen, was man für die Fleischindustrie gemacht hat, auf den Bereich der Paketdienste wirklich zu einer Verbesserung führen wird. Wenn man nicht gleichzeitig eine (gerade am Anfang einer solchen gesetzlichen Neuregelung unbedingt erforderliche) spürbare Kontrolldichte sicherstellen kann. Und daran kann und muss man derzeit und auf absehbare Zeit mit Blick auf die Personalsituation beim Zoll zweifeln. Möglicherweise kommt am Ende für die Paketzusteller die Erfahrung heraus, dass eine sicher gut gemeinte rechtliche Regelung ohne entsprechende Kontrollen und Bestrafungsrisiken für die schwarzen Schafe unter den Unternehmen keine besondere praktische Relevanz entfalten wird, weil sie es nicht kann.“ Beitrag von Stefan Sell vom 4. März 2019 bei ‚Aktuelle Sozialpolitik‘ externer Link
  • Nachunternehmerhaftung in der Paketbranche: ver.di begrüßt Gesetzvorhaben des Bundesarbeitsministers
    Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt die Ankündigung des Bundesarbeitsministers Hubertus Heil (SPD), ein Gesetz zur Nachunternehmerhaftung für die Paketbranche auf den Weg zu bringen. „Die Branche steht hinsichtlich der Arbeitsbedingungen vielfach am Abgrund. Das entschlossene Handeln tut dringend Not und hilft den Beschäftigten, den Unternehmen sowie den Verbraucherinnen und Verbrauchern“, sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis. Angesichts der zunehmend katastopalen Arbeitsbedingungen bei den Subunternehmen der Paketdienste fordert ver.di seit längerem vom Gesetzgeber, für die Paketbranche eine Nachunternehmerhaftung für die Sozialversicherungsbeiträge einzuführen. Kocsis: „Eine solche Regelung folgt dem Prinzip: Wer Arbeit auslagert, bleibt dafür auchverantwortlich.“…“ ver.di-Pressemitteilung vom 02.03.2019 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=145096
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