Diskriminierung: EuGH-Generalanwalt sieht kirchliche Einstellungspolitik kritisch

wurstteller_gross„… Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) sieht die Einstellungspraxis kirchlicher Arbeitgeber in Deutschland kritisch. Der Ausschluss nicht-christlicher Bewerber bei der Vergabe von Jobs müsse im Einzelfall auf den Prüfstand, erklärte er am Donnerstag in Luxemburg. In einem Fall aus Deutschland befand Generalanwalt Evgeni Tanchev, dass religiöse Organisationen wie das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung zwar grundsätzlich zu einer Ungleichbehandlung von Stellenbewerbern mit Blick auf Religion oder Weltanschauung berechtigt seien. Zugleich müssten Entscheidungen des Arbeitgebers von Gerichten geprüft und im Einzelfall zurückgewiesen werden können. (…) Geklagt hatte die konfessionslose Vera Egenberger. Diese hatte sich im November 2012 auf die beim Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung in Berlin ausgeschriebene Stelle als Referentin erfolglos beworben. (…) Egenberger errang nun einen Etappensieg. Den nach den Worten des Generalanwalts beim EuGH können die Kirchen und ihre Organisationen nicht in jedem Fall „verbindlich selbst bestimmen, ob sie eine bestimmte Religion eines Bewerbers“ verlangen können. Dies sei abhängig von der „Art der fraglichen Tätigkeit oder den Umständen ihrer Ausübung“, so der Generalanwalt. Je weniger eine Tätigkeit mit dem Verkündigungsauftrag des kirchlichen Arbeitgebers zu tun hat, desto weniger dürfe dieser Andersgläubige oder Konfessionslose benachteiligen…“ Beitrag vom 10. November 2017 von und bei Migazin externer Link, siehe dazu auch die EuGH-Pressemitteilung vom 9. November 2017 externer Link und neu dazu:

  • Europäischer Gerichtshof: Kirchen dürfen nicht diskriminieren New
    „… Darf eine Bewerberin von einer kirchlichen Organisation wegen ihrer Konfessionslosigkeit abgelehnt werden? Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat ein Grundsatzurteil in dieser Frage gefällt – und dabei dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht eine Grenze gesetzt. (…) Der Gerichtshof urteilte (Rechtssache Nr. C-414/16), dass das kirchliche Selbstbestimmungsrecht nicht bei jeder Stelle gilt – das heißt, kirchliche Arbeitgeber dürfen nicht pauschal von all ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine bestimmte Religionszugehörigkeit fordern. Die europäischen Richterinnen und Richter waren der Meinung, dass eine Glaubensrichtung nur dann zur Bedingung gemacht werden dürfe, wenn dies für die Tätigkeit absolut und objektiv geboten sei. Kirchen dürften zwar eine „mit der Religion oder Weltanschauung zusammenhängende Anforderung“ stellen, aber nur, wenn diese Bedingung bei der jeweiligen Tätigkeit „eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation“ darstelle, so das Gericht. Sprich: Während bei einem Pastor oder einer Pastorin also der evangelische Glaube zwingende Voraussetzung ist, wird ein Mitarbeiter in der Großküche eines kirchlichen Krankenhauses wohl nicht unbedingt dem christlichen Glauben angehören müssen. Gleichwohl stellte der EuGH grundsätzlich fest, dass eine gründliche Abwägung zwischen der Antidiskriminierungsrichtlinie und dem kirchlichen Privileg auf Selbstbestimmung erfolgen müsse. Wollen kirchliche Arbeitgeber in Zukunft also Streitfälle vermeiden, müssen sie das Recht eines Bewerbers oder einer Bewerberin, nicht wegen der Religion oder Weltanschauung diskriminiert zu werden, in Verbindung mit den Anforderungen an den konkreten Job genau überprüfen.(…) Der konkrete Fall geht zurück nach Erfurt zum Bundesarbeitsgericht. Die Richterinnen und Richter des Bundesarbeitsgerichtes werden abschließend den Fall der Bewerberin für die befristete Referentenstelle beurteilen – und müssen, so hat es das EuGH empfohlen, einen „angemessenen Ausgleich“ zwischen den Interessen herstellen. Dies trifft auch für neue Fälle zu.“ Analyse von Monika Pilath und Tina Groll vom 17. April 2018 bei der Zeit online externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=123824
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