Diakonie und Caritas kündigen Dolmetscher*innen, die sich für bessere Arbeitsbedingungen in der Landeserstaufnahmeeinrichtung in Heidelberg einsetzen

Flüchtlingsindustrie - Grafik von TS fürs LabourNet GermanyDiakonie und Caritas kündigen ihren Dolmetscher*innen, weil sie sich für bessere Arbeitsbedingungen in der sogenannten „Unabhängigen Sozial- und Verfahrensberatung“ in der Landeserstaufnahmeeinrichtung Patrick-Henry-Village (PHV) in Heidelberg zusammenschließen. Anfang Juni schloss sich etwa die Hälfte der Dolmetscher*innen zusammen, die in der „Unabhängigen Sozial- und Verfahrensberatung“ im PHV für Asylsuchende in Heidelberg arbeiteten. Sie forderten u.a. eine feste Anstellung und festen Lohn für mindestens ein Jahr statt monatlicher Honorarverträge, Kranken-, Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie regelmäßige Supervision. Reguläre Arbeitsbedingungen für Dolmetscher*innen gingen den barmherzigen Kirchen dann aber doch zu weit. Kurzerhand kündigten die Diakonie und Caritas denjenigen fristlos, die die Forderungen unterschrieben hatten. Damit verloren nicht nur eine Handvoll Dolmetscher*innen ihr ohnehin schon unregelmäßiges Zusatzeinkommen von maximal 350€ monatlich. Seitdem steht auch der Großteil der Asylsuchenden der Beratungsstelle sprachlos gegenüber – und damit auch den für sie lebenswichtigen Behörden. Denn gefeuert wurden fast alle Dolmetscher*innen für die häufigsten Sprachen in dem Lager: Arabisch, Persisch, Paschtu, Dari und die verschiedenen kurdischen Dialekte…“ Pressemitteilung „Diakonie und Caritas gegen Dometscher*innen und Flüchtlinge“ des Sprechers der gekündigten Dolmetscher*innen vom 6.7.2019 und dazu:

  • Interview mit dem Sprecher der gekündigten Dolmetscher New
    In der Landeserstaufnahmeeinrichtung Patrick-Henry-Village (PHV) in Heidelberg bieten Diakonie und Caritas im Auftrag des Landes Baden-Württemberg eine „unabhängige Sozial- und Verfahrensberatung“ für Geflüchtete an. Aufgrund der vielen verschiedenen Herkunftsregionen der Flüchtlinge braucht es für die Beratung natürlich immer wieder Dolmetscher*innen. Einige der Dolmetscher beklagen nun die Arbeitsbedingungen (z.B. Arbeiten auf Abruf ohne Vertragssicherheit) und die Höhe des Lohns für ihre Arbeit. Sie hatten sich zusammengeschlossen um bessere Arbeitsbedingungen zu fordern. Konsequenz: Die Dolmetscher, die die Forderungen unterschrieben haben, wurden entlassen. Auf Radio Dreyeckland Anfrage erklärte der Geschäftsführer der Diakonie in Heidelberg Martin Hess, dass man nicht voraussehen könne, welche Sprachen bei der jeweils aktuellen Belegung notwendig seien, deshalb sei „Arbeiten auf Abruf bei dieser Tätigkeit das Normale“. Als freies Radio haben wir natürlich die Aufgabe denen eine Stimme zu geben, die sonst eher nicht gehört würden, deshalb haben wir ausführlich mit Hassan Maarfi Poor, dem Sprecher der gekündigten Dolmetscher gesprochen.“ Interview vom 12. Juli 2019 von und bei Radio Dreyeckland externer Link Audio Datei
  • Weiter in der PM vom 6.7.2019: „… In der Beratung Asylsuchender geht es der Diakonie und Caritas vor allem ums Geld. Politische Einmischung in ein enorm politisches Arbeitsfeld ist nicht erwünscht und wird sanktioniert: Einerseits mit dem Arbeitsverlust der Dolmetscher*innen, die oft selbst als Asylsuchende nach Deutschland gekommen waren. Andererseits mit der Beraubung der Sprache Asylsuchender. Auch früher schon wurde die politische Einbindung Asylsuchender aus dem PHV zu unterbinden versucht. So wurde einem der nun gefeuerten Dolmetscher untersagt, die Bewohner*innen des PHV zu Demos und anderen Aktivitäten zum Erkämpfen ihrer Rechte zu mobilisieren. Nun haben sie endlich einen Grund gefunden, ihn als erfahrensten Dolmetscher aus dem PVH zu entfernen: weil er die Dolmetscher*innen organisierte und mit ihnen reguläre Arbeitsbedingungen forderte. Die Kirche arbeitet hier nach kapitalistischer Logik mit dem Staat zusammen, anstatt tatsächlich eine unabhängige Beratung anzubieten. Wer das Interesse der Unterdrückten vertritt, muss Ausbeutung lohnabhängiger Arbeiter*innen und Asylsuchender beenden, anstatt sie fortzusetzen und zu verschärfen, wie die Kirche es tut.“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=151251
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