Weihnachtsstreiks beim größten Online-Kaufhaus Amazon – bis zum 24. Dezember 2016!

Dossier

Arbeitsunrecht: Der Weihnachtsmann bestellt NICHT bei AmazonDie Beschäftigten des weltweit größten Online-Kaufhauses Amazon sind heute, 21. Dezember 2016, an den Standorten Rheinberg und Werne, beide in Nordrhein-Westfalen, sowie  Graben, in Bayern, erneut zum Streik aufgerufen. Die Arbeitsniederlegungen haben am Morgen begonnen und dauern vorläufig bis zum 24. Dezember einschließlich an. Das gilt auch für Koblenz, wo die Beschäftigten bereits seit dem 19. Dezember im Ausstand sind. Bei Amazon existiert bislang kein Tarifvertrag. (…) Aufgrund der Arbeitsniederlegungen kommt es in den Versandzentren zu deutlichen Engpässen und zu hohen Kosten für Amazon. In Werne etwa stauten sich bei einem der letzten Streiks über Stunden kilometerlang Lastwagen, die nicht be- oder entladen werden konnten. Aufgrund der flexiblen und damit für Amazon nicht kalkulierbaren Streikplanung hält das Unternehmen zudem Beschäftigte vor, die nicht zum Einsatz kommen, wenn doch kein Streik stattfindet. Allein in Leipzig liefen so für den Monat November 2016 rund 7.000 sogenannte unproduktive Stunden auf. „Amazons Behauptung, die Streiks hätten keine Auswirkung, gehört klar ins Reich der Legenden…“ ver.di-Meldung vom 21.12.2016 externer Link, siehe dazu:

  • »Amazon sollte Personalkosten unnötig zahlen« New
    Solidaritäts-Aktion für die Streikenden bei Amazon: AufKLEBER RetourenscheinBeschäftigte ringen weiter um einen Tarifvertrag beim Versandhändler. Ihre Streikstrategie haben sie geändert. Gespräch mit Thomas Schneider (Gewerkschaftssekretär bei ver.di und zuständig für den Einzel- und Versandhandel in der Region Leipzig-Nordsachsen). (…) Zunächst mal haben wir einen richtig guten Stamm an Kollegen, die seit Beginn der Auseinandersetzung 2013 mitziehen. Sie bereiten die Streiks vor, räumen im Nachgang das Equipment weg. Das sind Arbeiten, die man oft nicht sieht. Und sie überlegen sich immer neue Ansatzpunkte, um andere Kollegen, die noch nicht streiken, zu überzeugen. Dasselbe gilt für unsere Vertrauensleute im Betrieb. Sie machen mich immer aufmerksam auf Beschäftigte, die neu beim Ausstand sind. Mit einigen wurde über drei Jahre gesprochen, bis sie sich zur Teilnahme entschieden. Auch am Freitag waren solche Kollegen dabei. Die sagen dann häufig: »Ich habe lange Zeit nicht mitgestreikt, aber nun habe ich den Kanal voll davon, wie sie uns behandeln.« (…) Während einer Schicht haben sich bisher nie mehr als 40 Prozent der Kollegen und Kolleginnen am Streik beteiligt. Daran arbeiten wir. Ich höre von einigen, die dabei waren, dass sie den Druck nicht mehr aushalten. (…) Vom 9. bis zum 22. Dezember wurde eine »Anwesenheitsprämie« – eigentlich eine Streikbrecherprämie – ausgelobt. Jeder der 4.000 Beschäftigten bekam in den zwei Wochen für jeden Tag, den er zur Arbeit erschien, zehn Euro extra. Am Ende dann noch einmal 100 Euro extra, so keine Fehltage dabei waren. Dabei hatte die Amazon-Führung auf einen mehrwöchigen Streik von uns spekuliert, also darauf, dass sie das Geld für mehr als 400 Kollegen nicht zu zahlen braucht. Statt dessen kam es ganz anders: Es waren etliche Kollegen da, für die es keine Arbeit gab. Die bummelten aber nicht ihre Überstunden ab – denn dann hätten sie keine Prämie bekommen. So gab es Schichten, wo Kollegen um 15 Uhr kamen und ab 16 Uhr mangels Arbeit in die Pausenräume geschickt wurden…“ Interview von Johannes Supe in der jungen Welt vom 24.12.2016 externer Link
  • Weihnachten soll wehtun. Mit Spontanität wollen die Amazon-Arbeiter den Konzern unter Druck setzten
    Amazon: Konsument*innen, auf in den Solidaritätsstreik!„… Dass diese Ausstände medial wenig Beachtung fanden, lag auch an der veränderten Streiktaktik der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. »Es werden nicht alle Streiks per bundesweiter Pressemitteilung bekannt gemacht. Wenn in einem Landesbezirk gestreikt wird, wird dies über eine Landespressemitteilung bekannt gegeben«, erklärt Thomas Voss vom verdi-Fachbereich Handel gegenüber »nd«. Die neue Streiktaktik habe sich aber bewährt, meint der Gewerkschaftssekretär. Die flexible Strategie, bei der Streiks sehr kurzfristig bekannt gemacht werden, mache es für Amazon schwer, zu reagieren und sich auf den Ausstand vorzubereiten. »Das führt zu spürbaren Störungen der Arbeitsabläufe mit Auswirkungen auf die Auslieferung und treibt die Kosten für Amazon in die Höhe. Denn das Unternehmen hat an vielen Standorten Ersatzbeschäftigte eingestellt, die dann nicht zum Einsatz kommen, weil wir zum angenommenen Zeitpunkt eben nicht streiken«, betont Voss. Dabei seien allein in Leipzig im November rund 7000 sogenannte unproduktive Stunden angefallen.
    Dass Amazon manchmal mehr Geld ausgeben muss, wenn nicht gestreikt wird, bestätigt auch David Johns vom Streik-Solidaritätsbündnis Leipzig gegenüber »nd«. Die zusätzlich eingestellten Ersatzbeschäftigten müssen ebenso bezahlt werden, wie die regulären Mitarbeiter. Wenn es dann doch zu verlängerten Mittagspausen kommt, wie eine der flexiblen Arbeitskampfmethoden genannt wird, sei die Stimmung gut und es würden auch sich auch Beschäftigte daran beteiligen, die vorher abseits standen.
    Das außerbetriebliche Bündnis unterstützt seit mehr als drei Jahren die Beschäftigten, die für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen.Es wurde zum Vorbild für Solibündnisse an anderen Amazon-Standorten. Das letzte bundesweite Treffen der Solidaritätsgruppen fand im November 2016 am Standort Bad Hersfeld statt. Dort wurde auch das Konzept des Konsumentenstreiks entwickelt. Kunden sollten Waren bestellen und anschließend von der Möglichkeit der Rücksendungen gebrauch machen. Dabei sollten die Sendungen mit Unterstützungsbekundungen der Streikenden versehen werden.
    »Wir waren organisatorisch nicht in der Lage, diese Kunden-Kampagne so auszuweiten, dass sie sich für Amazon auch finanziell bemerkbar macht«, meint Johns. Ver.di bietet für ihre Aktion Aufkleber an, die für die Rücksendungen verwendet werden können. Darauf heißt es unter anderem: »Behandeln Sie die Amazon-Mitarbeiter/innen fair!«
    »Eine präzise Auswertung können wir nicht bieten. Wir wissen aber, dass sie auf großes Interesse bei Kunden stößt und der Arbeitgeber Amazon sie sehr wohl registriert«, meint Thomas Voss. Über die weitere Perspektive des Amazon-Streiks will sich der Gewerkschaftssekretär nicht äußern. Nur soviel, der Kampf werde weitergehen. »So lange bei Amazon kein Tarifvertrag existiert, muss sich das Unternehmen jederzeit auf Arbeitskampfmaßnahmen und auch weitere Streiks einstellen. Und wir werden bei unserer derzeitigen flexiblen Streiktaktik bleiben, weil wir sie als sehr erfolgreich ansehen«, stellt Voss klar. Auch das Solibündnis hat seine Arbeit keineswegs eingestellt, selbst wenn die Homepage seit einem Jahr nicht erneuert wurde. »Wir haben in letzter Zeit mehr mit den Kollegen vor Ort gearbeitet, als bundesweite Kampagnen gemacht«, begründet David John diese digitale Inaktualität. Das Bündnis bereitet das am polnischen Amazon-Standort Wroclaw geplante Treffen der Beschäftigten vor. Dort wollen Amazon-Beschäftigte aus verschiedenen Ländern darüber beraten, wie sie Amazon transnational unter Druck setzen können
    .“ Artikel von Peter Nowak vom 23.12.2016 beim ND online externer Link (im Abo) – wir danken dem Autor!
  • Ausweitung der Weihnachtsstreiks bei Amazon – auch Beschäftigte in Leipzig und Bad Hersfeld legen die Arbeit nieder
    Auch in den Amazon-Versandzentren Leipzig (Sachsen) sowie Bad Hersfeld (Hessen) hat die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) zum Streik aufgerufen. Damit befinden sich die Beschäftigten an sechs Standorten des weltweit größten Online-Kaufhauses bis einschließlich 24. Dezember 2016 vorläufig im Ausstand…“ ver.di-Meldung vom 23.12.2016 externer Link

Siehe dazu auch im LabourNet Germany:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=109054
nach oben