Kaiser‘s-Tengelmann: Gnadenlos – der Kampf um Marktanteile im Einzelhandel. Jetzt sollen es Schröder und Rürup richten

Geplante Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka. Bild von Klasse gegen Klasse (RIO)Der Kampf um die Übernahme der Kaiser’s – Tengelmann Supermärkte nimmt immer groteskere Formen an. Immer klarer wird, dass die Interessen der Beschäftigten für die handelnden Konzernbosse von Tengelmann, Edeka und Rewe keine Rolle spielen. (…) Bundeswirtschaftsminister Gabriel, in Zusammenarbeit mit dem ver.di-Vorsitzenden Bsirske, starteten einen neuen Versuch die Ministererlaubnis zu retten. Jetzt soll unter Moderation von Altkanzler Schröder mit den beteiligten Unternehmen, Kaiser’s, Edeka, Rewe, ein neuer Anlauf unternommen werden. Ob dieser erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten. Eine Regelung ohne die Interessen von Rewe zu bedienen, wird es wohl nicht geben. Ob diese dann die Zustimmung von Edeka findet, bleibt abzuwarten. Für Gewerkschafter*innen zeigt diese ganze Angelegenheit deutlich, dass ihre Möglichkeiten, Einfluss auf Unternehmensentscheidungen zu nehmen, doch sehr begrenzt sind. Vor allem in der Tengelmann Gruppe, mit der gegebenen privatkapitalistischen Eigentümerstruktur, sind die Beschäftigten und ihre Interessenvertretungen in einer schwachen Position. Aber auch in den genossenschaftlich organisierten Marktführern Edeka und Rewe sieht es nicht viel besser aus. Gesellschaftlich muss die Frage aufgeworfen werden ob, wir uns solch eine Marktmachtkonzentration leisten können. (…) Mit welch einer Struktur solchen Entwicklungen entgegengewirkt werden kann, sollte Gegenstand von nicht nur, aber eben auch Debatten in der Linken sein. Das dies nicht nur eine Angelegenheit von Beschäftigten sein darf, liegt auf der Hand. Auch Konsument*innen müssen an solchen Debatten beteiligt werden. Dabei geht es nicht nur um die Unternehmensformen, sondern vor allem auch darum, welchen gesellschaftlichen Anforderungen Einzelhandelsunternehmen unterliegen sollen. Dabei spielen nicht nur die Arbeitsbedingungen der dort Beschäftigten eine wichtige Rolle. Ausreichende Preise für die Erzeuger, gute Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten, gerechter Austausch mit dem globalen Süden, artgerechte Tierhaltung, pestizidfreies Obst und Gemüse, sind nur einige der vielen Themen, die auch in solche Debatten einfliessen müssen.“ Artikel von Helmut Born vom 25.10.2016 für das LabourNet Germany – wir danken!

Kaiser‘s – Tengelmann: Gnadenlos – der Kampf um Marktanteile im Einzelhandel.
Jetzt sollen es Schröder und Rürup richten

Der Kampf um die Übernahme der Kaiser’s – Tengelmann Supermärkte nimmt immer groteskere Formen an. Immer klarer wird, dass die Interessen der Beschäftigten für die handelnden Konzernbosse von Tengelmann, Edeka und Rewe keine Rolle spielen. Dem Boss von Tengelmann, Haub, geht es darum, die angeblich seit Jahren defizitären Lebensmittel Supermärkte von Kaiser’s loszuwerden. Vor Jahren hatte er schon die Plus Discount Märkte an Edeka verkauft und sich an deren Discounter Kette „Netto“ eine 20 %ige Beteiligung gesichert. Mit Plus betreibt er weiterhin einen florierenden Online Handel, der den Profitabilitätsvorstellungen offensichtlich voll entspricht. Ferner betreibt er den von Skandalen begleiteten Textildiscounter KIK. Für den größten Lebensmittelkonzern, Edeka, und seinen Boss, Musa, geht es darum, mit dem Erwerb der Kaiser’s Supermärkte seine marktbeherrschende Stellung weiter auszubauen. Dabei geht es für Edeka nicht um den Erhalt des Namens Kaiser’s, sondern um eine Eingliederung in den Edeka Konzern, wobei auch Kaiser’s Filialen in Netto Discounter umgewandelt werden können.

Für die Beschäftigten ist ein Job bei Edeka oder bei Netto sicherlich kein Zuckerschlecken: Überlange Arbeitszeiten und Nichteinhaltung von Tarifverträgen bei Netto, schlechte Arbeitsbedingungen, Verhinderung von Betriebsräten und oft nur Bezahlung nach Mindestlohn bei den privatisierten Edeka Supermärkten, stehen für eine agressive Personalpolitik zur Absicherung der Marktführerschaft. Für Rewe und deren Boss, Capparos, geht es um einen Teil der Beute. Er will mit allen Mitteln sich einen Teil der Kaiser’s Supermärkte für den Rewe Konzern sichern. Der Abstand zu Edeka soll nicht noch größer werden. Die Einkaufspreise in der Lebensmittelindustrie würden sich weiter zugunsten Edeka verschieben, was sich langfristig eben auch auf die eigene Konkurrenzsituation auswirken kann.

Aber auch die Beschäftigten bei Rewe haben es nicht einfach: Rewe ist Vorreiter bei der Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten, in der Personalpolitik wird viel auf unterbezahlte Aushilfen, vor allem in den Arbeitsstunden, gesetzt. Dies wird begleitet von handzahmen Betriebsräten, zum Wohle der Entwicklung des Unternehmens.

Das Bundeskartellamt hatte 2015 die Fusion von Kaiser’s mit Edeka untersagt. Der Spruch des Kartellamtes wurde durch die Ministererlaubnis von Wirtschaftsminister Gabriel im März aufgehoben. In dieser Erlaubnis wurden den Unternehmen allerdings Auflagen nach Erhalt der Arbeitsplätze für 5 Jahre, die Anwendung der Tarifverträge und der Zuständigkeit der Betriebsräte,  gemacht. Dabei sollen diese Auflagen nicht nur in den Supermärkten, sondern auch für die Verwaltung, Läger und Fleischwarenfabriken gelten. Hierbei hat es wohl einen regen Austausch des Wirtschaftsministeriums mit der Gewerkschaft ver.di gegeben, die der Fusion unter diesen Bedingungen ihre Zustimmung gab.

Gegen diese Ministererlaubnis klagten unter Führung von Rewe mehrere Einzelhandelskonzerne vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf, das dieser Klage stattgab. Damit war die Ministererlaubnis kassiert und das ganze Theater erreichte eine neue Dimension. Nun stand die „Zerschlagung“, d.h. der Verkauf von Teilen an unterschiedliche Unternehmen, von Kaiser’s auf der Tagesordnung. Das hätte für den Erhalt der Arbeitsplätze erhebliche negative Auswirkungen, da dann die Regelungen der Ministererlaubnis keine Anwendung mehr finden würden. Daraufhin startete ver.di eine Kampagne mit dem Ziel, die Regelungen der Ministererlaubnis zu retten. Es gelang dem Vorsitzenden Bsirske, Vertreter der beteiligten Unternehmen an einen Tisch zu bekommen, um über die verfahrene Situation zu beraten. Es gab Verabredungen, wie die ganze Sache zu einem Ende gebracht werden kann. Bis zum 17.10. sollten alle Beteiligten erklären, ob diese Verabredungen mitgetragen werden. Bis auf Rewe waren alle mit den Verabredungen einverstanden. Voraussetzung zur Umsetzung der Verabredungen war, dass die Klage gegen die Ministererlaubnis vor dem OLG Düsseldorf zurückgezogen wird. Diesem Ansinnen widersetzte sich REWE, während andere mitklagende Unternehmen, Norma und Markant, ihre Klage zurückzogen. Nun war der schwarze Peter bei REWE. Jetzt wurde der Öffentlichkeit noch einmal deutlich vorgeführt, worum es geht: Der gnadenlose Kampf um Marktanteile zwischen den Giganten auf dem Lebensmittelmarkt Edeka und Rewe.

Bundeswirtschaftsminister Gabriel, in Zusammenarbeit mit dem ver.di-Vorsitzenden Bsirske, starteten einen neuen Versuch die Ministererlaubnis zu retten. Jetzt soll unter Moderation von Altkanzler Schröder mit den beteiligten Unternehmen, Kaiser’s, Edeka, Rewe, ein neuer Anlauf unternommen werden. Ob dieser erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten. Eine Regelung ohne die Interessen von Rewe zu bedienen, wird es wohl nicht geben. Ob diese dann die Zustimmung von Edeka findet, bleibt abzuwarten.

Für Gewerkschafter*innen zeigt diese ganze Angelegenheit deutlich, dass ihre Möglichkeiten, Einfluss auf Unternehmensentscheidungen zu nehmen, doch sehr begrenzt sind. Vor allem in der Tengelmann Gruppe, mit der gegebenen privatkapitalistischen Eigentümerstruktur, sind die Beschäftigten und ihre Interessenvertretungen in einer schwachen Position. Aber auch in den genossenschaftlich organisierten Marktführern Edeka und Rewe sieht es nicht viel besser aus.

Gesellschaftlich muss die Frage aufgeworfen werden, ob wir uns solch eine Marktmachtkonzentration leisten können. Außer den 2 großen Supermarktbetreibern gibt es noch die Discounter Aldi und Lidl, sowie die Metro, die zusammen 80% des Lebensmittelumsatzes abdecken. Fast der gesamte Lebensmitteleinzelhandel befindet sich in der Hand von einer Handvoll Unternehmen.

Mit welch einer Struktur solchen Entwicklungen entgegengewirkt werden kann, sollte Gegenstand von nicht nur, aber eben auch Debatten in der Linken sein. Das dies nicht nur eine Angelegenheit von Beschäftigten sein darf, liegt auf der Hand. Auch Konsument*innen müssen an solchen Debatten beteiligt werden. Dabei geht es nicht nur um die Unternehmensformen, sondern vor allem auch darum, welchen gesellschaftlichen Anforderungen Einzelhandelsunternehmen unterliegen sollen. Dabei spielen nicht nur die Arbeitsbedingungen der dort Beschäftigten eine wichtige Rolle. Ausreichende Preise für die Erzeuger, gute Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten, gerechter Austausch mit dem globalen Süden, artgerechte Tierhaltung, pestizidfreies Obst und Gemüse, sind nur einige der vielen Themen, die auch in solche Debatten einfliessen müssen.

Helmut Born 25.10.2016

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