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Thiem-Klinik Cottbus: Noch eine Tochterfirma mit Billiglohn. Und: Gegenwehr, trotz Streikbruch-Prämien

Dossier

Streik Thiemklinik Cottbaus am 22.9.2016Es ist Donnerstag, 22. September, 11.30 Uhr. Vor dem Haupteingang des Carl-Thiem-Klinikums ziehen die Beschäftigten der TSG auf, etwa vier Dutzend sind es schließlich. Eine von ihnen ist Doreen Hannusch. Sie und ihre Kolleginnen – es sind hier ausnahmslos Frauen – arbeiten heute nicht. Die Gewerkschaft ver.di hatte sie zum Warnstreik aufgerufen. In ihren Händen halten sie nun Schilder, auf denen etwa steht: »TSG: Das Sprungbrett in die Altersarmut«. Bereits am Morgen waren Serviceassistentinnen aus der Frühschicht zur Kundgebung zusammengekommen. Insgesamt nimmt gut die Hälfte der 100 TSG-Beschäftigten am Ausstand teil. Bereits im April wollte die Gewerkschaft mit der TSG-Führung über einen Tarifvertrag sprechen, um höhere Löhne zu vereinbaren. Einen ersten Verhandlungstermin gab es dann aber erst im Juli. Danach dauerte es weitere zwei Monate, bis die Leitung der Servicegesellschaft ein eigenes Angebot machte. »Statt 9,18 Euro in der Stunde sollen jetzt 9,30 Euro nach zwei Betriebsjahren gezahlt werden«, erklärte ver.di-Sekretär Ralf Franke. Sogar nach sechs Jahren wären es noch weniger als zehn Euro in der Stunde“ – aus dem Artikel „Minilöhne in der Klinik“ von Johannes Supe am 27. September 2016 in der jungen welt externer Link, worin auch ausführlich über das Leben mit weniger als 1.000 Euro berichtet wird. Trotz voller Maloche. Siehe dazu auch die ver.di – Mitteilung über den Streik und Streikbruchprämie am 23. September 2016 und nun die Neulaflage in 2018/19:

  • »Es frustriert viele, dass man sie derart unter Druck setzt«. Arbeitskampf in Cottbuser Klinik: Geschäftsführer versucht, Beschäftigte gegeneinander auszuspielen New
    [In Cottbus laufen derzeit Tarifverhandlungen für die rund 170 Beschäftigten der Thiem-Service GmbH, kurz TSG, des kommunalen Carl-Thiem-Klinikums. Am 1. Mai hat Holger Kelch, CDU-Oberbürgermeister von Cottbus, beide Seiten aufgerufen, die Gespräche weiterzuführen. Wie kam es dazu?] Gewerkschaft und TSG-Beschäftigte hatten Kelch dazu aufgefordert, sich für die Fortführung der Tarifverhandlungen einzusetzen. Der Hintergrund ist, dass der Geschäftsführer des städtischen Unternehmens, Götz Brodermann, die Gespräche im Februar einseitig beendet hatte. (…) [Bis Februar hat es sieben Streiktage gegeben, dann drohte der TSG-Geschäftsführer Brodermann, alle befristeten Beschäftigungsverhältnisse würden nicht verlängert, wenn der Arbeitskampf weitergeht. Wie hat sich das auf die Belegschaft ausgewirkt?] Es hat viele sehr frustriert, dass man sie derart unter Druck setzt. Die streikbereiten Beschäftigten wollen nicht die Verantwortung übernehmen, dass die rund 40 bis 50 Kollegen mit befristeten Arbeitsverhältnissen ihre Stellen verlieren. Sie sind sehr enttäuscht darüber, dass so etwas in einer städtischen Gesellschaft möglich ist. (…) Wir hatten 2016 das erste Mal Tarifverhandlungen und mussten einen ganztägigen Warnstreik durchführen. Den Beschäftigten wurde von der Geschäftsleitung mitgeteilt, dieser Arbeitskampf sei unberechtigt und werde arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Bei den aktuellen Tarifverhandlungen wurde dies wieder probiert. Diesmal gab es fünf Streiktage im Dezember 2018, und es wurde von Beginn an behauptet, dies sei unrechtmäßig. Die Beschäftigten haben sich davon nicht beeindrucken lassen – sie wussten, dass sie rechtmäßig streiken. Aber die Androhung, befristete Beschäftigungsverhältnisse nicht verlängern zu wollen, hat Spuren hinterlassen. Insbesondere, weil es sich um fast jeden dritten Arbeitsplatz im Unternehmen handeln würde. (…) Das letzte Angebot der Arbeitgeberseite war eine stufenweise Erhöhung von zweimal rund vier Prozent. Allerdings wäre damit der Brandenburger Vergabemindestlohn von 10,50 Euro pro Stunde nicht erreicht worden. Das ist für uns nicht ausreichend.“ Interview von Bernd Müller in der jungen Welt vom 14.05.2019 externer Link mit Ralf Franke, Gewerkschaftssekretär im Verdi-Bezirk Cottbus
  • Dreitägiger Warnstreik am CTK Cottbus. Arbeitgeber mit freiwilliger Zusage 
    „Dem Carl-Thiem-Klinikum in Cottbus steht ein 3-tägiger Warnstreik bevor. Auch in der vierten Verhandlungsrunde konnten sich die Gewerkschaft Verdi und die Thiem-Service-GmbH nicht einigen. Deshalb ruft die Gewerkschaft zum Streik von Mittwochfrüh bis zum späten Freitagabend auf. Die Arbeitgeberseite sieht in der Forderung der Gewerkschaft ihre Wirtschaftlichkeit gefährdet, will trotzdem eine freiwillige Erhöhung der Entgelte um acht Prozent umsetzen. Verdi teilte mit: (…) Beim vierten Verhandlungstermin am 15. Februar 2019 ist es erneut zu keiner Tarifeinigung gekommen. In einer ver.di-Mitgliederversammlung am 18. Februar 2019 hatten die ver.di-Mitglieder mit überwältigender Mehrheit das letzte Arbeitgeberangebot als völlig unzureichend abgelehnt. Mit dem letzten Arbeitgeberangebot bleiben die Stundenlöhne der TSG-Mitarbeiter/innen unter 12 EUR pro Stunde, aber auch immer noch unter 10,50 EUR pro Stunde. Nur wenn die tarifliche Jahressonderzahlung (umgangssprachlich Weihnachtsgeld) fiktiv eingerechnet wird, wird in der Entgeltgruppe 2 der Vergabemindestlohn von 10,50 EUR erreicht. Weiter heißt es: Von den 170 Beschäftigten erhalten 35 Beschäftigte das Entgelt nach dem Tarifvertrag mit dem Carl-Thiem-Klinikum, welches rund 18 bis 20 Prozent höher ist als das Entgelt im Tarifvertrag mit der Tochtergesellschaft. Die Anzahl der Beschäftigten, die weiterhin nach dem Tarifvertrag mit dem Carl-Thiem-Klinikum vergütet werden, soll auf bis zu 200 Beschäftigte durch weitere Ausgliederung auf die Tochtergesellschaft steigen…“ Mitteilung vom 19. Februar 2019 von und bei Niederlausitz aktuell externer Link
  • Dumpinglöhne im Krankenhaus: Serviceassistentinnen und Wachleute am Cottbuser Carl-Thiem-Klinikum im Warnstreik 
    „Vor dem Haupteingang des Cottbuser Carl-Thiem-Klinikums (CTK) stehen am Donnerstagmorgen drei Dutzend Männer und Frauen mit Westen der Gewerkschaft ver.di. Je nachdem, was gerade ins Megafon gerufen wird, ertönen Johlen, Buhrufe oder Pfiffe. Ein Taxifahrer hält an der Auffahrt und beschwert sich freundlich lächelnd: »Macht doch nicht so einen Lärm. Ihr habt doch schon gewonnen.« Aber das stimmt so nicht. Einen erfolgreichen Abschluss haben am Mittwoch lediglich die Tarifgespräche für die rund 2200 Mitarbeiter gefunden, die direkt beim CTK angestellt sind. Hier aber demonstrieren etliche der 170 Beschäftigten der Tochtergesellschaft Thiem Service GmbH (TSG). Ihr Tarifkonflikt ist keineswegs beendet. An diesem Freitag gibt es den nächsten Verhandlungstermin. (…) Denen sind zuletzt 3,5 Prozent mehr Lohn in Aussicht gestellt worden, plus weitere zwei Prozent mehr ab 1. Januar kommenden Jahres. Eine Serviceassistentin würde dann zunächst nur 9,96 Euro erhalten, rechnet ver.di vor. Eine Rente, die zum Leben ausreicht, komme dabei nicht heraus. Oft reicht es jetzt schon hinten und vorne nicht, zumal etliche Frauen nur vier oder sechs Stunden am Tag arbeiten. 9,96 Euro liegen auch unterhalb des brandenburgischen Vergabemindestlohns von 10,50 Euro – und das CTK ist immerhin ein kommunales Krankenhaus. Ab April 2019 müssen Firmen ihren Beschäftigten wenigstens 10,50 Euro die Stunde bezahlen, wenn sie Aufträge vom Land oder von den Kommunen erhalten wollen. Es ist allerdings rechtlich dünnes Eis, dies auf die Geschäftsbeziehungen der Klinik zu ihrer Tochtergesellschaft anwenden zu wollen, die übrigens in Personalunion ebenfalls von Götz Brodermann geleitet wird. Darum argumentiert die Gewerkschaft damit nur vom moralischen Standpunkt aus… „ Bericht von Andreas Fritsche bei neues Deutschland vom 14. Februar 2019 externer Link
  • Streikbrecher im Einsatz. Geschäftsführung des Carl-Thiem-Klinikums nutzt FSJler und Pflegeschüler, um Arbeitskampf zu unterlaufen 
    Am Carl-Thiem-Klinikum (CTK) in Cottbus rumort es. Ende letzten Jahres hatten die Beschäftigten der Thiem-Service-GmbH (TSG), einer Tochtergesellschaft des kommunalen Krankenhauses, fünf Tage gestreikt. Die Unternehmensleitung hatte sich eine Zeit lang geweigert, mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di zu verhandeln, bis sie schließlich doch dazu bereit war. Für den vergangenen Mittwoch war die nächste Tarifrunde angesetzt. Ob die Beschäftigten erneut in den Ausstand treten müssen, war bis zum Redaktionsschluss dieser Zeitung noch nicht klar. Gewerkschaftssekretär Ralf Franke zeigte sich im Gespräch mit „Unsere Zeit“ entschlossen und bereit, den Arbeitskampf weiter zu führen. ver.di will einen neuen Tarifvertrag erkämpfen, mit dem die TSG-Beschäftigten den Angestellten der Klinik gleichgestellt werden. Der Lohnunterschied beträgt bis zu 25 Prozent, beim Weihnachtsgeld sieht es ähnlich aus: Erhalten die CTK-Mitarbeiter eine „Jahressonderzahlung“ von 80 Prozent eines Monatslohns, bekommen die TSG-Angestellten nur 65 Prozent. Auch bei den Urlaubstagen sind sie schlechter dran. (…) Verdi hatte den erstmalig 2016 mit der TSG ausgehandelten Tarifvertrag Ende September gekündigt und die Geschäftsführung zu Tarifverhandlungen aufgefordert. Die Arbeitgeberseite hatte erst am zweiten Verhandlungstag, Mitte November, erstmals ein Tarifangebot zur Sondierung unterbreitet. Nach diesem Angebot sollten die Löhne ab Januar 2019 nur um zwei Prozent und ein Jahr später um nur weitere 1,5 Prozent steigen. Für die letzten drei Monate in diesem Jahr wollte das Unternehmen eine Einmalzahlung in Höhe von insgesamt 100 Euro leisten. Das wären lediglich 18 bis 20 Cent mehr pro Stunde. Der Stundenlohn einer Serviceassistentin würde sich dann auf 9,82 Euro und ab einer vierjährigen Beschäftigung auf 10,13 Euro erhöhen. ver.di lehnte das Sondierungsangebot als völlig unzureichend ab, denn viele TSG-Mitarbeiter sind nur mit 30 Stunden in der Woche beschäftigt, und ihr Monatsentgelt würde sich nicht einmal um 26 Euro brutto erhöhen. Den letzten Verhandlungstermin, der für den 20. Dezember vereinbart war, hatte die CTK-Geschäftsführung einseitig abgesagt. (…) Dass sie letztlich doch einlenkte, dürfte auch mit der öffentlichen Kritik zusammenhängen. Die CTK-Führung hatte versucht, die TSG-Beschäftigten einzuschüchtern. In einem Brief hatte sich Geschäftsführer Götz Brodermann an sie gewandt und den Streik als „unverhältnismäßig und damit rechtswidrig“ bezeichnet. (…) Nach Angaben des ver.di-Verhandlungsführers Franke wurden Beschäftigte im „Freiwilligen Sozialen Jahr“ sowie Pflegeschüler von der Medizinischen Schule des Carl-Thiem-Klinikums als Streikbrecher eingesetzt. Beides sei illegal.“ Beitrag vom 23.1.2019 im UZ-Blog externer Link, siehe zum Hintergrund auch ver.di Cottbus externer Link
  • „Thiem-Service GmbH: Hohe Beteiligung am Warnstreik am 22.09.2016!“ – am 23. September 2016 bei  ver.di Gesundheit Soziales, Bezirk Cottbus externer Link ist ein Bericht über den Streik am Tag zuvor, worin es unter anderem heißt: „Auch die von der Arbeitgeberseite zugesagte Zahlung einer zusätzlichen „Streikbrecher-Prämie“ von 30 EUR für jeden Beschäftigten, der am Streiktag arbeiten geht, hat die Streikteilnehmer nicht von der Teilnahme am Warnstreik abgehalten. Die Gewerkschaft ver.di hatte die Früh- und Spätschicht der Thiem-Service GmbH, eine 100%ige Tochtergesellschaft des CTK, für Donnerstag, den 22.09.2016 von 6 Uhr bis 22 Uhr zu einem Warnstreik aufgerufen. Mit dem Streik will ver.di die Tarifforderung nach einem Tarifvertrag, der dem Tarifvertrag mit der Carl-Thiem-Klinikum Cottbus gGmbH entspricht, durchsetzen“. Die nächsten Verhandlungen sind der Meldung zufolge auf den 12. Oktober festgesetzt.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=104980
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