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Immer öfter keiner mehr da. Ambulante Pflegedienste sowie Pflegebedürftige und ihre Angehörigen stoßen zunehmend an Grenzen

Dossier

Die perfekte Pflegerin hat 10 Hände...„Werfen wir den Blick auf eine absolute Boombranche: ambulante Pflegedienste. Die Bundesregierung hatte in der letzten Legislaturperiode mit den Pflegestärkungsgesetzen Milliarden Euro in „die“ Pflege gegeben und dabei vor allem die Leistungsansprüche im Bereich der ambulanten Pflege ausgebaut. (…) Doch nun stoßen die ambulanten Pflegedienste – bei denen man bedenken muss, dass weit über 90 Prozent von ihnen auch Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach SGB V erbringen – offensichtlich zunehmend an massive Kapazitätsgrenzen. (…) Die kleinbetriebliche Struktur der ambulanten Pflegedienste in Verbindung mit dem dominierenden Anteil privatgewerblicher Träger hat auch zur Folge, dass wir es mit einer weitgehend tariffreien Zone des Arbeitsmarktes zu tun haben, was mit zu dem deutlichen Vergütungsgefälle zuungunsten der Altenpflegekräfte beiträgt. Und gerade in der mehrfach belastenden Tätigkeit der ambulanten Pflege ist die gegebene Altersstruktur von besonderer Bedeutung – 40 Prozent der mehr als 390.000 Beschäftigten dort sind über 50 Jahre alt…“ Beitrag von Stefan Sell vom 25. September 2019 auf seiner Homepage externer Link. Siehe zum Thema auch:

  • Diakonie-Umfrage: SOS – Ambulante Pflegedienste in Gefahr New
    Die wirtschaftliche Lage der ambulanten Pflegedienste in Deutschland spitzt sich immer weiter zu. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Diakonie Deutschland unter ihren ambulanten Pflegediensten und Diakoniestationen.
    So schätzen 72,7 Prozent der befragten ambulanten Pflegedienste ihre wirtschaftliche Situation als angespannt ein. 54 Prozent haben bereits im Jahr 2022 mit einem Jahresdefizit abgeschlossen. 62 Prozent erwarten für das Jahr 2023 ein Ergebnis im Minusbereich. Etwa ein Drittel der ambulanten Pflegedienste hat nur noch eine Liquiditätsreserve von drei Monaten oder weniger. Fast jeder zehnte Dienst sieht seine Situation als existenziell so gefährdet an, dass er möglicherweise in den nächsten zwei Jahren schließen muss. „Die Umfrage ist ein Alarmsignal. Die häusliche Versorgung pflegebedürftiger Menschen ist akut gefährdet. Denn ambulante Pflegedienste sind eine unverzichtbare Säule unseres Gesundheitssystems“, sagt Diakonie-Sozialvorständin Maria Loheide. Von den rund 4,9 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland werden 84 Prozent zu Hause versorgt. Davon nehmen rund 30 Prozent Pflegesachleistungen durch einen ambulanten Pflegedienst in Anspruch. Die übrigen 70 Prozent werden teilweise ebenfalls durch ambulante Pflegedienste im Bereich der häuslichen Krankenpflege versorgt. Zentrale Ursachen der schlechten Wirtschaftslage sind nach Angabe der befragten Dienste der Fachkräftemangel, die wegen der gestiegenen Personal- und Sachkosten nicht mehr ausreichende Vergütung, aber auch der Zahlungsverzug der Kostenträger. (…) Die Diakonie Deutschland fordert Sofort-Maßnahmen zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Situation der ambulanten Pflegedienste: „Die Pflegedienste können nicht dauerhaft in Vorleistung gehen. Wir brauchen eine bessere Zahlungsmoral. Tarifsteigerungen müssen in den Vergütungen umgehend berücksichtigt werden, Vergütungsverhandlungen dürfen nicht verschleppt werden„…“ Pressemitteilung vom 11. November 2023 bei Diakonie Deutschland externer Link
  • Studie: Arm durch Pflege. Jeder fünfte pflegende Angehörige ist armutsgefährdet. Sozialverband VdK fordert festes Gehalt für Betroffene 
    „Eine Reihe von Kleintransportern steht vor der Bundeszentrale des Sozialverbands VdK. Geladen haben sie großformatige Plakate, die nach der Pressekonferenz am Dienstag morgen ins Regierungsviertel gebracht werden sollen. Darauf zu sehen: Vertreter der Bundesregierung, Lauterbach, Lindner, Paus, Baerbock und Scholz – gealtert. Daneben Sätze wie »Es liegt an Ihnen, ob Ihre Angehörigen später das Geld haben, um Sie zu pflegen.« Es ist eine schöne Idee mit Konstruktionsfehler. Denn die da adressiert werden, müssen sich weder jetzt noch später um ihre Betreuung sorgen. Anders sieht es für einen großen Teil der 4,1 Millionen Pflegebedürftigen und ihre Familien in der BRD aus. 3,3 Millionen von ihnen leben zu Hause. Ein Großteil wird von seinen Nächsten, den Angehörigen, versorgt. Und die Zahl steigt stetig, erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele bei dem Pressegespräch in Berlin. Wie viele es hierzulande genau sind, ist bisher unbekannt. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) geht von 5,3 Millionen pflegenden Angehörigen aus. Etwa die Hälfte von ihnen pflegt die Eltern, 20 Prozent einen Ehepartner, 13 Prozent kümmern sich um pflegebedürftige Kinder, sagte Andreas Büscher, Leiter des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege, bei der Vorstellung einer von zwei Studien, die der VdK in Auftrag gegeben hatte. Die Untersuchung zeigt: Nächstenpflege – der vom VdK präferierte Begriff – ist eine Familienangelegenheit, weiblich und macht arm. Jeder fünfte pflegende Angehörige ist armutsgefährdet, bei pflegenden Frauen ist es jede vierte. In 40 Prozent aller entsprechenden Haushalte sind Angehörige allein für die Versorgung des Pflegebedürftigen verantwortlich. Die meisten Hauptpflegepersonen sind zwischen 56 und 65 Jahre alt und damit noch im erwerbsfähigen Alter. Mit der Übernahme der Nächstenpflege geht die Erwerbstätigkeit zurück. Deutlich, wenn zehn oder mehr Stunden wöchentlich gepflegt wird. Bei 54 Prozent sind die Hauptpflegepersonen gar nicht mehr erwerbstätig. 27 Prozent arbeiten bereits vor Übernahme der wesentlich intensiveren Pflege in Teilzeit oder in einem Minijob. Das fehlende Einkommen bedeutet in der Regel eine erhebliche Belastung. 35 Prozent der Befragten gaben an, die finanzielle Situation bereite ihnen Sorgen. Drei Viertel der Befragten hätten sogar zusätzliche Ausgaben, weil weder die Teilkostenerstattung der Pflege- noch die der Krankenversicherung ausreicht. (…) Der VdK fordert daher einen festen Lohn für pflegende Angehörige. Zwar habe die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag eine Lohnersatzleistung vorgesehen, wobei aber von konkreteren Planungen bislang nichts bekannt sei, sagte Bentele. Zugleich betonte sie, dass ein Lohnersatz, der sich nach dem letzten Gehalt richtet, Frauen und Geringverdiener benachteiligen würde. Mit einem Pflegegehalt würde die Armutsgefährdungsquote am deutlichsten sinken, und dies helfe insbesondere Frauen. »Nur von den Angehörigen können wir so gepflegt werden, wie wir es uns wünschen«, so Bentele…“ Artikel von Susanne Knütter in der jungen Welt vom 28. September 2022 externer Link

  • Verängstigt und vergessen: Pflegende Angehörige und zu Hause gepflegte Menschen sind laut einer Studie durch die Pandemie besonders belastet 
    „Im Lockdown litten zwei Drittel der zu Hause Gepflegten unter Angst und Isolation, fast ein Drittel von ihnen hat das Haus oder die Wohnung nicht mehr verlassen. Von den pflegenden Angehörigen empfanden 84 Prozent die Pandemie als belastend. Das sind die Ergebnisse einer Studie der Hochschule Osnabrück, die der Sozialverband VdK in Auftrag gegeben und am Montag auf einer Pressekonferenz vorgestellt hat. Mehr als zwei Drittel der 16.000 Befragten gaben an, sehr unter der psychischen Belastung in dieser Zeit gelitten zu haben. Gleichzeitig waren für viele dringend benötigte Entlastungsangebote weggefallen. 81 Prozent der Pflegebedürftigen und 87 Prozent der pflegenden Angehörigen mieden den Kontakt zu Dritten. (…) Obwohl rund 80 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause versorgt werden, habe die Politik laut dem Sozialverband VdK für diese circa drei Millionen Betroffenen nichts getan. »Für die Pflegeheime legte die Große Koalition millionenschwere Rettungsschirme auf, für die Pflegekräfte gab es immerhin Applaus und Boni«, sagte die VdK-Präsidentin Verena Bentele auf der Pressekonferenz. »Nur für die pflegenden Angehörigen zu Hause gab es mal wieder nix.« (…) In Studien zeigt sich immer wieder, dass pflegende Angehörige körperlich und psychisch stark belastet sind, oft leiden sie zudem unter einer prekären finanziellen Situation. Der VdK fordert die Einführung einer Pflegepersonenzeit. Mit dieser sollen Pflegende einen Rechtsanspruch auf eine teilweise oder vollständige Freistellung von ihrer Arbeit haben. Zudem sollen sie analog zum Elterngeld eine Art Lohnersatzleistung, ein Pflegepersonengeld, erhalten. Auch rentenrechtlich brauche es eine bessere Anerkennung für diejenigen, die Menschen zu Hause pflegen. »Die Menschen, die zu Hause pflegen oder gepflegt werden, haben keine Gewerkschaft«, erklärte Bentele. Die Menschen, die zu Hause pflegen, streiken nicht. »Genau deshalb ist eine rentenrechtliche Anerkennung so extrem wichtig.« Nur so könne verhindert werden, dass sie, wenn sie für die Pflege ihrer Angehörigen ihre reguläre Arbeitszeit reduzieren oder gar aus dem Job aussteigen, später nicht noch mehr von Altersarmut betroffen sind…“ Artikel von Lisa Ecke vom 23. August 2021 in neues Deutschland online externer Link
  • Ambulante Pflegedienste zwischen expandierender Nachfrage, Kapitulation vor Ort und einer Spitzenplatzierung im „Betrugs-Ranking“ der Kassen „Wenn über „die“ Alten- bzw. Langzeitpflege in Deutschland gesprochen wird, dann bewegt man sich wohl oder übel innerhalb des historisch gewachsenen, „versäulten“ Pflegesystems. Hier die häusliche Pflege, teilweise unterstützt von den mehr als 14.700 ambulanten Pflegediensten (und von Hunderttausenden osteuropäischen Betreuungskräften, die im Schatten der regulären Strukturen agieren), dort die stationäre Pflege in den Pflegeheimen. Und wenn man die mediale Berichterstattung und auch den Fokus der öffentlichen Debatte bilanzieren muss, so wird man zu dem Befund kommen, dass in weiten Teilen die Pflegeheime im Zentrum stehen, zugleich mit einem klaren Schwerpunkt auf eine skandalisierende und auch viele tatsächliche Missstände anprangernde Darstellung der Verhältnisse in vielen Heimen. Und auch der berechtigte Hinweis auf Missstände bei der Personalausstattung und der Arbeitsbedingungen, einschließlich der Vergütung der Pflegekräfte, wird oftmals an den Heimen diskutiert. Aber die Zahlen von oben betrachtet und die Realität der Versorgung von unten sprechen eine andere Sprache, denn „nur“ 20 Prozent der mehr als 4,1 Mio. Pflegebedürftigen wird im stationären Setting versorgt, die große Mehrheit von 80 Prozent hingegen im häuslichen Umfeld. Und da spielen die ambulanten Pflegedienste eine ganz zentrale Rolle. (…) Bei den ambulanten Pflegediensten fokussiert der Mangel nicht überraschend auf den Personalbereich. Vorne und hinten fehlen die angesichts des starken Wachstums der Nachfrage erforderlichen zusätzlichen Pflegekräfte und dann sind auch noch viele vorhandene Pflegekräfte aufgrund der langen Corona-Monate aus dem Berufsfeld geflüchtet oder aber stehen kurz vor einem Weggang. Erschwerend kommt neben dem Pflegekräftemangel hinzu, dass das Abrechnungssystem, in das die Pflegedienste im Bereich der Langzeitpflege eingebunden sind, neben seinen seit vielen Jahren beklagten Systemmängeln (beispielsweise der Druck hin zu einer alle Beteiligten frustrierenden und dehumanisierten Minutenpflege sowie einer generellen Unterfinanzierung der Pflegeleistungen) nun auch noch seine grundsätzlich gegebenen Schwächen im Sinne einer nicht annähernd ausreichenden Differenzierung zwischen ambulanter Pflege in einer Stadt mit relativ kurzen Wegen und den vielen ländlichen Räumen, wo allein die Anfahrt zu den zu versorgenden Menschen ein Vielfaches an Zeit schluckt, so dass sich aus einer betriebswirtschaftlichen Sicht im bestehenden System eine Exit-Entscheidung, was die Versorgung in ländlichen Räumen angeht, als eine durchaus rationale Entscheidung darstellt. (…) Es ist wie so oft im Leben völlig ungerecht: Die vielen absolut korrekten Anbieter ambulanter Pflegedienste saufen ab in einer strukturellen Unterfinanzierung dieses so bedeutsamen Teils der Pflege, sie verstricken sich in von oben vorgegebene teilweise hanebüchene Vorschriften, sie werden zu Dokumentationsklimmzügen gezwungen, die viele Potemkinsche Dörfer auf dem Papier produzieren. Und wenn sie ihr Personal besser vergüten wollen, wenn sie Entlastung schaffen wollen durch mehr Personal, dann laufen sie gegen die harte Wand eines unterbudgetierten Systems. Zugleich aber wird immer wieder auch berichtet von denjenigen, die sich in diesem System eine goldene Nase verdienen, was natürlich nur mit krimineller Energie funktionieren kann. (…) Bei aller völlig berechtigten Kritik an diesen Ausformungen kriminellen Verhaltens muss doch mit Blick auf das Gesamtsystem hervorgehoben werden, dass es diese schwarzen Schafe gibt, aber dass die ganz große Mehrzahl der ambulanten Pflegedienste völlig korrekt handelt…“ Beitrag von Stefan Sell vom 25. Juli 2021 auf seiner Homepage externer Link „aktuelle Sozialpolitik“
  • [Bericht eines Physiotherapeuten] Keine Anzeichen für Meuterei 
    Der folgende Erfahrungsbericht eines Berliner Physiotherapeuten beschreibt den ganz normalen Wahnsinn im Gesundheitssektor. Es geht um unversorgte Kranke, überlastete Gesundheitsarbeiter, die vorenthaltene Extraportion Rum und die verpassten Chancen, gegen diese Zustände zu rebellieren. Dem Verfasser reicht es nicht, lediglich die Pandemie einzudämmen und zum tristen Status Quo zurückzukehren. Anstatt an Politiker und träge Gewerkschaftsapparate zu appellieren, setzt er auf die Selbstorganisierung der Lohnarbeiterinnen und will einen Beitrag dazu leisten, sich über die eigenen Erfahrungen auszutauschen und eine kollektive Praxis zu entwickeln. Nicht von oben, nicht von außen, sondern von unten: Ich schreibe euch Anfang 2021 als Physiotherapeut, angestellt in Berlin. Den Großteil meiner Erfahrungen habe ich mit Kolleginnen, Patientinnen und Freunden diskutiert, notiert habe ich es alleine. Ich schreibe viel zu spät, vieles, was ich beschreibe, was wir erlebt haben, war auch am Anfang der Pandemie schon zu erwarten. Wir haben zunächst damit zu tun gehabt, uns ohne irgendeine vernünftige Vorgabe oder Hilfe von oben schlau zu machen, Hilfsmittel und eine pandemiegerechte Arbeitsplanung zu organisieren. Da blieb kaum Zeit. Das ganze Geplapper über Solidarität mit den Alten und dem Pflegepersonal ließ uns wahrscheinlich auch hoffen, dass die da oben irgendetwas zum Schutz der gefährdeten Personengruppen beitragen würden, und es vielleicht doch nicht so schlimm kommen würde. Heute wissen wir es besser. Die in den Pflegeheimen eingesperrten und von ihren Freundinnen und Angehörigen isolierten Patientinnen wurden schutzlos dem Kontakt mit einem weiterhin gnadenlos überlasteten Personal ausgeliefert, das bis in den Winter nicht getestet wurde. Wir wissen auch, dass die erwartbare Folge von Zehntausenden Toten nicht zu Streiks oder Besetzungen in den Pflegeheimen oder zur Stürmung der kostenlosen Corona- Teststellen für Touristen durch Altenpflegerinnen geführt haben. Die Solidarität, die sich in meinem Kiez durch Hilfsangebote und mehr direkte Kommunikation über Bedürfnisse und Notwendigkeiten offen ausdrückte, fand in den Betrieben des Gesundheitsektors weiterhin keinen Ausdruck. Zumindest in meinem Umfeld hat sich Solidarität nicht in offenem Ungehorsam gegenüber den jeweiligen Betriebsleitungen ausgedrückt. Jetzt hat die politische Forderung nach einem „solidarischen Lockdown“ und einer Rekommunalisierung des Gesundheitswesens, wie sie die „zerocovid“ – Kampagne vorschlägt, immerhin zu einer Diskussion geführt, an der auch Arbeiterinnen und Patienten teilnehmen. Dazu möchte ich mit meinen Einschätzungen beitragen, auch, weil sich – bei aller Kontroverse – Befürworterinnen und Kritikerinnen der Kampagne darüber einig sind, dass Lockdown und/oder Vergesellschaftung des Gesundheitssektors „von unten“ kommen müssen. Zunächst: zum Lockdown von unten hab ich nicht viel zu sagen. Wenn damit selbst organisierte Streiks gemeint sind, bin ich dafür. Jetzt zur Vergesellschaftung. Wie soll das erreicht werden? Klar ist, dass wir von Typen wie Spahn oder Kalayci („Gesundheitssenatorin“) auch in Zukunft nichts zu erwarten haben. Warum sollten wir an Geschäftemacher und Horrorclowns appellieren, deren ganze Agenda, nämlich die Ausbeutung von Patientinnen und Personal, genau zu dem Alptraum geführt haben, in dem wir jetzt auch noch eine Pandemie abfangen müssen? Wenn Appelle und vernünftige Argumentation gegenüber solchen Strukturen nutzlos sind, landen wir bei der Frage, wie wir eine kollektive Praxis aufbauen können, die darauf abzielt, das Gesundheitswesen in unsere Hände, also die Hände der dort Arbeitenden und der Patientinnen zu bekommen. (…) Die Opfer des Corona–Winters konnten wir nicht schützen. Was wir geleistet haben, war im Nachhinein das Gleiche, wie vor der Coronakrise: die heldenhafte Crew riskiert ihr eigenes Leben, dazu das der Patientinnen und verzichtet außerdem gleichmütig auf die Extraration Rum. Dass wir alle eine Prämie kriegen, hat ohnehin keine erwartet, oder? Der Rest der Arbeiterinnen denkt sich, wenn die da mitmachen, wird es schon seine Richtigkeit haben. Wir sind ja sehr angesehen, unsere faktische Zustimmung bedeutet was für die meisten Leute. „Ist doch eigentlich ganz gut, unser Gesundheitssystem, oder?“ „Wahrscheinlich eines der besten, nicht wahr?“ „Ähm, ich hoffe nicht.“ Damit bleibt dann alles, wie es ist…“ In Gänze lesenwerter Bericht am 25. März 2021 bei Kosmoprolet erschienen externer Link – wir danken dem Autor für den Hinweis!
  • Die nächsten Wochen durchhalten. Die Sozialpädagogin Gabriele Tammen-Parr über die Arbeit der Beratungsstelle »Pflege in Not« 
    „… Seit den ersten bundesweiten Schließungen haben wir ab Mitte März unsere Sprechzeiten verdreifacht. Für diejenigen, die zu Hause Angehörige pflegen, wurden schlagartig alle Unterstützungsangebote eingefroren, darunter auch die Tagespflege. Das betrifft bundesweit immerhin drei Viertel aller Pflegebedürftigen. In der Beratungsstelle war uns von Anfang an klar, dass sich in der häuslichen Pflege Dramen abspielen werden. Deshalb entschieden wir uns, die Telefonberatung auf sechs Stunden am Tag und zusätzlich den Sonnabend auszudehnen. (…) Inzwischen sind die Unterstützungsangebote, wenn auch stark ausgedünnt, wieder angelaufen. Es gibt wieder die Tagespflege, aber in kleineren Gruppen. Alle Beteiligten sind sehr vorsichtig und hoffen, auch noch die nächsten Wochen durchzuhalten. Die Heime wollen ansteckungsfrei bleiben. In Berlin wurde pro Bezirk ein Pflegestützpunkt freigemacht, an dem sich Angehörige vor dem Besuch in einem Pflegeheim testen lassen können, damit die Einrichtungen entlastet werden. Aktuell kommt für die Heime hinzu, dass sie auch die Impfungen ihrer Bewohner begleiten müssen. Die Anrufe bei uns waren von März bis in den Herbst hinein von viel Angst und Verzweiflung geprägt. Im Moment ist es eher Durchhalten, aber auch Ungeduld, etwa was das Impfen betrifft. Die Heime könnten im Februar mit der zweiten Impfdosis durch sein. Viele hoffen jetzt auf diesen Moment. [Welche Forderungen stellen Sie an die Politik?]  Andere Bundesländer beneiden Berlin: Wir haben hier ein gut gespanntes Beratungsnetz rund um die Pflege, drei Pflegestützpunkte pro Bezirk und viele weitere Beratungsangebote für alte Menschen und pflegende Angehörige. Zusätzlich gibt es unsere pflegeergänzende Spezialberatungsstelle. (…) Über 60 Prozent der Menschen, die zu Hause gepflegt werden, erhalten Pflegegeld – die Aufgabe wird also von den Angehörigen allein bewältigt. Es muss viel mehr gewürdigt werden, was die Familien leisten. Die Gesellschaft ist darauf angewiesen! Würden sie diese Arbeit plötzlich beenden, hätten wir nicht genug Einrichtungen für die Pflegebedürftigen. Die Angehörigen sollten noch viel mehr unterstützt werden. Dazu gehört auch, die Tabus anzusprechen: Ja, es gibt psychische Gewalt, Drohungen, Abwertung, Beschimpfungen. Weil Pflege in der Familie viele müde und mürbe macht…“ Interview von Ulrike Henning mit Gabriele Tammen-Parr vom 25.01.2021 in Neues Deutschland online externer Link
  • Häusliche Pflege in Corona-Zeiten: Die Nicht-Aufmerksamkeit für die „unsichtbaren“ Pflegenden 
    “… Die Situation der ambulanten Pflegedienste ist auch derzeit, wie im Frühjahr, kaum bis gar nicht auf dem Schirm der Berichterstattung. Und wie sieht es dort aus, wo die meisten Pflegebedürftigen, weit mehr als 70 Prozent, versorgt und gepflegt werden? Also in der häuslichen Pflege? Und wie geht es den vielen pflegenden Angehörigen, ohne die innerhalb von Minuten das deutsche Pflegesystem zusammenbrechen würde? Dazu muss man nur wissen: Der überwiegende Anteil pflegerischer und sozialer Unterstützung für pflegebedürftige Menschen findet in Deutschland innerhalb der häuslichen Umgebung statt. 3,34 Mio. der zum 31.12.2019 gemeldeten 4,25 Mio. pflegebedürftigen Menschen in Deutschland wurden dabei in einem häuslichen Setting versorgt. Das entspricht einem Anteil von 79 % aller Pflegebedürftigen. Bereits im Sommer dieses Jahres wurde berichtet externer Link: »Seit Beginn der Corona-Pandemie hat sich die Situation von älteren Menschen, die zuhause betreut werden, deutlich verschlechtert. Eine bundesweite Online-Befragung von 330 pflegenden Angehörigen durch die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz ergab: Fast drei Viertel von ihnen haben eine Zunahme von Einsamkeit oder depressiven Verstimmungen bei den Pflegebedürftigen wahrgenommen.« Hingewiesen wurde auf die negativen Auswirkungen der verhängten Kontaktbeschränkungen: »85 Prozent der Befragten an, dass Besuche von Verwandten, Bekannten oder Freunden aufgrund der Pandemie eingeschränkt wurden.« (…) „Auch die pflegenden Angehörigen haben fast zur Hälfte den Kontakt zu der pflegebedürftigen Person eingeschränkt. Unsere Ergebnisse machen deutlich, dass die ohnehin prekäre häusliche Altenpflege unter Covid-19 weitere Zuspitzungen erfährt“, so Cornelia Schweppe. Die besondere vulnerable Bevölkerungsgruppe werde ebenso wie ihre pflegenden Angehörigen „höchst vernachlässigt“. So habe mehr als die Hälfte der befragten Angehörigen angegeben, dass die Pflege belastender sei als vor Beginn der Pandemie. 38 Prozent gaben an, sich in der derzeitigen Pflegesituation überfordert zu fühlen. »Pflegende Angehörige leiden überdurchschnittlich stark unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie: Mehr als jeder zweite sagt, dass sich sein Gesundheitszustand im Vergleich zu vorher verschlechtert hat. 57 Prozent geben an, dass die Belastung durch die Pflege deutlich gestiegen ist. Ein Drittel bewertet die eigene Lebensqualität als schlecht oder sehr schlecht, vor der Corona-Pandemie waren es nur sieben Prozent – der Wert hat sich also mehr als vervierfacht.« Das berichtet die Krankenkasse DAK-Gesundheit externer Link, die eine Studie in Auftrag gegeben hat beim Bremer Gesundheitsökonomen Heinz Rothgang. Deren Ergebnisse wurde nun in einem „Schnellbericht“ veröffentlicht: (…) »Die Vereinsamung pflegender Angehöriger ist durch die Maßnahmen sozialer Distanz während der Pandemie noch verstärkt worden: Gut jeder zweite Befragte ist einsam. Vor der Corona-Krise war es ein Drittel. Auch bei der wahrgenommenen Wertschätzung ist eine Verschlechterung erkennbar. Weniger als vor der Pandemie haben das Gefühl, Wertschätzung zu bekommen.« Heinz Rothgang wird mit diesen Worten zitiert: „Pflegende Angehörige sind eine der größten Stützen unserer Gesellschaft. Doch sie bleiben unsichtbar: Auch in der Corona-Krise bekommen sie weder zusätzliches Geld noch Applaus. Diese geringe Anerkennung ihrer Arbeit macht die Situation Pflegender noch schwerer. Umso wichtiger ist es, ihre Leistung anzuerkennen und sie mit geeigneten Maßnahmen zu unterstützen.“ (…) Die von Storm angesprochenen Reformpläne aus dem Bundesgesundheitsministerium sehen vor, Verhinderungs- und Kurzzeitpflege zusammenzulegen und aus einem Budget-Topf zu zahlen. So soll die häusliche Pflege flexibilisiert werden. Zudem sollen die ambulanten Pflegeleistungen regelmäßig erhöht werden. Dazu findet man beim Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, unter der Überschrift Mehr Flexibilität und Unterstützung für die häusliche Pflege externer Link die folgenden Hinweise: »Pflegebedürftige und ihre Angehörigen stehen nicht nur in einer Pandemie immer wieder vor der Herausforderung, von einem auf den anderen Tag die häusliche Pflege anders organisieren zu müssen, z. B. weil der Pflegebedarf sich ändert. Dazu ist ein hohes Maß an Flexibilität bei den ambulanten Pflegeleistungen notwendig. Für die aktuellen, pandemiebedingten Versorgungsprobleme wurde diese Flexibilität punktuell und befristet geschaffen. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen benötigen sie jedoch deutlich umfassender und dauerhaft. In meinem Konzeptpapier zum Entlastungsbudget 2.0 externer Link habe ich deshalb einen praktikablen Vorschlag zur Neujustierung der ambulanten Pflegeleistungen vorgelegt. Nahezu alle Leistungen bei häuslicher Pflege sollten demnach in zwei flexibel abrufbaren Budgets, dem Pflege- und Entlastungsbudget, zusammengefasst werden. Zusammen mit einer vertrauensvollen, unabhängigen Beratung vor Ort durch den „Pflege Ko-Piloten“ externer Link werden individuelle und passgenaue Pflegesettings endlich möglich.« Zumindest das „Entlastungsbudget 2.0“ soll also wohl kommen. Ob die vom Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung der Kommunalisierungsdiskussion entgegenkommende Forderung nach sogenannten „Pflege Ko-Piloten“ jemals das Licht der Welt außerhalb von insularen Modellprojekten, die nach zwei Jahren wieder auslaufen, erblicken werden, sei hier mal aufgrund der bisherigen Erfahrungen der vielen letzten Jahre eher als frommer Wunsch einsortiert. Aber man lässt sich ja gerne überraschen und widerlegen bei solchen Einschätzungen…“ Beitrag von Stefan Sell vom 05.11.2020 bei Aktuelle Sozialpolitik externer Link
  • Pflegedienste seit Wochen im Ausnahmezustand 
    „Viele Pflegedienste sind seit Wochen im Ausnahmezustand“, sagt die pflegepolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Kordula Schulz-Asche, im Interview mit Häusliche Pflege. „Das geht nicht lange gut und das kann auch so nicht weitergehen“, warnt sie eindringlich. „Covid-19 wirft ein Schlaglicht auf die vorhandenen strukturellen Probleme der häuslichen Pflege in Deutschland“, meint die pflegepolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. Der schnelle Aufbau der Intensivkapazitäten habe bisher im Vordergrund gestanden. „Dabei ist doch offensichtlich, dass in allen Pflegesituationen, insbesondere aber auch in der ambulanten Pflege, geeignete Schutzausrüstung in ausreichendem Umfang vorhanden sein muss“, betont Schulz-Asche. Die Corona-Pandemie habe die Probleme in der Pflege nicht ausgelöst, sondern zum Teil nur verstärkt: „Wir müssen jetzt aufpassen, dass die vielen Probleme nach Beendigung der akuten Phase der Covid-19-Pandemie nicht wieder aus dem Blick der Öffentlichkeit verschwinden. Noch steht die Frage von Impfstoffen und ihre Verteilung im Raum, bei der wir auch die pflegebedürftige und pflegende Menschen im Auge haben müssen. Und dann müssen wir endlich an die strukturellen Probleme der Langzeitpflege in Deutschland – die Lohnsituation deutlich verbessern, die Arbeitsbedingungen attraktiver gestalten und vor allem die positiven Aspekte der Pflegearbeit stärker betonen, ohne das Pflegepersonal mit allein mit Merci-Schokolade zu überhäufen“. Interview mit Kordula Schulz-Asche vom 25.062020 bei Häusliche Pflege externer Link
  • Alexander Jorde: Das Pflegesystem wird uns um die Ohren fliegen
    Die Pflegekräfte sind nicht erst seit der Corona-Krise am Limit. Alexander Jorde spricht über die Situation in der Pflege und wie sich die Beschäftigten selbst organisieren können. (…) Man muss natürlich dazusagen, dass es in der Pflege – egal ob im Krankenhaus, in Pflegeeinrichtungen oder im ambulanten Pflegedienst – schon vorher so war, dass viele Kolleginnen und Kollegen an der Belastungsgrenze arbeiteten. Die Pandemie kommt jetzt noch on top und wirft alles ein bisschen durcheinander. Aber grundsätzlich war die Belastung auch vorher schon enorm. (…) Was ich als sehr krass empfunden habe, war, dass eine der ersten Maßnahmen der Politik – insbesondere in Person von Herrn Spahn – die Aussetzung der Personaluntergrenzen war. Diese wurden in der letzten Legislaturperiode beschlossen und für einige wenige Krankenhausstationen auch bereits eingeführt, wobei weitere Stationen folgen sollten. Die gesetzlichen Personaluntergrenzen legen fest, dass es eine maximale Anzahl von Patienten gibt, die eine Pflegekraft in einem bestimmten Bereich betreuen darf. (…) In Niedersachsen beispielsweise haben im letzten Jahr ein Drittel der Kliniken Betten in den betroffenen Stationen fast permanent gesperrt, weil sie zu wenig Personal hatten, um diese Untergrenzen einzuhalten. Ich kenne Intensivstationen, in denen aufgrund der Personaluntergrenzen fast die Hälfte der Betten gesperrt waren. Wenn diese Untergrenzen nun aufgehoben werden, werden alle diese Betten wieder eingesetzt. In der Altenpflege gibt es Bereiche, in denen deutlich über 50 oder noch mehr Bewohner auf eine Pflegekraft kommen. Und durch Corona ist es jetzt zu einer noch größeren Mehrbelastung gekommen. Man muss sich Schutzkleidung anziehen, Schutzmasken häufig wechseln. Das ist eine zusätzliche Arbeitsbelastung und verschärft natürlich noch einmal die Situation. (…) Ich hätte mir gewünscht, dass die Gewerkschaft, die ja die Tarifverträge für Pflegende aushandelt, die Forderung nach fünf Euro steuerfreier Zulage pro Stunde aufstellt. Dadurch schafft man einen Anreiz dafür, dass die Menschen mehr arbeiten, die sagen, dass sie die Kapazitäten haben. Dadurch hätte man viel mehr erreicht als damit, alle Schutzmaßnahmen außer Kraft zu setzen. Jetzt wird gesagt: »Ihr könnt im Prinzip zwölf Stunden arbeiten ohne Personaluntergrenzen – für den gleichen Lohn, den ihr vorher auch bekommen habt.« Das ist natürlich nicht der richtige Schritt – und ich glaube, das wird uns spätestens nach Corona oder in ein paar Jahren um die Ohren fliegen, weil sich sehr viele auch jetzt schon dafür entscheiden, ihre Arbeitszeit zu reduzieren oder den Beruf zu verlassen…” Interview mit Alexander Jorde geführt von Steve Hudson und Ines Schwerdtner am 14.05.2020 im Jacobin externer Link
  • Tag der Pflegenden: Lob und Nebelkerzen
    Es ist wie am Muttertag: Einmal im Jahr werden Pflegekräfte am »Tag der Pflegenden« mit Lobpreisungen überhäuft. An den restlichen 364,24 Tagen des Jahres sollen sie ihre Arbeit tun, ohne zu klagen und zu fordern. Besonders viel Lob gab es zum diesjährigen 12. Mai, da die Pflegeberufe allseits als »systemrelevant« erkannt wurden. Das gilt freilich nicht nur für sie, sondern für sämtliche Beschäftigte in den Gesundheitseinrichtungen. Allerdings spüren die ebenso »systemrelevanten« Reinigungskräfte im Krankenhaus und die Hauswirtschafterin im Pflegeheim bislang wenig von der Wertschätzung. Doch auch Pflegekräfte haben allen Grund, ihre Forderungen lautstark auf die Straße zu tragen, wie sie es am Dienstag in etlichen Städten getan haben. Denn die Bedingungen, unter denen sie ihre lebenswichtige Arbeit machen müssen, sind nicht erst seit der Verbreitung des Coronavirus miserabel. (…) Und auch in Zeiten der Pandemie hat die Bundesregierung sofort klar gemacht, dass die Bedürfnisse der Gesundheitsbeschäftigten zurückstehen sollen: Als erste Maßnahmen setzte sie die ohnehin unzureichenden Untergrenzen beim Pflegepersonal in einigen Krankenhausbereichen aus und ermöglichte Dienstverpflichtungen, 12-Stunden-Schichten sowie verkürzte Ruhezeiten. Bis heute mangelt es vielerorts an qualitativ hochwertigem Schutzmaterial. Trotz des Geredes scheint die Gesundheit der Beschäftigten nicht viel zu zählen. 54 von ihnen sind laut Robert Koch-Institut bereits an Covid-19 verstorben. Durchschnittsalter: 41 Jahre, drei von vier waren Frauen. »Klatschen allein hilft nicht«, heißt es denn auch bei den Protesten. Die Beschäftigten wollen, dass Politiker und Klinikchefs endlich handeln. Das heißt unter anderem: rasche Einführung bedarfsgerechter und verbindlicher Personalvorgaben in Krankenhäusern und Pflegeheimen, flächendeckende Tarifbindung in der Altenpflege, ein Ende von Lohndumping durch Ausgliederungen und Privatisierung. Und nicht zuletzt: Die Beseitigung des Finanzierungssystems der Fallpauschalen, das die Krankenhäuser in eine gnadenlose Preiskonkurrenz getrieben hat. Die Regierung steht in diesen Fragen mittlerweile gehörig unter Druck. Um diesen zu mindern, setzt ihr Pflegebevollmächtigter Andreas Westerfellhaus auf Ablenkung…” Kommentar von Daniel Behruzi in der jungen Welt vom 13.05.2020 externer Link

    • ver.di fordert zum Tag der Pflegenden dauerhaft bessere Arbeitsbedingungen
      ver.di fordert zum Tag der Pflegenden am 12. Mai eine dauerhafte Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. „Es ist schön, wenn die Menschen für Pflegekräfte applaudieren. Damit die Anerkennung ihrer wichtigen Rolle für die Gesellschaft glaubwürdig bleibt, braucht es jetzt aber auch verlässliche Zusagen für dauerhaft bessere Arbeitsbedingungen“, sagte Sylvia Bühler, die im ver.di-Bundesvorstand für das Gesundheits- und Sozialwesen zuständig ist. „Die Beschäftigten in der Kranken- und Altenpflege sorgen an jedem Tag und in jeder Nacht dafür, dass kranke und pflegebedürftige Menschen gut versorgt werden. Dafür fordern sie Respekt auch im Alltag – das heißt vor allem gute Arbeitsbedingungen und mehr Personal.“ Bühler kritisierte, dass grundlegende Schutzrechte der Beschäftigten außer Kraft gesetzt blieben, während zugleich wieder verstärkt planbare Operationen durchgeführt würden. „Die pauschale Aussetzung der Pflegepersonaluntergrenzen in Kliniken und die mögliche Ausweitung der Arbeitszeiten auf zwölf Stunden pro Schicht müssen unverzüglich aufgehoben werden“, so die Gewerkschafterin. „Die Beschäftigten verlangen, dass auch ihre Gesundheit geschützt wird. Dazu gehört, dass sie regelmäßig auf den Corona-Virus getestet werden und genug qualitativ hochwertiges Schutzmaterial zur Verfügung steht. Das ist längst noch nicht überall der Fall.“ Am Dienstag werden zum Tag der Pflegenden vielerorts Aktionen stattfinden, entweder im virtuellen Raum oder unter Beachtung des Abstandsgebots. Zudem gibt es eine Internet-Debatte von Beschäftigten aus dem Gesundheitswesen mit dem Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus. Als Arbeitgebervertreter werden der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Dr. Gerald Gaß, und der Vorsitzende des Bundesverbands der Arbeiterwohlfahrt, Wolfgang Stadler, teilnehmen…” Pressemitteilung vom 11. Mai 2020 externer Link
  • Pflege nach Corona: Der Exodus wird kommen 
    Wird es mit der Ökonomisierung sozialer Arbeit nach der Pandemie aufhören? Unser Autor – der auch Pfleger ist – hat wenig Hoffnung. (…) Ich erwarte eine baldige Rezession und damit auch eine Beschneidung finanzieller Mittel im Sozialen. Damit einhergehend erwarte ich eine Verschärfung der Professionalisierungsdebatte. Soziale Arbeit soll effektiver und messbarer werden, das heißt mehr Bürokratie, mehr Hierarchie. Das wird zulasten der Menschen gehen, die Hilfe brauchen. Und diese Menschengruppe wird größer werden. Von den Sozialarbeiter:innen wird nur wenig Widerspruch kommen: An den Hochschulen wird das Professionalisierungsdogma schon seit Jahren gelehrt. Einige wenige im Sozialen werden sich politisieren und dann mangels Strukturen in der großen Normalisierungsmühle, die das Sozialwesen ist, aufgeraucht werden. Ich erwarte schon für die nahe Zukunft einen Exodus der Mitarbeiter:innen, die in den Krisenzeiten am engagiertesten waren. Insgesamt erwarte ich eine noch stärkere sozialdarwinistische Ausrichtung des Diskurses. Es wird sehr viel mehr über die Rettung des Wirtschaftssystems gesprochen als über die Rettung von Menschenleben. Die Infektionsrate auf unter 1 zu senken geschieht mit dem Ziel, das Gesundheitssystem nicht zu überlasten, über eine Ausrottung des Virus wie in Neuseeland wird nicht einmal nachgedacht. Eine Gesellschaft zu entwickeln, die die Menschen vor Ansteckung schützt, wird, wenn überhaupt, nur am Rande diskutiert. Dass auch bei einer Infektionsrate von 1 viele Menschen an dem Virus sterben werden, wird einfach hingenommen: wer stirbt, war ohnehin nicht zu retten, wird es heißen. Ich erwarte, dass der bereits tief verankerte Fatalismus im Sozialen weiter um sich greift. Und ich erwarte, dass sich noch mehr Pflegende diesem Fatalismus entziehen, indem sie sich in eine unpolitische, obskurantistische Traumwelt von Verschwörungstheorien, Esoterik und rechtslastiger Propaganda flüchten...” Kommentar von Frédéric Valin vom 1.5.2020 in der taz online externer Link
  • Wenn aus Notstand Panik wird: Was in der Pflege passiert, ist ein Skandal
    Der Pflegenotstand wird unerträglich. Doch die Politik verheddert sich im Klein-Klein. Sie bräuchte den Mut zu umfassenden Strukturveränderungen…“ Ein Kommentar Rainer Woratschka vom 29.9.2019 beim Tagesspiegel online externer Link

Siehe im LabourNet Germany auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=155056
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