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Psychotherapeuten in Ausbildung: 240 Euro nach sechs Jahren Studium

Psychotherapeuten*innen in Ausbildung„… Manchmal, wenn Julia Keil an ihre Situation denkt, steigt die Wut in ihr hoch. Die viele Arbeit, die Verantwortung, wenn sie Teile des Arztbriefs schreibt oder psychologische Gespräche führt, und dann die 240 Euro, die sie dafür im Monat bekommt. (…) So wie Keil geht es vielen, die psychologische Psychotherapeuten werden wollen: Sie haben oft mehrere Nebenjobs, stehen samstags an der Supermarktkasse oder hinter einem Tresen. Viele machen Schulden oder sind mit Ende 20 noch auf ihre Eltern angewiesen. Die Ausbildung kostet zwischen 20 000 und 60 000 Euro. Und die Kliniken, in denen sie ihre Pflichtstunden ableisten, zahlen ihnen oft nichts oder nur wenig. (…) Doch jetzt, wo die Reform der Ausbildung nach langem Hin und Her in greifbarer Nähe ist und bereits ein Entwurf des Gesundheitsministeriums vorliegt, scheinen sich manche nicht mehr sicher zu sein, ob die Veränderung, die darin festgehalten ist, die richtige ist…“ Artikel von Michaela Schwinn vom 18. Februar 2019 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link, siehe dazu:

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    „»Jetzt seid mal richtig laut«, fordert eine Rednerin. Sie gibt am Mikrophon die Parole vor: »45 percent pays no rent!« (45 Prozent reichen nicht für die Miete). Etwa 60 Psychotherapeuten in Ausbildung haben sich am Meyerinckplatz in Charlottenburg unweit ihres Ausbildungsinstituts, der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT), versammelt. Bei eisigen Temperaturen wird Glühwein und Tee ausgeschenkt, Aktivisten verteilen Flyer an Passanten. Die Psychotherapeuten in Ausbildung wollen eine Liste mit 250 Unterschriften an die Institutsleitung überreichen. Sie fordern bei ihrem Aktionstag am vergangenen Donnerstag mehr Geld. Als Teil ihrer Ausbildung müssen sie 600 sogenannte Ambulanzstunden absolvieren, bei denen sie Patienten an ihrem Institut eigenständig behandeln. Die Ambulanzstunden werden regulär von den Krankenkassen vergütet, aber eine Tochtergesellschaft des Instituts, die die Ambulanz betreibt, behält den größten Teil des Honorars ein. Den Auszubildenden wird nur ein Anteil von 45 Prozent ausgezahlt. Bei einer Vollzeitambulanztätigkeit entspricht das üblicherweise etwa 600 Euro im Monat. In Berlin reicht das unmöglich zum Leben. »Wir machen einen verantwortungsvollen Job, das sollte auch angemessen vergütet werden«, sagt eine Person, die für die Psychotherapeuten spricht. Weil zur Institutsleitung auch Prüfer gehören, möchte sie anonym bleiben. Psychotherapeuten in Ausbildung haben ihr Psychologiestudium abgeschlossen, müssen aber noch eine etwa dreieinhalbjährige Ausbildung bis zur Approbation ableisten. Statt 45 Prozent sollten sie zunächst 52 Prozent und längerfristig 60 Prozent des Kassensatzes erhalten, fordern die Psychotherapeuten in Ausbildung. »Wir erwarten nicht, reich zu werden, aber wir wollen über die Runden kommen«, sagen zwei von ihnen bei der Kundgebung. Auch sie wollen anonym bleiben. Er habe sogar einen Kredit aufnehmen müssen, berichtet einer. Besonders erbost sind viele darüber, dass die DGVT weitere Institute und Ambulanzen aufkauft, während die Honorare weiter niedrig bleiben. »Die Beschäftigten, nicht die Profite sollten Priorität haben«, sagt eine Rednerin. Für ihren Aktionstag haben die Psychotherapeuten in Ausbildung die Arbeit für einen Tag niedergelegt. Sie werden als Selbständige für die Ambulanzstunden beauftragt. Von einem Streik möchte man daher nicht sprechen. »Wir machen das auf unsere eigenen Kosten«, heißt es. Patienten in psychischen Notsituationen könnten sich telefonisch melden. »Wir lassen da niemanden im Stich.«…“ Artikel von Marten Brehmer vom 5. Dezember 2022 in Neues Deutschland online externer Link

Siehe auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=144607
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