Dienstleistungsgesellschaft: Geiz macht arm

„Die „Dienstleistungsgesellschaft“ sollte den Menschen bessere Arbeit und höhere Gehälter ermöglichen. In weiten Teilen des Dienstleistungssektors schuften Menschen zu Niedriglöhnen: Paketboten, Altenpfleger, Kellner oder Verkäuferinnen bekommen weniger als vergleichbare Jobs in der Industrie. (…) Die Deutschen zögerten lange besonders stark, Qualität im Restaurant oder beim Friseur zu honorieren. Das dürfte eine Ursache für die im EU-Vergleich besonders große Lohnlücke zur Industrie sein. Genauso wie die traditionelle Vorliebe fürs billige Einkaufen, die Deutschland zur Hochburg der Discounter machte – die billig entlohnen, um billig zu verkaufen. (…) „Geiz ist geil“ dagegen maximiert die Menge billigen Konsums, nicht den Genuss von Qualität – und macht die Löhne kaputt. Geiz macht arm. Deshalb ist es folgerichtig, dass die Gewerkschaft Verdi den Handelsgiganten Amazon am Black Friday bestreikt: Die 20 000 Auslieferer der Rabattschlacht werden nicht nach Handelstarifvertrag bezahlt. Es wäre aber zu einfach, die Schuld nur auf Unternehmen zu schieben. Jene Kunden, die zu höheren Ausgaben imstande sind, können selbst die Lage der Beschäftigen verbessern: indem sie für Qualität bezahlen. Und auch die Politiker können handeln: indem sie Befristungen, Leiharbeit oder Minijobs zurückdrängen, die Dienstleistungen zu McJobs degradieren…“ Essay von Alexander Hagelüken vom 26. November 2017 bei der Süddeutschen Zeitung online externer Link

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