Berliner Humboldt Universität setzt 600 Studis vor die Tür

TV Stud Berlin - Für einen neuen studentischen Tarifvertrag“… Die HU hat offenbar beschlossen, einen Konflikt mit dem Personalrat um tarifliche Anstellungsverhältnisse auf dem Rücken der Beschäftigten auszutragen. Vorausgegangen ist der Eskalation ein Streit um Fragen des Lohndumpings und unzulässiger Befristungen. Mehrere hundert Studierende (der Personalrat spricht von mindestens 600 Betroffenen) sind an der Uni mit wissenschaftsfernen Tätigkeiten betraut und werden nach studentischem Tarifvertrag vergütet. Dazu gehören Verwaltungsaufgaben, Arbeitsplätze in Bibliotheken und Rechenzentren. Diese Beschäftigungsverhältnisse sind zwar gängige Praxis, aber eigentlich nicht erlaubt. Erst im Sommer hatte das Landesarbeitsgericht in der Klage einer Studentin ein sehr eindeutiges und weit über den Einzelfall hinausweisendes Urteil gefällt. In der vergangenen Woche schließlich forderte der Personalrat in einer Sitzung des Akademischen Senats der Universität die Hochschulleitung dazu auf, Lösungsvorschläge für das Problem zu erarbeiten und zeigte sich offen für Übergangslösungen und Kompromisse – nicht so Uni-Präsidentin Sabine Kunst und Personalleiter Andreas Kreßler. Noch in der Sitzung drohten sie, dann eben die entsprechenden Stellen abzubauen. Nur wenige Tage später machte die Uni ernst und teilte ihren Untergliederungen mit, dass bereits gestellte Anträge auf Einstellungen und Verlängerungen nicht mehr bearbeitet würden. Intern wurde angedeutet, dass diese Vorgabe solange gelte, bis eine Änderung des Berliner Hochschulgesetzes über sogenannte Erprobungsklauseln die Beschäftigungen wieder legalisieren würde. Ob eine solche Blankoerlaubnis für Tarifbruch arbeitsgerichtlich Bestand hätte, ist zumindest zweifelhaft…“ Artikel von Daniel Kretschmar in der Taz online vom 27.09.2018 externer Link. Siehe dazu:

  • Stellungnahme des PRstudB-HU: Zu Falschaussagen der Universitätsleitung bei deren Vorgehen GEGEN beschäftigte Studierende New
    “… Der PRstudB weist die Behauptungen der Universitätsleitung ausdrücklich zurück und betont, dass zu allen Zeiten eine sichere Beschäftigung der Studierenden oberste Prämisse war und bleibt. Der „Einstellungstopp“ ist eine personalpolitische Entscheidung der Universitäts­leitung.  Diese will das jahrelang in Kauf genommene rechtliche Risiko verringern, studentische Beschäftigte im Klagefall tarifkonform beschäftigten zu müssen. Dies geschieht auf dem Rücken der studentischen Beschäftigten, indem ihre Verträge nicht verlängert werden. Studentische Beschäftigte verlieren durch dieses verantwortungslose Vorgehen der Universitätsleitung von heute auf morgen ihren Job. Ein solcher wissentlicher und willentlicher Verstoß gegen die Hochschulverträge ist eine Eskalation zu Lasten aller Beschäftigten und entbehrt jeglicher Notwendigkeit. Das Vorgehen der Universitätsleitung ist für hunderte Studierende existenzbedrohend. Seit Februar 2017 weist der PRstudB regelmäßig bei Weiterbe­schäftigungen und Einstellungen mit wissenschaftsfernen Tätigkeits­bereich Antrags­stellende, Bereiche und die Verantwortlichen auf die Notwendigkeit hin, tarif- und rechtssichere Lösungen voranzubringen. Die Infrastruktur der Universität sollte mit dauerhaften Verträgen von wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Mitarbeitenden im Rahmen der geltenden Tarifverträge, ohne Tarifflucht, erfolgen. Die Bedingungen der studentischen Beschäftigten im speziellen und die Personalpolitik der Universitätsleitung im Allgemeinen wirken sich unmittelbar auf unsere Studienbedingungen aus. Am 18.09.2018 wurde eine „Information des Personalrats der studentischen Beschäftigten der Humboldt Universität zu Berlin (PRstudB-HU)“ im Akademischen Senat verlesen. Dies geschah, nachdem eine studentische Beschäftigte der HU, vom Landesgericht Berlin in den Tarifvertrag der Länder (TV-L) eingruppiert wurde, da sie im nicht-wissenschaftlichen Bereich (nicht TVstud-konform) angestellt war. Ebenfalls am 18.09.2018 nahm die Universitätsleitung zur „Debatte um Nichtzulässigkeit studentischer Beschäftigung in nicht-wissenschaftlichen Bereichen der Universität“ Stellung. Kurz darauf veranlasste sie einen abrupten „Einstellungsstopp“. In ihrer Stellungnahme behauptet die Universitätsleitung, „(d)er Personalrat der studentischen Beschäftigten der HU (PRstudB)“ habe „in der September-Sitzung des Akademischen Senats erklärt, ab sofort in allen Servicebereichen (zum Beispiel Universitätsbibliothek, Computer-und Medienservice, Studienberatung, Fakultätsverwaltungen) weder Einstellungen noch Weiterbeschäftigungen zuzulassen.“ Der PRstudB weist diese Falschaussagen zurück. Der PRstudB-HU hat nichts „erklärt“, schon gar keinen sofortigen „Einstellungsstopp“. Der Akademische Senat wurde über die aktuelle Rechtsprechung informiert. Die Behauptung „ab sofort in allen Servicebereichen“ widerspricht unserer Arbeitsweise, da wir alle Anträge einzeln prüfen müssen. Pauschale Ablehnungen (genauso wie pauschale Zustimmungen) für ganze Bereiche sind undenkbar und wären rechtlich zumindest problematisch. Zu keiner Zeit hätten die Personalräte Weiterbeschäftigungen zum Nachteil der betroffenen Studierenden verhindert. Als Personalvertretungen sind wir Kollektivorgane, die Existenzen der Beschäftigten hatten und haben wir immer im Blick. Wir sind fassungslos, dass – nach unseren jahrelangen Bemühungen um Kompromisse – (studentische) Beschäftigte und deren Interessenvertretungen von der Universitätsleitung so rücksichtslos und respektlos behandelt werden. Seit Anfang 2017 bemühen sich die Personalräte um eine schrittweise Umwandlung von NICHT-wissenschaftlichen Beschäftigungsverhältnissen in den TV-L. Es wurden – mit dem Hinweis auf die Problemhaftigkeit betroffener Stellen – Kenntnisnahmen ausgesprochen. …“ Stellungnahme des Personalrat der studentischen Beschäftigten der Humboldt Universität Berlin vom 27.10.2018 externer Link
  • Studentische Beschäftigte verlieren Verträge: Die Humboldt-Universität lässt Stellen auslaufen, statt Studierende nach richtigem Tarif zu bezahlen 
    “Eigentlich hätte Miriam bald mehr Stunden an der Universität arbeiten können. Sie ist studentische Bafög-Beraterin bei der Humboldt-Universität (HU) und kann die zusätzlichen Stunden gut gebrauchen, denn sie finanziert sich vollständig selbst. Ihren Nachnamen möchte sie lieber nicht in der Zeitung lesen. Nun hat die Universitätsleitung ihr die Stundenaufstockung in einer bereits abgesprochenen zweiten Tätigkeit verwehrt. Miriam gehört zu den an der Universität arbeitenden Studierenden, die seit Anfang Oktober von einem Einstellungsstopp betroffen sind. Die Universität verlängert gerade keine Verträge von Studierenden, stellt keine neuen ein und stockt keine Stunden auf. Hintergrund ist ein Rechtsstreit, den die Universität gegen eine Studentin verloren hatte (Aktenzeichen 7 Sa 143/18). So wie viele weitere Studierende war die angehende Informatikerin nach dem Tarifvertrag für studentische Beschäftigte (TVStud) angestellt, obwohl sie, so gab das Landesarbeitsgericht ihr recht, nach dem öffentlichen Tarif der Länder (TV-L) beschäftigt werden müsste. Das macht einen Unterschied, weil nach TVStud eigentlich nur Studierende arbeiten dürfen, die wissenschaftlich tätig sind. Der TV-L hingegen ist für Angestellte, die etwa in Unibibliotheken, in der Verwaltung oder in Informatikabteilungen beschäftigt sind. Hierbei liegt der Stundenlohn bei circa 16 Euro, der Lohn wird regelmäßig angehoben, und mehr Rechte wie die Entfristung von Verträgen gehen damit einher. Im TVStud hingegen liegt der Stundenlohn bei 12,30 Euro. Außerdem können durch TVStud-Beschäftigte etwa Stellen in Sekretariaten billiger besetzt werden, als wenn eine studentische oder bereits ausgebildete Kraft nach dem öffentlichen Tarif bezahlt werden muss, erklärt Marie vom Personalrat der studentischen Beschäftigten der HU (PRStudB). Dieses Gremium wird jedes Jahr von den studentischen Mitarbeiter*innen gewählt wird. Nach dessen Schätzung arbeiten mehr als 600 beschäftigte Studierende rechtswidrig in nicht-wissenschaftlichen Bereichen unter dem TvStud. Das entspräche rund 30 Prozent der an der Universität beschäftigten Studierenden….“ Artikel von Marion Bergermann in neues Deutschland vom 17.10.2018 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=138221
nach oben