Kooperationsvertrag von Landespolizei und Sicherheitswirtschaft in Brandenburg: Am staatlichen Gewaltmonopol vorbei…

get out of controlLandespolizei und Sicherheitswirtschaft haben für das Bundesland Brandenburg einen Kooperationsvertrag abgeschlossen. Diese “Sicherheitspartnerschaft“ ermöglicht es private Sicherheitsdienste in polizeiliche Fahndungsmaßnahmen einzubinden. Laut dem Landespolizeipräsidenten von Brandenburg haben die “Privaten“ hierbei “Zugriffsrecht“. (…) Wenn ein Kaufhausdetektiv einen Ladendieb „auf frischer Tat betrifft“ (Befugniskriterium) und diesen bis zum eintreffen der Polizei festhält, ist das etwas völlig anderes, als der Wachmann, der im Auftrag der Polizei nach einem flüchtigen Straftäter fahndet um ihn dingfest zu machen. Ob dies dem brandenburgischen Landespolizeipräsidenten entweder nicht bewusst oder egal ist, lässt sich nur vermuten. Zudem haben wir in der Bundesrepublik Deutschland ein staatliches Gewaltmonopol, nach dem sich diese “public private partnership-Fahndungen“ klar verbieten. Das staatliche Gewaltmonopol lässt sich weder “aushebeln“, noch peu a peu “aufweichen“. Dies sollte vor allem hochrangigen Behördenvertretern des Bundeslandes klar sein…“ Artikel von Tim Blaschke vom 17.1.2019 und Hintergründe – wir danken!

Kooperationsvertrag von Landespolizei und Sicherheitswirtschaft in Brandenburg:
Am staatlichen Gewaltmonopol vorbei…

Landespolizei und Sicherheitswirtschaft haben für das Bundesland Brandenburg einen Kooperationsvertrag abgeschlossen. Diese “Sicherheitspartnerschaft“ ermöglicht es private Sicherheitsdienste in polizeiliche Fahndungsmaßnahmen einzubinden. Laut dem Landespolizeipräsidenten von Brandenburg haben die “Privaten“ hierbei “Zugriffsrecht“.

Am 12.11.18 haben die Landespolizei und die Sicherheitswirtschaft, vertreten durch die Landesgruppe des Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft (BDSW) e. V., einen Kooperationsvertrag für das Bundesland Brandenburg abgeschlossen. Der Kooperationsvertrag ermöglicht es – private Sicherheitsdienste – in polizeiliche Fahndungsmaßnahmen einzubinden. Laut dem Landespolizeipräsidenten, Hans-Jürgen Mörke, haben die “Privaten“ hierbei “Zugriffsrecht“. Als Rechtsgrundlage dient § 127 (1) Strafprozessordnung (vorläufige Festnahme durch Jedermann).

Wenn ein Kaufhausdetektiv einen Ladendieb „auf frischer Tat betrifft“ (Befugniskriterium) und diesen bis zum eintreffen der Polizei festhält, ist das etwas völlig anderes, als der Wachmann, der im Auftrag der Polizei nach einem flüchtigen Straftäter fahndet um ihn dingfest zu machen. Ob dies dem brandenburgischen Landespolizeipräsidenten entweder nicht bewusst oder egal ist, lässt sich nur vermuten. Zudem haben wir in der Bundesrepublik Deutschland ein staatliches Gewaltmonopol, nach dem sich diese “public private partnership-Fahndungen“ klar verbieten. Das staatliche Gewaltmonopol lässt sich weder “aushebeln“, noch peu a peu “aufweichen“. Dies sollte vor allem hochrangigen Behördenvertretern des Bundeslandes klar sein.

Zu einer grundlegenden Gefahr, die von Kooperationsverträgen/ “Sicherheitspartnerschaften“ zwischen der Polizei und der Sicherheitswirtschaft ausgeht, machte bereits 2003 die Berliner Zeitung aufmerksam:  “Wer sich von Angehörigen eines privaten Sicherheitsdienstes falsch behandelt fühlt, sollte im Zweifel immer die Polizei rufen, empfiehlt ein Sprecher der Berliner Polizei. Die hat allerdings zu den privaten Sicherheitsdiensten kein neutrales Verhältnis mehr, denn im März 2002 ist die Berliner Polizei eine so genannte Sicherheitspartnerschaft mit dem privaten ‘Arbeitskreis für Unternehmenssicherheit Berlin-Brandenburg‘ (AKUS) eingegangen.“ (Berliner Zeitung, Lokales, 10.09.03)

Auch mit Blick auf die geplante Verschärfung des brandenburgischen Polizeiaufgabengesetzes (PAG), präsentiert sich das Bundesland Bandenburg gerade wie ein “Versuchslabor für Grund- und Bürgerrechte“, frei nach dem Motto: Mal schauen, wie weit wir gehen können!

Artikel von Tim Blaschke vom 17.1.2019 – wir danken!

Siehe zum Hintergrund:

  • Kampf gegen Kriminalität: Polizei setzt jetzt massiv auf private Hilfssheriffs
    Im Land Brandenburg gilt eine neue Kooperationsvereinbarung zwischen Polizei und privaten Sicherheitsfirmen. Zum Beispiel bei Fußballspielen, Stadtfesten oder Großveranstaltungen können Polizisten und private Wachschützer künftig gemeinsam für Sicherheit sorgen. Das ist aber nicht alles. Auch in die Fahndung nach polizeilich gesuchten Personen sollen die Privatsheriffs künftig eingebunden werden. (…) Nun sollen also private Sicherheitsunternehmen der durch Einsparungen personell ausgedünnten Brandenburger Polizei helfen. Auch in sensiblen Bereichen. „Anlassbezogen und soweit rechtlich möglich, bindet das Polizeipräsidium die privaten Sicherheitsunternehmen in Sach- und Personenfahndungen ein“, so die Polizei. Alle beteiligten Sicherheitsunternehmen würden an ihren Einsatzfahrzeugen zudem „ein Kooperationsemblem anbringen“. Nach Angaben des BDSW sind regelmäßige Lagebesprechungen geplant, an denen Polizei und Sicherheitsfirmen teilnehmen. Hier würden auch Informationen geteilt, die „nicht für die Öffentlichkeit bestimmt“ seien, wie der Berliner Zeitung mitgeteilt wurde. Die Mitarbeiter der Sicherheitsfirmen, die die Polizei künftig auch bei Fahndungen unterstützen sollen und Verdächtige nach dem sogenannten Jedermannsrecht unter bestimmten Bedingungen auch festnehmen dürfen, sind mitunter keine einfachen Wachschützer…“ Artikel von Philippe Debionne vom 15.11.18 in der Berliner Zeitung online externer Link
  • Und zum ähnlichen Kooperationsvertrag in Sachsen: [Polizei und Sicherheitswirtschaft] Intransparente Kooperation 
    Zur Zeit regt sich erheblicher Widerstand gegen das neue sächsische Polizeiaufgabengesetz (PAG). Auch in puncto Datenschutz ist das sächsische PAG mehr als mangelhaft, da es eine Übermittlung von personenbezogenen Daten an nichtöffentliche Stellen, beispielsweise an private Sicherheitsdienste, erlaubt. Basierend auf einem landesweiten Kooperationsvertrag arbeitet die sächsische Polizei im Freistaat besonders eng mit der Sicherheitswirtschaft zusammen, was nicht ohne Folgen bleibt: Entgegen des Grundgesetzes nehmen in Sachsen Sicherheitsfirmen »hoheitliche Aufgaben« wahr – und das bereits seit Jahren…” Beitrag von Thomas Brunst vom 6.10.2018 
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=142852
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