[Buch] Schaden in der Oberleitung

Buch von Arno Luik "Schaden in der Oberleitung. Das geplante Desaster der Deutschen Bahn"Als Grube auf Vorschlag Mehdorns 2009 an die Spitze der Bahn kam, hatte der Konzern 15 Milliarden Euro Schulden. Als Grube den Konzern 2017 verließ, war die Bahn AG mit 18,6 Milliarden Euro in den Miesen. Die Güterbahn – ein Desaster. Der Nahverkehr – im Abschwung. Der Fernverkehr – ein Ärgernis. Die Bahn in Deutschland – am Abgrund. Als Bahnchef bezog dieser Manager, der so leise und freundlich sprach und stets aufmerksam zuhörte, etwa im Jahr 2016 insgesamt Vergütungen in Höhe 2,434 Millionen Euro. Für was? Primär für Versprechungen, die er nicht einlöste. Grubes Wirken an der Bahnspitze beurteilte Anfang des Jahres 2016 das „Manager Magazin“ so: „wolkige Strategien“, „in Serie gebrochene Versprechen“, „miserabler Dienst am Kunden“. (…) „Es geht hier“, notiert der Bahnexperte Winfried Wolf, „um eine vom Steuerzahler bzw. den Fahrgästen zu finanzierende Großzügigkeit gegenüber einem Großverdiener. Es geht um einen Staatskonzern, dessen Spitzenpersonal gegenüber den 300.000 „normalen“ Bahnbeschäftigten niemals von Großzügigkeit gekennzeichnet war und ist.“ Ein Zugbegleiter bekommt rund 1800 Euro netto, DB-Reinigungskräfte etwa 1 200 Euro, ein Lokführer kommt auf etwa 2500 Euro monatlich…“ Auszug am 05. September 2019 bei telepolis aus dem Buch von Arno Luik externer Link. Siehe Infos zum Buch und weiteres:

  • Das Monster Bahn AG zerschlagen New
    “… Dieser Andreas Scheuer, eigentlich unfassbar, ist der Herr über ein Ministerium mit 60 angeschlossenen Behörden, er ist der Herr über einen Etat von 30 Milliarden Euro. Mit diesem Batzen Geld könnte man viel im Land verbessern, gerade er, denn er ist ja auch der Herr über die Bahn AG – und dass es der Bahn gut gehen sollte, ist in Zeiten des Klimawandels das Gebot der Stunde. Wer sich für die Bahn einsetzt, der macht derzeit Punkte – das weiß natürlich auch Scheuer, dem auch klar ist, dass er ist, was er nicht sein will: ein Minister auf Abruf. Und so tritt er am 30. Juni vor die Presse, präsentiert ein 80-seitiges Dossier, nennt es „Schienenpakt“ und dieser Pakt ist voller Verheißungen und Versprechungen, ist voller Versprechungen und Verheißungen – wie man sie seit Jahrzehnten von Verkehrsministern und Bahnchefs halt immer wieder so hört: Öfter, schneller, pünktlicher, leiser, zuverlässiger – Bahnfahren soll nun schöner werden. Man werde deswegen viel Geld, sehr viel Geld in die Bahn investieren, bis 2030 fast 90 Milliarden Euro. Das Ziel: Mehr Güter, ja wirklich, versprochen, sollen auf die Schienen, die Fahrgastzahlen sollen sich verdoppeln und, ganz, ganz wichtig, die neue DB-Wunderwaffe soll jetzt rasch zum Einsatz kommen: der Taktverkehr. Zwischen den Großstädten sollen ab 2025 alle 30 Minuten Züge fahren, „eine kleine Revolution“ nennt das der Minister (oh Mann, dieser Verkehrsminister müsste mal auf die Fahrpläne schauen: Auf den Hauptstrecken etwa Dortmund – Frankfurt, Stuttgart – München, Hamburg – Fulda, Nürnberg – München gibt es den Halbstundentakt schon längst). (…) Dass Scheuer seine Pläne nun als „kleine Revolution“ überhöht, zeigt nur seine Unwissenheit in Sachen Bahn. Taktverkehr ist eine uralte Sache, den gab es schon 1904 bei der Königlich-Preußischen Staatsbahn (da hieß er „Rhythmischer Zugverkehr“), den gab es schon in den frühen 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts im Ruhrschnellverkehr, den gab es ab 1979 bei der Deutschen Bundesbahn. Deutschland, fast vergessen, war über 100 Jahre lang, bevor es zum Autoland wurde, ein Bahnland, Vorbild für die Bahnen weltweit, Vorbild auch für die Schweiz, die heute in Sachen Bahn so bewundert wird. Vorbei. Das nahezu Perfekte wurde kaputtgemacht. Das wissen die Verantwortlichen bei der Bahn und der Politik, und ihre Versprechungen, auch das wissen sie, sind Märchenerzählungen. (…) So gab es zum Beispiel an Ostern, Weihnachten und zum Ferienbeginn sogenannte Vor- und Nachzüge zu den fahrplanmäßigen Zügen, damit die Kunden bequem reisen konnten. Und heute? Da kosten die Fahrkarten zu den Stoßzeiten, etwa an Ostern, deutlich mehr, aber dafür darf man dann in den hoffnungslos überfüllten Zügen vor den Toiletten auf dem Flur sitzen. Ein Blick in die alten Fahrpläne zeigt, wie modern früher die Bahn war, zum Beispiel im letzten Friedenssommer 1939, da fuhr man dichtgetaktet, wenn nötig: Abfahrt von Hamburg HBF nach Berlin: 7:03 Uhr, 7:10 Uhr, 8:10 Uhr. Rückfahrt von Berlin nach Hamburg: 18:11 Uhr, 18:26 Uhr, 18:35 Uhr. Am späten Vormittag, am frühen Nachmittag fuhren entsprechend der Nachfrage weniger Züge, da fuhren sie dann im Stundentakt. Also: Was bringt ein starrer Halbstundentakt, wenn morgens und abends für zwei Stunden viele Pendler die Züge dringend brauchen, danach aber die Züge dann fast leer sind? Dann ist der Halbstundentakt rausgeworfenes Geld. Der außerdem, und das zerstört wieder Geld, den Güterzugverkehr behindert. Nein, was Scheuer & Lutz an jenem Dienstag präsentierten, lässt nichts Gutes für die Bahn erwarten – da ist keine Strategie erkennbar, nicht mal die profansten Fragen werden beantwortet: Wo sollen denn plötzlich die Züge und das Personal herkommen? Wo sollen die erforderlichen Strecken plötzlich herkommen? (…) Wie bedauernswert die Lage ist, dokumentieren ein paar Zahlen: Hatte die Bahn 1994 noch 130.000 Weichen und Kreuzungen, sind es heute gerade noch 70.000 Stück, war die Netzlänge 1994 noch über 40.000 Kilometer, sind es heute noch 33.000 Kilometer, hatte die Bahn vor zwölf Jahren noch knapp 120.000 Güterwagen, sind es heute noch 65.000, und die sind im Schnitt gut dreißig Jahre alt. Gab es 1994 noch knapp 12.000 Gleisanschlüsse für die Industrie, sind es heute knapp über 2000. Und noch etwas: Seit 1994 sind über hundert Groß- und Mittelstädte vom Fernverkehr abgehängt worden, etwa Potsdam, Chemnitz, Bremerhaven, Krefeld, Trier, Heilbronn. Für 17 Millionen Bürger ist das Bahnfahren unattraktiver gemacht worden. (…) Der Steuerzahler zahlte und zahlt für diese unverantwortliche Transformation der Bahn (Politik und auch Medien schauten weg oder fanden es gut, was da im neoliberalen Privatisierungsrausch entstand), doch jetzt wird die Rechnung für das selbstproduzierte Desaster präsentiert: Unpünktlichkeit. Zerfall. Verkommene Bahnhöfe auf dem Land, oft verdreckt, ohne Personal, ohne Service, ziemlich trostlos alles. (…) Egal. Die Bahnverantwortlichen, vor allem Scheuer und Bahnvorstandsmitglied Ronald Pofalla, auch so ein Bahn-Azubi, schwärmen von Digitalisierung, während analog so viel im Eimer ist und es an so vielem fehlt: Mitarbeitern, Schienen, Lokomotiven, Zügen, Reserven. So desolat ist die Lage, dass überforderte Mitarbeiter nachts in den Ausbesserungswerken, wie mir einer erzählte, „vor Wut und Verbitterung aufschreien, weil wir die Schnauze vollhaben von den kaputten Toiletten in den ICE-3-Zügen“. Es ist Zeit für ein zweite Bahnreform, Zeit, das bürokratische Monster „Bahn AG“ mit seinen acht Bahngesellschaften und seinen Hunderten von Subunternehmen und Beteiligungen zu zerschlagen, sich von den unseligen Auslandseinsätzen zurückzuziehen und sich auf das zu besinnen, für das die Bürger hierzulande viel Geld ausgeben: Für einen ordentlichen, kostengünstigen Bahnverkehr, der auch auf dem Land abseits der ICE-Prestigestrecken funktioniert, der so seinem grundgesetzlichen Auftrag endlich gerecht wird, nämlich: dem Allgemeinwohl verpflichtet zu sein.“ Artikel von Arno Luik vom 06.07.2020 bei NachDenkSeiten externer Link
  • „Schaden in der Oberleitung. Das geplante Desaster der Deutschen Bahn“ (296 Seiten, 20 Euro, Westend Verlag externer Link)
  • siehe auch eine Rezension bei den Nachdenkseiten externer Link: „Das geplante Desaster der Deutschen Bahn – Beraterverträge für Ex-Politiker und Gewerkschafter“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=154004
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