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Updated: 18.12.2012 15:51
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Lidl und der Menschen Recht

Anton Kobel zu Stand und Perspektiven der Lidl-Kampagne

Weltweit ist der US-amerikanische Einzelhandelskonzern WalMart bekannt für seinen gigantischen Umsatz - 285 Milliarden US-Dollar in 2004 - und Gewinn - 10,3 Milliarden Dollar in 2004 - sowie seinen rabiaten Umgang mit Beschäftigten und deren Gewerkschaften, mit Lieferanten, mit Politikern und Organisationen, die andere Ansichten vertreten. WalMart-freundliche Politiker werden mit großzügigen Spenden verwöhnt und gefügig gehalten. Unnachgiebig versucht WalMart jegliche gewerkschaftliche Organisierung zu verhindern bzw. zu zerschlagen. Letzteres auch im wörtlichen Sinne. So geschehen Mitte der 1990er in Windsor/ Kanada. Dort war der Handelsgewerkschaft in der CAW die Organisierung der Beschäftigten bei WalMart gelungen.

Nach - auch in der Folge noch - jahrelangen Auseinandersetzungen wurde die CAW aus dem Laden getrieben. Die US-Gewerkschaft UFCW (United Food and Commercial Workers) kann Bände voll schreiben zu Fällen gewerkschaftlicher Unterdrückung bei WalMart. So gliederte WalMart im Jahr 2000 in Arkansas die eigenen Metzgereien im gesamten Unternehmen aus, nur um die gewerkschaftliche Organisierung der Metzger zu verhindern. Seitdem verkauft WalMart in seinen SB-Warenhäusern nur noch abgepackte Fleischwaren. Anfang 2005 schloss der Konzern in Jonquiere/Kanada eine Filiale mit 190 Beschäftigten. Diese hatten sich in der UFCW organisiert. Die Ansiedlung von WalMart-Filialen ruft immer wieder örtliche Proteste hervor. Träger dieser Proteste sind Kleinhändler, die in der Konkurrenz mit WalMart chancenlos sind, Umweltschützer wegen der ökologischen Schäden der Großprojekte, Lokalpolitiker wegen der zerstörerischen Folgen für die Innenstadtkerne, Beschäftigte und Gewerkschaftsmitglieder im ortsansässigen Einzelhandel, die gegen das von WalMart praktizierte Lohndumping und »union bashing« - Zerschlagen der Gewerkschaft - kämpfen. Zunehmend kommt es zu Allianzen gegen WalMart. Derzeit kämpft im Bundesstaat Maryland eine solche Allianz für eine bessere Krankenversicherung der WalMart-Beschäftigten, mit guten Chancen auf ein entsprechendes Votum im Parlament. Landauf, landab gibt es immer wieder Initiativen, damit den Beschäftigten die ganze geleistete Arbeitszeit bezahlt wird. Bekannt wurden 2004 umfangreiche Prozesse gegen die Diskriminierung von Frauen bei WalMart. Proteste, vor allem von 3. Welt, Frauen- und Kirchen-Gruppen gegen die Arbeitsbedingungen bei WalMart-Lieferanten in sog. freien Produktionszonen allüberall in der Welt sind an der Tagesordnung.

Entscheidende, d.h. die Politik von WalMart nachhaltig verändernde Erfolge konnten bisher nirgendwo erzielt werden. Der Konzern setzt auf Umsatz und Profit und ordnet diesen Maßstäben alles unter. Sein Image interessiert ihn bisher nicht.

Lidl am Pranger

Vor einem Jahr, am 10. Dezember 2004, dem internationalen Tag der Menschenrechte, hat ver.di den deutschen Lidl-Konzern (ca. 35 Milliarden Euro Umsatz in 2004) öffentlich an den Pranger gestellt (s. express 1/2005). Seitdem vergeht keine Woche, in der nicht über fragwürdige, rechtswidrige oder unmoralische Praktiken dieses Konzerns berichtet wird. ver.di hat mit seinem »Schwarzbuch - Billig auf Kosten der Beschäftigten« in zahlreiche Wespennester gestochen. Tausende Reaktionen - vor allem von Beschäftigten im Discount-Einzelhandel - bestätigten und ergänzten die menschenfeindlichen Umgangsformen bei Lidl und seinen Konkurrenten. Innerhalb weniger Wochen war auch die 3. Auflage des Schwarzbuchs vergriffen.

ver.di fordert von Lidl tarifliche Vereinbarungen zur Wahl von effektiv arbeitsfähigen Betriebsräten, Jugend- und Auszubildendenvertretungen sowie Vertretungen der Schwerbehinderten. Durch deren Arbeit sollen zahlreiche Missstände in den Lidl-Filialen behoben werden, vor allem unbezahlte Arbeitszeiten, ungeregelte Arbeits-, Pausen- und Freizeiten, ungesetzliche Praktiken bei der Personalkontrolle, Mobbing, Aufhebungsverträge u.ä.

Lidl auf den Spuren WalMarts

Bisher haben der Lidl-Eigentümer Dieter Schwarz und seine Manager jedes Gespräch mit ver.di verweigert, von Vereinbarungen ganz zu schweigen. Stattdessen handelt der nach außen bis zum Beginn der ver.di-Kampagne »schweigsame Riese« im Innern. Dabei wütet er gegen gewerkschaftliche Regungen in Filialen. Die Verhinderung von Ansätzen für Betriebsratswahlen durch Gespräche, Druck, geringfügige Zugeständnisse und Versprechungen auf Besserung gehören dabei zu den »humanen« Methoden. Hausverbote für Gewerkschaftssekretäre sind Standard. Und dennoch existiert auch bei Lidl ein »rebellisches Potential«. Dagegen setzen die Lidl-Herren ihre ganze Macht, verbunden mit zahlreichen fragwürdigen Tricks zur Umgehung von gesetzlichen Rechten der Beschäftigten und zur Bekämpfung bzw. Ausschaltung von Betriebsräten.

Im fränkischen Forchheim bei Bamberg hatte die Filialbelegschaft einen aktiven Betriebsrat gewählt. Um Vernetzungen mit anderen Filialen desselben Lidl-Unternehmens zu verhindern, wurde die Filiale in einen Schnäppchenmarkt ohne Lebensmittel verwandelt und als einziger Betrieb in ein neues Lidl-Unternehmen ausgegliedert. Diesem Unternehmen verliehen die Oberen den Firmennamen »Schnapp's GmbH & CoKG« mit Sitz bei Rostock!

Eine Lidl-Filiale in Bamberg, ebenfalls mit Betriebsrat, wurde aus dem vorherigen Unternehmen ausgegliedert. Mit diesen juristischen Tricks soll die von diesen beiden Betriebsräten beabsichtigte Bildung eines Gesamtbetriebsrates verhindert werden.

In Calw/Nordschwarzwald schloss Lidl zum 30. September 2005 die Filiale, obwohl der Mietvertrag noch dreieinhalb Jahre weitergilt. Auch die 13 Beschäftigten dieser Filiale hatten einen aktiven Betriebsrat gewählt. Und noch etwas prädestinierte diese für eine Lidl-typische Sonderbehandlung. Sie hatten sich im Juni wie ihre Kolleginnen in Forchheim und Bamberg an einem Warnstreik während der Tarifrunde Einzelhandel beteiligt. Das schien nun doch ein Übermaß von Inanspruchnahme demokratischer Rechte zu sein. Von September bis November 2005 spielte sich ein Krimi ab. Umsatz und Kosten spielten für Lidl keine Rolle. Die gewinnbringende Filiale wurde widerrechtlich ohne ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrates geschlossen. Auch eine einstweilige Verfügung des Arbeitsgerichtes Pforzheim mit der Androhung von 250000 Euro Ordnungsgeld gegenüber Lidl blieb ohne Eindruck. Die Lidl-Oberen ließen Ware abtransportieren, montierten das Telefon ab, die Schlösser und Schilder wurden von Detektiven ausgewechselt, des Nachts wurden die Scheiben im Lagerraum eingeschlagen. Die Oberen verbreiteten Märchen, wonach die Filiale wegen Renovierung geschlossen bleibe, später hieß es dann »... zum 1. Oktober '05 stillgelegt ...«. Von fehlendem Umsatz war die Rede, von der Unmöglichkeit, in Calw an anderer Stelle eine neue Filiale zu bauen und während der Bauzeit die bisherige weiterzubetreiben.

Die Belegschaft erhielt ungeahnte Unterstützung vor Ort von den Kunden, Pfarrern, Politikern. Die ehemalige Justizministerin Däubler-Gmelin, der ehemalige IGM-Vize und Arbeitsminister a.D. Walter Riester, der Krimi-Autor Felix Huby intervenierten. Lidl musste akzeptieren, dass sich die Belegschaft seit dem 1. Oktober in einer Dauer-Betriebsversammlung befand. Die Kosten für den Tagungsraum in einem Hotel übernahm Lidl. Offensichtlich waren keine Kosten und kein Imageverlust zu groß, um die Schließung der Filiale und damit die Auflösung der Belegschaft und ihres Betriebsrates zu betreiben. Lidl wollte wohl Zeichen setzen in den Spuren von WalMart.

Am 1. Dezember wurde in einer Einigungsstelle ein Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen. Die Filiale bleibt zu, die Beschäftigten werden in nahegelegene Filialen mit sozialen Absicherungen versetzt bzw. können aus dem Unternehmen mit Abfindung ausscheiden. Der Betriebsrat bleibt noch bis zum 30. Juni 2006 im Amt. Lidl zahlte einen hohen Preis, um eine organisierte Belegschaft loszuwerden. Ein Geheimnis von ver.di BaWü bleibt es, warum es zumindest für die Lidl-Filialen in Baden-Württemberg kein einziges Flugblatt zum Konflikt in Calw gegeben hat.

In München wollte die Belegschaft der Filiale Berg-am-Laim im Juli 2005 einen Betriebsrat wählen. Ein Gebietsverkaufsleiter führte stundenlang Gespräche mit den Betriebsratswilligen, die mehrheitlich nach und nach von ihrem Vorhaben abließen. Zum Schutze der Wahl hatte ver.di dies öffentlich gemacht und Prominente als Paten gewonnen. Selbst der Münchner Oberbürgermeister Ude, zahlreiche Künstler und Prominente sowie eine große Presseöffentlichkeit konnten die Wahl nicht mehr ermöglichen. Trotz dieser Unterstützung von außen kündigte Lidl einer der Initiatorinnen der BR-Wahl. Lidl begründete öffentlich und schriftlich diese Kündigung: »... Die Kündigung, die als >menschenverachtendes Vergehen< dargestellt wurde, gründete einzig und allein auf der Tatsache, dass am Tag nach der gescheiterten Wahl andere Kollegen von dieser Mitarbeiterin auf das Gröbste beleidigt und unhaltbare Verleumdungen ausgesprochen wurden. Eine weitere Zusammenarbeit im Sinne unserer Grundsätze von Fairness und gegenseitigem Respekt aller Mitarbeiter wurde damit unmöglich und allen anderen Mitarbeitern in der Filiale nicht mehr zumutbar ...«

Im ganzen Konzern nehmen die Kontrollen zu. Das Personal steht offensichtlich unter dem Generalverdacht zu klauen. Im Dienstleistungszentrum Geisenfeld, das zum Konzernunternehmen Kaufland Logistik gehört, wurde den eigenen Beschäftigten und denen der Leasingfirmen am 16. September 2005 die »Anweisung transparente Taschen« überreicht. Danach »... dürfen ab Montag, den 3. Oktober 2005 keine Taschen, Beutel, Rucksäcke, Handtaschen usw. mit auf das Gelände ... genommen werden. Damit Sie aber weiterhin Wechselkleidung und Brotzeit mitbringen können, werden wir gegen Unterschrift an der Pforte vom 29. September 2005 bis 2. Oktober 2005 transparente Taschen ausgeben, die innerhalb des Geländes verwendet werden dürfen. Jedem Mitarbeiter steht eine Tasche zu, welche von Kaufland gestellt wird (diese Ausgabe wird per Unterschriftsliste festgehalten). Jeder weitere Bedarf an transparenten Taschen kann an der Pforte mit einem Betrag von Euro 0,50 erworben werden. Beim Verlassen des Geländes (Ausgang Pforte) wird vom Wachpersonal folgendes kontrolliert: Einsicht in die transparente Tasche, Einsicht in verschlossene Behälter (Brotbox etc.) in transparenten Taschen, Einsicht in den Inhalt der Jackentaschen... Bei Verstößen gegen diese Anweisung wird mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen vorgegangen. Mit freundlichen Grüßen Thomas E. Wahl, Namens und im Auftrag des Geschäftsführers Herrn Friedrich«

Zahlreich sind Diffamierungen von ver.di. Dem Personal scheint nicht zu trauen zu sein. Vielleicht wollen die sich doch irgendwo auskotzen, Rat holen gegen ungerechte Behandlungen, unbezahlte Arbeitszeit u.ä. Aber auch da bietet Lidl einen internen Ausweg: »Neu bei Lidl ... gibt es den Mitarbeiter für Personal und Soziales. Für alle Probleme, die Sie nicht mit ihrem Vorgesetzten klären können oder wollen, steht Ihnen Herr Eppert ab sofort gern zur Verfügung. Dinge, die Sie bewegen, können jederzeit diskret in einem Klima des Vertrauens besprochen werden, um gemeinsam Lösungswege zu finden, die Ihnen das Arbeiten im Unternehmen erleichtern: Offenheit schafft Vertrauen und hilft Probleme zu lösen!« (aus einer Lidl-internen »Mitarbeiter-Information Aug. '05«) Lidl-interne, unternehmenseigene Vertrauensleute und Problemlöser statt Betriebsräte scheinen als Mittel geeignet!

Lidl und die Öffentlichkeit

Der öffentlichkeitsscheue Konzern hat unmittelbar im Zusammenhang mit dem ver.di-Schwarzbuch eine PR-Agentur gemietet, die auf Abwehr-Kampagnen spezialisiert ist. Neben goodwill-Aktivitäten - hier mal eine Spende, dort mal eine Kooperation - wurde auch größeres Kaliber aufgefahren. So wurde eine aufwändige Fernsehwerbung geschaltet: »1000 Superazubis« sollen »in diesem Jahr für Deutschland« gewonnen werden. Wenn man den Lidl-internen Veröffentlichungen glaubt, sollen sich Tausende beworben haben: »Allein in Lampertswalde bewarben sich über 3500 Jugendliche...«, und an gleicher Stelle steht zu lesen: »Unsere Gesellschaft hat allein mit 30 Azubis in diesem Jahr dazu beigetragen, dieses Ziel zu verwirklichen.« 117 Bewerbungen auf eine offene Stelle! Kein sehr origineller Reklamegag, um von Missständen im Konzern abzulenken. Niemand kann kontrollieren, ob diese 1000 Superazubis tatsächlich eingestellt wurden, und wenn ja, ob es dann 1000 zusätzlich waren. Und kein Wort darüber, dass der Konzern alles tut, um die Wahl von Jugend- und Auszubildendenvertretungen genauso zu verhindern wie die von Betriebsräten und Vertretungen für Schwerbehinderte.

Wenn die soften Gags zur Imageverbesserung nicht ausreichen, wird die Anzeigenmacht von Lidl eingesetzt. Damit sollen wohl nicht nur Kunden gewonnen, sondern auch die regionalen Zeitungen gewogen gemacht werden. Auch da langen die Lidl-Herren zu.

Der Fall einer Journalistin der Badischen Neuesten Nachrichten/Karlsruhe (BNN) bezeugt die vordemokratische Gutsherrenart der Lidl-Manager. Die Journalistin hatte in einem Bericht über das Lidl-Lager in Bietigheim bei Rastatt/Karlsruhe die Überschrift »Handarbeit bei bis zu 24 Grad minus« gewählt, damit leicht kritisch über die Arbeitsbedingungen im Lager berichtet und im Text das ver.di-Schwarzbuch erwähnt. Das war alles zuviel der Kritik. Die Lidl-Manager ließen die Geschäftsführung der BNN nach Neckarsulm, dem Sitz des Konzerns kommen. Die Chefredaktion legt Wert auf die Feststellung, dass sie aus freien Stücken gereist sei. Ergebnis war die fristlose Kündigung der Journalistin. Der Fall erregte soviel Aufsehen und die Kündigung war rechtlich so unhaltbar, dass die Kündigung zurückgenommen wurde und das ganze Wochen später mit einer Abmahnung für die Journalistin endete.

Auch dies kein Lehrbeispiel für die Achtung demokratischer Rechte durch Lidl.

ver.di attackiert, und viele treffen Lidl

Nach der Veröffentlichung des Schwarzbuchs hat ver.di eine langgezogene Kampagne gegen Lidl gestartet. Vielerorts sind schon relevante Teile von ver.di einbezogen. Ein Schwergewicht liegt auf den Aktivitäten vieler ver.di-Mitglieder in ihrer Rolle als Kunden bei Lidl. Sie versuchen, den Lidl-Beschäftigten Mut zu machen für Betriebsratswahlen und gewerkschaftliche Organisierung. Bisher sind drei die Kampagne begleitende Schwarz-Markt-Zeitungen erschienen. Zwei Lidl-Kundenwochen, umfangreiche Pressearbeit, Filialbesuche trotz Hausverboten, Prominente und Künstler, soziale Netzwerke und Zusammenarbeit mit Gruppen aus den Neuen Sozialen Bewegungen wie attac machen die Kampagne so richtig bunt und schlecht berechenbar.

attac hat bundesweit seit drei Monaten eine aktive eigene Kampagne gegen die Discounter im Einzelhandel mit dem Schwerpunkt Lidl laufen ("Lidl ist nicht zu billigen!", s. auch die Beilage in dieser Ausgabe des express). Die vielfältigen Proteste vor Lidl-Filialen machen Lidl nervös, und sie zeigen Wirkung. Lidl sucht mittlerweile das Gespräch mit attac, Greenpeace u.a.: So gab es am 8. Dezember 2005 ein erstes Gespräch des Lidl-Chefs Gehrig, seiner Kommunikationschefin Böttner und eines weiteren Managers mit Vertretern von attac, Bananafairs und dem Bauernverband, der Lidl seit Monaten wegen der Dumping-Milchpreise angreift.

Die plötzliche Gesprächsbereitschaft von Lidl, wenn auch (noch) nicht mit ver.di, hat Gründe. Lidl entwickelt sich nach Schlecker zum bundesweit anerkannten und verachteten geldgierigen und rechtsscheuen Buhmann. Ende 2004 machte ihm schon die Verleihung des Big Brother Award wegen seines Umgangs mit Verkäuferinnen zu schaffen. Nun kam noch attac dazu. Gerade als sich Lidl entschlossen hatte, attac nicht mehr zu ignorieren, kam der nächste Treffer. Greenpeace verlieh Lidl die Negativ-Auszeichnung, die am meisten vergifteten Lebensmittel im deutschen Einzelhandel zu verkaufen. Das war nun doch zu viel der Ehrung! Lidl schaltete großflächige Anzeigen dagegen, in denen es seine von Greenpeace besser bewerteten Konkurrenten mit ins schmutzige Boot zog: »Deutsche Lebensmittelhändler kaufen in der Regel ihr Obst und Gemüse von den gleichen Lieferanten/Erzeugern in Deutschland, Spanien, Italien, Holland, usw...« Gleichzeitig wollte es sich selber von den Problemen freisprechen mit dem Hinweis: »Anerkannte, vereidigte Sachverständige, wie zum Beispiel: Labor Piorr/Neulussheim ... bestätigen in über 4 500 Gutachten pro Jahr die Qualität von Obst und Gemüse bei Lidl...«. Diese Behauptung war ein Gau! Am 13. Dezember 2005 ließ Labor Piorr Lidl diese Behauptung gerichtlich untersagen und verlangt eine gleichgroße Richtigstellung. Das wären immerhin 1-2 ganze Seiten.

Lidl boykottieren?

Allerorten finden Diskussionen über den Boykott von Lidl statt. Viele Menschen tun dies schon jetzt. Die einen gehen schon immer nicht hin, andere verweigern seit dem Schwarzbuch ihre Euros, andere kaufen bewusst wenig und gezielt bei Lidl, z.B. die wenig gewinnträchtigen Sonderangebote, wieder andere machen nur kleine Umsätze, um die Gelegenheit zum Gespräch mit den VerkäuferInnen zu haben. Der Gau mit den vergifteten Lebensmitteln und der Falschbehauptung wird den Boykott verstärken. Eine für Lidl verlustträchtige Aussicht zum Jahresende 2005. Und was bringt das Jahr 2006? Wahrscheinlich eine Internationalisierung des Konflikts. Von WalMart kann nicht nur Lidl lernen, sondern auch die alte soziale Bewegung Gewerkschaft, und die Neuen Sozialen Bewegungen sowieso. Letztere sind zur Zeit in den USA und Kanada die Gegner, die WalMart am meisten zu schaffen machen.

Erschienen im express, Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 11-12/05

Siehe dazu auch: Lidl bekämpft der Menschen Recht - Das System Lidl: Expansion und Angst - Anton Kobel über eine neue ver.di-Kampagne. Erschienen in express 01/05


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