Dumpinglöhne in der Baubranche und die Mindestlohntarifrunde 2019

Dossier

IG BAU-Tarifrunde 2016 Maler- und Lackiererhandwerk„Mit geschickten Werkverträgen versuchen Bauunternehmer, gesetzlich festgelegte Mindestlöhne zu unterwandern. Leidtragende sind vor allem Wanderarbeiter. Die Gewerkschaft IG Bau setzt sich dafür ein, den Mindestlohn anzuheben.“ Bericht vom und beim ARD-Mittagsmagazin vom 30. August 2019 externer Link (Videolänge: 5:44 Min., abrufbar bis zum 30. August 2020), siehe auch Infos zur Mindestlohntarifrunde im Bauhauptgewerbe der IG BAU externer Link und nun das Schlichtungsergebnis:

  • Weiß die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) eigentlich noch was auf dem Bau abgeht? New
    Der Boom auf dem Bau lässt die Euro in den Kassen der großen Unternehmen klingeln, ohne dass der kränkelnde Arbeitsmarkt etwas davon hat. Das Geschäft wird mit Scheinselbständigkeit und prekärer bzw. illegaler Beschäftigung gemacht. Die unmenschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten werden dabei in Kauf genommen. Nun feierte die Gewerkschaft IG BAU sich selbst und dass es auf dem Bau auch weiterhin zwei Branchen-Mindestlöhne und damit „Lohnhaltelinien nach unten“ – insbesondere für fachliche Arbeiten – geben soll. Der Schlichterspruch, der die Mindestlohn-Tarifverhandlung Ende des Jahres beendet hatte, beinhaltet, dass die Lohnuntergrenze für Hilfsarbeiten auf dem Bau (Mindestlohn 1) bundesweit ab dem 1. April 2020 um 35 Cent auf 12,55 Euro pro Stunde angehoben und der zweite Mindestlohn für Facharbeiten (Mindestlohn 2) um 20 Cent auf 15,40 Euro pro Stunde steigen wird. Laut Gewerkschaft ist es gelungen, den „Angriff auf das bisherige Mindestlohnsystem“ abzuwehren und ein Rückfall auf den ab Januar gültigen gesetzlichen Mindestlohn von dann 9,35 Euro pro Stunde zu vermeiden. Doch in der alltäglichen Praxis auf dem Bau wird sich nichts Substantielles ändern, da die Unternehmen mit geschickten Werkverträgen versuchen auch die gesetzlich festgelegten Mindestlöhne zu unterwandern und vermehrt vor allem Wanderarbeiter beschäftigen. Was nützt ein allgemeinverbindlicher Branchenmindestlohn, wenn der Unternehmer den Beschäftigten vorgibt, als Subunternehmer im Rahmen eines Werkvertrages für die Baufirmen tätig zu sein? Die Zersplitterung des Arbeitsmarktes ist für die nicht abhängig Beschäftigten und Berufspolitiker, aber auch zunehmend für die hauptamtlichen Gewerkschaftsleute kaum sicht- und vorstellbar. Sie nehmen vielleicht ein oder zwei Gruppen wahr und haben keinen Einblick in die unteren Beschäftigtengruppen. (…) Den Teil des Arbeitsmarkts, in dem sich die Tage- und Stundenlöhner verdingen, nennt man in den Ruhrgebietsstädten u.a. den „Arbeiterstrich“ und meint damit diejenigen Menschen, die an der Straße stehen und auf einen „Arbeitgeber“ warten, der sie für einen „Appel und ein Ei“ einige Stunden für sich schuften lässt. Dabei wird leicht übersehen, dass der Personenkreis viel größer ist, als die Menschen, die dort sichtbar sind. Kaum jemand weiß, dass es regelrechte Kolonien gibt, in denen vor allem Menschen aus den östlichen Nachbarländern als „illegale“ Menschen unter Plastikplanen hausen und auf dem Stundenlöhnermarkt immer weniger konkurrenzfähig sind, da sie gesundheitlich dazu gar nicht mehr in der Lage sind. Die zunehmende Anzahl von obdachlosen Menschen ist ebenfalls auf diese Beschäftigung angewiesen, vorausgesetzt, das Pfandflaschensammeln lässt ihnen noch Zeit dafür. (…) Die Eckkneipen, die früher den Anwohnern als großes Wohnzimmer für Familienfeste dienten, sind nun zu Arbeitsagenturen geworden, die 24 Stunden geöffnet haben und auch Schlafplätze vermitteln. Die Bullis der osteuropäischen Scheinselbständigen in der Nachbarschaft wurden schon lautstark um 5.30 Uhr in der Früh gestartet und das über 6 Tage in der Woche. Auffällig waren auch die PKW mit den östlichen Kennzeichen, die auch als Unterkunft für mehrere Personen dienen und die Parkplatznot noch vergrößerten. Dann gab es noch die große Immobilienfirma aus Berlin, die derzeit ganze Häuserzeilen aufkauft und die leerstehenden Wohnungen renoviert. Dafür hatte sie polnische Arbeiter engagiert, die praktischerweise in den Wohnungen ohne Strom und Wasser auf den Campingbetten ruhten, wenn sie nicht 7 Tage in der Woche arbeiteten und kaum vor die Tür kamen. Über diese vielfältigen Arbeitsverhältnisse im Baubereich steht das Gesamtsystem, das wie eine Pyramide aufgebaut ist. (…) Deshalb ist es derzeit notwendiger denn je zuvor, einen kollektiven Rechtsschutz ins Arbeitsrecht einzuführen. Das ist nichts Neues, die meisten europäischen Rechtsordnungen haben neben einem gesetzlichen Mindestlohn auch längst ein Verbandsklagerecht der Gewerkschaften. Nur das hilft, gesetzlich verbriefte Schutzrechte durchzusetzen, ohne dass der Einzelne dafür Nachteile in Kauf nehmen muss. Wenn das durchgesetzt wäre, wäre das auch ein Grund zu feiern, auch für die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt.“ Beitrag vom 10. Januar 2020 beim Gewerkschaftsforum Dortmund externer Link – siehe dazu auch: Wanderarbeiter und Stundenlöhner werden in der Baubranche besonders ausgebeutet – Kontrollen gibt es kaum
  • Bau-Mindestlöhne: IG BAU stimmt Schlichterspruch zu – Handwerk und Industrie sind am Zug 
    Die IG BAU hat dem Schlichterspruch zu Branchen-Mindestlöhnen im Bauhauptgewerbe zugestimmt. „Jetzt sind die Arbeitgeber am Zug, den Weg für eine Anhebung der Lohnuntergrenzen auf dem Bau endgültig freizumachen“, sagte der IG BAU-Bundesvorsitzende, Robert Feiger. Die Erklärungsfrist für die Arbeitgeberseite endet am 17. Januar 2020. Bundesweit würde dann ab dem 1. April 2020 der Mindestlohn 1 für Hilfsarbeiten um 35 Cent auf 12,55 Euro pro Stunde steigen. Darüber hinaus soll der zweite Mindestlohn, den es in den alten Bundesländern und in Berlin für Facharbeiten gibt, erhalten bleiben und ebenfalls steigen – und zwar um 20 Cent: Dieser sogenannte Mindestlohn 2 würde dann ab April im Westen bei 15,40 Euro pro Stunde und in Berlin bei 15,25 Euro liegen. Der Schlichterspruch sieht vor, dass die neuen, gestiegenen Mindestlöhne eine Laufzeit bis Ende 2020 haben. Davon würden bundesweit mehr als 200.000 Bauarbeiter profitieren…“ Pressemitteilungen der IG BAU vom 09.01.2020 externer Link
  • Höhere Mindestlöhne auf dem Bau – Über 200 000 Bauarbeiter profitieren
    Mindestlohn-Tarifverhandlung endet mit Schlichterspruch: Auf dem Bau soll es im kommenden Jahr höhere Mindestlöhne geben. Das sieht ein am Donnerstag getroffener Schlichterspruch für die Baubranche vor. Von der Anhebung der Mindestlöhne würden mehr als 200 000 Bauarbeiter profitieren. Demnach wird die Lohnuntergrenze für Hilfsarbeiten auf dem Bau (Mindestlohn 1) bundesweit ab dem 1. April 2020 um 35 Cent auf 12,55 Euro pro Stunde angehoben. Ein zweiter Mindestlohn für Facharbeiten bleibt in den alten Bundesländern und in Berlin erhalten und steigt ebenfalls – und zwar um 20 Cent: Dieser sogenannte Mindestlohn 2 liegt damit ab April im Westen bei 15,40 Euro pro Stunde. Und in Berlin bei 15,25 Euro. Die neuen, gestiegenen Mindestlöhne sollen eine Laufzeit bis Ende 2020 haben…“ Pressemitteilung vom 19.12.2019 externer Link
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