Kommentare und Artikel zur Bochumer Ablehnung des Opel-„Sanierungs“plans

Dossier

  • Bochum sagt »Nein«
    Die IG Metall hat dem von der Tarifkommission ausgehandelten Vertrag zur Sanierung von Opel zugestimmt. Der Vertrag schließt betriebsbedingte Kündigungen bis 2016 aus und gilt für alle deutschen Standorte des Autokonzerns, nur nicht für Bochum. Artikel von Ralf Hess in der Jungle World vom 04.04.2013 externer Link Aus dem Text: „(…) Insbesondere die in Bochum stark vertretenen oppositionellen Gewerkschaften wollten diese Politik jedoch nicht weiter mittragen. 2009 sagte Wolfgang Schaumberg, der vor seiner Pensionierung lange in der gewerkschaftsoppositionellen Betriebsgruppe »Gegenwehr ohne Grenzen« (GoG) aktiv war, in einem Interview mit der Jungle World: »In Bochum gibt es in der Belegschaft seit langem eine Opposition gegen das offizielle Gewerkschaftsvorgehen.« Das Ziel der GoG sei nicht einfach die Vertretung der Interessen der Belegschaft, sondern ihre Ermächtigung, »sich selbst zu wehren«. Daher hat die Gruppe in der Vergangenheit immer wieder versucht, sich nicht nur mit den Mitarbeitern an den deutschen Standorten von Opel zu verbinden, sondern verfolgte darüber hinaus eine europaweite Gewerkschaftspolitik…
  • Opel-Belegschaft will nicht für die Autokrise zahlen – Was das Nein der Bochumer Opel-Beschäftigten mit dem Nein des zypriotischen Parlaments zu den EU-Troika-Plänen zu tun hat
    Artikel von Peter Nowak auf Telepolis vom 23.03.2013 externer Link Aus dem Text: „(…) Nach dem Schließungsbeschluss vom 11. Dezember letzten Jahres war die Stimmung bei Opel zunächst gedämpft. Ca. 100 Beschäftigte beteiligten sich an einer Demonstration am gleichen Tag. Am 14. Dezember rief die IG Metall zu einer Kundgebung vor dem Tor 4 auf. „Die meisten Reden verbreiteten Zweckoptimismus“, erklärte der langjährige Betriebsrat und GoG-Aktivist Wolfgang Schaumberg. Er registriert die Veränderungen im Opel-Werk sehr genau und kennt auch die Ursachen. „Heute liegt der Altersdurchschnitt im Werk bei über 47 Jahren. Gerade die Älteren hoffen auf eine Abfindung und rechnen sich schon aus, wie sie mit Abfindungen und Arbeitslosengeld bis zum Rentenalter kommen“, beschrieb er Situation. Weil die Komponentenfertigung für andere Werke aus Bochum abgezogen wurde, könnte ein Ausstand heute nicht mehr, wie 2004, die Opel-Produktion in ganz Europa lahmlegen. Dieser durch die technologische Entwicklung begünstigte Verlust der Produzentenmacht hat auch dazu geführt, dass viele Streikaktivisten von 2004 Abfindungen angenommen und sich aus dem Betrieb verabschiedet haben
  • Die Würde der Opelaner – Marcus Meier über den Sanierungsplan in Bochum
    Das klare Votum der Bochumer Opelaner ist verständlich: Sie wollten nicht noch freiwillig Ja zum Untergang ihres Werkes sagen. Also sagten sie Nein zum »Sanierungs«-Plan, auch wenn ihre Arbeitslosigkeit damit wohl schneller näher rückt. Und bewahrten damit, immerhin, einen Rest an Würde. (…)  Wer jedenfalls solche Kollegen hat wie die Bochumer Opelaner, der braucht keinen Klassenfeind. Vorerst haben die Opelaner in Kaiserslautern und Rüsselsheim per Zustimmung zum Sanierungsplan den eigenen Hintern gerettet. Aber nur den. Das kann sich bald rächen – wenn auch sie der Solidarität bedürfen, aber niemand da sein wird, sie zu üben.“ Kommentar von Marcus Meier im Neues Deutschland vom 23.03.2013 externer Link
  • Opel-Management erhöht den Druck auf Bochumer Beschäftigte
    „Die Opelaner in Bochum sind besonders kämpferisch: Sie lehnen den Opel-Sanierungsplan ab, der in ihren Augen ein Abwicklungsplan ist. Doch der Schuss droht nach hinten loszugehen, wenn sich die Hoffnung auf weitere Zugeständnisse als Illusion entpuppt…Beitrag auf DerWesten vom 22.03.2013 externer Link
  • Belegschaftsversammlung Opel-Bochum mit klarem Votum:Perspektive für Opel-Bochum; Keine Geheimverhandlungen
    Liebe Kolleginnen und Kollegen,
    am 21.03.2013 fand in Bochum die zusätzliche Belegschaftsversammlung statt. Einziger Tagesordnungspunkt: Beratung und Abstimmung über den „Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung und Sanierung“.
    Nach einer ernsthaften und mit hoher Verantwortung geführten Debatte lehnten 76,1% der Bochumer IG Metall-Mitglieder den vorliegenden Tarifvertrag ab. 23,9% stimmten für Annahme des Vertrages. Die Wahlbeteiligung lag bei 70%.
    Heftig kritisiert wurde, dass der Tarifvertrag in Geheim- und Pseudoverhandlungen hinter dem Rücken der Bochumer Verhandlungsführer entstand. Auch die Bochumer Werksleitung war an diesen Gesprächen nicht beteiligt. In den offiziellen Verhandlungsrunden wurden lediglich die bereits „vorgekauten“ Verhandlungsergebnisse präsentiert: „Vogel friß oder stirb“ wurde verlangt.
    Weitere Kritikpunkte:
    – Gemäß Tarifvertrag soll die Bochumer Belegschaft dem Aus der Fahrzeugproduktion zustimmen.
    – Gemäß dem Tarifvertrag kann ab 1. Januar 2015 in Bochum betriebsbedingt gekündigt werden.
    – Die Nachtschicht mit 700 Beschäftigten sollte bereits bis Sommer 2013 aufgekündigt werden.
    – Für 2.500 bis 3.000 Arbeitsplätze fehlen Perspektiven. Wenn zu wenige über Abfindung oder ATZ gehen, kann auch dann gekündigt werden.
    – Die Verlängerung der Zafira-Produktion sichert wenige Arbeitsplätze, da ab 2015 die Produktion drastisch absinkt. Ab 2017 soll von der Belegschaft das Aus für die Zafiraproduktion akzeptiert werden.
    – 1.200 Arbeitsplätze sollen insgesamt erhalten bleiben. Davon gibt es bereits 450 Arbeitsplätze im Ersatzteillager (Warehouse). Von den anderen zugesicherten Arbeitsplätzen kann sich das Unternehmen „freikaufen“. Nachzulesen im Tarifvertrag.
    – Zugesagt sind 600 hochwertige Arbeitsplätze. Aber im Tarifvertrag fehlen verbindliche Zusagen.
    Bekräftigt wurde die Forderung nach fairen und demokratischen Verhandlungen, an denen die Bochumer Verhandlungsführer beteiligt sind. Einerseits hat die Unternehmensleitung bestätigt, dass der vorliegende Tarifvertrag überarbeitet werden muss, aber das wurde gleichzeitig vom Unternehmen abgelehnt mit der Begründung: „Am Vertrag wird keine Kommastelle geändert!“
    Kritisiert wurde, dass General Motors und der Opel-Vorstand wiederholt gegen bestehende „wasserdichte“ Verträge verstoßen haben. Die Produktion des Mokka war verbindlich für Opel-Antwerpen vereinbart. In Rüsselsheim werden die bestehenden Verträge im ITEZ „angepaßt“. Für Bochum war die Produktion des Astra zugesagt, und vieles mehr. Die Bochumer Belegschaft hat wenig oder gar kein Vertrauen zu den Zusagen des Managements.
    Wir brauchen verbindliche Reglungen für diejenigen, die aus dem Betrieb ausscheiden wollen. 80% der Belegschaft wollen und müssen bei Opel bleiben. Für die gilt unsere besondere Verantwortung
    Die Opel-Belegschaft fordert eine verbindliche Perspektive für die Menschen, das Bochumer Werk und die Region. Dies wird mit dem vorliegenden Tarifvertrag nicht erreicht. 76% der Bochumer Belegschaft haben darum diesen Tarifvertrag abgelehnt.
    Aktuelle Anmerkungen:
    – Obwohl das Unternehmen mit Schreiben des Werksleiters M. Gellrich weitere Verhandlungen ablehnt, wird auf Wunsch des Unternehmens bereits heute wieder verhandelt.
    – Der Auto-Experte Prof. Ferdinand Dudenhöfer hat erklärt, dass die vorzeitige Verlagerung des Zafiras ein wirtschaftlich zu hoher Schaden sei und darum unwahrscheinlich ist.
    – NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin hat die Gespräche mit GM zu „Bochum Perspektive 2022″ verschoben und verlangt von GM klare Aussagen zur Zukunft des Bochumer Werkes.“ Rainer Einenkel, 22.03.2013
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=30138
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