Erholungsbeihilfe für Gewerkschaftsmitglieder [am Beispiel Opel]

„Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz findet keine Anwendung, wenn ein Arbeitgeber mit einer Gewerkschaft im Rahmen von Tarifverhandlungen vereinbart, für deren Mitglieder bestimmte Zusatzleistungen zu erbringen. Aufgrund der Angemessenheitsvermutung von Verträgen tariffähiger Vereinigungen findet eine Überprüfung anhand des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht statt.
Die Klägerinnen und Kläger, die nicht Mitglieder der IG Metall sind, verlangen von ihrem Arbeitgeber, der beklagten Adam Opel AG, eine „Erholungsbeihilfe“ iHv. 200,00 Euro. Im Rahmen von Sanierungsvereinbarungen zwischen Opel und dem zuständigen Arbeitgeberverband einerseits sowie der Gewerkschaft IG Metall andererseits waren im Jahre 2010 ua. eine Reihe von Vereinbarungen, darunter auch entgeltabsenkende Tarifverträge geschlossen worden. Die IG Metall hatte gegenüber Opel die Zustimmung hierzu von einer „Besserstellung“ ihrer Mitglieder abhängig gemacht. Zur Erfüllung dieser Bedingung trat Opel einem Verein bei, der satzungsgemäß „Erholungsbeihilfen“ an IG Metall-Mitglieder leistet. Nach der Beitrittsvereinbarung hatte Opel dem Verein einen Betrag von 8,5 Mio. Euro zu zahlen. Der Verein sicherte die Auszahlung von Erholungsbeihilfen an die bei Opel beschäftigten IG Metall-Mitglieder und die nach dem Einkommenssteuergesetz vorgesehene Pauschalversteuerung zu. Anders als die IG Metall-Mitglieder erhielten die Klägerinnen und Kläger keine Erholungsbeihilfe. Für ihr Zahlungsbegehren haben sie sich auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz berufen.
Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat ebenso wie die Vorinstanz die Klagen abgewiesen, weil der Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht eröffnet ist. Die Beitrittsvereinbarung war Bestandteil des „Sanierungspakets“ der Tarifvertragsparteien. Solche Vereinbarungen sind nicht am arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu überprüfen. Das gilt unabhängig davon, ob die Leistungen für die Gewerkschaftsmitglieder in einem Tarifvertrag oder einer sonstigen schuldrechtlichen Koalitionsvereinbarung geregelt worden sind.
Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichtes zum Urtei vom 21. Mai 2014 – 4 AZR 50/13, 4 AZR 120/13 ua. externer Link.Siehe dazu:

  • Verzichtsprämien gerichtsfest
    Kommentar vom 24. Mai 2014 von und bei IWW Bremen externer Link
    Aus dem Text: „… Heute haben sich die Dinge verändert. Grundlegend. Es wird kaum noch gestreikt und dementsprechend sind die Reallöhne nicht gestiegen bzw. in einigen Branchen deutlich gesunken. Die Einkommen im Niedriglohnsektor sind seit 2000 um 17 Prozent gesunken.  Und da  ist „Trittbrettfahren“  eine völlig unattraktive Sportart geworden. Welches Mitglied einer DGB Gewerkschaft mag da noch abfällig auf Trittbrettfahrer herabschauen. Neidisch sein, wenn beide verlieren, ist doch unsinnig. Berechtigter ist daher für den Beitrag zahlenden Gewerkschafter  die Klärung der Frage, warum er/sie für den Lohnverzicht auch noch Beiträge an eine Gewerkschaft zahlt, die per Tarifvertrag diesen Reallohnabbau, die Flexibilisierungsvereinbarung mit erhöhter Arbeitsdichte  möglich gemacht hat. Mehrere Millionen Menschen haben in den letzten 15 Jahren, diese Frage mit Austritt aus einer DGB Gewerkschaft beantwortet. Völlig logische Denke. Verzichten kann ich auch allein, dazu braucht man keine lahmfromme DGB- Gewerkschaft. Einzig stellt sich für beide, DGB Führungen und Unternehmen, die Frage, wie sie die gewerkschaftlich organisierten Lohnverzichts- und Rationalisierungsopfer dazu bewegen bei der Stange zu bleiben (also das  Gewerkschaftsbuch nicht abzugeben) nicht wilde Streiks anzuzetteln oder gar neue kämpferische Gewerkschaften zu gründen und beim nächsten Verzicht wieder mitzumachen. Die Lösung: Beide, DGB Gewerkschaft und Unternehmen vereinbaren einen Tarifvertrag, der dem Gewerkschaftsmitglied ein höheres Einkommen oder andere Zuwendung sichert, als dem Nichtmitglied…“
  • BAG-Urteil: Sonderzahlung für Gewerkschaftsmitglieder war rechtens
    Sonderzahlungen nur für Gewerkschaftsmitglieder? Das ist in Ordnung so. Opel-Mitarbeiter, die 2010 bei Sonderzahlungen nur für IG-Metall-Mitglieder leer ausgegangen waren, haben geklagt und vor dem Bundesarbeitsgericht verloren (Aktenzeichen: 4 AZR 50/13). Das Bundesarbeitsgericht hat am 21. Mai 2014 entschieden, dass der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gilt, wenn ein Arbeitgeber mit einer Gewerkschaft im Rahmen von Tarifverhandlungen eine Zusatzleistung nur für Gewerkschaftsmitglieder vereinbart…“ ver.di-Pressemitteilung vom 22. Mai 2012 externer Link
  • Wir verweisen auf die Rubrik im LabourNet Archiv: Boni für Gewerkschaftsmitglieder?
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=58882
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