Berliner BMW-Werk: Betriebsversammlung am 14. März 2014

Eigenlob des BRV / „Entgelt“-Flugblatt am 17. März: IG Metall-Fraktion KLARE LINIE gegen Schlechterstellung der Berliner BMW-Belegschaft. Geheime Aktennotiz des BRV offengelegt.
Zweiteiliger Bericht und Dokumentation von Rainer Knirsch vom 16.3.2014

Auf der Betriebsversammlung im Berliner BMW-Werk am 14. März, stellten sich die IG Metall-Liste KLARE LINIE und die IG Metall-Liste unter dem Namen des Betriebsratsvorsitzenden V. S. der Belegschaft vor. In einer Rede voller Eigenlob proklamierte sich der BR-Vorsitzende zum „Retter des BMW-Werks“, der allein Hunderte von Arbeitsplätzen erhalten habe, natürlich durch „harte, zähe und konstruktive Verhandlungen“. Bis 2002, vor seiner Zeit, sei alles schlechter gewesen, jetzt alles besser, und ohne ihn persönlich ginge gar nichts.

Die Listenführerin von KLARE LINIE dankte für soviel „Ehrlichkeit“. Auf seine von ihm selbst behaupteten Arbeitsplatz-Aktivitäten antwortete sie dem BR-Vorsitzenden mit den tatsächlichen Belegschaftszahlen seit 2002 anhand der Zahlen der Wahlberechtigten: Zur Betriebsratswahl 2002 gab es noch 2.747 Wahlberechtigte, die sich bis 2006 um 521 auf 2.226 Wahlberechtigte reduzierten. Bis 2010 verringerte sich diese Zahl um weitere fast hundert auf 2.129 Wahlberechtigte, und gegenwärtig, 2014, gibt es im Werk eine Belegschaft von 1.842 BMW-Beschäftigten und 730 Zeitarbeitskräften.

Da sich der BRV auch abfällig über den Kampf des Betriebsrats für die Einstellung zu BMW-Vertrag anstelle von Leiharbeit in den Jahren 1994 bis 2002 äußerte (die Befristungen hätten danach alle auf der Straße gesessen), wird er wohl daran erinnert werden müssen, dass diese befristet Beschäftigten während ihrer Arbeit bei BMW besser gestellt waren als die heutigen Leiharbeitnehmer, weil sie – im Gegensatz zu den Zeitarbeitskräften – Sonderzahlungen erhielten.

Das eigentümliche demokratische Verständnis des BRV verwundert schon nicht mehr: Obwohl die IG Metall-Liste KLARE LINIE die Listen-Nummer 1 hat, durfte sie sich erst als zweite Liste vorstellen, eine Stunde vor Ende der Versammlung, nachdem 250 von 500 Anwesende bereits die Versammlung, beim Gang des 2. Bevollmächtigten der IG Metall zum Mikrofon, verlassen hatten. Darum erhielten all jene an den Ausgängen des Saales die Vorstellungsrede der KLAREN LINIE als Flugblatt (siehe „Vorstellung Liste 1 / Betriebsversammlung 14.03.2014“ im Berliner BMW-Werk. Flugblatt KLARE LINIE, Liste der IG Metall, vom 14. März 2014 ).

Der anwesende 2. Bevollmächtigte der IG Metall, der durch sein Flugblatt (siehe „Auf ein Wort – Danke, Volker Schmidt und seinem Betriebsratsteam“. Flugblatt vom 2. Bevollmächtigten der Berliner IG Metall ) in den Wahlkampf zwischen den beiden IG Metall-Listen eingegriffen, den Protest der KLAREN LINIE (siehe Protestbrief der IG Metall-Liste KLARE LINIE vom 6. März 2014 ) und die öffentliche Berichterstattung darüber (siehe „Einmischung der IG Metall in den Betriebsrats-Wahlkampf zweier IG Metall-Listen im Berliner BMW-Werk“. Bericht vom 11. März 2014 + „Der erfolgreiche arbeitsrechtliche Kampf der IG Metall-Betriebsräte der Fraktion KLARE LINIE im Berliner BMW-Werk für ihre Rechte aus dem Betriebsverfassungsgesetz“. Dokumentation vom 11. März 2014) ausgelöst hatte, hielt sich in seiner Dankeshymne auf den BR-Vorsitzenden überraschend zurück.

IG Metall-Liste KLARE LINIE gegen die Schlechterstellung der Berliner BMW-Belegschaft. Geheimgehaltene „Aktennotiz“ des BR-Vorsitzenden  offengelegt.

Heute Morgen wurde die Belegschaft in einem Flugblatt zu „Entgelt: Leistungsgerechte Entlohnung? Leider: Nein!“ (siehe „Entgelt: Leistungsgerechte Entlohnung? Leider: Nein!“ Flugblatt KLARE LINIE, Liste der IG Metall, vom 17. März 2014 ) darüber informiert, dass der bisherige Betriebsratsvorsitzende V. S. am 30.11.2011 eine „Aktennotiz“ mit der Geschäftsleitung unterschrieben hatte.

Danach werden, abweichend von der Rahmenbetriebsvereinbarung zur Eingruppierung von Mitarbeitern der Montage (PKW-Werke) vom 17. Oktober 2008, die Mitarbeiter in der Motorradmontage im Werk Berlin grundsätzlich eine Entgeltgruppe schlechter eingruppiert als in Bayern. Dort hat die Entgeltgruppe 5 nur höchstens 12 Arbeitsinhalte, in Berlin aber mindestens 30 Arbeitsinhalte. Um als Facharbeiter eingruppiert zu werden, muss ein Berliner Kollege folglich mehr als doppelt so viele Arbeitsinhalte erfüllen als ein Bayerischer Kollege: „Berliner leisten mehr – für weniger Geld!“

Diese „Aktennotiz“ konnte von den IG Metall-Betriebsräten der Fraktion KLARE LINIE erst entdeckt werden, nachdem sie Zugang zu allen Unterlagen des Betriebsrats erstritten hatten (siehe „Der erfolgreiche arbeitsrechtliche Kampf der IG Metall-Betriebsräte der Fraktion KLARE LINIE im Berliner BMW-Werk für ihre Rechte aus dem Betriebsverfassungsgesetz“. Dokumentation vom 11. März 2014). Sie ist ein bisher geheim gehaltenes Papier. Und die darin unterschriebene Schlechterstellung der Berliner Kollegen war niemals Thema auf einer Betriebsratssitzung. Für die Unterschrift des BR-Vorsitzenden unter die Aktennotiz gab es keinen Beschluss des Betriebsrats und folglich auch keine Legitimation. – Für wen ist solch ein Betriebsratsvorsitzender unentbehrlich?

Zur Betriebsratswahl im Berliner BMW-Werk am morgigen 18. März fordert daher die IG Metall-Liste KLARE LINIE: „Abschaffung aller Vereinbarungen, die Berliner Kollegen bewusst schlechter stellen.“

Rainer Knirsch

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=55254
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