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Jede Woche tritt ein Minister zurück – wegen Korruption. Brasiliens Interimsregierung hat Freunde in Berlin. Nicht bei den Ölarbeitern – landesweiter Streik am 10. Juni beschlossen

Plakat gegen den brasilianischen Putschpräsidenten Temer bei der Demonstration vor dem Senat in Brasilia am 12. Mai 2016Der Minister für Transparenz ist der zweite der Interimsregierung Temer, der bereits zurücktreten muss: Gegen ihn wird ebenfalls wegen Korruption ermittelt. Wie auch gegen sieben weitere Mitglieder dieses Zombie-Kabinetts, das nur von Regierungen des Schlages Obama und Merkel anerkannt wird – derer gibt es allerdings viele, wie sich auch auf der OAS Tagung zeigte, die sich mit Venezuela, nicht aber mit Brasilien befasste. Währenddessen geht in der demokratischen Bewegung Brasiliens die Debatte darüber weiter, wie jetzt zu reagieren sei. Da die Privatisierung der Petrobras eines der Ziele dieser Truppe ist – und die Ernennung eines entsprechenden „Spezialisten“ zum neuen Vorstandsvorsitzenden weist in diese Richtung – ist es kein Wunder, dass die Föderation der Ölarbeitergewerkschaften, FUP, der erste gewerkschaftliche Verband ist, der zum Streik aufruft: Zu einem eintägigen landesweiten Proteststreik am 10. Juni. Auch Proteste etwa gegen Kürzungen beim sozialen Wohnungsbau finden bereits statt. Siehe dazu einige aktuelle Beiträge, inklusive einer beginnenden Generalstreikdebatte:

  • „Korruptionsaffäre: Nächster Rücktritt in Brasilien“ am 31. Mai 2016 in neues deutschland externer Link, worin vermeldet wird: „Wieder gibt es einen Rücktritt in der umstrittenen Übergangsregierung in Brasilien – binnen einer Woche der zweite. Der Minister für Transparenz, Fabiano Silveira, trat nach der Veröffentlichung eines Telefon-Mitschnitts zurück, in der er die Ermittlungen wegen der Affäre kritisierte. Laut Mitschnitt, der vor Silveiras Ernennung zum Minister aufgezeichnet wurde, riet er dem Senatspräsidenten Renan Calheiros, wie er sich gegenüber der Staatsanwaltschaft verhalten sollte, um die gegen ihn laufenden Ermittlungen zu neutralisieren. Vor einer Woche war Romero Jucá, Planungsminister unter dem seit Mitte Mai amtierenden Übergangspräsidenten Michel Temer, wegen ähnlicher Vorwürfe zurückgetreten
  • „Brasiliens Regierung am Abgrund“ von Ralf Streck am 31. Mai 2016 bei  telepolis externer Link mit einer mutigen Einschätzung: „Die Lage für den Übergangspräsidenten Michel Temer wird nun noch schwieriger. Deshalb wurde Silveira geschasst, nachdem er nach der Veröffentlichung der Aufnahmen zunächst keine Anstalten zum Rücktritt gezeigt hatte. Er hatte sich verteidigt und von „allgemeinen Kommentaren“ und „Meinungen“ gesprochen. Schließlich protestierten aber auch etliche Mitarbeiter in seinem Ministerium. Sie kehrten vor der Tür des Ministeriums und forderten seinen Rücktritt. Erst danach zog Temer auch in diesem Fall verspätet die Reißleine und entließ seinen zweiten Minister. Es ist schon interessant, dass ausgerechnet der Mann, der die Korruption bekämpfen soll, ihr Vorschub leistet. Und der Fall zeigt, welche Leute von Temer auf diese bedeutsamen Posten gehoben wurden. Ihm kann kaum unbekannt gewesen sein, welche „Meinung“ Silveira zu Korruptionsermittlungen hat. Sogar noch dramatischer war der Fall des in der letzten Woche geschassten Planungsministers. Jucá, ein Vertrauter von Temer, hatte offen an einer Verschwörung mitgewirkt, um die Absetzung der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff voranzutreiben
  • „Massive Kürzungen im sozialen Wohnungsbau in Brasilien beschlossen“ von Niklas Franzen am 31. Mai 2016 bei amerika21.de externer Link, worin über die asoziale Haushaltstätigkeit der Temerbande berichtet wird: „Bereits vergangene Woche hatte der Minister für Stadtentwicklung, Bruno Araújo, informiert, dass der Beschluss Rousseffs, 11.250 neue Sozialwohnungen mit „Minha Casa, Minha Vida“ zu errichten, zurückgenommen wird. Diese Planungen waren Teil des Unterprogramms „Entidades“, bei dem der Wohnungsbau in Zusammenarbeit mit sozialen Bewegungen realisiert wird. In einer Stellungnahme bezeichnete die Wohnungslosenbewegung MTST die Entscheidung als „symptomatisch“ für die Rückschritte in der Sozialpolitik unter der Regierung Temer: „Dieser autoritäre Mief lässt keinen Raum für die sozialen Bewegungen zu. Sie wollen, dass wir nicht existieren und versuchen daher, uns anzugreifen und zu demoralisieren“. Urbane Bewegungen haben Demonstrationen und Besetzungen „gegen die Angriffe auf das Recht auf Wohnen“ angekündigt
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=99043
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