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Website blocken reicht nicht mehr: Prozesslawine gegen Redakteur von LabourNet Türkei/ sendika.org

Logo: sendika.orgGleich drei Verfahren sind gegen Ali Ergin Demirhan, Redakteur bei LabourNet Türkei/ Sendika.org, eröffnet worden – wegen „terroristischer Propaganda“. 11 Mal ist die Webseite von sendika.org seit dem Sommer 2015 von den türkischen Behörden blockiert worden. Jedes Mal haben die Kolleg*innen eine neue Domain eröffnet und ihre Arbeit fortgesetzt. Kein zufriedenstellendes Ergebnis für die Repressionsbehörden. Inkriminiert wird nun nicht sendika.org direkt, sondern deren Schwesterpublikation „Halkın Sesi“ – Stimme des Volkes, die als Printprodukt erscheint. Dort sind Artikel erschienen, in deren Überschriften die Worte „Mörder“ und „Palast“ vorkamen. PKK-Propaganda, was sollte es auch sonst für einen Grund geben, die Zustände in Tayyipistan zu kritisieren. Ali Ergin ist für diese Publikation presserechtlich verantwortlich und entsprechend Ziel der Ermittlungen. Am morgigen Donnerstag, 26. Mai 2016, steht er ab 9.30 Uhr Ortszeit für die erste Anhörung im ersten dieser Prozesse in Istanbul vor Gericht. Siehe dazu den Bericht „Resistance media goes on trial as blocking of website deemed insufficient“ vom 23. Mai 2016 bei sendika.org externer Link.Dazu neu:

  • Sendika.Org-Redakteur in IstanbulProzess vertagt – Ermittlungen gehen weiter
    Ein Massaker zu kritisieren, dass man selbst erlebt hat, kann keine Propaganda sein – so die Argumentation der Verteidigung beim ersten Verhandlungstag (26.5.16) gegen Ali Ergin Demirhan, Redakteur bei sendika.org und rechtlich verantwortlich für die Schwesterpublikation Halkin Sesi -Stimme des Volkes, gegen die wegen kritischer Berichterstattung (oder auch „terroristischer Propaganda“, wie es die türkischen Behörden nennen) prozessiert wird. Hier gemeint ist kritische Berichterstattung zu den Bombenanschlägen auf eine Friedenskundgebung in Ankara im Oktober 2015, bei denen 100 Menschen getöten und hunderte weitere verletzt wurden. Mittlerweile ist bekannt, dass den Sicherheitsbehörden eine Warnung vorgelegen hatte – Polizei hatte sich entsprechend bis zum Eintreffen der Katastrophe vom Versammlungsort ferngehalten (LabourNet Germany berichtete). Es soll nun auch der Autor dieses ersten inkriminierten Artikels gehört werden, weshalb der Prozess auf den 27. September 2016 vertagt wurde. Mehrere weitere Ermittlungsverfahren wegen kritischer Berichterstattung sind gegen Ali Ergin anhängig. Diese Verfahren reihen sich ein in die sich stetig verschärfende Lage für Oppositionelle in der Türkei – wir erinnern an das Interview mit Ali aus dem Januar 2016: „Schlägertrupps, Prozesse, Zensur“. Zum dritten Jahrestag der Gezi-Proteste sei außerdem auf ein Interview hingewiesen, dass labournet.tv damals in Istanbul mit Ali durchgeführt hat: „Die Rolle von Arbeiter_innenkämpfen in der Gezi-Park-Bewegung“ externer Link (englisch mit dt. UT |10 min | 2013)

  • Zur Einordnung: Die Ermittlungen gegen Ali Ergin kommen zu einer Zeit, zu der er sich wesentlich im „Friedensratschlag Hatay“ im Süden der Türkei engagiert. In den Berichten des Friedensratschlags wird immer wieder auf die Bewegungsfreiheit für Dschihadisten in der Region verwiesen und werden die teils dramatischen Bedingungen für syrische Kriegsflüchtlinge in der Region beschrieben. Grund genug, hier den zweiten Bericht aus Hatay in deutscher Übersetzung zu veröffentlichen
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=98741
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