Newsletter am Mittwoch, 23. Dezember 2015

Kurzer Überblick über die heutigen LabourNet Germany News:

Hier die wichtigsten der gestern/heute veröffentlichten Beiträge auf unserer Homepage

1. Internationales » Türkei » Politik

Massenflucht aus Kurdistan – Massenproteste in Kurdistan: Erdogan hat seinen gewünschten Bürgerkrieg begonnen

Angesichts der verheerenden Lage in den kurdischen Gebieten der Türkei, – seit einer knappen Woche gibt es über 100 Tote, welche Lösung gäbe es für die Kurden dort? Demirtas äußert dazu: „Wie könnte dieser Status in der Türkei aussehen? Ein autonomes (Nord)-Kurdistan und eine auf der Grundlage der Autonomie basierenden regionalen Selbstverwaltungsreform in der gesamten Türkei.“ Dazu müsste sich Erdogan aber auf ein demokratisches föderales System einlassen – wofür es in Europa ja einige Beispiele gibt. Leider entwickelt sich die Türkei immer mehr in die Gegenrichtung, hin zu einem despotischen Zentralstaat. Im eigenen Interesse sollte die internationale Gemeinschaft und speziell die EU dem Morden an Kurden Einhalt gebieten: Die nächste Fluchtbewegung, diesmal die der türkischen Kurden, wird nämlich gerade von Erdogan und seiner Entourage initiiert“ – aus dem Beitrag „Der türkische Krieg gegen kurdische Zivilisten“ von Elke Dangeleit am 22. Dezember 2015 in telepolis externer Link, worin auch noch darauf verwiesen wird: „Unterdessen geht die Unterstützung Merkels für Erdogan weiter: So werden sogenannte „PKK-Kader“ in der Bundesrepublik wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nach § 129a verhaftet und angeklagt, wie im Sommer dieses Jahres Ahmet Celik in Nordrhein-Westfalen. Ihm wird vorgeworfen, Veranstaltungen durchgeführt und Demonstrationen oder Kundgebungen organisiert zu haben

Siehe dazu auch zwei weitere aktuelle Beiträge und einen Hintergrundbeitrag zur aktuellen Autonomiebewegung

2. Internationales » Indien » Arbeitsbedingungen

Kanalreiniger in Indien wehren sich gegen tödliche Arbeitsbedingungen

Schon vor 25 Jahren fällte das Oberste Gericht Indiens ein Grundsatzurteil, dass die KanalreinigerInnen im ganzen Land schützen sollte. Was seitdem passiert ist: Viele weitere sind gestorben. Immer wieder und wieder. Insgesamt genau 1.327 Menschen bis März 2014 wie ein Expertenbericht festhielt – jede Woche mindestens ein Todesopfer. Der Bericht „Stop Killing Us: the Bhim Yatra of India’s Manual Scavengers tells the Indian government“ am 21. Dezember 2015 bei Sabrang externer Link informiert über den Protest der Betroffenen und Hinterbliebenen in nicht weniger als 30 Bundesstaaten Indiens, die von der Regierung Handeln einfordern. Und zwar sowohl generell,als politische Instanz, als auch als die Institution die in Wirklichkeit die meisten Latrinen von Menschen reinigen läßt – etwa die 80.000 Toiletten in den Zügen der Staatsbahn und entsprechend die Gleise. Über die Rolle staatlicher Einrichtungen und Unternehmen wird in dem Bericht ausführlich informiert – und leider auch darüber, dass während der Protestaktivitäten die Meldung von drei neuen Todesfällen sich verbreitete

3. Internationales » Griechenland » Krise in Griechenland » Widerstand und Streiks gegen die Krise

Hafen zu verkaufen – jetzt ganz billig. Vorsicht: Aufmüpfige Belegschaft streikt – Zugpersonal auch

Die Hafenarbeiter in Griechenland führen heute einen 24-stündigen Streik durch, um gegen die Privatisierung der Hafengesellschaft Piräus (OLP) sowie jener von Thessaloniki (OLTH) zu protestieren. Auslöser war der heutige Beginn der Gebotsentgegennahme internationaler Interessenten durch den Privatisierungsfonds TAIPED“ – aus der Kurzmeldung „Hafenarbeiter streiken gegen Privatisierungspläne“ am 21. Dezember 2015 in der Griechenlandzeitung externer Link. Versehen mit beispielhaften Kommentaren von Experten aus dem Bild-Universum

Siehe dazu auch zwei weitere aktuelle Beiträge zu Streiks gegen Privatisierung

4. Internationales » Griechenland » Politik

Das Diktat geht immer weiter: EU will selbst ein soziales Notprogramm in Griechenland nicht dulden – über den Tod hinaus

Auf Druck der EU musste die griechische Regierung ihr Sozialprogramm – faktisch zur leichten Linderung der allerübelsten Auswirkungen des Bankenretter-Kurses – erst einmal sein lassen, nicht einmal das sind die Troika-Krieger bereit, zu akzeptieren: „Mit dem »Parallelprogramm« wollte die linksgeführte Regierung die Härten der von ihr durch die Gläubiger abverlangten Kürzungmaßnahmen für sozial Schwache mildern. Zu den wichtigsten Maßnahmen, die SYRIZA durchbringen will, gehört eine Krankenversicherung für alle derzeit nicht sozialversicherten Griechen. Zudem sollen in den Kommunen Hilfszentren für Arme eingerichtet werden. Auch die Seifenkooperative Vio.Me würde profitieren. Die Zwangsversteigerung des Firmengeländes soll gestoppt werden“ – aus dem Beitrag „Eurogruppe stoppt Sozialpaket von SYRIZA“ am 18. Dezember 2015 in neues deutschland externer Link

Siehe dazu auch einen weiteren aktuellen Beitrag

5. Internationales » China » Politik

Weltweite Solidaritätsaktionen mit den verhafteten ArbeiteraktivistInnen aus Südchina – erstaunlich breit

Am 21. Dezember fanden in einer ganzen Reihe von Ländern Solidaritätsaktionen mit den seit dem 3. Dezember inhaftierten chinesischen AktivistInnen statt: Vor Einrichtungen der VR China oder auch an Orten, an denen es besonders deutliche wirtschaftliche Präsenz aus der VR Ch gibt. London und Stockholm, Den Haag und Sydney, Brasilia und Ottawa, Dhaka und Colombo waren Orte, aus denen es auch Fotoberichte von Protestaktionen gab. Die Mitteilung „Global unions demand release of Chinese labour activists“ des Internationalen Gewerkschaftsbundes vom 21. Dezember 2015 externer Link informiert über ein Protestschreiben der Organisation an die chinesische Regierung

Siehe dazu auch Material zu Solidarität in der BRD – und wie die Regierung Chinas jetzt versucht, ihre Repression zu begründen

6. Internationales » Paraguay

Zwei Tage Generalstreik in Paraguay: Verbände, die in letzter Minute absprangen, reduzieren Mobilisierung

Es sollte – eigentlich – der erste „richtige“ Generalstreik in Paraguay seit Antritt der Cartes-Regierung werden. Denn beim ersten Versuch hatten nicht alle Verbände sich beteiligt. Dieses Mal hatten alle sieben Verbände gemeinsam zum zweitägigen Protest-Generalstreik aufgerufen, zusammen mit zahlreichen sozialen Organisationen. Wie es auch LabourNet Germany in „Vor dem ersten Generalstreik in Paraguay seit dem „legalen Putsch“ gegen die Lugo-Regierung“ am 14. Dezember 2015 berichtet hatte. Aus diesem Kreis hatten sich, ganz kurz vor Beginn des Streiks, die beiden Verbände Central Nacional de Trabajadores und Confederación Nacional de Trabajadores plötzlich verabschiedet: Sie hatten einem abermaligen und abermalig inhaltsleeren Gesprächsangebot der Regierung der Vorzug gegeben, wie in dem Bericht „¿Exitosa o no?: Gobierno dice que no se sintió la huelga general“ am 21. Dezember 2015 in Hoy externer Link genüsslich unterstrichen wird, um dann der Mitteilung der Regierung den meisten Raum einzuräumen, man hätte von dem Streik nichts bemerkt (obwohl alle möglichen Medien etwa voll davon waren, welches Verkehrschaos entstanden sei, weil sehr viele Busse nicht fuhren – und das, obwohl auch einige Busfahrergewerkschaften ihre Streikbeteiligung zurück gezogen hatten)

Siehe dazu auch zwei weitere aktuelle Beiträge

7. Internationales » Dänemark

Dänische Polizei verweigert Regierungsbefehl: Flüchtlinge werden nicht (vollständig) ausgeraubt

Die dänische Regierung, in der Tat rechter, als die Polizei erlaubt, ist schon zu Recht berüchtigt dafür, dass die Erwerbslosen bis auf 1.300 Euro alles wegnimmt, was sie haben. Diese edle Tradition des Raubrittertums soll nun auch auf die Flüchtlinge angewendet werden. Dabei haben die aufrechten Männer und Frauen, die Dänemark regieren nur ein Problem – und das ist nahe liegender Weise kein moralisches. Sondern – die Polizei will nicht so richtig mitmachen, sieht sich beispielsweise nicht in der Lage den Wert von Schmuck zu beurteilen. „“Wir werden Flüchtlingen nicht die Eheringe abnehmen“ ist der Titel der Meldung am 22. Dezember 2015 im deutschlandfunk externer Link worin es unter anderem heißt: „Den Plänen zufolge soll das Gepäck von Flüchtlingen durchsucht und Wertgegenstände und Bargeld mit einem Wert von mehr als 400 Euro beschlagnahmt werden, um einen Teil der Unterbringungs- und Verpflegungskosten zu bezahlen sowie Sprachkurse, Gesundheitsleistungen und Berufsbildung. Gegenstände von persönlichem Wert sollen unberührt bleiben – welche das sind, ist im Gesetzentwurf nicht konkret definiert

8. Internationales » Frankreich » Politik

Gewerkschaftliche Petition gegen das Notstandsregime in Frankreich – jetzt auch auf deutsch

In dem Beitrag „Das demokratische Frankreich mobilisiert weiter gegen das Notstandsregime“ am 18. Dezember 2015 im LabourNet Germany hatten wir von jener Petition gegen das französische Notstandsregime berichtet, die vor allem aus unterschiedlichsten gewerkschaftlichen Kreisen heraus begonnen worden war. Die deutsche Übersetzung „Menschenrechte wieder herstellen: Ausnahmezustand sofort aufheben!“ die die Aktiven Arbeitslosen aus Österreich dankenswerter Weise erstellt haben, ist seit dem 23. Dezember 2015 bei change.org externer Link veröffentlicht, beginnt mit der Aussage: „Nach den schrecklichen Anschlägen vom 13.11.2015 im Paris, hat die französische Regierung, als angebliche Maßnahme gegen mögliche weitere Attentate, den Ausnahmezustand über das ganze Land verhängt. Diese weit reichende Einschränkung der Menschenrechte wie der Demonstrationsfreiheit und die massive Ausweitung der Befugnisse der Staatsgewalt, wie Hausdurchsuchungen und Haft ohne richterliche Kontrolle, wird mit einem Gesetz begründet, das Frankreich 1955 als Kolonialmacht zur blutigen Unterdrückung der Unabhängigkeitsbewegung von Algerien beschlossen hatte (Algerien Krieg 1954 – 1962)“ und kann von jedem und von jeder, die gegen das Notstandsregime sind unterzeichnet werden

Siehe dazu den Beitrag „Das demokratische Frankreich mobilisiert weiter gegen das Notstandsregime“ am 18. Dezember 2015 im LabourNet Germany

9. Internationales » Argentinien » Geschichte

Neue Dokumente aus deutschen Gewerkschaftsarchiven

Über die enge Zusammenarbeit, während der argentinischen Militärdiktatur, von (gelben) Gewerkschaftern und der deutschen Gewerkschaftsspitze, hatte das LabourNet im Zusammenhang mit den damals verschwundenen Betriebsräten von Mercedes-Benz berichtet. Die IG Metall hatte den Chef der Automobilarbeitergewerkschaft SMATA, José Rodriguez, jahrelang unterstützt und Vorwürfe gegen ihn abgeschwächt. (…) Bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn liegt das Archivmaterial des DGB aus jenen Jahren. Darin finden sich eine Fülle von Eingaben von Betriebsgruppen, Gewerkschaftern und Amnesty International, die den Gewerkschaftsdachverband auf die systematische Folter und Ermordung von tausenden Argentiniern aufmerksam machen und ein Handeln fordern. Die Hälfte der etwa 30.000 „Verschwundenen“ waren Arbeiter. Und regierten nicht in Bonn die Sozialdemokraten? Ganze Aktenbände füllen diese Eingaben. Allerdings fehlt eine Reaktion des DGB. Oder um es noch klarer zu sagen: er hat einfach keinen Finger gekrümmt. (…) Hätte sich der DGB oder die IGM für sie eingesetzt, wären sie vielleicht noch am Leben. Warum dies nicht geschehen ist, geht aus den Akten nicht hervor. (…) Und da die Gewerkschaftspresse dieses Thema bis heute als ein Tabu behandelt und bisher kein Wort des Bedauerns geäußert wurde, ist der Schluss naheliegend, dass diese Massaker deutschen Gewerkschaftsfunktionären immer noch gleichgültig sind.“ Artikel von Gaby Weber (Buenos Aires) vom 21.12.2015

Siehe zum Hintergrund:

10. Branchen » Automobilindustrie » Daimler » Allg./International

Daimler erpresst – auch in Frankreich

Die Leitung des Daimlerwerks im lothringischen Hambach will profitabler werden – und erpresst faktisch unbezahlte Mehrarbeit. „Sie hält eine Steigerung der Produktivität um sechs Prozent für nötig, um in die schwarzen Zahlen zu kommen, und hatte auch gleich eine Idee, wie das gelingen sollte: entweder durch Schließung des Standorts samt Verlagerung der Produktion nach Slowenien oder durch eine verlängerte Wochenarbeitszeit bei kaum verändertem Lohn. Obwohl die 35-Stunden-Woche gesetzlich vorgeschrieben ist, soll ab Januar 37 Stunden gearbeitet werden und einige Monate später sogar 39 Stunden, von denen nur 37 Stunden bezahlt werden. Im Gegenzug bot die Direktion eine Arbeitsplatzgarantie bis 2020, 120 Euro mehr Lohn und eine Einmalprämie von 1000 Euro an“ – aus dem Beitrag „Smarte Erpressung“ von Ralf Klingsieck am 22. Dezember 2015 in neues deutschland externer Link, worin auch noch der Personaldirektor zitiert wird, der in der Alternative mehr arbeiten oder Werksschließung natürlich gar nie nicht eine Erpressung sieht – 93% der 800 Beschäftigten haben unterzeichnet

11. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Groß- und Einzelhandel » Amazon » Dossier: [November/Dezember 2015] Amazon-Beschäftigte an mehreren Standorten im Arbeitskampf

Und der Streik wirkt doch

Amazon-Beschäftigte verstärken Druck im Arbeitskampf. Versandhändler zahlt »Anwesenheitsprämien« und streicht in Leipzig einen Urlaubstag…“ Artikel von Jörn Boewe in junge Welt vom 22.12.2015 externer Link

Und weitere Meldungen im Dossier

12. Branchen » Medien und Informationstechnik » Presse, Verlage und Medienkonzerne » Journalismus als Beruf

Kaum Anerkennung. Unterstützung für geflüchtete Journalisten in Deutschland

Das Nothilfe-Referat von „Reporter ohne Grenzen” hilft sowohl JournalistInnen, die in ihren Herkunftsländern bedroht sind, als auch solchen, die ins Exil gehen müssen, weil ihnen mangels Pressefreiheit die Ausübung des Journalistenberufs verwehrt wird. Im Jahr 2015 wurden bislang rund 60 exilierte KollegInnen registriert, von denen die meisten heute in Deutschland leben. Sie kommen – wie die anderen Geflüchteten – überwiegend aus Syrien, Afghanistan, Iran oder auch Somalia…“ Artikel von Günter Herkel in «M» – MENSCHEN – MACHEN – MEDIEN 06/2015 externer Link

13. Branchen » Medien und Informationstechnik » Technologiekonzerne, Telekommunikation, IT-Hardware » SAP SE » Paradigmenwandel bei Softwaregiganten SAP SE – ein Erfahrungsbericht

„Hire & Fire“ bei SAP: Dramatische Folgen bestätigt

Im Beitrag „Paradigmenwandel beim Softwaregiganten SAP SE – ein Erfahrungsbericht“ wurde über die sehr radikale Reorganisationsmaßnahme „Simplify & Optimize“ (S&O) berichtet. Es sollten Stellen, die redundant bzw. überflüssig sind, abgebaut werden. Erstmals sind von SAP „betriebsbedingte Kündigungen“ in Betracht gezogen worden. Diese wurden aber mit Hilfe des Betriebsrates der SAP SE verhindert. Ein echter Erfolg. Im Frühjahr 2015 wurde S&O von der Arbeitgeberin „ohne betriebsbedingte Kündigungen“ als beendet erklärt und betroffene Mitarbeiter andere gleichwertige Stellen innerhalb des Konzerns zugewiesen. (…) Bei SAP herrscht eine „selbstausbeuterische Arbeitskultur“: Das Gefühl der Freiheit wird erkauft mit der Pflicht zur permanenten Selbstoptimierung. Die Anwendung von hoher Selbstverantwortung und hohen fremdgesteuerten Leistungs- und Zielvorgaben, soll die Produktivität erhöhen – ohne dass eine direkte Steuerung durch das finanzzahlengetriebene Management in Erscheinung tritt. Grenzen zwischen Privaten und Arbeit verschwinden, mit schädlichen Folgen für die Gesundheit von Arbeitnehmer*innen…“ Artikel von Ralf Kronig vom Dezember 2015 pdf, Betriebsrat und Konzernbetriebsrat SAP SE und Sprecher Ausschuss für Gesundheit und Soziales

Siehe den ersten, im Text angesprochenen Beitrag von Ralf Kronig

14. Politik » Wirtschaftspolitik » Gesundheitspolitik » Medizin und Ökonomie » Dossier: Die Versicherten in der Gesetzlichen Krankenversicherung müssen es alleine stemmen. Die Lastenverschiebung in der Sozialversicherung hin zu den Arbeitnehmern bekommt ein Update

a) Krankenversicherung: Arbeitgeber wollen sich nicht an Mehrkosten beteiligen

Die Beitragserhöhung der Krankenkassen im Januar sollen die Versicherten allein bezahlen. Die Arbeitgeber wollen sonst die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall überdenken.

Die Wirtschaft hat sich in der Diskussion um steigende Krankenkassenbeiträge für die Versicherten gegen eine Beteiligung an den Mehrkosten ausgesprochen – und stellt im Gegenzug die Finanzierung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall infrage. „Wenn die Politik die paritätische Finanzierung wieder einführen und den Arbeitgeberbeitrag erhöhen will, müssten wir auch über die paritätische Finanzierung der Lohnfortzahlung reden“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, der Rheinischen Post…“ Agenturmeldung vom 23. Dezember 2015 bei der Zeit online externer Link – bei RP ist das Interview nicht auffindbar

Dreister Erpressungsversuch, aber leider wohl nicht unrealistisch: Der letzte Angriff auf die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall 1956 führte zum immer noch längsten Streik der Nachkriegsgeschichte, doch eine Wiederholung erscheint bei dem Verschenken – noch nicht mal Ausverkauf! – gewerkschaftlicher Errungenschaften aus Angst vor Hartz IV kaum machbar…

b) Steigende Krankenkassen-Beiträge: Arbeitgeber sollen bluten

Angesichts steigender Krankenkassenbeiträge ist eine Debatte darüber entbrannt, ob die Arbeitgeber stärker an der Finanzierung zu beteiligt werden sollen. Die SPD ist dafür und will über die rot-grün-geführte rheinland-pfälzische Landesregierung eine entsprechende Bundesratsinitiative auf den Weg bringen – und bekommt dafür Unterstützung vom CDU-Arbeitnehmerflügel. Doch in der Union regt sich deutlicher Widerstand…“ Agenturmeldung vom 21.12.2015 beim Handelsblatt online externer Link

Denn so weit ist es schon, daß eine Rückkehr zur Parität als „bluten“ bezeichnet wird, dabei stellte sich die Frage, warum die Arbeitgeberseite nur zu 50% beteiligt war, wo doch die Arbeit krank macht und Gesundheit längst lediglich als Arbeitsfähigkeit betrachtet wird!

15. Politik » Europäische Union » EU-Krise » Allgemeines zur EU-Krise

APuZ 52/2015: Europäische Integration in der Krise

Die Eurokrise und die Flüchtlingskrise prägten das politische Jahr 2015 in Europa. In beiden zeigen sich die Mitgliedsstaaten der Eurozone beziehungsweise der EU uneinig. In Bezug auf die Eurokrise stellt sich vor allem die Frage über die nächsten Reformschritte: Soll es eine „Wirtschaftsregierung“ in der Eurozone geben, die befugt ist, über sozial-, fiskal- und wirtschaftspolitische Maßnahmen die ökonomischen Ungleichgewichte auszubalancieren? Oder soll der Schwerpunkt auf der Einhaltung bestehender fiskalpolitischer Regeln und auf Haushaltskontrolle liegen, um die „Stabilitätsunion“ zu stärken? Schien schon mit den Auseinandersetzungen über die Hilfen für Griechenland ein Tiefpunkt erreicht, so hat sich die Krise der EU durch das Scheitern des gemeinsamen Asylsystems an der Realität der Flüchtlingsbewegungen dramatisch verschärft. Die Terroranschläge von Paris markieren schließlich den tragischen Abschluss des europäischen Krisenjahrs 2015.“ Sonderseite der Bundeszentrale für politische Bildung zu Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ 52/2015): Europäische Integration in der Krise externer Link

Siehe dazu eine Kurzbesprechung von Volker Bahl im Beitrag

16. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Leiharbeit und Sklavenhandel » Dossier: Gesetzeslage der Leiharbeit » Neues Gesetz geplant: Keine Zeitarbeiter mehr als Streikbrecher

Bewertung des Gesetzsentwurfs im ZOOM-Diskussionsforum

Bei ZOOM – ZeitarbeiterInnen – Ohne Organisation Machtlos – Ein Forum der IG Metall – stellt sich momentan Eugen Scheinberger, Mitglied der TAKO-Leiharbeit der IG Metall der Diskussion zum Thema TAKO-Leiharbeit und TV am Beispiel des Papiers des IGM-Vorstand zur Bewertung des Gesetzsentwurf von Nahles. Siehe „Tarifverhandlung Zeitarbeit“ im ZOOM-Diskussionsforum externer Link

17. Politik » Sozialpolitische Debatte » Soziale Grundrechte

„Die Grundbedürfnisse werden mehr und mehr zum Geschäft“

Dass der Neoliberalismus eine perfide Gesellschaftsideologie ist, hat derselbe längst bewiesen. Nicht nur macht er den Armen und Arbeitslosen weis, sie selbst wären an ihrem Elend schuld. Er schafft es auch, dafür zu sorgen, dass das wahre Ausmaß der gesellschaftlichen Armut kaum je an die Öffentlichkeit dringt. Dass das Gesundheitssystem trotz immer höherer Ausgaben immer weniger den Menschen und immer mehr den Profiten einiger weniger dient. Dass die Soziale Arbeit erodiert und kaum jemand etwas hiergegen unternimmt. Dass mittels Stiftungen ein regelrechter „Refeudalisierungsboom“ im Lande tobt und Investoren inzwischen das öffentliche Schulwesen ins Visier nehmen. Zu den Auswirkungen des neoliberalen Sozialabbaus sprach Jens Wernicke mit Norbert Wohlfahrt, der diesbezüglich längst eine Privatisierung von Grundbedürfnissen konstatiert….“ Interview vom 21. Dezember 2015 bei den Nachdenkseiten externer Link

18. Interventionen » Antifaschismus und die neuen alten Rechten » alte und neue Nazis sowie Alltagsrassismus » In Gedenken an Ramazan Avcı – vor 30 Jahren von Nazis totgeprügelt

Rede von Gülüstan Avcı, der Witwe von Ramazan Avcı, auf der Gedenkveranstaltung am 21. Dezember 2015 auf dem Ramazan-Avcı-Platz in Hamburg

Hier die beeindruckende Rede von Gülüstan Avci, der Witwe von Ramazan Avci, die sie heute (21.12.15) auf dem Ramazan-Avci-Platz gehalten hat, an dem vor 30 Jahren ihr Mann von Neo-Nazis erschlagen wurde. Vor drei Jahren wurde eine Gedenktafel eingeweiht und der Platz nach ihm benannt. Zur Gedenkkundgebung waren etwa 150 Menschen gekommen. Vom Bruder von Süleyman Tasköprü, der 2001 von den NSU-Tätern in Hamburg-Altona ermordet wurde, wurde eine Solidaritätserklärung verlesen. Er hatte von seinem Arbeitgeber nicht frei bekommen…„,schreibt uns Dieter Wegner, aktiv beimjour fixe der Gewerkschaftslinken Hamburg, der das Manuskript besorgt und abgetippt hat – wir danken und dokumentieren die Rede von Gülüstan Avci pdf Dort heißt es unter anderem:
… Jahrelang traute ich mich nicht hierherzukommen oder auch nur vorbeizufahren. Denn „Landwehr“ erinnerte mich an den Verlust von Ramazan und erweckte immer wieder von Neuem meine tiefe Trauer und meinen Schmerz und bereitete mir Herzweh. Doch seit Ende 2012 trägt dieser Platz offiziell den Namen „Ramazan Avci“ und ich suche diesen Platz, den ich jahrzehntelang gemieden habe, nun regelmäßig mit meinem Sohn auf. Neben dem Gedenkstein lege ich Rosen ab und spreche zu Ramazan. Rosen mochte er am liebsten. Ich erzähle ihm dann, was sein Sohn und ich alles machen und wie es uns so geht. Ich bin ganz sicher, daß er mich hört und sieht. Ich spüre sein Lächeln. Dieser Platz hat für uns eine ganz neue Bedeutung. Es ist der Ort für unsere Trauer und auch zugleich ein Symbol gegen den Rassismus, der die Gesellschaft bedroht. Jeder, der hier vorbeikommt und die Gedenksteininschrift liest, wird sich, auch wenn es nur für Sekunden ist, die Gefahren des Rassismus ins Gedächtnis rufen…

19. Interventionen » Asyl, Arbeitsmigration und Antirassismus » Asylrecht und Flüchtlingspolitik » Festung EU

»Pro Asyl«: Deutsche Asylpolitik provoziert Sterben im Meer

Flüchtlingsorganisation: Viele versuchen wegen deutscher und europäischer Abschottung vermeintlich letzte Chance zu ergreifen
Es sind auch die deutschen Pläne zur Einschränkung des Familiennachzugs für Flüchtlinge, die immer mehr Frauen und Kinder die gefährliche Überfahrt übers Mittelmeer wagen lassen, warnt »Pro Asyl« – erst letzte Nacht starben wieder Menschen
…“ Meldung vom 23.12.2015 in Neues Deutschland online externer Link

Siehe dazu:

  • Keine legalen Wege – Abschottung zwingt Frauen und Kinder auf die Boote.
    PRO ASYL appelliert: Recht auf den Familiennachzug nicht antasten, Aufnahme von Familienangehörigen ermöglichen, aktiv werden gegen das Sterben auf dem Meer. Presseerklärung vom 23.12.2015 externer Link

20. Interventionen » Asyl, Arbeitsmigration und Antirassismus » Arbeitsmigration » Alltag und Arbeitsbedingungen der ArbeitsmigrantInnen

Mit fünf Jahren Probezeit zu noch mehr Niedriglohn

Mehr als dreieinhalb Millionen Menschen aus anderen EU Staaten leben in Deutschland. Davon sind mehr als 1 Million Menschen im Laufe der letzten 5 Jahre, vornehmlich aus ost- bzw. südeuropäischen Ländern zugewandert. Die Zuwanderung nach Deutschland wird weiter zunehmen. Für die ausreichende Ausstattung der Fließbänder, Lagerhallen und Pflegestationen sind nach Berechnungen der Bundesagentur für Arbeit in den nächsten 15 Jahren 7 bis 8 Millionen zugewanderte Arbeitskräfte notwendig. Durch das Urteil des Europäischen Gerichtshof zu den Ansprüchen von erwerbslosen EU-Bürger*innen auf Hartz IV und die Veränderungen im Freizügigkeitsgesetz für EU-Bürger*innen zum Januar 2015 haben sich drastische Veränderungen ergeben, die zu einer weiteren Beschleunigung des Ausbaus des Niedriglohnsektors und dem Unterlaufen des Mindestlohns führen werden…“ Erfahrungsbericht der Berater*innen der Beratungsstelle der IWW Bremen in den Räumen des Bremer Erwerbslosenverbands, hier dokumentiert bei end of road Bremen vom 2. November 2015 externer Link (also schon etwas älter, aber unbedingt lesenswert)

Siehe zum Hintergrund unter anderem: “Hartz IV” – Anspruch für EU-Migranten. Dossier im LabourNet Germany, zuletzt aktualisiert am 7. Dezember 2015

21. Interventionen » Solidarität gefragt » Free Mumia Abu-Jamal!

Juristischer Erfolg: Mumia Abu-Jamal klagt auf medizinische Behandlung. Richter kritisiert Gefängnisbehörden

Artikel von Jürgen Heiser in der jungen Welt vom 21.12.2015 externer Link

22. Interventionen » Kriege und Militarisierung » Antimilitarismus

Export von Kleinwaffen und Munition stoppen! Grenzen öffnen für Menschen – Grenzen schließen für Waffen

Zu Weihnachten 2015 fordert die Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ die Bundesregierung erneut auf, den Export von Kleinwaffen und Munition komplett einzustellen. „Gerade jetzt, wo das Leid der Flüchtlinge uns so nahe kommt, müssen wir uns der politischen Verantwortung Deutschlands für Fluchtursachen stellen. Denn Deutschland ist weltweit einer der führenden Exporteure von Kleinwaffen und Munition. Kleinwaffen wie Pistolen, Maschinenpistolen und Gewehre sind weltweit für mehr Tote, Verletzte und Flüchtlinge verantwortlich als jede andere Waffenart. So trägt die Bundesregierung direkt zur Verschärfung von Kriegen und gewaltsam ausgetra­genen Konflikten bei – genau das ist aber eine der Hauptursachen für Flucht und Vertreibung. Darum sammeln wir Unterschriften gegen diese falsche Politik“, erklärte pax christi-Generalsekretärin Christine Hoffmann und Sprecherin der Kampagne. „Wir wollen ein Land mitgestalten, das zivile und friedliche Konfliktbearbeitung exportiert, der Handel mit Kleinwaffen bewirkt das Gegenteil“, so Hoffmann…“ Pressemeldung von „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ vom 21. Dezember 2015 externer Link samt Unterschriftenliste

23. Interventionen » Kriege und Militarisierung » Militarisierung und die Bundeswehr » Bundeswehr nach Syrien? Dieses Land braucht nicht auch noch zerbombte Personenzüge (Jugoslawien), massakrierte Hochzeitsfeiern (Afghanistan) und weitere Partner der Isis-Geldgeber aus Riad beim Töten

Ausblick 2016: Aktionen, Veranstaltungen, Informationen in gesamten Bundesgebiet gegen den Krieg in Syrien und die Beteiligung der Bundeswehr daran

Terminliste beim Netzwerk Friedenskooperative externer Link

In diesem Zusammenhang:

  • Militärbischof dankt den Soldaten für Friedens-Einsätze
    „Der evangelische Militärbischof Sigurd Rink dankt den Bundeswehrangehörigen zu Weihnachten für ihren Dienst für den Frieden in der Welt. Dabei sei in den vergangenen Monaten deutlich geworden, dass die Bundeswehr im In- und Ausland mehr Unterstützung brauche, schreibt Rink in einer Weihnachtsbotschaft. Darin weist der Militärbischof mit Sorge auf die politischen Krisenherde wie beispielsweise in Syrien und in Afghanistan hin…“, heißt es in der Pressemitteilung der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 22. Dezember 2015 externer Link. In diesem Sinne: Es lebe der bewaffnete Frieden!

Es lebe der bewaffnete Frieden, könnte man sagen. Etwas deutlicher waren die Leute, die um den Berliner Bendlerblock (Sitz des Verteidigungsministeriums) umgestaltete Bundeswehrwerbung plakatiert haben (LabourNet Germany berichtete) – eines der Motive trägt die Aufschrift: „Bombing for Peace is like Fucking for Virginity“. Wieweit damit möglicherweise auf gewisse Weihnachtsgeschichten angespielt werden soll, ist nicht überliefert.

24. An unsere werte ungehorsame Leserschaft

Mit diesem letzten Newsletter verabschieden wir uns in die wohl für alle dringende Arbeitspause. Sofern sie nicht erfeulicherweise durch emanzipatorische Revolutionen in nicht-christlichen Ecken der Erde unterbrochen wird (Kriege sind leider viel wahrscheinlicher), kommt der nächste Newsletter am Montag, 4. Januar 2016. Bis dahin wünschen wir uns allen harmonische und faule Feiertage und einen unfallfreien Rutsch in das Jahr 2016. Muße und Erholung sind gefühlt nötiger als sonst ohnehin, erscheint doch momentan der Weg aus dem erneuten Mittelalter in eine ungehorsame, emanzipatorische, grenzfreie und solidarische sowie friedliche, überwachungsfreie Weltgesellschaft steiniger denn je…

25. Und zu guter Letzt: An unsere (vergesslichen) Fördermitglieder – und die, die es schon immer werden wollten

Es ist nur noch einige wenige Tage Zeit, um für etwas Geld (das aus unserer Sicht gern auch etwas mehr werden darf) noch eine steuerabzugsfähige Spendenbescheinigung des gemeinnützigen Labournet.de e.V. für das Jahr 2015 zu „erwerben“! Siehe alle Infos unter „Fördert das LabourNet Germany!„, wir erinnern aber ausdrücklich an unsere „politisch korrekte“ Kontoänderung zu

  • GLS Bank – auch für „unverbindliche“ einmalige Spenden
    Konto 40337 39600
    Bankleitzahl: 43060967
    IBAN DE 76430609674033739600
    BIC: GENODEM1GLS

Lieber Gruß, die LabourNet Germany-Redaktion

 


NEU BEI LABOURNET.TV


Politische Verfolgung in der frühen Bundesrepublik am Beispiel des Strafgefängnisses Wolfenbüttel

In den 50er Jahren setzte sich in der BRD ein Gesinnungsstrafrecht gegen Mitglieder der Kommunistischen Partei KPD durch. Auch für kleine Vergehen wie das Verteilen von Flugblättern wurden ihnen monatelange Haftstrafen aufgebrummt, – zum Teil von Richtern, die schon in den 30er Jahren Kommunist_innen verurteilt hatten und jetzt wieder ihr Amt ausüben dürften. Auch die Inhalftierten waren oft schon in den 30er und 40er Jahren als Kommunist_innen in Gefängnissen und in Konzentrationslagern eingesperrt. Nachdem diese Facette des westdeutschen Antikommunismus 70 Jahre lang kaum öffentlich diskutiert wurde, wagt sich nun die Stiftung niedersächsische Gedenkstätten / Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel und die Rosa Luxemburg Stiftung Niedersachsen e.V. an die Aufarbeitung und hat am 5.12.2015 zu einem Workshop eingeladen, der hier fast vollständig dokumentiert ist…“ Video bei labournet.tv externer Link (deutsch | 290 min | 2015)


LabourNet Germany: https://www.labournet.de/ Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=91093
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