Griechenland am Abgrund – oder auch eine rasante Marginalisierung der „Neolib-System“-Altparteien

Wir treten ein in eine der spannendsten Phasen in der Euro-Krise: Griechenland am Abgrund – oder auch: wie können die „Neolib-System“-Altparteien einer Marginalisierung entgehen? Oder müssen wir doch wieder im rechten Sumpf als „Kladderadatsch“ mies enden? Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 1.3.2015

Die Aufregung über ein Griechenland am Schulden-Abgrund

Ich muss gestehen, dass ich etwas aufgeregt bin – und dann auch einsehe, dass nicht so viele Menschen meine Aufgeregtheit teilen können. Deshalb ein kleines „sorry“, wenn ich die Leut` mit meiner Aufgeregtheit einfach so überfalle. Ich bin nämlich der Ansicht dass wir ganz aktuell eine der spannendsten Phasen in dieser Eurokrise vor uns haben: „Der Showdown zwischen Griechenland und der Troika – Schäuble (als deutscher Finanzminister) spielt alles oder nichts“ (http://www.nachdenkseiten.de/?p=25100 externer Link)

Dabei hatte Varoufakis – was in der deutschen Presse ziemlich untergegangen war – sehr ausführlich den europäischen Finanzministern die Reformschritte für Griechenland erklärt. (http://www.norberthaering.de/index.php/newsblog2/27-german/news/265-verruecktheiten#1-weiterlesen externer Link)

Das sollen also Vorstellungen sein, die Schäuble so auf die Palme brachten? Na ja, wer diese „Geschichte“ aus den Tiefen des marktradikalen Finanzkapitalismus in all ihren Dimensionen des „Falsch-Spielens“, Verarschens und „Hinters-Licht-Führens“ doch einmal genau wissen will – und sich auch die Zeit dafür nimmt, der sollte unbedingt zunächst einmal diesen Film von Harald Schumann „Troika – Macht ohne Mandat“ sich ansehen: (https://www.youtube.com/watch?v=2zzMWcadFE4 externer Link  – oder auch direkt bei Arte: http://www.arte.tv/guide/de/051622-000/macht-ohne-kontrolle-die-troika?autoplay=1&plus7first=1 externer Link )

Wird Europa mit Griechenland doch noch über die Schulden verhandeln (müssen)? – Erforderlich ein Schuldendeal –

Hat sich nun dies „Alles-oder-nichts-Spiel“ für den deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble „rentiert“? Bei der Lektüre der Vereinbarung vom Freitag, 20. Febr. 2015 waren sich die KommentatorInnen zunächst einmal darin einig, dass dies keineswegs auf Dauer so Bestand haben könnte: Es bleibt als Defizit im Raume stehen, dass Europa über einen Schulden-Deal reden müsse. (http://www.fr-online.de/politik/griechenland-europa-muss-ueber-einen-schuldendeal-reden,1472596,29943576.html externer Link) – denn dieser Deal mit der EU – in der jetzt abgeschlossenen Form – bleibt für Griechenland erst einmal eine unlösbare Aufgabe – zu schwierig und im alten Gleis einer Sparpolitik sich bewegend sind die darin „festgeschriebenen“ Erwartungen der EU (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/deal-zwischen-athen-und-den-euro-staaten-unloesbare-aufgabe-fuer-griechenland-1.2362082 externer Link).

So ist mit diesem Verhandlungsergebnis ein – relativ kurzer – Zeitgewinn für Griechenland verbunden, mit dem zwar ein erster Kampf, aber noch längst nicht der Krieg gewonnen (Tsipras) werden konnte. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/reaktionen-auf-griechenland-einigung-einen-kampf-aber-nicht-den-krieg-gewonnen-1.2361520 externer Link)

Varoufakis jedenfalls hatte in aller Ausführlichkeit, aber auch Dringlichkeit, den Finanzministern der Euro-Gruppe die Probleme dargestellt: (http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/150225_rede_von_yanis_varoufakis_am_11022015.pdf externer Link pdf)

Oder wie Varoufakis sein aktuelles Vorgehen auch noch für die Amerikaner in der New York Times vorgestellt hatte: „We have one option only: to shun any temptation to treat this pivotal moment as an experiment in strategizing and, instead, to present honestly facts concerning Greece`s social economy, table our proposals for regrowing Greece, explain why these are in Europe`s interest, and reveal the red lines beyond which logic and duty prevent us from going„. (http://nyti.ms/1DgjO7O externer Link)

Diese Worte zeigen, es geht immer auch ums Rechthaben, es geht um den Stolz einer Nation – in diesem Europa. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/griechenland-es-geht-ums-rechthaben-es-geht-um-stolz-1.2361499 externer Link) Darauf hatten sich nämlich die Verhandlungspartner in Brüssel mit Griechenland geeinigt. (http://www.sueddeutsche.de/politik/krisentreffen-zur-schuldenkrise-so-haben-sich-bruessel-und-athen-geeinigt-1.2361778 externer Link– hier noch Griechenlands Reformliste: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/brief-an-euro-partner-griechenlands-reformliste-im-wortlaut-1.2365610 externer Link – oder auch auf deutsch noch (= Ziff. 2 und 2 a): http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/040/1804093.pdf externer Link pdf)

Als die allgegenwärtige Bedrohung bleibt jedoch die Tatsache bestehen, Griechenland ist pleite. (http://www.dielinke-europa.eu/article/9572.gastbeitrag-im-tagesspiegel-griechenland-eine-unbequeme-wahrheit.html externer Link)

Und das mit klarer – auch durchaus schuldhafter – Beteiligung nicht nur der Banken, sondern auch europäischer Regierungen über das Instrument der Troika, wie es Harald Schumann im einzelnen – speziell für französische und deutsche Banken – belegen konnte.

Oder einfach keine Maßnahmen, die die finanzielle Stabilität Griechenlands gefährden – Möglichkeiten für einen angemessenen Streit für Griechenland –

Der Finanzwissenschaftler Rudolf Hickel sah jedoch – als eine optimistischer Variante – in diesem Verhandlungsergebnis vom letzten Freitag auch für die griechische Regierung recht konstruktive Möglichkeiten sich aus einem allzu engen Korsett des bisherigen Spardiktates auch befreien zu können – durch und in ihrer Politik (http://www.deutschlandfunk.de/griechenland-tsipras-muss-von-der-eurogruppe-unterstuetzt.694.de.html?dram:article_id=312300 externer Link).

Hickel fand einen Satz in dieser Beschlussfassung so besonders wichtig: „Keine Maßnahmeoption darf stattfinden, die die finanzielle Stabilität des Landes – also Griechenlands – gefährdet“: Darin sieht Hickel die Möglichkeit – sozusagen als Beweispflicht der Eurostaaten – eine Bilanz der bisherigen Reformen vorzunehmen – und dabei gerade auch die Analyse zu berücksichtigen, die der Internationale Währungsfonds (IWF) im Jahre 2013 vorgelegt hatte, (siehe dazu Jens Berger und der zu niedrige „Fiskalmultiplikator“ – jetzt durch den IWF festgehalten (http://www.nachdenkseiten.de/?p=15789 externer Link – oder auch noch „Spart Europa sich kaputt“: http://www.nachdenkseiten.de/?p=16010#h04 externer Link)

dass gerade die bisherige Strategie der sog. „Austerität“, massiver Sozialabbau usw., für Griechenland die Schulden erst nach oben getrieben habe, weil die Wirtschaft – unter dem Oktroy des Spardiktates aus Brüssel – zusammengebrochen ist.

Mit anderen Worten, diese Fortführung der bisherigen Sparauflagen – die ja durch den Beschluss der Finanzminister sozusagen als „Erfolg“ für den Deutschen Schäuble auch vorgesehen ist – würde die finanzielle Stabilität von Griechenland gefährden.

Aber wie es so schön heißt, was hilft die schönste Empirie, wenn die – sonstigen – europäischen Regierungen sich so fest in ihrem neoliberalen Ideologie-Gebäude „eingeschlossen“ haben. Da helfen eben die „besten“ und klarsten Belege für den Irrtum aus dieser Ideologie überhaupt nicht weiter.

Oder wie der Vorsitzende der Euro-Gruppe, der Niederländer Jeroen DiJsselblom es knallhart im fortwährenden finanzkapitalistischen Intertesse ausdrückte: „Wenn sie denken, dass eine Wahl in einem Euroland die Richtung der ganzen Eurozone ändern kann, ist das ein sehr seltsames Demokratieverständnis“

Treu im „Glauben“ an den marktradikalen Neoliberalismus kann man eben auch mit dem Kopf durch die Wand gehen. Wenn man sich dagegen noch einmal die sorgfältigen Recherchen von Harald Schumann ansieht (https://www.youtube.com/watch?v=2zzMWcadFE4 externer Link ), könnte bei den sehr unterschiedlichen Interessenlagen (z.B. wie die deutschen und französischen Banken über die Verschuldungspolitik gegenüber Griechenland gerettet wurden) dieses Diktum von Dijsselbloem auch eine Auswegslosigkeit für jede politischen Alternative in diesem „unseren“ Europa markieren.

Dennoch eröffnet diese Empirie durch einen weiteren Angriff auf dieses „geschlossene“ Ideologie-Gebäude erst einmal ein Konfliktfeld, denn gerade die Deutschen sind ja sicher weiterhin davon überzeugt, dass das Spardiktat die einzige „vernünftige“ Lösung – auch für Griechenland – ist, wenn auch zuletzt sich die Stimmen noch mehrten, dass Europa sich kaputtspart. (vgl. „Wie Europa sich kaputtspart“ von Mark Blyth: http://www.perlentaucher.de/buch/mark-blyth/wie-europa-sich-kaputtspart.html externer Link, angesichts der Aktualität hat dieses Buch jetzt Andreas Botsch (DGB) für die „Gegenblende“ besprochen: http://www.gegenblende.de/-/iwp externer Link)

Er sieht in diesemBuch eine eindringliche Warnung an die europäiche Sozialdemokratie – und die (zweite) These lautet: Austeritätspolitik lässt die Einommensschwachen für die Fehler der Wohlhabenden zahlen und gefährdet damit den Wohlstand und untergräbt die Demokratie. Somit wird dieses rigide Sparen von ihm als konservative Politik für wirtschaftliche Interessen entlarvt.

Und die immer wieder sich aufdrängende Frage: Müssen bzw. können diese Schulden in dieser Größe von Griechenland zurückgezahlt werden

Einer, der sich bei der Beantwortung dieser Frage jetzt wieder zu Wort gemeldet hatte, war Mark Blyth (Video-Cast) und betont, Schulden müssen nicht unbedingt zurückgezahlt werden (http://www.ipg-journal.de/vodcast/artikel/schulden-muessen-nicht-unbedingt-zurueckgezahlt-werden-805/ externer Link), gerade wenn das angesichts der „grandiosen“ Schuldenquote von ca. 170 Prozent geradezu unmöglich erscheint (siehe dazu auch Deutschland nach dem ersten Weltkrieg aus dem „Versailler Vertrag“ – oder auch Deutschland nach der „Londoner Schuldenkonferenz“ von 1953)

Aber der deutsche Finanzminister – wieder als reiner Kassenwart der Deutschen (das Lob von Varoufakis, dass er doch auch immer die europäische Perspektive im Auge gehabt habe, lässt er anscheinend einmal beiseite) hat sich fürchterlich über Varoufakis aufgeregt als dieser noch vor der Abstimmung im Deutschen Bundestag, am Freitag, den 27. Februar 2015, – obwohl davon in dieser bloß kurzfristigen Vereinbarung nicht die Rede war – den Schuldenschnitt für Griechenland für notwendig erachtete. (siehe dazu „Schäuble „fassungslos“ über Varoufakis“: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/griechenland-hilfe-schaeuble-veraergert-ueber-varoufakis-a-1020622.html externer Link)

Das hatte schon sein „Vorspiel“ auf der internationalen Bühne bei Charlie Hebdo in Paris, wo Varoufakis doch noch der bedrohlichen Lage entsprechend es auszudrücken verstand: „Macht euch auf das Schlimmste gefasst“ (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/varoufakis-interview-in-charlie-hebdo-macht-euch-auf-das-schlimmste-gefasst-1.2368328 externer Link).

Dabei war es nur konsequent – auch wenn sich Deutschland um dieses eigentlich so offensichtliche Ergebnis herum manövrierte und drückte -, dass Varoufakis als Ökonom diese Klarheit noch einmal ins Spiel brachte – und damit auch dieses Verhandlungsergebnis dahin rückte, wo es sachlich stand: ein aus sehr unterschiedlichen Interessenlagen notdürftig zustandegekommener Kompromiss, der keineswegs auf längere Sicht Bestand haben kann (ein paar Monate wieder – wie Europa sich „immer schon“ von Krisengipfel zu Krisengipfel „fortentwickelte“ – oder eben doch noch scheitert)

Aber die griechische Regierung stand auch schon wieder intern unter Druck. Linker Protest und sogar Ausschreitungen in Griechenland waren die sicheren Anzeichen dafür. (http://www.taz.de/Linker-Protest-in-Athen/!155470/ externer Link sowie http://www.sueddeutsche.de/politik/griechenland-ausschreitungen-in-athen-1.2370041 externer Link)

Es war ja auch noch sehr wenig ersichtliche Perspektive für Griechenland in dieser Vereinbarung – oder wie es der Kommentator Klaus Hillenbrand in der TAZ ausdrückte: „Man muss Syriza nicht mögen, aber die neue Regierung in Athen bietet eine große Chance. Mit ihr wäre nach Jahrzehnten endlich möglich, das kriminelle Klientel-System aufzubrechen und wenigstens für gut-bürgerliche kapitalistische Verhältnisse im Südosten Europas zu sorgen. Und was macht Europa, was treibt der Bundestag? Sie werfen diese Chance weg! Ihr ja zu den Krediten ist in Wahrheit ein Nein zu einem Griechenland mit einer europäischen Perspektive.“ (siehe „Hilfen, die nicht helfen“: http://www.taz.de/!155449/ externer Link)

Anmerkung: Was diese „Herstellung „gut-bürgerlicher-kapitalistischer Verhältnisse“ anbelangt hatte Varoufakis schon seine Gedanken im Jahr 2013 geordnet, die jetzt aktuell von der Schweizer „WOZ“ veröffentlicht wurden: Yanis Varoufakis, „Rettet den Kapitalismus“: http://www.woz.ch/1509/yanis-varoufakis/rettet-den-kapitalismus externer Link)

Trotz vieler Bedenken bei den Bundestagsabgeordneten – ganz unterschiedlicher Art – hat der Deutsche Bundestag mit einer fulminanten Mehrheit – von sage und schreibe 542 Abgeordneten diese aktuelle Paket für Griechenland angenommen. (http://www.fr-online.de/schuldenkrise/griechenland-zweifelnde-mehrheit-am-rettungspaket,1471908,29990524.html externer Link)

Eine zentrale Frage war: Diesen so ambivalenten Beschluss verhindern – oder als ersten Schritt hinnehmen: Der Euro-Staaten-Beschluss im Bundestag am 27.2.

Im Bundestag stellte sich also am Freitag, den 27. Februar 2015, der Tag der Entscheidung ein – und der Riss für diese Entscheidung ging durch sämtliche Parteien – wie sich schon bei einer Vorabstimmung ergab: (http://www.fr-online.de/wirtschaft/griechenland-hilfe-geteilte-meinungen-im-bundestag,1472780,29980604.html externer Link)

Und verständlicherweise tat sich gerade die Linkspartei am allerschwersten eine gemeinsame Haltung zu finden. Einerseits ging es um die Unterstützung einer linken Schwesterpartei in einer schwierigen Situation, was Gregor Gysi zum Ausdruck brachte: Griechenland zeigt einen Ausweg aus Kürzungs- und Verarmungslogik (http://www.linksfraktion.de/pressemitteilungen/griechenland-zeigt-ausweg-kuerzungs-verarmungslogik/ externer Link).

Das zeigt aber nicht die ganzen Gedankengänge,die gegenüber der durchaus noch weiterhin sehr fragwürdigen und ambivalenten politischen und ökonomischen Lage angebracht sind. Dies hat die Bundestagsabgeordnete Halina Wawzyniak ziemlich gut in all ihrer Zerrissenheit vor diesem Tag der Entscheidung formuliert – schließlich hatte die Linksfraktion die bisherigen Beschlüsse zu einer Griechenlandhilfe alle abgelehnt. (siehe gerade ihre drei Fragenkomplexe, die einer Lösung harrten – auf ihrem Eintrag vom 24. Februar bei http://blog.wawzyniak.de/ externer Link – aber auch vom 27.2.) Sarah Wagenknecht dagegen hatte ihre andere Entscheidung auch schon mitgeteilt: Sie werde sich enthalten. (siehe auch http://www.sahra-wagenknecht.de/ externer Link – und z.B. ihre Einträge seit dem 19. Februar) Nach der Vorabstimmung (siehe den ersten Link in diesem Abschnitt) wollten 29 Abgeordnete der Linken für diese Vorlage stimmen und vier doch dagegen – bei 13 Enthaltungen. Die vier Gegenstimmen wurden noch knallhart nach einer puren „Positionslogik“ vorgetragen. (http://www.antikapitalistische-linke.de/?p=823 externer Link)

Dazu meinte dann etwas lakonisch Stefan Reinicke in der TAZ zu diesen Schwierigkeiten mit dem Ja bei der Linkspartei: Damit wird für eine abstrakte Gesinnungsreinheit eine Katastrophe für Griechenland in Kauf genommen (http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=me&dig=2015%2F02%2F27%2Fa0090&cHash=7973338cfb0a8f45142fd75cfbb20779 externer Link). Denn der Zwangsaustritt aus dem Euro – was vielleicht auch Schäuble mit der Troika „insgeheim“ vorschwebt – hätte für die Ärmeren in Griechenland noch verheerendere Folgen als die von der Troika verordnete Sparpolitik – denn schlimmer als der Euro ist für Athen kein Euro.

Es könnte ja sein, dass diese Spannungen für eine weitere fruchtbare(re) Perspektive nutzbar werden können – falls aus den Fakten die für eine Position sprechen – jenseits von bloßer Gesinnungsreinheit – für einen Ausweg „darüberhinaus“ gefochten werden kann. Zunächst bleibt nämlich als Tatsache bestehen, was Fabio De Masi im Tagesspiegel festgehalten hat: „Griechenland ist pleite“ (http://www.dielinke-europa.eu/article/9572.gastbeitrag-im-tagesspiegel-griechenland-eine-unbequeme-wahrheit.html externer Link). Und bekanntermaßen lässt sich einem Nackten so schlecht in die Hosentaschen greifen.

Für eine Linke mit Geduld und langem Atem: für eine andere Lesart als das Einknicken vor den EU-Institutionen: Für Europa muss ein politischer Prozess eröffnet werden!

Dennoch ist es in der jetzigen Situation wohl – gegenüber der Auffassung, dass die griechische Linke vor der EU eingeknickt ist – eine alternative Lesart möglich, wie sie Etienne Balibar aus Paris und Sandro Mezzadra aus Bologna uns – nach ihrem Aufruf „Donnez sa chance a Grece“ (http://www.greeceischanging.com/fr/campaign/ externer Link) – jetzt in der TAZ vorgestellt haben: „Wir vergessen dabei nicht, dass dies (Syriza & Co.) durch außerordentliche Massenmobilisierungen gegen die Austerität in Griechenland und Spanien überhaupt möglich wurde. Dieser Kampf, der sich „horizontal“ ausdehnte, stieß auf – mindestens – ebenso starke vertikale Grenzen: Die Macht der Banken und Finanzinstitutionen im heutigen Kapitalismus und die dank dieser Krise entstandenen neue Machtverteilung in Europa. (eben dieses Merkel/Schäuble dominierte Europa auf finanzkapitalistischer Basis)

Das heißt der Kampf stieß auf das, was wir vor Jahren die „Revolution von oben“ genannt haben, dessen Instrument und Symbol die Troika ist“ (- ach dazu kann nur immer wieder nur dieser so aktuelle Film von Harald Schumann „Troika – Macht ohne Kontrolle“ empfohlen werden. (https://www.youtube.com/watch?v=2zzMWcadFE4 externer Link )

Aber zunächst noch einmal weiter mit Balibar und Mezzadra: „Es wäre naiv, zu meinen, die griechische Regierung könne allein diese Grenzen überwinden… Für uns ist es offensichtlich, dass ein Wahlsieg – in diesem Europa – nicht genügt und auch Alexis Tsipras hat dies nie verschleiert. Es braucht die Eröffnung eines politischen Prozesses – und dazu muss ein neues soziales Kräfteverhältnis in Europa entstehen und sich strukturieren.“ (= „Raum und Zeit gewinnen“). „Abgesehen von der – erstmal – dringenden Rettung des europäischen Kapitalismus vor der Katastrophe, die auch uns treffen würde.“ (http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ku&dig=2015%2F02%2F28%2Fa0147&cHash=316aefa8c400247637a187d932467cd6 externer Link)

Als Ökonom sieht Paul Krugman das sogar ganz konkret noch günstiger, was die Syriza-Regierung hier ausgehandelt hat. Und er erklärt, dass es gerade auch gelungen ist, eine Zahl – die Höhe des Primärüberschusses (= davon hängt die Höhe der Gelder ab, die den Gläubigern von Griechenland tatsächlich gezahlt werden) ganz anders als bei den Vorgänger-Regierungen – nicht mehr weiter ansteigen wird. (http://www.nachdenkseiten.de/?p=25230 externer Link)

So hat Griechenland für dieses Jahr eine neue Flexibilität gewonnen. Die griechische Regierung ist also keineswegs eingeknickt. Und die Formulierung bezüglich zukünftiger Überschüsse sind vage. Was zunächst alles oder nichts bedeuten kann.

P.S.: Es ist nur anzunehmen, dass Wolfgang Schäuble aus Deutschland das auch so sieht – nur aus einer anderen Perspektive.

Die Popularität des Spardiktats in Deutschland wird zum Hindernis, die Griechen aus der Schuldenfalle zu „retten“

Trotzdem musste Robert Misik angesichts dieses eher traurigen „Schauspiels“ der Euro-Finanzminister resümieren: Solidarität wird in Europa zum Fremdwort. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem agiert wie der Anführer einer Schulhofgang – die Schwachen werden bedroht und erpresst. Denn unklar ist, ob diese bisherige „Hilfe“ für Griechenland überhaupt sinnvoll war. Einem kleinen Nutzen (Bankwesen gerettet u.ä.) steht nämlich ein katastrophaler Schaden für Griechenland gegenüber: Die Wirtschaftsleistung Griechenlands ist innerhalb weniger Jahre um ein Viertel eingebrochen – und die Staatsverschuldung in Relation zum Bruttoinlandsprodukt weiter gestiegen.

Aber Merkel und Schäuble ist es völlig unmögöich einzugestehen, dass ihr Kurs für Griechenland gescheitert ist – und es an der Zeit ist, einen Kurswechsel vorzunehmen.

Diese Unmöglichkeit, das Scheitern einzusehen, hat ihren Grund darin, dass Merkel mit ihrem Kurs auch noch populär in Deutschland ist. Das ist nicht gerade ein Anreiz den Kurs zu korrigieren. (http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-02/griechenland-euro-schaeuble-varoufakis externer Link) Ein Ausstieg aus dem – eben auch populären – Denkmodell der „schwäbischen Hausfrau“ (http://www.heise.de/tp/artikel/36/36405/1.html externer Link) erscheint so politisch schwierig.

Deshalb nannte dieses Verharren im bisherigen Kurs Paul Krugman die Corleone- Strategie (= Kein neues Angebot), das  vielleicht EZB-Draghi mit „seiner“ Geldpolitik aufzubrechen versuchte: „Vielleicht ein hochriskantes Spiel gegen Merkel Deutschland, dass allenfalls unter Krisenbedingunmgen zum Handeln bereit ist?“ (= auf der Seite 1 bei https://www.labournet.de/?p=74753)

Inzwischen beurteilt Paul Krugman die Situation der Europäischen Union weitaus skeptischer – und hält es jetzt nicht mehr für ausgeschlossen, dass es – jetzt wieder – die volle Absicht der EU sei, Griechenland an den Rand zu drängen – auch mit der Folge des Rausschmisses aus der Eurozone. (was den „radikalen“ Linken meist auch gefallen würde, trotz des Schadens für die griechische Bevölkerung) (http://krugman.blogs.nytimes.com/2015/02/16/athenae-delenda-est/ externer Link) – so scheint auch Draghi die Lage von Griechenland doch nur als Troika-Mitglied weiter zu destabilisieren. (http://www.fr-online.de/schuldenkrise/griechenland-die-bedingungen-der-ezb,1471908,29973306.html externer Link) Sehr undurchsichtig also bleibt das Spiel der EZB – und sicher im Zweifelsfalle als „Vollstreckerin der Troika“!

Demokratie aus Griechenland trifft auf Institutionen, die der Marktradikalität – auch als Herrschaftsmittel – huldigen. Der Euro-Austritt ist keine Option

So stehen wir vor dem Problem, dass jetzt die Eurokrise in eine letzte Phase eintritt, bei der auch die Möglichkeit offen ist, dass der der Euro auf der Strecke bleibt – oder eben doch noch Lernprozesse möglich werden. Und beim Pokern um ein für „beide“ Seiten tragbaren Ergebnis (siehe auch noch einmal den Schluss von https://www.labournet.de/?p=74916 )

Dabei sah es zunächst nicht so gut aus für die Griechen. Erst einmal konnte in der Finanzministerrunde der sog. Euro-Group ein Ergebnis gegen Griechenland durch Varoufakis noch „angehalten“ werden. (http://www.fr-online.de/schuldenkrise/griechenland-eurogruppe-scheitert-mit-erklaerung,1471908,29828898.html externer Link sowie http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/sondertreffen-in-bruessel-griechenland-und-eurogruppe-beenden-treffen-ohne-gemeinsame-erklaerung-1.2346579 externer Link)

Aber wie der – vorläufige – Kompromiss dann erst einmal ausgesehen hatte, haben wir schon oben mitbekommen.

Und obwohl auch die Griechen selbst keine Neigung dazu verspürten den Euro zu verlassen – sozusagen als politisches Problem -, wurde der Grexit auch wieder für – ökonomisch – machbar gehalten. (http://www.taz.de/!154713/ externer Link)

Frankreich jedenfalls hatte für sich den „Euro-Austritt“ durchgespielt – und danach befunden, dass es für Frankreich keine Option sei (http://www.handelsblatt.com/politik/international/euro-franc-und-gummistempel-frankreich-spielte-den-euro-austritt-durch/11371062-all.html externer Link)

Auch noch Geopolitik in dieser Schuldenkrise? Europa in einer Doppelkrise: Griechenland und die Ukraine!

Dabei ist die Einschätzung von Cerstin Gammelin, der langjährigen Beobachterin des Eurokrisen- „Spektakels“ in Brüssel (siehe auch das Buch „Europas Strippenzieher“) nicht von der Hand zu weisen, dass Europa sich zur Zeit schon aus geopolitischen Gründen es sich nicht leisten könne, Griechenland einfach – marktradikal – vor die Wand fahren zu lassen. Was sollen denn die in der Ukraine davon halten? (- siehe dazu „In Südeuropa ist Austerität gescheitert. Jetzt soll die Ukraine alle Fehler wiederholen“ (http://www.ipg-journal.de/rubriken/europaeische-integration/artikel/die-definition-des-wahnsinns-760/ externer Link)

Und erst einmal ist gerade die Ukraine mit ihrer Wirtschaft auch im freien Fall (http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=me&dig=2015%2F02%2F14%2Fa0172&cHash=3964e20febcce1473186022aba718e9a externer Link)

Jedenfalls scheint es in dieser desolaten ökonomischen Situation der Ukraine der übliche austeritätspolitische Ansatz der westlichen Länder kein adäquater Lösungsansatz zu sein. So dürften sich weiterhin katastrophale Entwicklungen in Griechenland auch auf die Stimmung in der Ukraine auswirken.

Es erscheint daher durchaus angemessen, davon zu sprechen, dass Europa in einer Doppelkrise steckt, denn Minsk und Athen hängen zusammen – und so führt ein Weg von Minks nach Athen: Europa hat in der Ukraine eben auch immer mit dem Erfolg seines Modells geworben: Demokratie, Wohlfahrt und Sozialstaat!

Und eben der Erfolg dieses Modells steht jetzt in Griechenland auch auf dem Spiel. Auch deshalb trifft die Krise in Griechenland die EU im Innern. Europas Erfolg entscheidet sich also nicht nur im Erfolg als Vermittler nach außen, sondern auch als Vermittler nach innen. (http://www.fr-online.de/ukraine/ukraine-und-griechenland-europas-doppelkrise,26429068,29838024.html externer Link)

Europas Stärke müsste nun in dem Finden eines für jeweils alle Seiten tragfähigen Kompromisses zeigen – der wohl realistischerweise nicht „auf einmal“ gefunden werden kann, sondern auf einen etwas komplexeren und langwierigen Prozess angewiesen sein wird. Oder mit Blick auf den Euro könnte man auch sagen, „wenn die EU jetzt Tsipras dämonisiert, fliegt uns der Euro um die Ohren“ (siehe den Schluss (Seite 3 unten f.) bei https://www.labournet.de/?p=74377)

Deshalb erklärt Cerstin Gammelin, jetzt also her mit einem Kompromiss (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/verhandlungen-mit-griechenland-her-mit-dem-kompromiss-1.2344535 externer Link). Aber könnte das für eine Zukunft Europa nicht doch zu wenig sein – ganz ohne die grundsätzlichen Werte von Europa. Franziska Brantner (Grüne) und Ulrike Guerot (European Democrazy Lab): „Demokratie ist kein Business“ – Es wird Zeit, die soziale Frage in Europa zu lösen, angefangen mit Griechenland, um die Demokratie in Europa zu retten! (http://www.fr-online.de/meinung/gastbeitrag-demokratie-ist-kein-business,1472602,29824996.html externer Link)

Griechenland kann nicht allein durch die ökonomische Brille betrachtet werden

Niels Kadritzke hat schon in seiner ausführlichen Analyse vor der Wahl in Griechenland darauf – noch einmal – aufmerksam gemacht, welche gewaltige politische Chance ein Sieg der Syriza in dieser Krise bedeuten würde. „Für Europa bedeutet die Regierung Tsipras ein Hoffnungszeichen gegen den Vormarsch rechter Parteien. Für Griechenland beginnen nun die Mühen der Ebene mit echten Reformen“ (http://www.monde-diplomatique.de/pm/2015/02/13.mondeText1.artikel,a0004.idx,0 externer Link)

Und eine ganz anders „gelagerte“ Stimme, nämlich die von dem Ökonomen Marcel Fratzscher vom DIW, hat diese große Hoffnung an die Regierungsübernahme durch die Syriza auch unterstrichen. (vgl. die erste Hälfte der Seite 1 bei „Chancen für Griechenland und Europa“: https://www.labournet.de/?p=72980)

Dabei sind die großen Schwierigkeiten für den Griechenland-Kenner nicht von der Hand zu weisen – für ein Land, das mit seinem Klientelismus mehr noch in seiner osmanischen Tradition verhaftet ist, als dass es sonstigen westeuropäischen Standards des Umgangs entspricht. Das haben noch einmal zwei ehemaligen Diplomaten für Griechenland zusammengetragen – in 28 Beiträgen. „Die Krise in Griechenland“ – Ursprung, Verlauf, Folgen von Ulf-Dierter Klemm und Wolfgang Schultheiß (http://www.fr-online.de/meinung/fuer-sie-gelesen-die-wurzeln-des-klientelismus,1472602,29915408.html externer Link)

Vielleicht sollten auch die „alten“ Schulden von Deutschland (eine als Besatzungsmacht abgepresste Kriegsanleihe im 2. Weltkrieg) gegenüber Griechenland nicht in Vergessenheit geraten. (vgl. „Über deutsche Halbwahrheiten“ von Niels Kadritzke: http://www.taz.de/Reparationszahlungen-an-Griechenland/%21154907/ externer Link)

Dabei – zwar ohne Panzermacht – beginnt das Vorgehen der Troika gegen Griechenland heutzutage – immer die wahnsinnig schlecht kalkulierten Risiken der Banken deckend und absichernd zu Lasten Griechenlands – in der Arroganz der einseitigen Interessendurchsetzung ein ähnliches Strickmuster aufzuweisen, wenn man diesen wunderbaren Aufklärungsfilm über die Fakten dieser Krise mit Harald Schumann ins Auge fasst. (https://www.youtube.com/watch?v=2zzMWcadFE4 externer Link )

Genügt der Blick in dieser Eurokrise allein auf Griechenland? Die drastischen Exportüberschüsse aus Deutschland schaffen auch gewaltige ökonomische Unleichgewichte

Michael Schlecht hat im Bundestag noch einmal auf die ökonomischen Ungleichgewichte aus Deutschland im Bundestag hingewiesen – um dafür nur Spott aus SPD und CDU zu ernten. Heribert Prantl nannte das einmal das Gorilla-Gehabe, das eigene Fehler nicht erkennen mag. Die Exportüberschüsse aus Deutschland sind nämlich gerade auch die Schulden der anderen. (http://www.fr-online.de/meinung/exportueberschuss–die-schulden-der-anderen,1472602,29800170.html externer Link)

Dabei sind wir in Deutschland zwar nicht mehr Export-Weltmeister – aber Export-Überschuss-Weltmeister, weil der Abstand zwischen Ausfuhren und Einfuhren nirgends auf der Welt so hoch ist wie eben in Deutschland. (http://www.mz-web.de/wirtschaft/aussenhandel-deutschland-ist-weltmeister-des-ueberschusses,20642182,29792410.html externer Link)

Deutschland bleibt also – auch oft schon international kritisiert und angemahnt – die Quelle von stabilitätsgefährdenden Überschüssen. Was Griechenland also auf der einen Seite „zu wenig“ leistet, das kommt aus Deutschland „zu viel“. Und auch damit schneidet sich Deutschland schon ins eigene Fleisch, weil es auch natürlich ist, dass diese Schulden nicht alle an Deutschland zurück bezahlt werden können. (vgl. dazu „zwischen 2006 und 2012 haben die Deutschen mit ihrem Exportüberschuss 600 Milliarden im Ausland verloren – siehe das erste Drittel auf der Seite 3 bei https://www.labournet.de/?p=74377)

Für die Kompromiss-Findung erklärt Varoufakis deshalb zu recht, Deutschland zahlt sowieso – nur diese Bilanz will keiner gerne aufmachen.

Heiner Flassbeck nennt diese Leugnung der Folgen eines gewaltigen Leistungsbilanzüberschusses für Deutschland mit seinen enormen außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten „das kollektive Leugnen der Deutschen oder die Angst vor der Wahrheit“ (http://www.flassbeck-economics.de/eurokrise-das-kollektive-leugnen-der-deutschen-oder-die-angst-vor-der-wahrheit/ externer Link). Zusammen mit Albrecht Müller hat Flassbeck eine Initiative ins Leben gerufen, die dies auch als Rechtsverstoß geahndet wissen will. (http://www.nachdenkseiten.de/?p=25103 externer Link) Dabei vertrat Flassbeck auch die These, dass nur Deutschland noch den Euro retten könne. (http://www.nachdenkseiten.de/?p=25153 externer Link) „Es nutzt schlussendlich alles nichts, wenn nicht Deutschland sich endlich neu erfindet und seine bisherige Politik in die Schublade für ausgemusterte Ideologien steckt.“

Kann Deutschland die Demütigungen von Griechenland am besten verstehen?

Gehen wir aber zurück zu den Schulden von Griechenland. Bei seinem ersten Treffen mit dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble hat der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis gesagt, dass er davon ausgeht, dass Deutschland mit seiner spezifischen Geschichte – des Versailler Vertrages – das Land sei, das Griechenland – in seinem heutigen Schuldenelend – am besten verstehen könne. (vgl. dazu die Seite 1 f. ab dem unteren Drittel bei https://www.labournet.de/?p=74916)

Und just das als ökonomischer Klassiker geltende Werk von John Maynard Keynes „Krieg und Frieden“ von 1920 wurde jetzt in der Sueddeutschen besprochen. (http://www.sueddeutsche.de/politik/erster-weltkrieg-und-versailler-vertrag-keynes-warnungen-1.2342917 externer Link)

Dabei kann noch angemerkt werden, dass die schrecklichen Warnungen von Keynes einer bevorstehenden Epoche nationalistischer Verhetzung ja dann in Deutschland schrecklichst eingetroffen sind – und auch Deutschland keineswegs seine Schulden aus diesem Vertrag je ganz zurückgezahlt hat.

Jedoch hat das faschistische Deutschland schnell die auch in der deutschen Weimarer Zeit so desaströse Sparpolitik schnell hinter sich gelassen – und mit steigenden Staatsausgaben die Arbeitslosigkeit beseitigt – nachdem es die Schulden einfach hinter sich gelassen hat. (vgl. dazu sowohl die erste Seite „zur Geschichte der Ökonomie der Staatsausgaben“ bei https://www.labournet.de/?p=75407 sowie vor allem auch „Europa auf ewig gefangen in einer realitätsfernen Aufarbeitung der Weltwirtschaftskrise 1929 ff.“ – auf der Seite 3 den Abschnitt „… John Galbraith: die deutsche faschistische Alternative zu mehr Beschäftigung“ bei https://www.labournet.de/?p=70280)

Fabian Lindner hat das auch durch plastischen Grafiken in Erinnerung noch einmal gerufen: (http://blog.zeit.de/herdentrieb/2015/02/09/griechenland-verdient-die-unterstützung-deutschlands_8125 externer Link). Vielleicht sollte man diese Grafiken unseren Regierenden an die Wand für jede Kabinettsrunde pinnen.

Eine Nachbemerkung zu den alternativen Möglichkeiten eines politischen Prozesses für Europa, der jedoch auch „umgekehrt zugunsten der Rechten in Europa ausgehen kann: Europa wie Herkules am Scheideweg

Und als „Menetekel“ für die Verhandelnden in der Eurozone: die „Gefahr“ einer rasanten Marginalisierung der „Neolib-System“-Altparteien – und die Möglichkeit, dass soziale Gerechtigkeit auf die politische Agenda zurückkehrt.

Im Moment bin ich erschüttert über die so rasante Marginalisierung altgewohnter „Neo-Lib-System“-Alt-Parteien. (ich nenne sie so, weil die alle dem Markt als einziges Steuerungsmittel „huldigen“). Da meint doch Heribert Prantl glatt mit ganz schlechter „Head-Line“ („Gabriel spielt den Seehofer der SPD“) die SPD sollte doch einmal auf die griechische PSOE (= die griechischen Sozialdemokraten) schauen, die hätten es bei der letzten Wahl doch nicht einmal mehr auf 3 % geschafft, um ins Parlament zu kommen (tatsächlich haben sie es wohl doch gerade noch geschafft) (http://www.sueddeutsche.de/politik/heribert-prantl-zur-spd-klausur-sigmar-gabriel-spielt-den-seehofer-der-spd-1.2344059 externer Link)

Der Seehofer hüpft vielleicht auch so chaotisch rum – aber dass er dabei die CSU Richtung drei Prozent hin dirigiert, das ist wohl vorerst nicht zu erwarten.

Aber diese Marginalisierung der PSOE in Griechenland hat ja just die neue Partei Syriza geschafft. Deshalb wird zu zum Vorbild von Podemos in Spanien: Von Griechenland lernen, heißt siegen lernen. (http://www.ipg-journal.de/rubriken/soziale-demokratie/artikel/podemos-von-griechenland-lernen-heisst-siegen-lernen-776/ externer Link)

Also ich finde daher – der Fabian Lindner hat recht -, wir Deutsche sind im besonderen dazu berufen, jetzt auch einmal Griechenland eine Chance gewähren – und es zu unterstützen: (http://blog.zeit.de/herdentrieb/2015/02/09/griechenland-verdient-die-unterstützung-deutschlands_8125 externer Link) Dringend benötigen wir daher eine Kehrtwende für die deutsche Euro-Politik – denn ohne Verluste geht es ohnehin nicht (https://www.labournet.de/?p=74916).

Und die nächsten Wahlen in den sogenannten PIIGS-Staaten in der Eurozone stehen an.

Spanien wählt in diesem Herbst auch. das Spanien, in dem 25 Prozent als Folge der Austeritätspolitik aus Brüssel arbeitlos sind und über die Hälfte davon bekommt keine staatliche Unterstützung mehr. 570 000 Zwangsräumungen gegen Miet-Schuldner wurden seit 2007 eingeleitet. Und jeder vierte Spanier lebt unter der Armutsgrenze und jedes dritte Kind. 4 Prozent, derer die noch Arbeit haben, verdienen 625 Euro oder weniger. Gleichzeitig wurden auch die Reichen in Spanien immer reicher. Allein im vergangenen Jahr nahm die Zahl der Millionäre um 24 Prozent zu. (http://www.taz.de/!155533/ externer Link)

Sollte Podemos, die sich den Kampf gegen die Austerität auf die Fahnen geschrieben hat, im Herbst an die Macht kommen, wird sie in den erhandlungen mit Brüssel ein ganz anderes Gewicht in die Waagschale werfen als Syriza aus Athen. – Aber vorläufig ist Griechenland mit seiner Syriza für Spanien mit Podemos „Innenpolitik“. Hier von den Rändern Europas wächst also schon zusammen, was europäisch zusammengehört – auch in den Köpfen der Bürger.

Aber am radikalsten sind die Inder

Aber hast du es schon mitbekommen, diese europäischen „Umwälzungen“ der Altparteien haben jetzt die Inder in Delhi noch einmal total in den Schatten gestellt, denn dort hat bei der Regional-Wahl für Delhi, der indischen Hauptstadt, eine aus der Anti-Korruptionsbewegung hervorgegangene Protest-Partei „AAP“ mit einem Schlag jetzt wohl 67 der 70 Sitze im Regional-Parlament erobert! – Wenn das kein „Erdrutsch“ ist. (http://www.nzz.ch/international/schwere-schlappe-fuer-modi-1.18480049 externer Link)

Irgendwie könnte so etwas wie Gerechtigkeit doch wieder auf die politische Agenda gedrückt werden.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=76151
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