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Bildungsreise von Automobilbeschäftigten nach Indien

Kurzbericht von Michael Clauss (Betriebsrat Daimler Untertürkheim, Daimler-Koordination) einer von der Daimler-Koordination und TIE organisierten Reise nach Indien im August 2014

Nachdem wir im Februar 2012 bereits einen ersten internationalen Austausch von Beschäftigten aus dem Automobilsektor in Indien durchgeführt haben, durch den wir eine Zusammenarbeit mit dem Gewerkschaftsverband NTUI im Bereich Auto sowie mit einzelnen Betriebsgewerkschaften aus dem Automobilsektor beginnen konnten, haben wir im August 2014 einen weiteren Austausch zum Thema Rationalisierung und Gesundheit durchgeführt.

Vom 16.-25. August 2014 reisten 4 AutomobilkollegInnen nach Indien:

  • Martin Bott und Michael Clauss, Betriebsräte und IGM-Mitglieder von Daimler-Untertürkheim
  • Christa Hourani, Betriebsrätin und IGM-Mitglied von Daimler-Zentrale
  • Benito Katzer, Vertrauensmann und IGM-Mitglied von VW-Wolfsburg

Während der Reise haben wir uns in Mumbai und Pune mehrfach mit VertreterInnen des Dachverband NTUI getroffen und mit Ihnen über gewerkschaftliche Organisierung und internationale Netzwerkarbeit diskutiert. Der Schwerpunkt aber war ein von der NTUI organisiertes Seminar in Pune mit Automobil- und Zulieferbeschäftigten, an dem 44 Gewerkschafter aus der Region Pune und Chennai und wir teilnahmen. Im Seminar ging es darum, Rationalisierungs- und Widerstandserfahrungen zu Elementen wir Kaizen oder Gruppenarbeit zu diskutieren und weiter zu geben. Das 2. Seminar in Chennai konnte leider aus innerorganisatorischen Gründen der NTUI in Indien nicht realisiert werden. Es nahmen jedoch KollegInnen aus Chennai am Seminar in Pune teil.

Wir haben uns in Deutschland seit 2012 im Rahmen der Daimler-Koordination und mit anderen Kollegen von VW und Zulieferbetrieben immer wieder zu diesem Thema getroffen und gemeinsam auf den Austausch vorbereitet. In Absprache mit der NTUI und den indischen Betriebsgewerkschaften aus dem Sektor wurden von allen folgende Themen vorbereitet:

  • Schlanke Produktion und Prekarisierung – wie haben sich Leiharbeit und andere prekäre Beschäftigungsverhältnisse in der Automobilindustrie entwickelt?
  • möglich Ansätze der Organisierung
  • Kaizen und Gruppenarbeit – Arbeitserleichterung oder Arbeitsintensivierung, Kontrolle oder Demokratisierung? Wie darauf reagieren? Erfahrungen aus Deutschland
  • Gewerkschaftliche Erfahrungen mit MTM
  • zukünftige Kooperation zwischen der Daimler-Koordination, fortschrittlichen Automobilkollegen aus Deutschland und der NTUI sowie Betriebsgewerkschaften in Indien.

Auf dem Seminar wurden zunächst Gesundheitsmapping- Erfahrungen in Deutschland und Indien thematisiert und überlegt, wie es den indischen Gewerkschaften gelingen kann, Verhandlungsmacht dazu aufzubauen. Hauptaugenmerk des Seminars lag auf den Themen Rationalisierung, Erfahrungen mit Gruppenarbeit, KVP und MTM. Hierfür hatten wir jeweils kleinere Texte vorbereitet, zu denen wir unsere Erfahrungen als Input zum Seminar einbrachten. Die Erfahrungen stießen auf großes Interesse, da die Gewerkschaften hierzu weder eigene Erfahrungen besitzen, noch Austausch mit anderen Gewerkschaften haben. Die Unternehmen führen diese Systeme jedoch seit einigen Jahren mit großem Nachdruck ein und es besteht ein großer Bedarf, eine eigene Position dazu zu entwickeln.

Wir werden über die NTUI weiter mit den KollegInnen vor Ort in Verbindung bleiben. Es wurde ein alternativer Benchmarkprozess verabredet, den die Daimler-Koordination bereits mit Brasilien praktiziert hat. Dabei geht es darum, dass KollegInnen bestimmte Arbeitsbereiche aus Beschäftigtensicht (Arbeitsbedingungen, Gewerkschaftssituation, etc.) analysieren, bewerten und Änderungsforderungen formulieren. Wir haben uns die Bereiche Schweißen, Pressen und Logistik/Montage vorgenommen. Dieser Prozess soll 2015 jeweils national in Pune/Indien, Deutschland (verschiedene Daimler und FST-Standorte) und Brasilien (Daimler) durchgeführt werden. 2016 soll dann eine internationale Konferenz organisiert werden, auf der die Situation und Forderungen verglichen werden sollen. Der gemeinsame Vergleich soll zu neuen Forderungen aus Beschäftigtensicht und Verhandlungen (nun mit Wissen um die Situation anderer) mit den Unternehmen führen.

Des Weiteren konnte ein Kontakt zu KollegInnen von Knorr Bremse in Deutschland vermittelt werden. Im Werk in Pune gibt es seit Monaten gewerkschaftsfeindliche Aktionen des Unternehmens. Die Gewerkschaft in Indien soll nun durch die Betriebsräte in Deutschland unterstützt werden.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=72591
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