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Historisch gesehen: Eine ordentliche Steuer- und Finanzverwaltung für Griechenland wäre heute eine „Bringschuld“ von Bayern

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 11.9.2014

Statt Griechenland rausschmeißen – Griechenland unterstützen beim Aufbau einer Verwaltung – und zwar von Bayern

Wie wäre es, wenn man die Verantwortung eines Landes nicht nur aus einem derzeitigen aktuellen Zustand betrachtet, sondern man dies einmal “tief verankert” in der Geschichte der Staaten und Völker sucht: Heutzutage war Bayern zuletzt der große Hetzer für den Austritts Griechenlands aus dem Euro. Fast keine Gelegenheit ließen die “Staats”-Bayern der CSU aus, um gegen Griechenlands Verbleib in der Euro-Zone zu wettern:

Knapp hundertachtzig Jahre vorher (1832) haben sie, diese Bayern, es sich als Königtum der Wittelsbacher unter den Nagel gerissen – auf Wunsch der Griechen (bzw. der Griechenland nach seiner Befreiung von der osmanischen Herrschaft “bestimmenden” Mächte) heißt es. (http://de.wikipedia.org/wiki/Otto_(Griechenland externer Link)

Dieser Wittelsbacher Otto hat wohl bei seiner Aufgabe nach dem Verschwinden des osmanischen Reiches, eine ordentliche Verwaltung – insbesondere Finanzverwaltung – aufzubauen, ziemlich kläglich versagt – was wir eben mit seinen heute noch gravierenden Folgen “bewundern” können (vgl. Niels Kadritzke: Erzübel des griechischen Klientelismus (auch ein Erbe der Osmanen) ist der Steueropportunismus: http://www.nachdenkseiten.de/?p=22468 externer Link)

Bayern hatte dies durch den herausragenden bayerischen Staatsmann Montgelas, der seinem preußischen Pendant wie Stein und Hardenberg durchaus ebenbürtig war, in seinen “staatsbauenden” politischen Werken, (siehe dazu im einzelnen vor allem die hervorragende Biografie “Montgelas” von Eberhard Weis) schon vollbracht – wohl ohne dass dies das gekrönte Haupt von Bayern, Ludwig I., der Vater von Otto, zu würdigen verstand – denn gerade auf sein Betreiben – noch als Kronprinz – wurde Montgelas “gefeuert”. Solche Leute vertragen es wohl nie, wenn ihre “Untergebenen” fähiger sind als sie selber.

Diese “Quasi”-Staats”-Neu-Gründung von Bayern in der Folge der französischen Revolution – jedenfalls mit einer effizienten Staatsverwaltung – hatte der junge Otto als Wittelsbacher längst nicht mehr erlebt, aber entsprechend der wieder sehr restaurativen Geisteswelt seines Vaters Ludwig I. von Bayern wollte er vor allem jetzt dann in Griechenland in seinem königlichen “Gottes-Gnadentum” gesehen werden.

Dadurch gelangten – wegen diesem Versagen des Otto aus Bayern – die Griechen nie – ähnlich den Bayern (siehe auch heute noch das wunderbare Beispiel eines nicht korrupten bayerischen Staatsbeamten: Wilhelm Schlötterer, der sich konsequent an die rechtsstaatlichen Regelungen gehalten hatte: Wilhelm Schlötterer “Macht und Missbrauch” – Aufzeichnungen eines Ministerialbeamten) – zu einer funktionierenden nach rechtsstaatlichen Grundsätzen arbeitenden Staatsverwaltung und auch Finanzverwaltung.

So gelingt den Griechen heute gar nichts, was ein ansonsten “normales” Staatswesen in Europa ausmacht: Die erhöhte Steuerbelastung trifft auf Bürger mit einem – durch die Krise – geschrumpften Einkommen, während man sich an die großen Einkommen allenfalls schleppend heranwagt (http://www.nachdenkseiten.de/?p=19916 externer Link) – so gerät ein Rettungsplan hoffnungslos daneben. Und die Politik lebt nur in ihrem “Schein”: Regierungsamtlicher Opportunismus kennt dann nur Scheinerfolge. (http://www.nachdenkseiten.de/?p=19831 externer Link)

Ach, meint da mit einem tiefen Stoßseufzer der heutige griechische Philosoph Nikos Dimou “Die Deutschen sind an allem schuld” – weil sie nie in der Lage waren, auf dieses Griechenland einen realistischen Blick zu werfen. (http://www.br.de/radio/b5-aktuell/sendungen/interkulturelles-magazin/nikos-dimou-die-deutschen-sind-an-allem-schuld-100.html externer Link)

Ja, “Das Land der Griechen mit der Seele suchen”, war die alles nur idealisierende Devise. Aber hatte nicht schon der Augsburger Bert Brecht gemeint, vor diesen Klassikern warnen zu müssen – mit ihren mehr vernebelnden, statt erklärenden so vor sich hin Schwafeleien.

Kein Wunder, dass bei so viel “Nur-noch-Schein” die einstmals große politische Bewegung des Griechenlands nach der Obristenregierung, die PASOK, nur noch ein Schattendasein führen kann: “Die Pasok ist nur noch ein Nichts” (http://www.fr-online.de/politik/griechenland-die-pasok-ist-nur-noch-ein-nichts,1472596,28305470.html externer Link)

Für Griechenland also jetzt eine richtige Finanzverwaltung – von den Bayern. Ein Vorbild für ein gemeinsames Europa

So erscheint es – historisch gesehen – folgerichtig, wenn die Bayern, nachdem sie schon einmal mit großem Pomp 30 Jahre lang Königreich in Griechenland spielen durften und dabei “verwaltungsmäßig” so kläglich versagt haben, obwohl sie es besser hätten wissen können, heute den Griechen zur Hand gehen beim Aufbau und der politischen Durchsetzung einer “regelrechten” Finanzverwaltung – für alle.

Heute einmal statt werkeln am “Gottes-Gnadentum” – wie damals – eben einfach eine anständige Verwaltung aufbauen.

Deshalb meint auch Sigrid Skarpelis-Sperk bei ihrer Analyse zur Griechenlandkrise vor allem, dass neben einem Schuldenerlass für Griechenland, der dem Londoner Schuldenabkommen von 1953 für Deutschland entspricht, dass Griechenland der Unterstützung bei einer systematischen Verwaltungsreform – in erster Linie der Finanz- und Steuerverwaltung – bedarf. (http://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/griechenland/178328/die-griechenlandkrise-als-weltwirtschaftskrise externer Link)

Von der laxen bis korrupten Steuererhebung in Griechenland profitierten Selbstständige und Unternehmer – vor allem die sehr Reichen. Die Steuerflucht in den oberen und obersten Einkommensschichten hat zudem in breiten Bevölkerungsschichten Griechenlands zu Nachahmungseffekten geführt. Heute sind es überwiegend Festangestellte, Rentner und Kleinverdiener, die die deutlich gestiegenen Verbrauchssteuern bezahlen.

Also für die – doch hoffentlich heute rechtsstaatlich korrekten – Bayern wartet eine lohnende Aufgabe in Griechenland, bevor sie wieder einmal die Griechen rauszuschmeißen gedenken. Und so können sie vielleicht auch ein wenig noch die Schuld für das klägliche Versagen ihres Bayern-Königs an den 1830-er Jahren abtragen – und damit auch zeigen, dass wir heute in einer anderen Welt leben – als damals. Und auch Völker einander in Europa – diesem gemeinsamen – unterstützen können.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=65370
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