»
Palästinensische Gebiete - Westbank und Gaza »
»

Aufgeladen: Firma in Westbank feuert 60 Palästinenser

mini_expressPresseerklärung des WAC vom 20. Juli 2014, erschienen in express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 07-08/2014

Seit seiner Gründung 1998 unterstützt das Workers Advice Center (WAC-MAAN) ArbeitsmigrantInnen in Israel und palästinensische ArbeiterInnen in den besetzten Gebieten. Vor dem Hintergrund der Ermordung dreier israelischer Jugendlicher kam es bei SodaStream, einer israelischen Firma im Westjordanland, zu Auseinandersetzungen um das »richtige« Essen – und in der Folge zu Massenentlassungen der protestierenden Arbeiter. Wir dokumentieren den Offenen Brief des WAC an den Geschäftsführer der Firma, die sich selbst als »Oase der Koexistenz« bezeichnet hatte.

Die SodaStream-Fabrik in der israelischen Siedlung Mishor Adumim im besetzten Westjordanland beschäftigt hunderte Palästinenser. Anfang Juli wurden 60 von ihnen gefeuert, alle aus der Nachtschicht. Die Beschäftigten berichteten WAC-MAAN, dass den Entlassungen ein Streit am Mittwoch, dem 2. Juli, vorausgegangen war, nachdem sie bemerkten, dass das Unternehmen nicht ausreichend Essen für das Ramadan-Fastenbrechen zur Verfügung gestellt hatte. Das Unternehmen erlaubt nur koscheres Essen auf dem Firmengelände, also ist es den Beschäftigten nicht gestattet, ihr eigenes Essen zur Arbeit mitzubringen. Sechzig Beschäftigte blieben hungrig nach 16 Stunden des Fastens.

Die Nachtschicht-Arbeiter gingen auf die Vertreter des Managements zu und erklärten diesen, ohne Essen sei es für sie schwer weiterzuarbeiten. Zudem stelle die Bedienung großer Maschinen ein Sicherheitsrisiko dar, wenn sie sich hungrig und geschwächt fühlten.

Eine Führungskraft beschuldigte sie daraufhin, einen überflüssigen Konflikt an einem so spannungsgeladenen Tag zu verursachen (es war der Tag der Beerdigung der drei israelischen Jugendlichen, die entführt und ermordet worden waren). Die Beschäftigten wiesen diese Anschuldigung rundweg zurück und beharrten, dass sie lediglich dieses Problem lösen wollten, um sicher weiterarbeiten zu können. Verschiedene Lösungen wurden diskutiert. Schließlich beendete eine Führungskraft die Schicht und schickte sie nach Hause, wobei er versprach, das Problem am nächsten Tag zu lösen.

Am nächsten Morgen um 10 Uhr wurden die 60 Arbeiter der Nachtschicht von einem leitenden Angestellten angerufen, der ihnen mitteilte, dass das Management entschieden habe, sie zu feuern. Sie wurden aufgefordert, am Sonntag, den 6. Juli, zum Werk zu kommen, um ihre Arbeitsausweise und ihre Betriebskleidung abzugeben. Als sie ankamen, verweigerte das Unternehmen ihnen den Zutritt zum Werk und das Einpacken ihrer persönlichen Gegenstände. Nachdem ihnen schließlich Zutritt gewährt wurde – mit Eskorte, als seien sie gefährliche Verbrecher – bemerkten sie, dass ihre persönlichen Schließfächer geöffnet worden waren, was einen Verstoß gegen den Schutz ihrer Privatsphäre darstellt. Das Unternehmen veröffentlichte später eine Stellungnahme, der zufolge die Schichtarbeiter sich gewalttätig verhalten hätten.

Das SodaStream-Management machte alles noch schlimmer, als es am 6. Juli Entlassungsschreiben verschickte, in denen behauptet wurde, die rechtlich vorgeschriebene Anhörung zu dem Fall habe per Telefon stattgefunden. Das Unternehmen insistierte, die Beschäftigten hätten Schäden am Arbeitsplatz verursacht und seien daher nicht abfindungsberechtigt. Es muss betont werden, dass einige der Entlassenen seit Jahren bei SodaStream beschäftigt waren und keiner von ihnen jemals wegen disziplinarischer oder anderer Probleme rund um ihre Arbeit verwarnt worden war.

Der Schritt des Unternehmens ist als aggressiver Akt zu werten, der darauf zielt, die Arbeiter zu terrorisieren und sie von Forderungen nach grundlegenden Rechten abzuhalten. Es sollte zur Kenntnis genommen werden, dass der Geschäftsführer in den letzten Monaten mit der Darstellung des Werkes in Mishor Adumim als einer »Oase der Koexistenz beider Bevölkerungsgruppen« in den Medien aufgetreten ist.

Die Behandlung der 60 palästinensischen Arbeiter durch das Unternehmen ist ein Testfall für dessen wahre Absichten. WAC-MAAN wird diesen Konflikt im Auge behalten. Wenn das Unternehmen eine Wiedereinstellung verweigert, müssen wir mit diesen mutigen Arbeitern sowohl auf dem Rechtsweg wie in der Öffentlichkeit gegen diese Ungerechtigkeit kämpfen.

Quelle: Presseerklärung des WAC vom 20. Juli 2014, http://eng.wac-maan.org.il/?p=1034 externer Link

Informationen und Kontakt zu WAC-Maan: www.wac-maan.org.il/en/about externer Link

Übersetzung aus dem Hebräischen ins Englische: Dani Amir, Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche: Stefan Schoppengerd

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=62605
nach oben