DIW für einen europäischen Investitionsfonds gegen die Investitions- und Wachstumsschwäche

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 3.7.2014

Die Wirtschaft wächst zu zaghaft – und so besteht im Euroraum eine Investitionslücke von jährlich zwei Prozent des BIP oder 180 Milliarden Euro. (http://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/nachrichten/wirtschaft-waechst-zaghaft-diw-plaediert-fuer-investitionsfonds-in-europa/10139720.html externer Link) Dadurch sollen die Nettoersparnisse von 250 Milliarden mobilisiert werden (http://www.neues-deutschland.de/artikel/937921.forscher-setzen-auf-investitionsfonds.html externer Link)

Auch Deutschland selbst bewegt sich auf dem Niveau eines “Allzeit-Tiefs” bei den Investitionen, wie einige Banken zuletzt festgestellt hatten (http://www.nachdenkseiten.de/?p=22229#h05 externer Link), während gleichzeitig (“Schäuble im Glück”) Deutschland einen schuldenfreien Haushalt präsentieren wird. (http://www.sueddeutsche.de/politik/schuldenfreier-haushalt-schaeuble-im-zinsglueck-1.2020048 externer Link)

Dabei sollte nach DIW dieser Investitionsfonds als Teil einer umfangreichen Agenda zeitlich begrenzt die Kapitalausstattung kleiner und mittlerer Unternehmen verbessern, um die Investitionslücke von 180 Milliarden Euro jährlich zu überwinden. Die Investitionsquote ist im Euro-Raum seit 2008 um fast 4 Prozent gesunken, während sie in den USA schon wieder deutlich anzieht.

Strukturreformen allein werden den Teufelskreis aus Banken-, Schulden-, Vertrauens- und Wachstumskrise nicht durchbrechen können.

Den Grund für die anhaltende Wachstumsschwäche sehen die DIW-Wissenschaftler in dem Teufelskreis aus sich gegenseitig verstärkenden Krisen: Der Wirtschafts- der Banken-, der Schulden- und der Vertrauenskrise. Sie warnen vor einer Stagnation. (DIW)

Das kann heute (3. Juli 2014) noch durch einen Kommentar von Peter Bofinger (Wirtschaftsweiser) “vervollständigt” werden. Dieser schreibt heute unter “Aussenansicht” (Seite 2) in der “Süddeutschen” unter der Überschrift “Vom schlechten Sparen” (= nicht im Netz): In Deutschland gilt als Sünder, wer Schulden macht. Ein Irrtum, dem sogar Bundesbank und Bundesregierung unterliegen. (vgl. auch Peter Bofinger, “Striktes Spardiktat ist gescheitert” (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/alternativen-zur-sparpolitik-klotzen-wie-keynes-1.1365413 externer Link)

Aber noch nie war im Euroraum die private Geldersparnis so hoch und die Investitionsneigung so schwach wie im Augenblick. So ist die Niedrigzinspolitik auch für Deutschland bisher kein Problem. Nur im Krisenjahr 2008 wurde in Deutschland relativ zum Volkseinkommen noch mehr Geld gespart und noch weniger investiert als im Jahr 2013.

Deshalb ist die Ursache für die ungewöhnlich niedrigen langfristig Zinsen, dass seit der Lehman-Pleite eine riesige private Geldersparnis auf eine sehr schwache Investitionsnachfrage stößt. Wie sollte man dabei erwarten können, dass die Sparer hohe Zinsen bekommen?

Wir sollten daher die Diskussion über größere Spielräume für staatlich finanzierte Investitionen im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes (vgl. Peter Bofinger, “Diese Schuldenbremse ist pervers” (http://www.nachdenkseiten.de/?p=17243#h03 externer Link) als einmalige Chance nutzen, das – aktuell – niedrige Zinsniveau für Zukunftsinvestitionen zu nutzen und über die dann wieder erhöhte Nachfrage nach langfristiger Finanzierung zu einer Normalisierung der Kapitalmarktrenditen beizutragen.

Das ist auch wichtig, wenn man betrachtet, welch riesiger Bedarf sich durch die öffentliche “Investitions-Zurückhaltung” ergeben hat: Gerade unser Infrastruktur in den Kommunen ist dabei “vor die Hunde zu gehen“. (http://www.boeckler.de/14_47537.htm externer Link – und siehe weiter noch den Schluss bei https://www.labournet.de/?p=61041)

Verantwortlich für die niedrigen Sparzinsen ist die deutsche Schizophrenie im Umgang mit Sparen und Verschulden

Für die niedrigen langfristigen Zinsen ist also nicht Mario Draghi verantwortlich. Verantwortlich ist vielmehr eine gewisse Schizophrenie in der deutschen Haltung zum Sparen und Verschulden. Wir übersehen dabei, dass man nur dann Geld sparen und damit auch vernünftige Zinsen erzielen kann, wenn es private und öffentliche Investoren gibt, die bereit und in der Lage sind sich zu verschulden. (soweit einmal Peter Bofinger heute in der “Süddeutschen”)

Und nun wieder weiter mit dem DIW: Trotz der expansiven Geldpolitik der EZB (Mit einem Strick kann man ziehen, aber nicht schieben!) werden die Banken nicht ausreichend neue Kredite vergeben, wenn die Wirtschaft schwach und der Bestand an faulen Krediten hoch ist.

Der Stabilitätspakt müsse dazu nicht aufgeweicht werden, sondern es reicht seine Flexibilität “auf beste Weise” zu nutzen, wie es letzten Freitag auf dem EU-Gipfel beschlossen wurde. (zu diesem Kompromiss (“bester Gebrauch” – “best use”) vom letzten Freitag siehe den dritten Absatz auf der Seite 2 bei https://www.labournet.de/?p=61041)

Das Geld jedenfalls ist da. Der Euroraum als Ganzes hat mittlerweile eine jährliche Nettoersparnis von mehr als 250 Milliarden Euro, die Nettoersparnis von Unternehmen und Haushalten liegt sogar noch um einiges höher. Jetzt geht es darum diese finanziellen Ressourcen zu mobilisieren und zu solchen Unternehmen zu bringen, die sie produktiv nutzen können….

So könnte das dritte Kernelement der vorgeschlagenen Agenda ein bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) angesiedelter Fonds sein. (http://www.diw.de/sixcms/detail.php?id=diw_01.c.469156.de externer Link)

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=61340
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