Achtung, Deflation! Über die Leitzinssenkung der EZB – Das Problem ist der Spardiktat-Kürzungs-Kurs!

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 10.11.2013

Es wird gefährlich: Die Eurozone steht kurz vor einer Deflation – also permanent sinkenden Preisen mit weiteren Rabattschlachten. Diese sinkenden Preise würgen die Wirtschaft ab.

Um eine Deflation unbedingt zu verhindern, hat die Europäische Zentralbank den Leitzins von 0,5 Prozent – noch einmal – auf 0,25 Prozent gesenkt. (www.nachdenkseiten.de/?p=19192#h04 externer Link)

Dieser Schritt war einerseits richtig, hat aber andererseits nur noch symbolischen Wert, weil es in der realen Wirtschaftswelt keinen Unterschied mehr macht, erklärt dazu Ulrike Herrmann. (http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=me&dig=2013%2F11%2F08%2Fa0162&cHash=fd0e5e73dcae5cec19db17db42cf8bf5 externer Link)

Der Euro, der auch immer teurer geworden war, gab damit auch deutlich nach, und verringerte für die Euroländer die Gefahr, mit einem teuren Euro auf den Weltmärkten kaum noch konkurrenzfähig zu sein. Dieses billige Geld für Europa durch die Niedrigzinspolitik der EZB wird andauern, da EZB-Chef Draghi ankündigte, dass man erwarte, dass es jetzt eine längere Phase niedriger Inflationsraten geben werde. (http://www.taz.de/Europaeische-Zentralbank-senkt-Leitzins-/!127035/ externer Link)

Wenn aber alles billiger wird in der Eurozone, könnte dies allein die Verbraucher erfreuen, Makoökonomen jedoch treibt ein derartiges Szenario den Schweiß auf die Stirn – denn eine drohende Deflation wäre kaum mehr zu bekämpfen (http://www.fr-online.de/wirtschaft/drohende-deflation-wenn-alles-billiger-wird,1472780,24927576.html externer Link)

Über die aktuelle Senkung des Leitzinses hinaus (http://www.fr-online.de/wirtschaft/ezb-leitzins-zentralbank-senkt-leitzins,1472780,24929736.html externer Link) wird daher von einer immer breiteren „Front“ des ökonomischen Sachverstandes angemahnt, dass nun, wenn die Europäische Zentralbank mit ihren geldpolitischen Mitteln (Leitzinssenkung) an ihr Ende gekommen sei, ein anderes Rollenverständnis für die EZB erforderlich ist.

Eine erweiterte Rolle für die EZB – jenseits des Hilfsorgans für die Troika-Politik

Besonders deutlich hat der Deutsche Gewerkschaftsbund auf dieses Manko einer Beschränkung ausschließlich auf die expansive Geldpolitik hingewiesen: „Tatsächlich fährt die EZB seit Beginn der Krise einen expansiven Kurs – sie versorgt Banken großzügig mit frischem Geld und hat die Leitzinsen auf nie dagewesene 0.25 Prozent. Mehr ist kaum möglich – wie schon eingangs dargelegt wurde.

Dennoch zeigt die expansive Geldpolitik keine ausreichende Wirkung. Das Bemerkenswerte daran ist: Es ist die EZB selbst, die ihre eigene Geldpolitik ausbremst. Während ihr geldpolitischer Kurs klar auf mehr Kreditaufnahme, mehr Nachfrage und stabil steigende Preise ausgerichtet ist, zielt der Rest der EZB-Politik auf das Gegenteil.

Als ein Teil der sogenannten „Troika“ zwingt die EZB zusammen mit der EU-Kommission und dem Internationale Währungsfonds (IWF) den Krisenländern einen radikalen Kürzungskurs auf: billiges Geld gibt`s nur bei durchgeführter Kürzungspolitik. So werden Staatsaufgaben gesenkt, Löhne gedrückt – und die Nachfrage in den Krisenländern bricht ein.

Um Deflation jetzt zu verhindern und Wachstum – wirklich – zu fördern, braucht es also vor allem ein Ende des Spardiktats und der Lohnkürzungen. (http://www.dgb.de/themen/++co++c1850c0a-4857-11e3-a075-00188b4dc422 externer Link)

Es ist jetzt also an der Zeit, dass die EZB Wachstum wirklich ernst zu nehmen bereit ist – und aus ihrer bisherigen Rolle als Vollzugsorgan der „Troika“ für die Umsetzung der Sparpolitik in den Krisenländern zuständig zu sein, endlich wieder herauswächst.

Dies verlangt auch Ulrike Herrman (siehe oben) wenn sie schreibt, „die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank ist an ihr Ende gekommen – denn sobald die Wirtschaft stockt, stockt auch jeglicher Kreditfluss. Jetzt muss der Staat ran und „Fiskalpolitik“ betreiben – also die Konjunktur ankurbeln.“ Auch die kleine – aber feine – Opposition im Bundestag, hat mit dem Finanz-Fachmann Axel Troost den angemessen Ton angeschlagen: „Jetzt muss die EZB ihre Politik in der Troika ändern“ (http://www.axel-troost.de/article/7459.jetzt-muss-die-ezb-ihre-politik-in-der-troika-aendern.html externer Link)

P.S.: Zu dem übrigen oft in den Wirtschaftsteilen geäußerten „Un“sinn zu der Niedrigzinspolitik der EZB, dass der Sparer enteignet wird, ist das Angemessene schon längst gesagt. (siehe dazu z.B. „Kann die Euro-Rettung auf Kosten der Sparer gehen“ (https://www.labournet.de/politik/eu-politik/eu-krise/eukrise-allg/kann-die-euro-rettung-auf-kosten-der-sparer-gehen/)

P.P.S.: Ich halte es nur politisch für blauäugig, ausgerechnet vom EZB-Chef Draghi eine Ausweitung oder Änderung seines Mandates zu verlangen, wo er (= die EZB) wegen „Überschreitung“ ihres Mandates (seine Erklärung vom 26. Juli 2012, Staatspapiere aufzukaufen!) vor dem Bundesverfassungsgericht als „verfassungswidig gerade „angeklagt“ ist. (siehe dazu „Könnte das Bundesverfassungsgericht eine bisherige Blockierung für die Entwicklung der Eurozone durch angemessene europäische Institutionen aufbrechen?“ (https://www.labournet.de/?p=38216 oder auch www.nachdenkseiten.de/?p=17613#h08 externer Link)

Jetzt ist also die Politik selbst gefragt, sich am eigenen Schopfe aus dem Sumpfe der Austerität wieder herauszuziehen, in das sie sich so „pflichteifrig“ aber töricht hineibegeben hat. (vgl. dazu eventuell noch „Gegen eine Überwältigung durch eine Regierung mit dem Prinzip Alternativlosigkeit“ (www.labournet.de/?p=47524)

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=47972
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