Nach den Morden von Halle wird von der Regierung gehandelt: Bevorzugt gegen das Internet und Gamer. Gegen die Nazis – das müssen andere übernehmen…

Keinen Meter den Faschisten: Gedenkdemo für die von den Nazis ermordeten Menschen (Dessau, 11. März 2017)„… Wer davon aber zuerst beredt schwieg war Springer-Chef Döpfner. Immerhin Vorsitzender des Verbands der Presseverleger. Kein Wort zu Nazis. Dafür aber jede Menge indirektes Verständnis für rechtsextreme Motive. Döpfner lenkt ab mit Limburg, wo Tage zuvor ein LKW wohl als Tatwerkzeug benutzt wurde und neun Menschen verletzte. Er tönt gegen „politische Korrektheit“ – als ob die etwas mit Halle zu tun hätte. Er verweist auf einen HSV- Fußballer mit tatsächlicher oder vermeintlich falscher Identität. Merkels Flüchtlingspolitik sei der „Brandbeschleuniger“. Und letztlich: Kein Wort zur Ermordung des CDU-Landrats Lübcke, kein Wort zum NSU, kein Wort zu rechtsradikalen Netzwerken bei Polizei und Bundeswehr. Nichts. Das ist der Stoff, mit dem Nazis bestens leben können. Und bei so vielen Nebelkerzen darf natürlich „die Politik“ nicht fehlen. Als Erster fiel der Innenminister Niedersachsens und Möchtegernvorsitzender der SPD auf. Er forderte ein „Vermummungsverbot im Internet“. Weshalb aber, werter Herr Minister, sollten Nazis im Internet vermummt auftreten, wo sie doch selbst auf der Straße und bei ihren Konzerten in der Regel ungeniert unvermummt sind? Spontan kam die übliche Fraktion der sonstigen Internetüberwacher hinzu: Mehr Überwachungsstaat wird gefordert. Wo? Natürlich im Internet. Unverschlüsselte Messengerdienste wie WhatsApp seien das wirkliche Übel, wird behauptet. Wo und wann bitte hat der Täter von Halle mit wem verschlüsselt kommuniziert? Er sei doch ein Einzeltäter, heißt es beschönigend. Dass kommunizierende Einzeltäter aber ein Widerspruch in sich sind, erschließt sich unseren innenpolitischen Haudraufs parteiübergreifend offensichtlich nie. Leider offensichtlich aber auch nicht der Mehrheit derer, die medial darüber berichten. Last but not least kam nun Innenminister Seehofer um die Ecke, dem nach langer Zeit endlich wieder die Gamer als die wahren Gegner im Land einfielen. Und schwups – schon hat sich die Diskussion gedreht. Endlich muss man sich nicht mehr mit dem eigentlichen Naziproblem auseinandersetzen, das bis in den Bundestag hinein zu besichtigen ist, sondern man hat die schaurig wahren Übeltäter erwischt…“ – aus dem Kommentar „Es sind die Gamer!“ von Jörg Tauss am 14. Oktober 2019 bei telepolis externer Link über die Art und Weise, wie anhand der Nazi-Verbrechen zu einer rechten Offensive geblasen wird. Siehe in dem kleinen Überblick dazu auch einen Beitrag über die „Rahmenbedingungen“ der Verbrechen in Halle (die den Behörden bekannt sein dürften), einen Bericht über antifaschistische Konsequenzen aus den Nazi-Morden und einen Beitrag, der deutlich macht, was an den Internet-Zusammenrottungen Tatsache ist – sowie den Hinweis auf unsere Materialsammlung zu den Morden in Halle und gleichzeitigen Mordversuchen anderswo:

  • „Halle: der alltägliche faschistische Wahnsinn“ von Theresa Bauer am 13. Oktober 2019 im Lower Class Magazine externer Link über eine keineswegs digitalisierte Realität, die bekannt sein dürfte: „… Halle zählt etwa 230.000 Einwohner*innen, 30.000 davon sind Studis und der Innenstadtkern wirkt auf den ersten Blick auch eher beschaulich, als bedrohlich. Wären da nicht all diese Dinge, die immer wieder passieren, all diese Fascholäden, die sich zum Teil mitten in der Innenstadt befinden, das Haus der Identitären, Sven Liebig, der damals Blood and Honour und Combat 18 in Deutschland mitgründete. All die Faschos, die sich in den 90er Jahren organisierten, wie zum Beispiel Thomas Richter, besser bekannt als V-Mann Corelli aus dem NSU-Komplex, Beate Zschäpe, die in Halle zum Arzt ging und kurz vor Ihrer Verhaftung nach Halle kam – warum weiß keiner. Wären da nicht all die rassistischen Übergriffe, die rechte Staatsanwaltschaft, die immer wieder Faschos freispricht oder mit milden Strafen politische Statements setzt, die antisemitischen Verschwörungsheinis, die HFC-Hooligans, der Alltagsrassismus, den man als weiß gelesene Person gerne mal übersieht, die Burschenschaftshäuser, die Naziaufmärsche, der Übergriff vom 1. Mai letzten Jahres, wo Faschos mit Autos vermeintlich linke gejagt haben und mit Eisenstangen auf eine Wandergruppe eindroschen. Wäre da nicht die AFD, die gerne mal 23 Prozent der Wahlstimmen bekommt, wäre da nicht der alte Opa, der einen volllabert von den blöden Ausländern, wären da nicht Schüsse auf den Dönerladen in Halle Ost letzten März gewesen, wäre da nicht Halgida und die Proteste gegen Asylunterkünfte, wären da nicht die antifeministischen Übergriffe, die „Lesben-Fotze“ Rufe in der Tram, wären da nicht die Prepper und ganzen Altfaschos, die sich mehr und auch weniger ins Private zurückgezogen haben, wäre da nicht der sachsen-anhaltische Innenminister Stahlknecht, der an rassistischer Stimmungsmache und Jargon kaum noch Nebenbuhler findet, wäre da nicht Horst Seehofer, wären da nicht die Medien, die den rechten Diskurs aktiv fördern, wie die Mitteldeutsche Zeitung, DubistHalle und Sven Liebigs Verschwörungsblatt. Wäre da nicht die Polizei, die einen Fascho schützt während er neben einer Trauerkundgebung für die Opfer seine rechten Parolen schreit und gegen linke Gewalt wettert. Ja, wäre da nicht die deutsche Realität, wäre da nicht der Mittwoch gewesen, die jüdische Gemeinde gefangen in der Synagoge, der Dönerladen. Ja, wäre all die Scheiße nicht...“
  • „Über 2000 Menschen auf „Demonstration Rechte Netzwerke bekämpfen – im Staat und auf der Straße! – Für eine linke Offensive!““ von Antifaschistisches Aktionsbündnis Nürnberg (AAB) am 12. Oktober 2019 bei de.indymedia externer Link berichtet aus Nürnberg: „… Schon am Auftakt der Demo am Nürnberger Plärrer drängten sich viele Teilnehmende für die der Platz in der schmalen Gostenhofer Hauptstraße kaum ausreichte. Nach mehreren Reden am Auftakt setzte sich der Demozug lautstark und kämpferisch in Bewegung. Die vielfältigen Motivationen der TeilnehmerInnen auf die Demonstration zu kommen wurde durch die verschiedenen Blöcke Deutlich: An der Spitze der Demonstration stand der Block des Antifaschistischen Aktionsbündnis gefolgt vom Lautsprecherwagen der Demonstration, Dahinter der Internationalistische Block des offenen internationalistischen Treffens „Come Fight Stay – Together“ in dem Geflüchtete ihre Stimme erhoben gegen rassistische Sondergesetzte und für Gleiche Rechte, dann ein Block von kurdischen Organisationen welche gegen den Angriffskrieg der Türkei auf Rojava demonstrierten und im Hinteren Drittel ein feministischer Lila-Block der sich gegen die rechten Angriffe auf Frauenrechte stark machte. Trotz der verschiedenen Motivationen setzten alle Teilnehmenden gemeinsam ein Starkes antifaschistisches Zeichen Gegen die weltweite voranschreitende reaktionäre Offensive. Mit über 2000 TeilnehmerInnen war die heutige Demonstration die größte antifaschistische Demo in Nürnberg dieses Jahr…“
  • „Virtuell vernetzter Rechtsterrorismus“ von Roland Sieber am 11. Oktober 2019 im Antifa-Infoblatt externer Link über das, was an der konservativen Entlastungskampagne eine (von mehreren) Ausgangs-Tatsache ist: „… Inwieweit bereits damals Rassisten und Nazis über Computerspiele miteinander kommunizierten, ist nicht bekannt. Unter dem Pseudonym „Conservatism“ diskutierte der spätere Rechtsterrorist im Forum des Computerspiels mit. Auch über das Computerspiel „Battlefield 2“ soll Breivik kommuniziert haben. Vor Gericht erzählte er, seine Tötungshandlungen mit dem Ego-Shooter „Call of Duty: Modern Warfare 2“ trainiert zu haben. Bereits in seinem Manifest schrieb er: „Ich habe gerade das Spiel Modern Warfare 2 gekauft. Es ist vermutlich die beste Militär-Simulation, die es gibt.“ Auch den geplanten Anschlag beschreibt er im Manifest wie ein Computerspiel, bei dem es Level zu erreichen gilt. Breivik trainierte aber auch im Real Life in einem Sportschützenverein mit Schusswaffen, in dem er Mitglied war. Von seiner Anhängerschaft, die ebenfalls online vernetzt ist, wird der norwegische Rechtsterrorist als Vorbild gesehen. Mindestens fünf weitere Rechtsterroristen haben sich bei ihren Anschlägen auf Breivik berufen, resümiert die New York Times. In der Gamer-Plattform Steam haben sich hunderte Accounts nach „Anders Breivik“ benannt, viele davon mit seinem Foto als Profilbild. Auf der Plattform für Gamer gab es zahlreiche Fan-­Gruppen, in denen er bejubelt wurde…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=155787
nach oben