Lohngefälle zwischen Ost- und Westdeutschland bleibt hoch

Dossier

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!Fast 30 Jahre nach der Wiedervereinigung verdienen Beschäftigte in den neuen Bundesländern auch bei gleicher Qualifikation deutlich weniger als Arbeitnehmer in Westdeutschland. (…) Danach beträgt der Lohnabstand bei Beschäftigten gleichen Geschlechts, im gleichen Beruf und mit vergleichbarer Berufserfahrung 16,9 Prozent. (…) Neben Unterschieden in der Wirtschaftskraft ist nach Einschätzung der WSI-Forscher die geringere Verbreitung von Tarifverträgen ein wesentlicher Grund für den Lohnrückstand in den neuen Ländern. »Bei den Tariflöhnen haben die Gewerkschaften inzwischen eine weitgehende Angleichung zwischen Ost und West durchsetzen können«, sagte der WSI-Tarifexperte Malte Lübker. So habe das Tarifniveau in Ostdeutschland 2018 bei 97,6 Prozent des Westens gelegen…“ Agenturmeldung vom 01.10.2019 beim ND online externer Link zur Studie der Hans-Böckler-Stiftung – siehe diese und mehr dazu, auch Jahre später:

  • Lohnunterschiede zwischen Ost und West sind weiter gewachsen: Im Westen verdient man im Schnitt gut 13.000 Euro mehr pro Jahr als im Osten New
    „… Das geht aus neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor, die die Linksfraktion im Bundestag erfragt hat und die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegen. Demnach betrug die Differenz der durchschnittlichen Löhne und Gehälter zwischen Ost und West unter Vollzeitbeschäftigten im vergangenen Jahr 13.015 Euro brutto im Jahr: Im Westen lag das Jahresbrutto im Schnitt bei 58.085 Euro, im Osten bei 45.070 Euro. Noch 2021 war die Lohnlücke geringer ausgefallen und lag bei 12.173 Euro zuungunsten der Ostdeutschen. Aus den Zahlen geht hervor, dass sich die erneute Zunahme der Differenz vor allem aus Sonderzahlungen ergibt, von denen die Arbeitnehmer im Westen 2022 stärker profitiert haben. Im Jahr 2020 hatte die Ost-West-Lücke in dieser Statistik noch bei 11.967 Euro gelegen und war damit sogar noch geringer. In der Einzelbetrachtung der Bundesländer zeigt sich zudem, dass der gesamte Osten Deutschlands unter Westniveau rangiert: Kein ostdeutsches Bundesland erreicht das Niveau eines westdeutschen Bundeslandes. Zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg liegen zum Beispiel mehr als 21.000 Euro Lohnlücke. (…) Die Linke sprach von einem „politischen Skandal gegenüber den Ostdeutschen“ und zog eine Verbindung zum Erfolg von Rechtspopulisten: „Wenn ostdeutsche Vollzeitbeschäftigte im Schnitt 13.000 Euro im Jahr weniger verdienen als Kollegen in Westdeutschland, dann sollte sich kein Politiker über hohe AfD-Werte wundern“, sagte der Ostbeauftragte der Fraktion, Sören Pellmann, dem RND. Die Bundesregierung habe noch immer keinen Plan vorgelegt, wie die Löhne angeglichen werden sollen. (…) „Wir brauchen ein Lohnangleichungsgesetz des Bundes, das mehrere Maßnahmen enthält. Höhere Tarifbindung und ein Mindestlohn von 14 Euro sind dabei zentral.“ Artikel von Steven Geyer vom 18. Juli 2023 bei RND externer Link
  • Beschäftigte im Osten verdienen bei gleicher Qualifikation 14 Prozent weniger als im Westen – Mindestlohnerhöhung bringt Annäherung im unteren Entgeltbereich 
    „Auch mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung verdienen Beschäftigte in Ostdeutschland noch deutlich weniger als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den alten Bundesländern. Insgesamt beträgt der Abstand 13,7 Prozent, wenn man Beschäftigte gleichen Geschlechts, im gleichen Beruf und mit vergleichbarer Berufserfahrung miteinander vergleicht. Je nach Beruf kann die Gehaltslücke für Vollzeitbeschäftige monatlich bis zu 1.000 Euro brutto betragen. Dies ergibt eine Auswertung von gut 188.000 Datensätzen des Portals Lohnspiegel.de, das vom Wirtschafts- und Sozialwissen­schaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung betreut wird. Die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro zum 1. Oktober 2022 führt vor allem im unteren Entgeltbereich zu einer Annäherung der Verdienste, da in Ostdeutschland ein höherer Anteil der Beschäftigten von der Mindestlohnerhöhung profitiert. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Entgelten oberhalb des Mindestlohns ist hingegen oft entscheidend, ob der Arbeitgeber nach Tarifvertrag bezahlt. „Ostdeutsche Betriebe sind deutlich seltener an einen Tarifvertrag gebunden, als dies im Westen der Fall ist“, sagt Dr. Malte Lübker, WSI-Experte für Tarif- und Einkommensanalysen. „Der Weg zu fairen Löhnen für alle ostdeutschen Beschäftigten führt deshalb über eine Stärkung der Tarifbindung.“ Nach Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) lag die Tarifbindung der Beschäftigten im Jahr 2021 in Ostdeutschland nur noch bei 45 Prozent, verglichen mit 54 Prozent im Westen. Besonders deutliche Gehaltsunterschiede gibt es in vielen technischen Berufen. In Ostdeutschland liegt nach Berechnungen auf Basis der WSI-Lohnspiegel-Datenbank beispielsweise der typische Verdienst als Maschinenbautechniker*in mit 10 Jahren Berufserfahrung bei 3.480 Euro, verglichen mit 4.170 Euro im Westen. Bei Maschinenbauingenieur*innen beträgt der Unterschied sogar 1.030 Euro im Monat. „Den Beschäftigten in der westdeutschen Metall- und Elektroindustrie kommt dabei zugute, dass die Tarifbindung hier noch relativ hoch ist“, erläutert WSI-Experte Lübker. Für das verarbeitende Gewerbe insgesamt weist das IAB aktuell eine Tarifbindung von 58 Prozent (West) bzw. 43 Prozent (Ost) aus. „Fehlende Tarifverträge und niedrige Löhne sind aber auch im Westen in vielen Branchen zum Problem geworden“, so Lübker weiter. So gelten beispielsweise im Einzelhandel nach Angaben des IAB nur noch für 28 Prozent (West) bzw. 21 Prozent (Ost) der Beschäftigten Tarifverträge. In Berufen wie Verkäufer*in im Einzelhandel geht dies mit sowohl in Westdeutschland (2.220 Euro) als auch in Ostdeutschland (2.100 Euro) vergleichsweise geringen Monatsverdiensten einher. (…) Im Unterschied zu den tatsächlich gezahlten Gehältern gibt es bei den Tariflöhnen inzwischen keine wesentlichen Ost-West-Unterschiede mehr. So lag das tarifliche Entgeltniveau in Ostdeutschland im Jahr 2021 bei 98 Prozent des Westenniveaus, verglichen mit 60 Prozent im Jahr 1991 (…). „Die weitgehende Angleichung der Tariflöhne ist ein Erfolg der Gewerkschaften – und ein oft unterschätzter Beitrag zur Herstellung von gleichwertigen Lebensverhältnissen in Ost und West“, sagt WSI-Experte Lübker. Bei der wöchentlichen Arbeitszeit und bei Sonderzahlungen ist eine Anpassung an die in Westdeutschland üblichen Regelungen in einigen Branchen allerdings bisher am Widerstand der Arbeitgeber gescheitert…“ Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung vom 29. September 2022 externer Link
  • Bis zu 70 Prozent weniger – Ostlöhne hinken Westeinkommen hinterher 
    „… Die Löhne im Osten Deutschlands hinken den Einkommen im Westen in einigen Branchen teils nach wie vor stark hinterher. Der größte Unterschied bestand zuletzt bei der Herstellung von Bekleidung, wo Vollzeitbeschäftigte im Westen 73 Prozent mehr verdienen als im Osten. Das geht aus einer der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor. Bei diesem Wirtschaftszweig gehen die Löhne für alle Schneiderarbeiten in die Statistik ein, dazu die Herstellung von Pelzwaren. Das mittlere Entgelt lag in Westdeutschland hier 2019 bei 3423 Euro, im Osten bei 1978 Euro. Insgesamt erhielten sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte 2019 im Westen ein mittleres Einkommen von 3526 Euro brutto, in Ostdeutschland waren es 2827 Euro. Das Entgelt in Westdeutschland lag somit um 24,7 Prozent höher als das der Ostdeutschen. In absoluter Zahl gab es den größten Abstand beim Auto-, Motoren-, Karosserie-, Anhänger- und Autoteilebau. In diesem Bereich lag das Einkommen im Westen bei 5354 Euro brutto, im Osten bei 3690 – eine Differenz von 1664 Euro. Somit wurde im Westen 45,1 Prozent mehr verdient. Eine deutliche Kluft gab es auch im Maschinenbau (43,8 Prozent), der Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen (43,4 Prozent), im sonstigen Fahrzeugbau (29,9 Prozent) und der Herstellung chemischer Erzeugnisse (27,1 Prozent). Die Linken-Abgeordnete Sabine Zimmermann, die die Anfrage gestellt hatte, sagte: »Die Spaltung am Arbeitsmarkt hält auch über 30 Jahre nach der Wende an.« Nötig seien eine Stärkung von Tarifverträgen und Tarifbindung, die im Osten deutlich schwächer ausgeprägt seien als im Westen. Ausdrücklich unterstützte Zimmermann die Forderung der IG Metall, die in der laufenden Tarifrunde in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie eine Ost-West-Angleichung bei den Arbeitsbedingungen schaffen will.“ Meldung vom 14. März 2021 bei neues Deutschland online externer Link
  • Arbeit im Osten drastisch unterbezahlt: „Staatlich gewollter Niedriglohn“ 
    Weniger Geld für mehr Leistung: 30 Jahre nach dem Mauerfall ist Arbeit im Osten drastisch unterbezahlt. Die Weichen dafür stellte eine Politik, die schlechte Löhne als Standortvorteil verkaufte. Nun müssen Gewerkschaften um jedes kleine Stück Gerechtigkeit ringen. „Wir nehmen es nicht hin, dass wir hier keine Regelungen haben. Wir wollen Tarifverträge für unsere Betriebe. Also gehen wir da rein.“ Das sagt Jan Otto, 38 Jahre alt, Chef der IG Metall Ostsachsen, also die Ecke Bautzen, Riesa, Görlitz. Sein Job: Tarifbindung herstellen. Denn die ist im Osten noch unterentwickelter als in Westdeutschland. 30 Jahre nach dem Mauerfall fallen in Ostdeutschland gerade mal 45 Prozent der Beschäftigten unter einen Tarifvertrag. Im Westen sind es 56 Prozent. Wer in einem Betrieb arbeitet, der nicht tarifgebunden ist, arbeitet im Schnitt eine Stunde länger, verdient zehn Prozent weniger, hat weniger Urlaub und bekommt sehr viel weniger Weihnachtsgeld. Das hat das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in diesem Jahr ermittelt. Weitere Erkenntnisse der Studie: Die höchste Tarifbindung verzeichnet Nordrhein-Westfalen (62 Prozent), das Schlusslicht ist Sachsen mit 39 Prozent. Das verwundert, rühmt sich Sachsen doch gerne seiner wieder aufgelebten Industrie. Hier haben VW, BMW und Siemens Niederlassungen und Töchter, in der Region Chemnitz konnten sich einige der traditionellen Maschinenbauer wieder berappeln. Der sächsische DGB-Vorsitzende Markus Schlimbach erklärt die Schlusslichtposition Sachsens so: „Das ist staatlich gewollte Niedriglohnpolitik, die in Sachsen besonders lange betrieben wurde. Die haben hier ja jahrelang Unternehmen mit niedrigen Löhnen angelockt.“ Begonnen hat das unter dem Westler Kurt Biedenkopf (CDU), der von 1990 bis 2002 Ministerpräsident des Freistaates war. Auch seine Nachfolger hielten an der Billiglohnpolitik fest, die angeblich einen Standortvorteil darstelle…“ Hintergrund-Beitrag von Gesa von Leesen vom 06.11.2019 bei der Kontext-Wochenzeitung externer Link

Siehe auch zuvor:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=155276
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