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Massenhafte Proteste für die Verabschiedung eines Ernährungs-Notstandes – was die argentinische Rechtsregierung tut: Mehr Müll aus den USA importieren

Hungermärsche in Argentinien - hier in Buenos Aires am 4.9.2019 - sind eine der Neuheiten, die die Regierung Macri erreicht hat„… Zehntausende Argentinier haben in der Hauptstadt Buenos Aires gegen rasant steigende Lebensmittelkosten demonstriert. Bei der von verschiedenen sozialen Gruppen organisierten Kundgebung vor dem Ministerium für soziale Angelegenheiten im Zentrum der Millionenmetropole wurden vor allem Hilfen für arme Bevölkerungskreise gefordert. Die Organisatoren kündigten an, die Menschen würden solange vor dem an der Prachtstrasse Nueve de Julio gelegenen Ministerium zelten, bis ihre Forderungen erfüllt sind. Das einst reiche Argentinien befindet sich wieder einmal in einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise. Die Landeswährung Peso verlor nach der Niederlage des konservativen Präsidenten Mauricio Macri bei den Vorwahlen im August knapp 25 Prozent ihres Wertes im Vergleich zum Dollar. Da der Dollar für die von immer neuen Wirtschaftskrisen heimgesuchten Argentinier eine Art Ersatzwährung ist, gewann die Inflation weiter an Fahrt. Schon bisher lag die Jahresinflationsrate bei mehr als 50 Prozent. 32 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze…“ – aus der dpa-Meldung „Argentinier demonstrieren gegen rasant steigende Lebensmittelpreise“ vom 05. September 2019 externer Link (hier in der NZZ online). Siehe in der kleinen Materialsammlung zur Spekulationsoffensive und ihren Auswirkungen auf den Alltag in Argentinien sowie einer Bilanz des Wirkens der rechten Macri-Regierung und der aktuellen Mobilisierung dagegen vier aktuelle Beiträge und einen Abfall-Kommentar in Vorbereitung gewerkschaftlicher Aktionen und Proteste am 10. September 2019:

  • „Regierung in Argentinien verschiebt Rückzahlungen der Schulden“ von Christian Dürr am 31. August 2019 bei amerika21.de externer Link über die faktische Kapitulation der Regierung unter anderem: „… Die Maßnahmen wurden nötig, da zuletzt das Interesse vor allem kurzfristiger Anleger an argentinischen Anleihen stark zurückgegangen ist. Anstatt in neue Papiere zu reinvestieren tauschten sie ihre argentinischen Pesos in Dollar, weshalb die Regierung bereits zwei Rückzahlungen aussetzen musste. Der Ansturm auf den Dollar trug zudem weiter zum Verfall des Peso bei. Zu Wochenbeginn stieg der Wert des Dollars erneut auf über 60 Pesos. Von den Umstrukturierungsmaßnahmen der Regierung betroffen sind zunächst vor allem kurzfristige Schuldpapiere institutioneller Anleger im Gesamtwert von rund elf Milliarden Dollar. Mittels eines Notdekrets von Präsident Mauricio Macri wurde hier die Zahlungsfrist für den Staat einseitig um sechs Monate verlängert. Der nächste Fälligkeitszeitpunkt wird daher schon in die Amtszeit des künftigen Präsidenten fallen. Ebenso will die Regierung Zahlungsaufschübe für längerfristige Staatsanleihen in Pesos oder in Fremdwährungen zu einem Gesamtwert von rund 50 Milliarden Dollar durchsetzen. Diesbezüglich soll dem Kongress ein Gesetzesentwurf vorgelegt werden, der die Ausdehnung der Zahlungsfristen für nach argentinischem Recht ausgegebene Papiere ermöglicht. Andererseits sollen auch mit internationalen Anlegern Verhandlungen geführt werden. Sorgen machen aber vor allem die insgesamt 57 Milliarden Dollar Schulden, die das Land seit 2018 in Form eines sogenannten „Stand-By-Kredits“ beim Internationalen Währungsfonds (IWF) aufgenommen hat...“
  • „Argentinien: Plünderung durch IWF und Kapital verhindern!“ von Pablo Anino am 30. August 2019 bei Klasse gegen Klasse externer Link (in der Übersetzung von Stefan Schneider) hebt zur aktuellen Spekulationsoffensive nach der rechten Wahlschlappe unter anderem hervor: „… Die Reserven der Zentralbank wurden von 66 Mrd. U$S am Freitag vor den Vorwahlen auf jetzt 54 Mrd. U$S reduziert. Der Verlust von rund 12 Mrd. U$S innerhalb weniger Wochen ist auf die Finanzierung der Kapitalflucht mit dem Ausverkauf der Währungseinheit und des Finanzministeriums, sowie auf den Abzug von Dollar-Einlagen aus dem Bankensystem zurückzuführen. Wenn man die zukünftigen Dollarumsätze, den “Kredittausch” mit China, die Spitze der Einlagen in Dollar und andere Konzepte abzieht, liegen die Nettoreserven — die wahren Rücklagen — der Zentralbank unter 15 Milliarden US-Dollar. Es gibt eine schnelle und heftige Entleerung. Im Juli machten zehn Banken 82% der Dollar-Kauf- und Verkaufsgeschäfte aus: Santander Río, Citibank, BNP Paribas, Galicien, HSBC, BBVA Francés, ICBC, Banco Provincia, Banco Nación und JP Morgan Chase. Sie bilden eine illegale Vereinigung zur Ausplünderung des Landes. (…) Die Spekulation mit dem Dollar hat auch andere zentrale Akteur*innen: die Agro-Exporteur*innen, die die Währungen, die sie aus Verkäufen im Ausland erhalten, nicht liquidieren. Die Zentralbank kündigte an, dass sie ihre Kredite einschränken würde, um sie unter Druck zu setzen, die Dollar zu liquidieren. Dies ist eine dekorative Maßnahme. Das staatliche Außenhandelsmonopol ist die einzige realistische Maßnahme, damit die Währungen nicht zur Spekulation, sondern zur Erfüllung der dringendsten sozialen Bedürfnisse eingesetzt werden...“
  • „Massiver Verfall des Reallohns in Argentinien“ von Miguel Arndt am 03. September 2019 bei amerika21.de externer Link berichtet unter anderem: „… Die Linie der extremen Armut (indigencia) beträgt dagegen 12.773 Pesos, das entspricht dem Wert des Grundnahrungsmittelkorbs (Canasta Básica Alimentaria), der im letzten Jahr sogar um 57 Prozent gestiegen ist. Beim Regierungsantritt von Präsident Mauricio Macri im Dezember 2015 lag dieser Wert bei 3.582 Pesos und hat sich seit dem mehr als verdreifacht. Der Anstieg von Löhnen, Gehältern und Pensionen lag deutlich hinter dieser Entwicklung. Der Reallohn hat gemäß einer Berechnung des Strategischen Lateinamerikanischen Zentrums für Geopolitik (Centro estratégico Latinoamericano de Geopolitica, Celag) seit Anfang 2016 einen Verlust von cirka 40 Prozent erlitten. Dieses war jedoch noch vor der Abwertung des Pesos um rund 30 Prozent am vergangenen Montag, der diesen Verlust noch deutlich verstärkt hat. Eine starke Zunahme der Armut und der extremen Armut sind die logischen Folgen. Laut Schätzungen der Beobachtungsstelle der sozialen Schuld (Observatorio de la deuda social) der Katholischen Universität Argentiniens lag die Armutsrate im Juli bereits bei etwa 34 Prozent und es wird ein Anstieg bis Jahresende auf mindestens 40 Prozent geschätzt. Beim Amtsantritt Macris lag sie noch bei 27,5 Prozent…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=154041
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