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Die erfolgreiche Bilanz der EZLN schlägt (nicht nur) in Mexiko Wellen

EZLNDie linke, indigen geprägte Bewegung der Zapatistischen Befreiungsarmee EZLN hat ihren Einfluss im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas deutlich erweitert. Nach über Tausend basis­demokratischen Gemeinde­versammlungen und Mobilisierungsarbeit im Untergrund in den vergangenen drei Jahren wurden ohne Waffengewalt weitere regierungs- und parteiunabhängige Parallelstrukturen aufgebaut. Diese Gremien, die als „Räte der guten Regierung“ bezeichnet werden, organisieren aufgrund des Versagens, der Ausbeutungspraxis und der Repression des mexikanischen Staates erfolgreich eigenständig Bereiche wie Agrarökologie, Bildung, Frauenrechte, indigene Rechte, Gesundheit, Kooperativen, Medien, Menschenrechte, Lebensmittelproduktion, Ökonomie, Rechtsprechung, Sicherheit, Transport, Verwaltung sowie die Vernetzung mit linken sozialen Bewegungen in ganz Mexiko und weltweit. Die Initiative haben vor allem die zapatistischen Frauen und Jugendlichen vorangebracht. Auch ehemalige Regierungs­anhänger*innen unterstützen die neue Initiative der EZLN. Die Sitze der zapatistischen Räte werden als „Caracoles“ (deutsch: Schneckenhäuser) bezeichnet und fungieren als autonome Verwaltungszentren für jeweils mehrere Zehntausend Menschen. Sie koordinieren die autonomen Landkreise, Dörfer und Städte. Das Besondere ist, dass die Struktur „von unten nach oben“ funktioniert – alle Mandate sind stets nur von der Basis „geliehen“ und alle Beauftragten können jederzeit abberufen werden.  Es ist als historisch zu bezeichnen, dass nun neben den fünf bereits existierenden Caracoles sieben weitere gegründet wurden, darüber hinaus stieg die Anzahl der autonomen Landkreise von 27 auf 31...“ – so beginnt der Beitrag „Zapatistas in der friedlichen Offensive“ von Luz, Gruppe B.A.S.T.A. Münster am 26. August 2019 bei de.indymedia externer Link – in dem die Bilanz der EZLN (siehe den Verweis auf unseren ersten Beitrag am Ende dieser Sammlung) nachgezeichnet und bewertet wird. Siehe dazu die deutsche Übersetzung des EZLN-Kommuniqués, einen weiteren Beitrag zum „Echo“ darauf, in dem auch versucht wird, dies in ähnliche Bestrebungen einzuordnen, sowie einen Beitrag über den zufälligen Militäraufmarsch in der Region:

  • „Mexiko: Zapatistas erklären Ausweitung der autonomen Gebiete“ im August 2019 beim Untergrund-Blättle externer Link ist die deutsche Übersetzung des Kommuniqués der EZLN, das mit den Worten schließt: „… Hier sind wir, wir sind Zapatistas. Um gesehen zu werden, bedeckten wir unsere Gesichter; um genannt zu werden, verweigern wir unsere Namen; wir setzen auf die Gegenwart, um eine Zukunft zu haben, und um zu leben, sterben wir. Wir sind Zapatistas, zum grössten Teil indígenas mit Maya-Wurzeln – und wir verkaufen uns nicht, wir ergeben uns nicht und wir geben nicht auf.  Wir sind Rebellion und Widerstand. Wir sind eines der vielen Schlagwerkzeuge, die die Mauern zertrümmern werden, einer der vielen Winde, die über die Erde fegen und einer der vielen Samen, aus denen andere Welten entstehen werden. Wir sind der Ejército Zapatista de Liberación Nacional. Aus dem Bergen des Südosten Mexikos. Im Namen der Männer, Frauen, Kinder und Älteren der zapatistischen Unterstützungsbasis und des Geheimen Revolutionären Indigenen Komitees – Generalkommandantur des Ejército Zapatista de Liberación Nacional. Subcomandante Insurgente Moisés“.
  • „Das Comeback der Zapatisten in Mexiko“ am 27. August beim (katholischen) Blickpunkt Lateinamerika externer Link in einem Versuch, diese Entwicklung einzuordnen: „… Die EZLN, die 1994 in Chiapas, einem der ärmsten Bundesstaaten Mexikos, ihren bewaffneten Aufstand begann, fügt die neuen Gemeinden den 27 autonomen Selbstverwaltungen hinzu, die es in diesem Bundesstaat schon gibt. „Die Ankündigung der EZLN beschreibt eine Realität. Die indigenen Selbstverwaltungen sind eine Form der Organisation als Reaktion auf einen Staat, der sie nicht respektiert und der in ihren Augen auch ein gescheiterter Staat ist“, sagt Erick Huerta, Anwalt und Leiter einer Bürgerinitiative für nachhaltige kommunale Entwicklung. Huerta ist überzeugt, dass die Stärke der indigenen Selbstverwaltung in Chiapas und anderen Regionen Mexikos die natürliche Folge der globalen Instabilität und der Schwäche eines Staates ist, der anscheinend völlig korrupt sei. „In den vergangenen Jahren hat die Zahl der autonomen Selbstverwaltungen zugenommen – nicht nur in Chiapas, sondern in ganz Mexiko. Das ist so, weil sie in den Bereichen, die in die natürliche Zuständigkeit des Staates fallen, viel effizienter sind und den Bürgern Sicherheit bieten.“ Der Anwalt führt an, dass es in Chiapas Gemeinden gibt, die, obwohl selbst nicht zapatistisch, sich der Justizordnung der EZLN anschließen, weil sie im Gegensatz zur staatlichen Justiz funktioniert…“
  • „Militarisierung von Chiapas, Oaxaca, Guerrero und der Halbinsel Yucatán“ von Zosimo Camacho am 16. August 2019 bei Contralinea externer Link (hier in Übersetzung von Katharina Greff bei Chiapas 98) zur Haltung der mexikanischen Regierung eben nicht nur in Chiapas, die einen seltsamen Feldzug gegen Kriminalität im Lande organisiert, zu dem der Autor Fragen stellt: „… Besonders überraschend ist jedoch die hohe Anzahl an eingesetzten Soldaten in den Bundestaaten, die im nationalen Vergleich keine herausragenden Gewaltraten verzeichnen. Lässt man Mexiko-Stadt und den Bundesstaat Mexiko außen vor — denn dort befindet sich der Regierungssitz und lebt der größte Teil der Bevölkerung – sind es die Bundesstaaten Veracruz, Chiapas, Guerrero, Jalisco und Oaxaca, in denen die meisten Streitkräfte im Einsatz sind. nd.Wie rechtfertigt die Bundesregierung den Einsatz der 11.968 Militär- und Polizeikräfte in Chiapas, während es im Bundesstaat Durango gerade mal 4.053, in Sonora 6.401 und in Chihuahua 7.279, also deutlich weniger Streitkräfte sind? Mit der Größe des Bundesstaates kann dies nicht begründet werden, da letztere Bundesstaaten deutlich größer sind als Chiapas. Auch die Einwohner*innenzahl ist keine Erklärung. Denn auch wenn in Chiapas mehr Menschen leben, entspricht die höhere Zahl der dort lebenden Personen prozentual nicht der höheren Anzahl an stationierten Soldaten. Und auch die Kriminalität kann nicht als Rechtfertigung herangezogen werden, da Chiapas der Bundesstaat mit der geringsten Kriminalitätsrate ist. Es gibt dort keine tödlichen Auseinandersetzungen zwischen Drogenkartellen. In den Bundesstaaten Durango, Sonora und Chihuahua hingegen herrschen heftige Auseinandersetzungen zwischen den privaten Armeen des Kartells von Sinaloa (Gente Nueva, Los Salazares) und des Kartells von Juárez (La Línea), in die sich auch das Kartell Jalisco Nueva Generación einmischt. Die Folge sind viele Todesopfer durch Folter, die zur Abschreckung in den sozialen Netzwerken übertragen wird. Ist der Grund für die hohe Militärpräsenz in Chiapas etwa die Existenz der Zapatistischen Armee zur nationalen Befreiung (Ejército Zapatista de Liberación Nacional, EZLN)? Die Tatsache, dass der chiapanekische Bundesstaat das Epizentrum des indigenen Kampfes ist, der Widerstand gegen die Vertreibung leistet, die die Megaprojekte der vorherigen und gegenwärtigen Regierung implizieren werden? Ist der Grund für die hohe Militärpräsenz, dass die zapatistischen Gemeinden die größte und fortschrittlichste Bastion des Nationalen Indigenenkongresses (Congreso Nacional Indígena, CNI) sind? Und, dass es in Chiapas andere Organisationen gibt, die unter unterschiedlichen ideologischen Zeichen gegen den Kapitalismus kämpfen, so wie die Nationale Front für den Kampf für den Sozialismus (Frente Nacional de Lucha por el Socialismo, FNLS)?...“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=153732
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