Soziale und ökologische Ziele zusammendenken – Arbeitskämpfe und Umweltaktivismus sind kein Widerspruch

Dossier

"There are no Jobs on a dead Planet!"„Die Berührungsängste zwischen Gewerkschaftern und Klimaaktivisten sind noch immer deutlich zu spüren. (…) weil soziale und ökologische Kämpfe auf den ersten Blick manchmal widersprüchlich erscheinen. Sehen die einen Kohlekraftwerke und Autokonzerne als zentrale Bedrohungen für das Klima, fürchten die anderen angesichts forscher Ausstiegsforderungen um ihre Arbeitsplätze, sehen sich und ihre Familien mit der Gefahr des sozialen Abstiegs konfrontiert. Ein Lehrstück des Prinzips »Teile und herrsche« – denn, wenn Soziales und Ökologie gegeneinander stehen, Gewerkschaften und Umweltbewegung sich gegenseitig schwächen, nutzt das vor allem dem Kapital, das mal mit den einen gegen Arbeitsrechte und mal mit den anderen gegen Umweltnormen zu paktieren versucht, um sich an Mensch und Natur zu bereichern. Um so wichtiger, dass der oberflächliche Widerspruch zunehmend als oberflächlich erkannt und überwunden wird. Eine Klimawende ist nicht gegen die Industriearbeiter zu haben…“ Überblick von Steffen Stierle zur Beilage der jungen Welt vom 7. August 2019 externer Link zur jW-Beilage »Ökologie und Klassenkampf« externer Link – siehe mehr zu dieser wichtigen Debatte:

  • ver.di for future – Klimawandel und ökologisch-soziale Herausforderungen erfordern eine engere Zusammenarbeit von Gewerkschaften und Klimabewegung New
    Angesichts der Vielfachkrisen ist das politische Mandat der Gewerkschaften mehr denn je gefordert. Zu den drängendsten Problemen unserer Zeit gehört der Klimawandel. In den Jahren 2018 und 2019 gelang Fridays for Future (FFF) ein Aufbruch in der Klima­bewegung. Die Corona-Krise, Krieg in Europa, die Energiekrise, Inflation, Lieferkettenprobleme u.a.m. haben ökologische Fragen an den Rand der Aufmerksamkeit gerückt, erzielte Fortschritte verpuffen lassen. Bereits heute werden pro Jahr weltweit etwa 5 Millionen Todesfälle den Folgen des Klimawandels zugerechnet. Dennoch wird der eskalierenden Klimakrise derzeit kaum ernsthaft entgegengetreten – im Gegenteil. Mit Appellen an politische und wirtschaftliche Eliten oder verändertem Konsumverhalten allein wird sich an der desaströsen Entwicklung nichts ändern. Es geht um nichts weniger als Alternativen zum gegenwartskapitalistischen Entwicklungs- und Wirtschaftsmodell. Dessen profitgetriebenes Akkumulations-, Expansions- und Wachstumsstreben hat zu einer epochalen Krise geführt. Ökonomische Verwertungslogiken und die Logiken ökologischer und sozialer Reproduktion schließen sich zunehmend aus. Die ökologischen und sozialen Folgekosten kapitalistischen Wachstums lassen ein Weiter so nur als Szenario der ökologischen und gesellschaftlichen Katastrophe denken. Unumkehrbare Kippunkte des Klimawandels dürften zeitnah erreicht sein.
    Nach anfänglichem Zaudern haben Gewerkschaften und Klimabewegung zueinander gefunden. In gemeinsamen Positionspapieren etwa von IG Metall und ver.di sowie FFF spiegelt sich ein Bewusstsein darüber, dass die ökologische Transformation ohne Berücksichtigung der sozialen Frage genauso scheitern muss, wie eine konservative gewerkschaftliche Interessenpolitik Zukunftschancen von Arbeitnehmer:innen verspielt. Ohne einen ›labour-turn‹ der Klimabewegung und einen ›climate-turn‹ der Arbei­te­r:innenbewegung wird es keine Nachhaltigkeitsrevolution geben.
    Dennoch stehen wir in der Zusammenarbeit noch ganz am Anfang. Den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen heißt, gesellschaftliche Machtverhältnisse zu verändern. Mit herkömmlicher Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit ist dies nicht getan. Die Konfliktträchtigkeit des ökologisch-so­zialen Transformationsbedarfs ist nicht zu unterschätzen. Anhaltendes Versagen der Parteien, wachsender Vertrauensverlust in gewachsene Institutionen und parzelliert agierende Initiativen, Gruppen und Verbände ­erfordern ein organisches Zentrum der Vernetzung und Bündelung progressiver Kräfte zu einem hegemonialen Projekt. Gewerkschaften können und müssen sich dieser Aufgabe stellen, alternative Akteure sind nicht in Sicht. Es gilt, Partei zu ergreifen, ohne Partei zu werden. Die Legitimitätskrise des Neoliberalismus hat grundsätzlich Raum für Alternativen geschaffen, die es progressiv auszufüllen gilt. Alte Fragen der Arbeiter­bewegung nach einem alternativen, solidarischen Arbeiten und Leben sind neu aufzuwerfen. Ohne einen utopischen Realitätssinn als »Kraftquelle(n) politischen Handelns« (Oskar Negt) wird uns ein lebenswertes Morgen nicht gelingen.
    Gemeinsame Erklärungen, Resolutionen und Pressemitteilungen sind das eine, konkrete Zusammenarbeit das sehr viel Schwierigere. (…) Ein »New Green Deal«, der seinen Namen verdient, ist eng mit Macht- und Verteilungskonflikten verknüpft. Der Rück- und Umbau unserer Wirtschaft, öffentliche Investitionsprogramme, die Implementierung ökologischer Nachhaltigkeit, ökologisch-soziale Konversionsprogramme, der Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge, die Modernisierung des Sozialstaates zur Flankierung wirtschaftlicher Transformationsprozesse etc. werfen Umverteilungs- und Regulierungsfragen auf. Nicht das Ob, sondern allein das Wie staatlicher Steuerung des Umbaus steht auf der Agenda. Es geht über globale Investitionsanreize hinaus um Themen regionaler Planung, der Investitionssteuerung, qualitativen Wachstums, der Neujustierung des Verhältnisses von Staat, Zivilgesellschaft und Markt. Die Kosten der Transformation sind über öffentliche und private Mittel aufzubringen. Generell gilt es folglich gegen herrschende Interessen und Autoritäten eine ­Demokratisierung der Demokratie einzufordern – die auch an Konzepten der Wirtschaftsdemokratie anzuknüpfen weiß. Kooperationen sind über einzelne Maßnahmen und Projekte hinaus zu institutionalisieren. Wir fordern alle Gliederungen der Gewerkschaften dazu auf, das Gespräch mit der Klimabewegung zu suchen. (…)
    Wie sehr Zusammenarbeit nötig ist, zeigt etwa die Kriminalisierung jüngster Aktionen engagierter junger Leute, die sich als »Letzte Generation« bezeichnen. Deren Sitzblockaden und Klebeprotest werden in die Nähe terroristischer Gewalt gerückt. Ziviler Ungehorsam muss (ver-)stören, sonst erreicht er keine Öffentlichkeit. Für sich genommen ist er noch keine Strategie. Es handelt sich um Taktiken, die Konflikte medial zuspitzen sollen. Ohne positive gesellschaftliche Resonanz kann berechtigter Protest aber isoliert und kriminalisiert werden. Wir solidarisieren uns mit dem jugendlichen Protest und wenden uns gegen den bayerischen Weg einer ebenso populistischen wie rechtsbedenklichen Vorbeugehaft. Sie steht in keinem Verhältnis zu den Störungen und ist mit einem modernen demokratischen Rechtsstaat schwer vereinbar. Dennoch gilt es, ein breit gefächertes Repertoire an Protestformen zu entwickeln, die sich wechselseitig verstärken. Keine Methode ist Selbstzweck. Jede muss auf ihre Wirkung geprüft werden. Gesellschaftlicher Fortschritt bedarf des Protestes. Ziviler Ungehorsam darf und muss unbequem sein.
    Ohne starke Gewerkschaften wird sich Klimapolitik gegen die Interessen der arbeitenden Menschen richten. Ohne eine Berücksichtigung der sozialen Dimension der ökologischen Transformation wird diese kaum wirksam zu haben sein. Gestaltung statt Anpassung, den Beschäftigten eine maßgebliche Stimme im Transformationsprozess zu eröffnen, bedeutet zugleich, autoritären und rechtspopulistischen Entwicklungen entgegenzutreten. Soziale Sicherheit, weniger Abstiegsängste, Mitbestimmung und mehr Kontrolle über das eigene Leben, trotz Wandels, sind immer noch der beste Schutz gegen rechts.“ Öffentliche Erklärung vom 2. Dezember 2022 externer Link der 170 Teilnehmer*innen der Landesfachbereichskonferenz Gesundheit und Bildung externer Link am 2./3. Dezember 2022 in Regensburg – beides beim ver.di-FB Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft Bayern
  • Klimastreik: Wer hat Angst vor der Energiewende? Mehr Gas erscheint als einzige Lösung, sonst drohe der soziale Crash. Wirklich? 
    „Heute werden weltweit wieder viele Menschen auf die Straße gehen, um für Klimaschutz zu streiken. Aufgerufen zu den Demonstrationen hat die Klimaschutzbewegung Fridays For Future. In 270 Städten sind allein in Deutschland Proteste angekündigt. Die Forderung ist unmissverständlich: „People over Profit“, Menschen sollte die Priorität eingeräumt werden gegenüber dem Gewinnstreben von Unternehmen. Insbesondere in einer Situation, in der Öl- und Gaskonzerne in einer schweren fossilen Energiekrise ihre Förderaktivitäten noch ausbauen und Rekordgewinne auf Kosten der Verbraucher:innnen einfahren. Umso schlimmer, wenn die politisch Verantwortlichen nicht gegensteuern, sondern das Ganze noch verschlimmern. So möchte die neue Premierministerin von Großbritannien Liz Truss das Fracking-Verbot im Land aufheben, um die besonders klimaschädlichen Gasvorräte dort anzapfen zu können. Aber auch in Deutschland geht viel zu viel in die falsche und zu wenig in die richtige Richtung, trotz grüner Regierungsbeteiligung. Anstatt die Chance der durch das Embargo gegen Russland erzeugten Knappheit von Gas und Öl für den Umbau zu nutzen, werden neue fossile Lieferanten gesucht und umworben: wie Katar, Algerien, Senegal, Israel, Kanada und die USA. Doch dieses neue Gas ist nicht nur genauso schmutzig oder zum Teil noch schmutziger als das russische, es erzeugt auch eine Reihe von Problemen: langfristige fossile Abhängigkeiten und Deals mit autokratischen Regimen, Menschenrechtsverletzungen, Energieknappheit und -verteuerungen für die ärmeren Länder, und, im Fall der Karish-Gasfeldern, die Israel und der Libanon zugleich für sich beanspruchen, das Anheizen des Nahost-Konflikts. All das ist offensichtlich. Doch das Kernargument dafür, die fossile Lücke mit noch mehr Fossilen aus aller Welt zu schließen, lautet: Es gibt keine Alternative. (…) Doch es gibt durchaus Alternativen dazu. Sie würden zudem die Wirtschaft nachhaltig ankurbeln, saubere Jobs schaffen und eine soziale Wende von unten ermöglichen. Doch dieser Weg ist in der fossilen Energiekrise im Zuge des Ukraine-Kriegs nicht eingeschlagen, nicht einmal zur Diskussion gestellt worden – auch und vor allem, weil einflussreiche Lobbys und die Stimmen, die „Jetzt Nicht“ gerufen haben, lauter waren und von der Politik erhört wurden. (…) Angst und Alternativlosigkeit – vor allem, wenn sie kontrafaktisch verbreitet werden – hemmen eine Gesellschaft und führen zu falschen Weichenstellungen, die am Ende fatal sind. Daher sollten heute nicht nur Schüler:innen und Student:innen auf der Straße sein, um für „Klima und Gerechtigkeit“ sowie „Erneuerbare statt Fracking, Kohle und Atom“ zu protestieren. Die Frage ist, ob wir es unseren Kindern überlassen wollen, die Regierungen dazu zu bringen, die Welt zu retten und nachhaltige soziale Gerechtigkeit damit zu sichern.“ Beitrag von David Goeßmann vom 23. September 2022 bei Telepolis externer Link
  • Ökologische Teilhabe: Das Märchen vom unsozialen Klimaschutz 
    „… Jede Krise ist eine Chance? Schön wär’s. Coronapandemie, Klimakrise, Energiekrise, wachsende Armut; die Krisen überschlagen sich, ein Ende ist nicht in Sicht. Menschen werden von Sorgen erdrückt. »Wie soll ich meine Heizrechnung noch bezahlen?«, fragen sich die einen. »Muss ich meinen Betrieb aufgeben?«, die anderen. Und man fragt sich, was denn noch kommen soll. Zwar will die Bundesregierung Menschen finanziell entlasten. Das passiert allerdings nicht umfassend und zielgerichtet genug. Während die Klimakrise in der öffentlichen Wahrnehmung gerade eine Art Pause macht, dreht sie in Wahrheit auf: Zuletzt verloren 30 Millionen Menschen in Pakistan durch Fluten ihr Zuhause, Europa erlebte im Sommer historische Dürren, der Rhein trocknete aus, in Brandenburg zwangen Waldbrände Ortschaften zur Evakuierung. Das alles in einer 1,2 Grad heißeren Welt. In wenigen Generationen könnte die Welt bei plus drei Grad Erhitzung angekommen sein. (…) Von der Vision einer solidarischen Gesellschaft, die sich der Klimakrise entgegenstellt und soziale Sicherheit schafft, entfernen wir uns immer weiter. (…) Die Wurzeln der Energiekrise und der Klimakrise sind dieselben: Abhängigkeit von fossilen Energien und fossilen Energiekonzernen und eine Politik, durch die Gewinne privatisiert und Verluste kollektiviert werden. Im ersten Halbjahr wuchsen die Gewinne des Energiekonzerns RWE auf deutlich mehr als zwei Milliarden Euro, möglich gemacht durch eine kriegsbedingte Knappheit und bezahlt von Menschen, für die die Nebenkostenabrechnung am Ende des Monats zum Abgrund geworden ist. (…) Niemals zuvor war es so offensichtlich, dass Klimaschutz und Soziales nicht zu trennen sind. Fridays for Future hat einen Sonderfonds in Höhe von 100 Milliarden vorgeschlagen, der diese Transformation in ihren Anfängen finanzieren und vor allem beschleunigen kann. (…) Auf der anderen Seite hängt erfolgreicher Klimaschutz von sozialer Sicherheit ab. Wer heute in Sorge vor der Nebenkostenabrechnung und steigenden Lebensmittelpreisen lebt, dem fehlt es an Geld und Zeit für das, was man »ökologische Teilhabe« nennen kann. (…) Mit zielgerichteten, substanziellen Entlastungen für die Ärmsten ließe sich Not lindern. Die unverdienten Übergewinne der Stromkonzerne sollten genutzt werden, um die Stromrechnungen des ärmeren Teils der Bevölkerung zu begleichen. Mit der Schuldenbremse 2023 sollte es vorbei sein. Soziale Ungleichheiten und kollabierte Ökosysteme wiegen schwerer als Schulden. Das Märchen vom Widerspruch zwischen sozialer Gerechtigkeit und Klimagerechtigkeit nützt wenigen und schadet vielen. Also gehen wir gemeinsam für soziale Sicherheit und Klimagerechtigkeit auf die Straße und geben der Regierung ein deutliches Zeichen, dass wir uns nicht gegeneinander ausspielen lassen.“ Gastbeitrag von Luisa Neubauer und Ulrich Schneider vom 20. September 2022 bei Spiegel online externer Link
  • Bündnis aus 39 Organisationen veröffentlicht zehn Thesen für einen sozialen und ökologischen Neustart
    „Die Sommerferien stehen vor der Tür. Doch während die einen die nächste Flugreise planen, können sich andere Familien nicht einmal einen Wochenendausflug mit Übernachtung leisten. In der Reisezeit werden soziale und Umweltfragen gleichermaßen deutlich. (…) „Soziales und Ökologisches widersprechen sich nicht, sondern hängen untrennbar zusammen. Denn die Umweltzerstörung und ihre Folgen sind für diejenigen mit geringem Einkommen, mit chronischen Erkrankungen, ältere Menschen oder Menschen mit Behinderungen viel stärker als für andere Menschen. Zugleich tragen Menschen mit vielen Ressourcen viel stärker zur Umweltzerstörung bei. (…) „Gemeinsam werden wir uns dafür einsetzen, dass die Sicherungssysteme so angepasst werden, dass es nicht eine Frage des Geldes ist, ob ein Mensch sich umweltbewusstes Leben leisten kann oder nicht.“….“ Pressemitteilung des Sozialverbands Deutschland (SoVD) vom 23. Juni 2022 externer Link zu den lesenswerten zehn Thesen des Bündnisses zum sozialen und ökologischen Neustart für alle:

    • Die Thesen des Bündnisses vom 23. Juni 2022 externer Link bei SoVD sind: „1. Ökologie und Soziales gehören zusammen / 2. Klimawandel, Naturzerstörung und Verlust der Biodiversität sind Existenzkrisen für die Menschheit / 3. Wirtschaft ökologisch gestalten / 4. Energiewende: sozial gerecht und naturverträglich / 5. Teilhabe für alle an umweltschonender Mobilität / 6. Ernährungs- und Landwirtschaftswende / 7. Soziale Gerechtigkeit erfordert Umverteilung / 8. Nachhaltige Arbeitsformen / 9. Globale Verantwortung / 10. In Krisenzeiten Veränderungen umsetzen“ Zu den Details der Begründung siehe Thesenpapier
    • Natürlich bringt das Thomas Piketty alles besser und überzeugender auf den Punkt. Aber trotzdem fällt negativ auf, dass keine Gewerkschaft – bisher? – dabei ist (obwohl die Arbeitswelt akzeptabel behandelt wird). Inhaltlich sind die Thesen o.K., wenn auch die Systemfrage natürlich nicht ganz klar herauskommt. Aber mit Blick auf die Unterzeichner ist das nicht überraschend…
  • Sozial-ökologisches Bündnis will Wahlkampf aufmischen: Fridays for Future, Unteilbar und Verdi planen gemeinsame Kampagne und dezentrale Aktionen 
    „Im Wahlkampfjahr 2021 könnte eine starke sozial-ökologische Allianz für Furore sorgen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, das Klimastreikbündnis Fridays for Future (FFF) sowie das Bündnis Unteilbar planen derzeit eine gemeinsame Kampagne, mit der sie in die gesellschaftliche Debatte eingreifen wollen. »Ob Klimakrise, Coronakrise oder die rassistischen Zustände an den europäischen Außengrenzen – wir können diese Krisen nur gemeinsam und solidarisch lösen«, erklärte Maximilian Reimers von FFF gegenüber »nd«. Diese Überzeugung verbinde die Bündnispartner und sei der Ausgangspunkt für den Wunsch, nun aktiv zu werden. Für den Zusammenschluss scheint es dabei um grundlegende Weichenstellungen zu gehen. »Wir wollen gemeinsam zeigen, dass es eine Alternative gibt zum Umgang mit den dringendsten Krisen unserer Zeit«, fügte Katharina Stierl von FFF hinzu. Dies bedeute, »eine Politik zu machen, die nicht unsere Zukunft bedroht, Menschen zurücklässt und soziale Ungleichheiten während der Corona-Pandemie verschärft, wie es aktuell leider der Fall ist«. (…) Als ein Beispiel für eine verbindende Forderung stellte Werneke das Thema der CO2-Bepreisung vor. Man strebe so einen Bonus für Menschen mit geringen Einkommen an, um einen Ausgleich für höhere CO2-Preise zu schaffen. Aktuell müssten Verbraucher mit geringem Einkommen hohe finanzielle Lasten tragen, während besser verdienende Personen mit großem ökologischen Fußabdruck nur vergleichsweise wenig zahlten. Dies sei ungerecht. Außerdem betonte Werneke, dass der Abbau der coronabedingten Staatsverschuldung nicht bedeuten dürfe, dass an den sozialen Sicherungssystemen gespart werde. Linke Wirtschaftsexperten befürchten eine verstärkte Austeritätspolitik, wenn nach Abklingen der Corona-Pandemie die Rechnung der massiv erhöhten Staatsschulden präsentiert wird. Auch eine Wirtschaftskrise wird von manchen für möglich gehalten. Angesichts solcher Szenarien wäre ein starker Zusammenhalt innerhalb eines sozial-ökologischen Bündnisses unabdingbar. (…) Gleichzeitig gibt es aber auch immer wieder die Kritik von Umweltschützern am DGB oder einigen seiner Teilgewerkschaften. Der Vorwurf lautet verkürzt, dass die Gewerkschaften es im Zweifelsfall eben doch nicht so ernst mit dem Klima nehmen würden. »Die noch bestehenden Gegensätze, die wir haben, werden wir nicht durch Grabenkämpfe beseitigen können«, sagte dazu Katharina Stierl von FFF. Es sei dagegen an der Zeit, Kräfte zu sammeln und sich gegenseitig zu ergänzen. »Wie das gelingen kann, haben wir im letzten Jahr anlässlich der Tarifrunde im öffentlichen Nahverkehr gemeinsam mit Verdi gezeigt – in einem Bündnis mit Beschäftigten und Umweltorganisationen haben wir für bessere Arbeitsbedingungen und einen massiven Ausbau des ÖPNVs gestreikt.«…“ Artikel von Sebastian Bähr vom 3. Februar 2021 in neues Deutschland online externer Link
  • Klimapolitik für Armutsbetroffene. Über die Notwendigkeit Klima- und Sozialpolitikgemeinsam zu denken
    Dieser Beitrag, der als Artikel im ksoe DOSSIER 2/2020 externer Link erschienen ist, beschäftigt sich mit Klimapolitik aus einer sozialpolitischen Perspektive und argumentiert, dass klimapolitische Maßnahmen stets mit jenen der Sozialpolitik verbunden werden müssen, um eine Benachteiligung von armutsgefährdeten oder einkommensarmen Haushalten zu vermeiden: Die soziale Verteilung von Umweltbelastungen, d.h. wie stark die Betroffenheit von Umweltbelastungen mit dem sozialen Status bzw. Einkommen korreliert, wird unter dem Begriff der „Umweltgerechtigkeit“ (environmental justice) diskutiert. Eine Vielzahl an Studien belegt, dass einkommensarme Haushalte stärker von Umweltbelastungen betroffen sind (Ökobüro 2016). Während sie im Verhältnis wenig zur Verschärfung der Klimakrise beitragen, sind sie in höherem Maß den Auswirkungen, wie Lärmbelästigung, Hitze, Luftverschmutzung und Innenraumbelastungen wie zum Beispiel Schimmel und Feuchtigkeit, ausgesetzt. Unter anderem deshalb, weil sie nicht über ausreichend Ressourcen (Bildung, Einkommen, soziales Netzwerk, etc.) verfügen, um diese Belastungen zu vermeiden oder abzufedern. Der Begriff der Klimagerechtigkeit bezieht sich zwar gleichermaßen auf die Prinzipien der Umweltgerechtigkeit, weitet das Feld jedoch aus, indem neben den Umwelt- auch die Klimabelastungen aufgegriffen werden. Klimagerechtigkeit meint „den Umgang mit den Ursachen, Folgen und Kosten des menschengemachten Klimawandels zu regeln, ohne dabei bestimmte soziale Gruppen zu benachteiligen“ (…) Wie auf globaler Ebene vor allem Menschen aus unteren Einkommensschichten mit den Folgen der Klimaerwärmung – klimabedingten Naturkatastrophen, Dürre, Überschwemmungen – konfrontiert werden, sind auch hierzulande Menschen mit geringem Einkommen stärker betroffen. (…) Ebenso benachteiligen klimapolitische Maßnahmen einkommensarme Haushalte, sofern sie höhere Kosten für klimaschädliches Verhalten vorsehen (Stichwort CO2-Steuer) und dabei den sozialen Ausgleich verabsäumen…“ Beitrag von Laura Allinger, Alexander Brenner, Robert Rybaczek-Schwarz, Miriam Zillner am  4. Februar 2021 im ksoe-blog externer Link – sicherlich nicht nur für Österreich gültig.

Siehe zum Thema auch im LabourNet Germany:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=152897
nach oben