Rechtsexperte: Seenotrettung ist zunächst eine Staatspflicht

Stoppt das Sterben, nicht die Rettung! #freeiuventa„Das Seerecht muss modernisiert werden, meint der Kieler Rechtsprofessor Uwe Jenisch. Er regt ein internationales Symposium an, um die Grundlagen für ein zeitgenössisches Recht der Seenotrettung zu entwickeln.“ Im Gespräch mit Christina Denz bei MiGAZIN vom 5. August 2019 erläutert Uwe Jenisch seine Vorstellungen externer Link: „… Das Recht der Seenotrettung ist uralt und gewohnheitsrechtlich gewachsen. Seine Ursprünge gehen auf die Antike zurück. Damals galt der Seemann als besonders mutiger und ehrenwerter Beruf, weil sie sich in die Hände der Götter begaben und Waren und Personen sorgfältig unter großen Risiken von Land zu Land transportierten. Ihr Schutz war ein Gastrecht, daraus hat sich die Verpflichtung zur Hilfe für Seeleute und Schiffen in Not, also die Seenotrettung, und das das heutige völkerrechtlich bindende Seerecht entwickelt. Danach sind alle Staaten und Kapitäne verpflichtet, Menschen und Schiffen in Seenot zu helfen, auch Skipper von Segelbooten. Einzige Einschränkung: Die Rettung darf das eigene Schiff und die Mannschaft nicht in ernste Gefahr bringen. (…) Die Rettungsdienste sind nicht konstruiert, um Migrationsströme zur See in den Griff zu bekommen. Das ist Neuland. (…) Die Schnittstellen der Seenotrettung zum Flüchtlings- und Asylrecht, zu den Menschenrechten und zur Organisation der Küstenwachen wären ebenso weiterzuentwickeln wie insbesondere die regionale Zusammenarbeit der Staaten auf See. (…) Dreh- und Angelpunkt dieser Frage ist am Ende natürlich die politische Entscheidung, welches Land die Flüchtlinge endgültig aufnimmt. Man kann für Italien durchaus Verständnis aufbringen. Über Jahre haben sie Hunderttausende von Flüchtlingen mindestens die Erstaufnahme ermöglicht und damit den Löwenanteil der Rettung von staatlicher Seite bewältigt. Dass es dem Land irgendwann zu viel wird und die EU-Solidarität sehr zu wünschen übrig lässt, ist offensichtlich. Bemerkenswert ist aber auch, dass die italienische Zivilgesellschaft und die katholische Kirche sich eindeutig für die Flüchtlingsrettung aussprechen. Selbst die Bevölkerung in Lampedusa hilft immer wieder mit, wenn Flüchtlinge von Bord kommen. Es ist im Grunde der italienische Innenminister und seine Partei, die da die harte Linie fahren…“

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