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Sudan

Während des Machtkampfes in der Militärjunta Sudans bleibt – trotz Repression im Alltag – die Massenbewegung gegen ihre Straffreiheit stark – so, dass selbst die EU die Finanzierung der Mordmilizen einstellen muss

Zur Ikone der Bewegung im Sudan geworden: Der Zug aus Atbara bringt Demostranten nach Khartum„… Mehr als ein Dutzend hochrangige Militärs und ehemalige Politiker sind im Sudan wegen Putschversuchs festgenommen worden. Das teilte das Militär am Mittwochabend mit. Ob die Festnahme zusammenhängt mit dem Putschversuch vom 11. Juli, gab der regierende Militärrat nicht bekannt. Unter den Festgenommenen ist der Stabschef der Armee, General Hashem Abdel Muttalib Ahmed, der erst im April ins Amt gekommen war. Damals war Langzeitpräsident Omar al-Baschir vom Militär gestürzt worden. Dem Putsch waren monatelange Massenproteste und eine Sitzblockade in der Hauptstadt Khartum vorausgegangen. Der jetzt verhaftete Stabschef der Armee schien dem Vorsitzenden des Militärrats General Abdel Fattah Burhan loyal zu sein. Unklar ist aber, wie das Verhältnis zwischen dem Stabschef und dem Vizevorsitzenden des Militärrats, Mohamed Hamdan Dagalo, war. Der hält nämlich in Wirklichkeit die Macht in seinen Händen. Besser bekannt ist er unter dem Spitznamen Hametti. Er ist der Führer der Miliz Rapid Support Forces (RSF), die mit der Armee verbunden ist. Aber die Beziehungen zwischen Armee, dem nationalen Geheimdienst NISS und den Milizen sind nicht gut. Bashir hatte die Gruppen während seiner Regierungszeit gegeneinander ausgespielt. So sorgte er dafür, dass sie nicht so mächtig wurden, um eine Bedrohung für ihn zu sein. (…) Andere Analysten im Sudan glauben aber, dass auch ein Putschversuch von Mitgliedern der ehemaligen Regierung von Bashir möglich wäre. Unter den verhafteten Politikern befinden sich der ehemalige Vizepräsident Bakri Hassan Salih wie auch der Ex-Außenminister Ali Karti und Zubair Ahmed al-Hassan, der Generalsekretär des Islamic Movement (IM). Das IM wurde vor zwanzig Jahren von Bashirs National Congress Party (NCP) gegründet, als der nun gestürzte Präsident im Streit mit dem konservativ-islamistischen Parteiideologen Hassan al-Turabi war…“ – aus dem Beitrag „Militärs und Ex-Politiker in Haft“ von Ilona Eveleens am 25. Juli 2019 in der taz online externer Link über die Machtkämpfe innerhalb der Junta. Eine kleine aktuelle Materialsammlung zu den aktuellen Entwicklungen in der Demokratiebewegung im Sudan, dem Widerstand gegen die alltägliche Repression und zur massenhaften Ablehnung der Straffreiheit für die Junta – sowie zu der Selbstenttarnung der EU:

„Soudan: fin de la querelle entre leaders de la contestation et rebelles“ am 25. Juli 2019 bei Assawra externer Link meldet, dass die Plattform für Veränderung und Freiheit und die drei größten bewaffneten Gruppen der regionalen Opposition sich einig geworden sind, was die Fragen des Friedens und des Mitwirkens der Regionen an einer Übergangsregierung betrifft – ein wesentlicher Schritt zur Vereinigung der gesamten Opposition gegen die Fortsetzung des Bashir Regimes.

„Sudanese protesters demand immediate transfer of power to civilian forces“ am 23. Juli 2019 bei Peoples Dispatch externer Link war ein weiterer Bericht über Massenproteste gegen ein Abkommen zur Bildung einer Übergangsregierung, das den Militärs und Milizen Straffreiheit zusichert (siehe dazu auch den Hinweis am Ende dieses Beitrages). Auch diese neuerlichen Proteste fanden in zahlreichen Städten des ganzen Landes statt und mobilisierten erneut Zehntausende von Menschen.

„Vigils, protests continue across Sudan“ am 25. Juli 2019 bei Radio Dabanga externer Link ist ebenfalls ein Beitrag mit einem Überblick über zahlreiche örtliche Proteste gegen die Straffreiheit für Mordmilizen, insbesondere auch hier von Studierenden und Lehrenden.

„Soudan: Les étudiants réclament justice pour leurs camarades tués“ am 24. Juli 2019 bei Assawra externer Link ist ein Bericht über eine eigene Demonstration der Studierenden an den verschiedenen Universitäten Khartums, die zum Gedenken an die ermordeten Kommilitonen forderten, den Tätern dürfe keine Straffreiheit zugesichert werden.

„Sudan’s journalist union says its head detained by military“ am 25. Juli 2019 bei Al Jazeera externer Link ist die Meldung über die Festnahme des Sekretärs der Journalistengewerkschaft Sadiq al-Rizaigi, von der Zeitung Al-Sayha  – ohne Angabe von Gründen und ohne über seinen Aufenthaltsort zu informieren.

„Women and Children’s Rights NGO’s Khartoum office ransacked“ am 25. Juli 2019 bei Radio Dabanga externer Link meldet einen Überfall auf ein Frauen- und Kinderzentrum in der Hauptstadt – dabei wurden keine Wertgegenstände gestohlen, sondern offensichtlich Papiere und Dokumente kopiert…

„Darfur doctors, lab techs sacked for protests“ ebenfalls am 25. Juli 2019 bei Radio Dabanga externer Link meldet aus West Darfur die Entlassung von Ärzten und Laborbeschäftigten durch das Gesundheitsministerium der Regionalregierung – wegen ihrer Beteiligung an den aktuellen Protesten für eine wirkliche Veränderung.

„Will power be shared in Sudan?“ am 25. Juli 2019 bei Al Jazeera externer Link ist die Aufzeichnung einer Fernsehdebatte über die politischen Perspektiven zur Bildung einer Übergangsregierung. Interessant schon aufgrund der Beteiligten: Samahir Elmubarak, Sprecher der Gewerkschaft Sudanese Professionals Association (SPA), Waleed Madibo, Vorsitzender des Sudan Policy Forum und Yasir Arman, Aktivist eines Nachbarschaftskomitees in der Hauptstadt.

„EU suspends migration control projects in Sudan amid repression fears“ am 22. Juli 2019 bei der Deutschen Welle externer Link ist Eigeständnis und Zugeständnis zugleich: Die EU stellt ihre „Projekte zur Migrationskontrolle“ (Formulierungskünstler sind sehr gefragt) – vorübergehend – ein. Gerade eben hat die EU noch lautstark behauptet, man habe gar nie nicht auch nur einen Euro an die Mordmilizen bezahlt – was insofern stimmt, als die Millionen eben an „das Projekt“ gingen, das nur ganz zufällig halt von den Mördern realisiert wurde – nun die Einstellung, weil man Angst habe, dass dies zu neuer Repression führen könne. (An Massaker Anfang Juni 2019 erinnert man sich lieber nicht so direkt…). Aber sie kriegen ja noch jede Menge Kohle von ihren Mordkollegen aus Saudi Arabien…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=152129
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