Vorwände sind schnell gefunden: Berliner Razzia gegen „Liebig 34“ dient nur einem – der versuchten Einschüchterung

Demonstration gegen den Europäischen Polizeikongress„… Bewohner*innen berichteten, dass sich die Polizei über den Hinterhof Zugang verschafft, die Vordertür zersägt und die Tür zum Treppenhaus aufgestemmt habe. Im Haus habe sie sich dann auf den Teil des ersten Stockwerks, für den der Durchsuchungsbeschluss vorlag, konzentriert. Laut Polizei wurde in der Wohnung niemand angetroffen, dort jedoch Wurfgeschosse, Steine und Farbbomben sichergestellt. Die Bewohner*innen erklärten, dass die Polizei auch Fingerabdrücke und DNA-Proben von Haushaltsgegenständen genommen habe. Auch Privaträume, für die kein Durchsuchungsbeschluss vorlag, seien durchsucht worden, Internetkabel zerschnitten und Netzwerktechnik gestohlen worden, heißt es in einer Stellungnahme. »Das Sammeln von DNA und Fingerabdrücken in einem offenen Projekt ist absurd. Verschiedenste Menschen halten sich hier auf. Ihre DNA wird nun unabhängig von dem Vorliegen einer Straftat gespeichert«, kritisiert eine Bewohnerin. In der Nacht auf Sonntag sind laut Polizei erneut Steine geflogen. Die Bewohner*innen der Liebig34 hatten indes für Sonntagabend zu einer Kundgebung vor ihrem Haus aufgerufen“ – aus der Meldung „Razzia in linkem Hausprojekt“ am 21. Juli 2019 in neues deutschland online externer Link, der hinzu zufügen wäre, dass wohl die abendliche Protestkundgebung kein wesentlicher Erfolg war, um es neutral zu formulieren – Grund genug, die Mobilisierung fortzusetzen. Siehe zur willkürlichen Razzia zwei weitere aktuelle Beiträge

  • „Gerazzt. Radikal. Motiviert.“ am 20. Juli 2019 bei de.indymedia externer Link berichtet aus der Sicht der Betroffenen unter anderem – auch mit Konsequenzen: „… Anlass dieser Razzia waren wohl Steinwürfe aus dem Haus während der letzten Wochen. Nachdem die Cops das letzte Mal heute morgen gegen 2.30 Uhr Steine vom Dorfplatz einsammelten, besorgten sie sich eine richterliche Anordnung zur Durchsuchung der Liebig34. Sie erlangten einen Durchsuchungsbeschluss für einen Teil unseres Hauses und kehrten gegen 6.30 Uhr zurück. Sie kamen über den Hinterhof und die Vordertür, zersägten Türen und Barris, hebelten diese auf und verschafften sich so gewaltsam Zutritt zu unserem Projekt. Eine Anwältin war schnell vor Ort und konnte den Vorgang beobachten und bezeugen. Insgesamt waren die Bullen etwa drei Stunden im Haus, durchsuchten offiziell und intensiv drei zusammenhängende Räume und den Dachboden. Nebenher schnüffelten sie in nicht abgeschlossenen Privatzimmern herum, rissen Poster von den Wänden, warfen Möbel um, schnitten Internetkabel durch und zerstörten Fenster. Während der Durchsuchung dokumentierten sie ausführlich die Innenansicht und den Aufbau unseres Hauses. In dem offiziell zur Durchsuchung genehmigten Teil des Hauses sammelten sie reichlich DNA und und Fingerabdrücke von Alltagsgegenständen. Außerdem konfiszierten sie einige Dinge aus diesen Räumen wie z. B.: Zigarettenstummel, Steine, Pfandflaschen, Internetswitches, Wandfarbe und Kleidung. Sie suchten keinen Kontakt zu den Menschen im Haus und nahmen auch keine Personalien auf. (…) Dieser Morgen reiht sich ein in die sich zuspitzende Lage hier im Kiez: Unsere Wut wird größer und die Schikanen und Repressalien nehmen zu. Gemeinsam haben wir den Morgen gut überstanden, doch die großflächige DNA Aufnahme gibt uns zu denken. Sie reiht sich ein in eine anscheinend gewollte Normalisierung von DNA-Sammlungen und zeigt, dass die Bullen ihre Datenbänke füllen wollen. Auch zufällige Proben wie die von Kippenstummeln, benutzen Tassen, Leergut und Fensterrahmen sind für sie interessant. So werden alternative Lebensformen präventiv kriminalisiert und unter Generalverdacht gestellt. Es reicht also inzwischen aus in einem queer-feministischen Hausprojekt einen Kaffee zu trinken, um lebenslang in einer DNA-Datenbank zu landen ohne den konkreten Vorwurf einer sogenannten Straftat. Unsere Antwort: Bildet Banden, mobilisiert eure Crew! Nur gemeinsam sind wir stark! Werdet aktiv und wartet nicht auf einen TagX. Im Fall der Liebig34 begrüßen wir zentrale und dezentrale Aktionen aller Art. Diese haben uns in den letzten Monaten einige Male ein verschmitztes Lächeln aufs Gesicht gezaubert. Wir beobachten eine Zunahme von radikaler und militanter Praxis, die sich implizit und explizit auf feministische Themen bezieht. Wir wünschen uns mehr davon!…“
  • „Angriff auf die Liebig34 – Aufruf zur Solidarität“ ebenfalls am 20. Juli 2019 bei de.indymedia externer Link vom „Schwesterprojekt“ Rigaer in dem Solidaritäts-Aufruf: „In den frühen Morgenstunden stürmten die Bullen das Haus unserer Nachbar*innen und Freund*innen der Liebig34, durchsuchten mindestens eine Wohnung und riegelten die Straßen rund um den Dorfplatz ab. Der Angriff auf unsere Strukturen blieb nicht unbeantwortet: die Bullen wurden mit Feuerwerk und Farbe eingedeckt und es brannte eine kleine Barrikade in der Rigaer Straße. In den letzten Wochen hat sich gezeigt, dass die zahlreichen und konstanten Farb- und Steinaktionen dazu taugen, die Belagerungseinheiten auf Abstand zu halten. Für die behelmten Schlägertrupps und ihre Führer handelt es sich um eine einfach verständliche Sprache, die zum Ausdruck bringt, dass sie hier nichts zu suchen haben. Auch nicht, wenn sie „nur“ herumstehen oder anlasslos bestreifen. Diese Aktionsform hat jetzt wohl zur Razzia geführt. Erreichen werden sie damit jedoch nichts, da für viele hier klar ist, dass es keine friedliche Koexistenz geben kann. Für heute Abend wird daher dazu aufgerufen, um 21 Uhr zum Dorfplatz zu kommen, um klar zu machen, dass der Dorfplatz ein Ort des Widerstandes ist und den Einschüchterungen von staatlicher Seite weiter trotzen wird. Wir wollen jedoch darauf hinweisen, dass es Unwetterwarnungen für den Abend gibt. So oder so kann es sinnvoll sein, dezentral die Bullen auf Trab zu halten. Die Aktionen vom Morgen haben schon einen kleinen Vorgeschmack darauf gegeben, was die Bullen im Kiez erwartet und was hoffentlich die ganze Stadt erfasst, sollte es zu weiteren Angriffen durch die Staatsgewalt kommen. Es liegt an uns allen, das zu unterstreichen…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=151915
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